DIE MACHT DER ALBTRÄUME – Episode III: Die Schatten in der Höhle
Episode I – DIE MACHT DER ALBTRÄUME – Der Aufstieg der Politik der Furcht: Baby, es ist kalt da draussen
Episode II – DIE MACHT DER ALBTRÄUME – Der Aufstieg der Politik der Furcht: Der Fantomsieg
Übersetzung der Dokumentation “The Power of Nightmares – The Rise of Politics of Fear”, Episode III: “The Shadows in the Cave”
Erstausstrahlung auf BBC 2, am 3.11.2004, 21 Uhr
Geschrieben und produziert von Adam Curtis
Transkript englisch: Mike Conley / vaara
deutsche Übersetzung: Mahaf (Radio Utopie)
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Sprecher: In der Vergangenheit versprachen Politiker, eine bessere Welt zu erschaffen. Sie bedienten sich diverser Methoden um dies zu erreichen. Aber ihre Macht und Autorität resultierten aus den optimistischen Visionen, die sie ihrem Volk darboten. Jene Träume scheiterten jedoch. Und heute hat die Bevölkerung den Glauben an Ideologien verloren. Zunehmend werden Politiker nur noch als Organisatoren des öffentlichen Lebens angesehen. Doch nun haben sie eine neue Rolle entdeckt, die ihre Macht und Autorität wieder herstellt. Anstelle des Lieferns von Träumen versprechen sie nunmehr, uns zu beschützen – vor Albträumen. Sie sagen, dass sie uns vor entsetzlichen Gefahren retten werden, die wir weder erkennen noch verstehen könnten. Und die allergrößte Gefahr von allen sei der internationale Terrorismus. Ein machtvolles und finsteres Netzwerk, mit Schläferzellen, die sich über die gesamte Welt erstrecken. Eine Bedrohung, die durch einen Krieg über Terror (”war on terror”) bekämpft werden müsse. Aber viel von dieser Bedrohung ist eine Fantasie, welche von Politikern übertrieben und verzerrt dargestellt worden ist. Es ist eine düstere Illusion, die, ohne hinterfragt zu werden, sich durch Regierungen, Sicherheitsdienste und die internationalen Medien verbreitete.
Hier ist also eine Reihe von Filmen, die darüber Aufschluss geben sollen, wie und warum diese Fantasie erzeugt wurde und wem sie nützt. Im Kern der Geschichte geht es um zwei Gruppen: Die amerikanischen Neokonservativen und die radikalen Islamisten. Die Episode letzte Woche endete in den späten 90ern, als beide Gruppierungen an den Rand gedrängt und ihrer Macht enthoben waren. Aber mit den Attacken des 11. Septembers änderten sich die Geschicke beider auf dramatische Art und Weise. Die Islamisten waren, nach ihrem Moment des Triumphes, innerhalb von Monaten so gut wie zerschlagen, während die Neokonservativen die Macht in Washington ergriffen. Aber dann begannen die Neokonservativen damit, die Islamisten wieder aufzubauen. Sie erschufen einen Fantomfeind. Und während sich diese Albtraum-Fantasie zu verbreiten begann, erkannten Politiker die wiedergefundene Macht welche sie ihnen gab, in einem zutiefst desillusionierten Zeitalter. Jene mit den düstersten Albträumen wurden die Mächtigsten.
[Eröffnungstitel : Die Macht der Albträume / Der Aufschwung der Politik der Furcht / Die Schatten in der Höhle]
[Titel: Afghanistan 1998]
Sprecher: Ende der Neunziger war Osama bin Laden nach Afghanistan zurückgekehrt. Er wurde von Ayman Zawahiri begleitet, dem einflußreichsten Ideologen der Islamistenbewegung. 20 Jahre lang hatte Zawahiri darum gerungen, Revolutionen in der arabischen Welt zu kreieren, aber jeder Versuch hatte als blutiger Fehlschlag geendet.
[ Ausschnitt aus CNN Exklusivvideo]
Interviewer: „Für einige Zeit haben wir keinerlei Information über Ihre Aufenthaltsorte gehabt. Wo waren Sie?“
Ayman Zawahiri: „Ich bin einfach so herum gelaufen“ (lacht)
Interviewer: „Nicht in Afghanistan? Irgendwo anders?“
Zawahiri: „Überall, überall.“
Interviewer: „Überall?“
Zawahiri: „Ich bin Moslem. Wenn man Moslem ist, wird man überall gesucht. Weil, wenn Du – einfach wenn Du Nein zu den Supermächten sagst, ist dies sofort ein Verbrechen an sich, für das Du gesucht wirst.“
Interviewer: Ja, aber ist es nicht so, dass Sie das was sie tun, mit Waffen tun?“
Zawahiri: „Es ist aggressiv, aber fragen sie Allah, und der ist größer als Supermächte.“
Sprecher: Zawahiri war ein Gefolgsmann des ägyptischen Revolutionärs Sayyed Qutb, der 1966 hingerichtet wurde. Qutbs Vision war die eines neuen Typs von modernem Staat gewesen. Er sollte all die Vorteile der westlichen Wissenschaft und Technologie enthalten, würde aber den Islam als moralisches Rahmenwerk benutzen, um das Volk vor der Kultur der westlichen Freizügigkeit zu schützen. Qutb glaubte, dass diese Kultur den Geist der Muslime infizierte, indem er sie in eigensinnige Kreaturen verwandelte, die drohten, die gemeinsamen Werte, die die Gesellschaft zusammenhielten, zu zerstören. Durch die 80er und 90er hindurch hatte Zawahiri versucht, die Massen dazu zu bringen, sich zu erheben und die Herrscher zu stürzen, welche es dieser Korruption erlaubt hatten, ihre Länder zu infizieren.
[Ausschnitt aus Videoband der Ermordung Sadats]
[Schnitt zu Ayman Zawahiri in ägyptischer Gerichtssaalzelle]
[im Gerichtssaal tiradierend]: „Wir wollen zur ganzen Welt sprechen. Wer sind wir?“
Sprecher: Aber die Revolutionäre gerieten durch eine entsetzliche Eskalation der Gewalt in die Falle, weil die Massen es ablehnten, ihnen zu folgen. Der Islamismus scheiterte als Massenbewegung und nun fasste Zawahiri den Entschluss, dass eine neue Strategie gebraucht wurde.
Gilles Kepel, Historiker der islamistischen Bewegung: „Sie hatten überhaupt keine Revolution. Ich meine, sie waren mit ihrer Machtübernahme gescheitert, sie waren gescheitert, die bestehenden Mächte zu stürzen, und, wissen Sie, sie freundeten sich mehr und mehr mit der Idee an, dass nur eine kleine Avantgarde erfolgreich sein könnte. Ich meine, sie hatten das Vertrauen in die spontane Fähigkeit der Massen zur Mobilisierung verloren. Dann entschlossen sie sich, die Strategie vollständig zu ändern und anstelle auf das einzuschlagen, was sie den „nahen Feind“ z.B. die heimischen Regime nannten, entschieden sie, dass sie gegen den „weit entfernten Feind“, z.B. den Westen, gegen Amerika, losschlagen könnten und dass dies die Massen beeindrucken würde – und die Massen mobilisiert werden könnten.“
[Titel: Nairobi, August 1998]
Sprecher: Zawahiri und Bin Laden begannen diese neue Strategie im August 1998 auszuführen. Zwei gewaltige Selbstmordbomben wurden außerhalb der amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania zur Explosion gebracht und töteten mehr als 200 Leute. Die Bombenanschläge hatten eine dramatische Wirkung auf den Westen. Zum ersten Mal gelangte der Name „Bin Laden“ als terroristischer Drahtzieher ins öffentliche Bewußtsein.
[Schnitt zu Afghanistan]
Sprecher: Die Selbstmordbomber waren von Bin Laden aus den islamistischen Trainingscamps in Afghanistan heraus rekrutiert worden. Aber seine und Zawahiris Operation befand sich sehr weit am Rande der islamistischen Bewegung. Die überwältigende Mehrheit der Kämpfer in diesen Camps hatte überhaupt nichts mit Bin Laden oder internationalem Terrorismus zu tun. Sie trainierten, um gegen die Regime in ihren eigenen Ländern wie Usbekistan, Kaschmir und Tschetschenien zu kämpfen. Es war ihr Ziel, islamistische Gesellschaften in der muslimischen Welt zu etablieren und sie hatten kein Interessen an Angriffen auf Amerika. Bin Laden half dabei, einige der Camps zu finanzieren und im Gegenzug wurde ihm erlaubt, nach Freiwilligen für seine Operationen zu suchen. Aber eine Anzahl von führenden Islamisten waren gegen seine neue Strategie, einschließlich Mitgliedern Zawahiris‘ eigener Gruppe „Islamischer Jihad“.
[Ausschnitt, CNN Exklusivvideo: Bin-Laden, umgeben von bewaffneten, maskierten Kämpfern]
Sprecher: Sogar Bin Ladens Zurschaustellungen der Stärke für die westlichen Medien waren gefälscht. Die Kämpfer in diesem Video waren für einen Tag angeheuert worden und man sagte ihnen, dass sie ihre eigenen Waffen mitbringen sollten. Über diese kleine Gruppe hinaus hatte bin-Laden keine formelle Organisation – bis die Amerikaner eine für ihn erfanden.
[Schnitt zur Stadtansicht Manhattans]
[Titel: Manhattan, Januar 2001]
Sprecher: Im Januar 2001 begann im Gerichtssaal in Manhattan ein Verfahren gegen vier Männer, die wegen der Botschafts-Bombenanschläge in Ostafrika angeklagt waren. Aber die Amerikaner hatten sich auch entschieden, Bin Laden in Abwesenheit anzuklagen. Aber um dies unter amerikanischem Recht tun zu können, brauchten die Ankläger Hinweise für eine kriminelle Organisation, weil dies – wie bei der Mafia – ihnen erlauben würde, das Oberhaupt strafrechtlich zu verfolgen, selbst wenn dieses nicht direkt mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden konnte. Und der Beweis für diese Organisation wurde ihnen von einem Ex-Komplizen Bin Ladens namens Jamal al-Fadl zur Verfügung gestellt.
Jason Burke, Autor von „Al Kaida“: „Während der Untersuchung der 1998er Bombenanschläge gibt es eine Gelegenheitsquelle, Jamal al-Fadl, der ein sudanesischer Militanter ist, der in den frühen 90ern mit bin-Laden zusammen war; der in einer ganzen Serie mittelöstlicher Geheimdienste reihum gereicht wurde, von denen keiner viel mit ihm zu tun haben will und der letztendlich in Amerika landet und, äh, effektiv von der amerikanischen Regierung als Schlüsselzeuge der Anklage übernommen wird und dem gleichzeitig eine große Summe amerikanischen Steuerzahlergeldes gegeben wird. Sein Konto wird als Rohmaterial benutzt, um ein Bild von Al Kaida aufzubauen. Das Bild, dass das FBI aufbauen möchte ist eines, das zu existierenden Gesetzen passt, die sie benutzen müssen, um jene zu belangen, die für die Bombenanschläge verantwortlich sind.
Nun wurden diese Gesetze verfasst, um dem organisierten Verbrechen entgegenzuwirken: der Mafia, Drogenkriminalität, Verbrechen, bei denen es extrem wichtig ist, dass Leute Mitglied einer Organisation sind – man musste eine Organisation vorliegen haben, um eine Anklage zu bekommen. Und Sie haben al-Fadl und eine Anzahl anderer Zeugen, eine Anzahl anderer Quellen, die glücklich damit sind, dies zu unterfüttern. Sie haben Material, welches, auf eine gewisse Art betrachtet, angesehen werden kann, als das Aufzeigen der Existenz dieser Organisation.
Sie zählen sie eins und eins zusammen und sie kriegen das, was der erste „Bin Laden“-Mythos ist – der erste „Al Kaida“-Mythos. Und weil er einer der ersten ist, ist dieser extrem beeinflussend.“
Sprecher: Das Bild, welches al-Fadl den Amerikanern von Bin Laden malte, war das einer allmächtigen Figur an der Spitze eines umfangreichen terroristischen Netzwerkes, das eine organisierte Kontrollhierarchie hatte. Er sagte auch, dass Bin Laden diesem Netzwerk einen Namen gegeben hatte: „Al Qaeda“. Es war ein dramatisches und machtvolles Bild Bin Ladens, aber es hatte wenig Bezug zur Wahrheit.
[Ausschnitt, CNN Exklusivvideo: Bin Laden und Soldaten]
Sprecher: In Wirklichkeit waren bin-Laden und Ayman Zawahiri der Mittelpunkt einer verlorenen Vereinigung desillusionierter islamistischer Militanter, die es zu der neuen Strategie hinzog. Aber es gab keine Organisation. Dies waren Militante, die meistens ihre eigenen Operationen planten und bei Bin Laden um Finanzierung und Hilfestellung nachsuchten. Er war nicht ihr Kommandeur. Es gibt ebenso keinen Hinweis, dass Bin Laden den Terminus „Al Qaeda“ in Bezug auf den Namen einer Gruppe bis nach dem 11. September benutzte, als er erkannte, dass dies der Terminus war, den ihr die Amerikaner gegeben hatten.
[Schnitt zur Manhattan Skyline]
Sprecher: In Wirklichkeit war Jamal al-Fadl auf der Flucht vor Bin Laden, weil er ihm Geld gestohlen hatte. Im Gegenzug für seine Hinweise gaben ihm die Amerikaner Zeugenschutz in Amerika und Hunderttausende von Dollars. Viele Anwälte beim Prozess glaubten, dass al-Fadl übertrieb und log, um den Amerikanern das Bild einer terroristischen Organisation zu liefern, dass sie brauchten, um Bin Laden strafrechtlich zu verfolgen.
Sam Schmidt, Verteidiger im Gerichtsverfahren um die Botschaftsbombenanschläge: „Und es gab punktuelle Teile in al-Fadls Zeugenaussage – von der ich glaube, dass sie falsch war – die dabei halfen, dass Bild zu untermauern, bei dessen Zusammenfügung er den Amerikanern half. Ich denke, er log in einer Reihe von Aussagen bezüglich eines vereinheitlichten Abbildes dessen, was diese Organisation war. Es machte aus Al Qaeda die neue Mafia oder die neuen Kommunisten. Es machte sie als Gruppe erkennbar und demzufolge leichter, jegliche Person, die mit Al Qaeda in Verbindung stand, für Taten oder Angaben von Bin Laden – der eine Menge redete – strafrechtlich zu verfolgen.“
Burke: „Die Idee, – welche entscheidend für die Strafverfolgung durch das FBI ist – dass bin-Laden eine zusammenhängende Organisation mit Agenten und Zellen, von denen man ein Mitglied sein könnte, auf der ganzen Welt unterhielt, ist ein Mythos. Es gibt keine „Al Qaeda“-Organisation. Es gibt kein internationales Netzwerk mit einem Anführer, mit Kadern, die bedingungslos Befehlen folgen werden, mit Tentakeln, die sich über Schläferzellen in Amerika, Afrika, Europa erstrecken. Diese Idee eines zusammenhängenden, strukturierten Terroristennetzwerkes mit einer organisierten Fähigkeit existiert einfach nicht.“
Sprecher: Was existierte war eine machtvolle Idee, die im Begriff war, einen einzigen, verheerenden Akt anzuregen, der die ganze Welt dazu führen würde, den Mythos zu glauben, dessen Konstruktion im Gerichtssaal von Manhattan begonnen hatte.
[Schnitt zu Manhattan Skyline: World Trade Center Türme. Ein Turm wurde getroffen und brennt.]
Mann: „Was macht der andere Jet? Was macht der andere Jet?“
Frau: „Was zur Hölle ist das?“
[Flugzeug kommt von links ins Bild, kracht in den zweiten Turm, Feuerball entsteht.]
Mann: „Heiliger…(…)!“
Frau: „Oh, mein Gott! Oh mein Gott! (…)“
[Andere Ausrufe und Schluchzen im Hintergrund während aus den Türmen Rauch quillt]
Sprecher: Die Attacke auf Amerika durch 19 Entführer schockierte die Welt. Es war Ayman Zawahiris neue Strategie, durchgeführt in brutaler und spektakulärer Weise. Aber weder er noch Bin Laden waren die Urheber dessen, was die „Flugzeug-Operation“ genannt wurde. Es war das geistige Kind eines islamistischen Militanten namens Khalid Sheik Mohammed, der zu Bin Laden wegen Finanzierung und Hilfe bei der Suche nach Freiwilligen kam. Aber im Zuge der Panik, die durch die Anschläge entstand, griffen die Politiker nach dem Modell, welches vorher im Laufe des Jahres während des Gerichtsverfahrens erschaffen worden war. Die Entführer waren nur die Spitze eines enormen, internationalen terroristischen Netzwerkes, welches „Al Qaeda“ genannt wurde.
[Schnitt ins Innere, Abgeordnetenhaus, Kongress der Vereinigten Staaten]
George W Bush, Präsident der Vereinigten Staaten [am Rednerpult]: „Al Qaeda ist für den Terror das, was die Mafia für das Verbrechen ist. Da sind Tausende von diesen Terroristen in mehr als 60 Ländern. Sie wurden von ihren eigenen Nationen und Nachbarschaften rekrutiert und zu Camps an Orte wie Afghanistan gebracht, wo sie in den Taktiken des Terrors trainiert werden.“
[Schnitt zum Pentagon Besprechungsraum]
Donald Rumsfeld, Verteidigungsminister: „Dieses eine Netzwerk, Al Qaeda, welches so viel Diskussion und Puclicity erhält, unterhält möglicherweise Aktivitäten in 50 bis 60 Ländern, einschliesslich der Vereinigten Staaten.“
[Schnitt zu anderem Innenbereich, Podium]
Bush: „Unser Krieg richtet sich gegen Netzwerke und Gruppen, Leute, die sie verhätscheln, Leute, die versuchen, sie zu verstecken, Leute, die sie finanzieren. Dies ist unsere Berufung.“
Sprecher: Und die Angriffe hatten einen weiteren dramatischen Effekt: sie brachten die Neokonservativen zurück an die Macht in Amerika. Als George Bush das erste Mal Präsident wurde, hatte er Neokonservative wie Paul Wolfowitz und deren Verbündete wie Donald Rumsfeld in seine Administration ernannt. Aber ihre große Vision der Rolle Amerikas in der Welt wurde weitestgehend von diesem neuen Regime ignoriert.
[Titel: September 2000]
[Schnitt zur Präsidentschaftsdebatte]
Bush: „Ich denke einfach nicht, dass es die Rolle der Vereinigten Staaten ist, in ein anderes Land zu marschieren und zu sagen: Wir machen es auf diese Art, so solltet ihr das auch tun.“
[Titel: Aber Jetzt]
Bush: „Wir werden jene finden, die, äh, die, äh, äh, …diese Bösewichte.“
Sprecher: Aber jetzt wurden die Neokonservativen allmächtig, weil dieses Terrornetzwerk bewies – was sie während der 1990er Jahre vorhergesagt hatten, stimmte: dass Amerika in Gefahr vor entsetzlichen neuen Streitkräften in einer feindseligen Welt wäre. Eine kleine Gruppe formierte sich, die begann, Amerikas Antwort auf die Attacken zu gestalten. In ihrem Zentrum standen Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz, einher mit dem Vize-Präsidenten Dick Cheney und Richard Perle, der ein leitender Berater des Pentagon war. Das letzte Mal, dass diese Männer zusammen an der Macht waren, war 20 Jahre her, unter Präsident Ronald Reagan. Damals waren sie angetreten und hatten, wie sie es sahen, einen Quell des Bösen besiegt, der die Macht über Amerika erlangen wollte: Die Sowjetunion. Und nun sahen sie diesen neuen Krieg über Terror („war on terror“) unter den selben, epischen Bedingungen.
Richard Perle, 2001-2003 Vorsitzender des Ausschusses für Verteidigungspolitik des Pentagon: „Der Kampf gegen sowjetischen Totalitarismus war ein Kampf zwischen fundamentalen Wertvorstellungen. „Gut“ und „Böse“ sind in etwa die passendste Faustformel, die ich mir diesbezüglich vorstellen kann und in dem Krieg über Terror geht etwas ziemlich Ähnliches vor sich. Es ist kein Krieg über Terror, es ist ein Krieg über Terroristen („war on terrorists“), die der gesamten Menschheit eine intolerante Tyrannei aufbürden wollen, ein islamisches Universum, in dem wir alle genötigt werden, ihren Glauben zu akzeptieren und nach ihren Lichtern zu leben und in diesem Sinne ist dies eine Schlacht zwischen Gut und Böse.“
Sprecher: Aber wie vorherige Episoden aufgezeigt haben, verzerrten und übertrieben die Neokonservativen die sowjetische Bedrohung. Sie erschufen das Abbild eines verborgenen, internationalen Netzes des Bösen, betrieben von Moskau, welches plante, die Welt zu dominieren. Aber in Wirklichkeit pfiff die Sowjetunion auf dem letzten Loch, von innen her zusammenbrechen. Nun taten sie das Gleiche mit den Islamisten. Sie nahmen eine scheiternde Bewegung, welche die Unterstützung der Massen verloren hatte und begannen, es in das Abbild eines kraftvollen Netzwerkes des Bösen zu rekonstruieren, welches von seinem Zentrum aus, durch Bin Laden in seinem Schlupfwinkel in Afghanistan, kontrolliert wurde. Sie taten dies, weil es in ihre Vision von Amerikas einzigartiger Bestimmung passte, in der ganzen Welt eine epische Schlacht gegen die Mächte des Bösen zu schlagen.
Vincent Cannistraro, 1988-90 Chef der Terrorismusbekämpfung, CIA: „Was die Neokonservativen tun, ist ein Konzept zu nehmen, welches sie während der Rivalität mit der Sowjetunion entwickelten, z.B. Sowjet Kommunismus war böse – er wollte unser Land übernehmen, wollte unsere Leute übernehmen, unsere Klassenräume, unsere Gesellschaft. Es war die Art von Konzept des Bösen, welches sie nahmen – ein übertriebenes, um das mal klarzustellen – und dann auf eine neue Bedrohung anwendeten, wo es überhaupt nicht passte und wieder wurde es mit dem gleichen kulturellen Ballast überlagert. Die Politik sagt, es gibt da ein Netzwerk, die Politik sagt, dieses Netzwerk ist böse, sie wollen unsere Klassenräume unterwandern, sie wollen unsere Gesellschaft übernehmen, sie wollen, dass all unsere Frauen, Sie wissen schon, Schleier tragen, und damit haben wir es zu tun und deswegen – seitdem wir wissen, dass das böse ist – sagen wir, lasst es uns eben töten und dann wird es verschwinden.“
[Schnitt zu Panzern und Fahrzeugen, die eine Straße in Afghanistan herunterfahren]
Sprecher: Und so machten sich die Amerikaner auf den Weg, in Afghanistan einzumarschieren, um das Herz dieses Netzwerkes zu finden und es zu zerstören.
[Titel: Afghanistan, November 2001]
[ Schnitt zu trostlosem Terrain, im Hintergrund Berge, im Vordergrund Schusswechsel]
Sprecher: Um dies zu tun, verbündeten sich die Amerikaner mit einer Gruppe namens Nordallianz. Sie waren eine verlorene Ansammlung von Kriegsfürsten, die einen Widerstandskrieg gegen die Taliban führten, den Islamisten, die Afghanistan kontrollierten. Die besten Truppen der Taliban waren die Tausende von ausländischen Kämpfern aus den Trainingscamps, die die Nordallianz hassten.
[Truppen der Nord-Allianz bergen Identitätspapiere bei toten Talibankämpfern. Einer hält eine Identitätskarte in die Kamera]
Soldat der Nord-Allianz: „Pakistan, ey! Pakistan! Pakistan!“
Sprecher: Und nun rächten sie sich an den ausländischen Kämpfern. Die Amerikaner glaubten, dass diese Männer Al Qaeda Terroristen wären und die Nordallianz tat nichts, um sie darüber aufzuklären, weil sie für jeden Gefangenen, den sie lieferten, von den Amerikanern bezahlt wurden. Aber die Mehrheit dieser Kämpfer hatte nie etwas mit bin-Laden oder internationalem Terrorismus zu tun. Sie und die Taliban waren radikale Nationalisten, die islamistische Gesellschaften in ihren eigenen Ländern errichten wollten. Aber nun wurden sie entweder getötet oder nach Guantanamo Bay verschleppt und der Islamismus, als eine organisierte Bewegung zur Veränderung der moslemischen Welt, wurde in Afghanistan ausgelöscht. Aber als er verschwand, wurde er durch sogar noch überspanntere Phantasien von der Macht und Reichweite des Al Qaeda Netzwerkes ersetzt.
[Titel: Tora Bora]
Sprecher: Im Dezember erzählte die Nordallianz den Amerikanern, dass sich Bin Laden in den Bergen von Tora Bora versteckt hielte. Sie waren überzeugt, dass sie das Herz dieser Organisation gefunden hatten.
[Ausschnitt , „Triff die Presse“, NBC TV]
Tim Russert: „Die Suche nach Osama bin Laden: Es gab eine anhaltende Diskussion über ihn, wie er sich in Höhlen versteckte und ich denke oft, das amerikanische Volk hat die Vorstellung, dass es ein kleines Loch ist, welches man aus einer Bergflanke heraus gegraben hat.“
Donald Rumsfeld [Kamera aus]: „Oh nein.“
[Schnitt zu einem Schaubild versteckter Höhlenhauptquartiere, gekennzeichnet mit „Quelle: The Times of London“, einen mehrstöckigen, unterirdischen Kommandoposten darstellend]
Russert: „Das ist es. Es ist eine Festung.“
Rumsfeld: „Ja“
Russert: „Ein gestaffelter Komplex. [Lesend, während im Schaubild Etiketten dargestellt werden] „Schlafräume und Büros“ zuoberst, wie sie sehen können. „Geheimausgänge“ an der Seite und auf dem Boden. „Tiefenschnitt zur Vermeidung von Wärmeentdeckung.“ Ein Ventilationssystem, welches Leuten das Atmen zum Weitermachen ermöglicht. Die Eingänge sind groß genug für die Durchfahrt von Lastern und sogar Panzern. Sogar Rechnersysteme und Telefonanlagen. Es ist eine sehr weit fortgeschrittene Operation.
[Schnitt ins Studio]
Rumsfeld: „Oh, aber sicher! Dies – dies ist eine ernstzunehmende Angelegenheit. Und – es gibt nicht nur einen von denen; es gibt viele sind denen.“
[Schnitt zu Tora Bora, Afghanistan: B-52 Bomber bombardieren Berge]
Sprecher: Tagelang bombardierten die Amerikaner die Berge von Tora Bora mit den schlagkräftigsten Waffen, die sie hatten. Der Nordallianz wurden mehr als einer Million Dollar für ihre Hilfe und Informationen bezahlt und nun machten sich ihre Kämpfer auf den Weg in die Berge, um Bin Ladens Festung zu stürmen und die Al Qaeda Terroristen und ihren Anführer zurück zu bringen.
[Soldaten der Nord-Allianz suchen Höhlenöffnungen]
Sprecher: Aber alles, was sie fanden, waren ein paar kleine Höhlen, die entweder verlassen oder benutzt worden waren, um Munition zu lagern. Es gab kein unterirdisches Bunkersystem und keine geheimen Tunnel: Die Festung existierte nicht. Die Nordallianz produzierte ein paar Gefangene, die sie als Al Qaeda-Kämpfer bezeichnete, aber dafür gab es keinen Beweis und ein Gerücht besagte, dass die Nordallianz einfach jeden, der auch nur entfernt nach einem Araber aussah, einfach entführte und ihn den Amerikanern für noch mehr Geld verkaufte.
[Übergang zu amerikanischen Streitkräften in Tora Bora]
Sprecher: Die Amerikaner begannen nun, all die Höhlen in all den Bergen Ost-Afghanistans nach dem versteckten Al Qaeda-Netzwerk zu durchsuchen.
[amerikanischer Soldat, spricht über Funk: „Wir haben eine Höhle gefunden. Die Überreste davon sind offen. Pause.“
[Schnitt ins Innere des Kommandopostens]
Feldwebel der amerikanischen Armee: „Wenn niemand in diese Höhle geschaut hätte, hätten sich dort tagelang Leute verstecken und alles, was wir tun, beobachten können.“
[Schnitt zu Rakete, die die Höhlenöffnung trifft, Soldaten, die den Schaden begutachten]
Sprecher: Aber wo immer sie auch suchten, sie fanden nichts. Al Qaeda schien komplett verschwunden zu sein.
[Übergang zu Ansicht von Hubschraubern, die über afghanische Bergkette fliegen]
Sprecher: Aber dann trafen die Briten ein, um zu helfen. Sie waren überzeugt, dass sie Al Qaeda zur Strecke bringen konnten, wegen ihrer, wie sie sagten, einzigartigen Erfahrungen in der Terrorsismusbekämpfung in Nord-Irland. Sie könnten dort erfolgreich sein, wo andere gescheitert waren.
[Nahaufnahme von Brigadegeneral Roger Lane, Befehlshaber der britischen Streitkräfte]
Brigadegenaral Lane: „Die Jagd auf Al Qaeda Taliban geht weiter. Und wir stehen Schulter an Schulter mit den Vereinigten Staaten und unseren anderen Alliierten in der Koalition im weltweiten Krieg über Terrorismus (`global war on terrorism`)“.
[Titel: Fünf Wochen später]
Interviewer: „Aber wie viele von Al Qaeda haben Sie gefangen genommen?“
Lane: „Wir haben nicht …äh, einen einzigen von Al Qaeda gefangen, aber….“
Interviewer: „Und wie viele haben sie geschafft zu töten hier in Südost-Afghanistan?“
Lane: „Wir haben keinen getötet.“
[Ausschnitt, Der Dieb von Bagdad: Marktplatzszene, liest aus entrollter Schriftrolle: „Zehntausend Stücke Gold für die Leiche von Ali Baba und der Zerschlagung seiner Diebesbande.
Auf Befehl des Hulagu, Khan der Mongolen und Herrscher von Baghdad“]
[Szenen von reitenden Männern, die über Kluften springen und entkommen]
[Schnitt zu CNN Exklusivvideo mit Bin Laden, welcher winkt]
[Blende ins Schwarze]
[Übergang zu Außenbereich Afghanistan]
Sprecher: Die schreckliche Wahrheit war, dass dort nichts war, weil Al Qaeda als Organisation nicht existierte. Die Attacken gegen Amerika waren von einer kleinen Gruppe geplant worden, die sich um Bin Laden in den späten 90ern versammelt hatte. Was sie vereinte, war eine Idee: eine extreme Interpretation des Islamismus, entwickelt von Ayman Zawahiri. Mit dem amerikanischen Einmarsch war diese Gruppe zerschlagen, getötet oder zerstreut worden. Was übrig blieb, war die Idee – und die wirkliche Gefahr war derart, dass diese Idee Gruppen und Individuen rund um die Welt inspirieren könnte, die keinerlei Bezug zueinander hatten. Indem sie nach einer Organisation suchten, jagten die Amerikaner und Briten einen Fantomfeind und übersahen die eigentliche Bedrohung.
Jason Burke, Autor von „Al Qaeda“: „Ich war bei den Royal Marines während sie ihre Truppenbewegungen im östlichen Afghanistan unternahmen und jedes Mal, wenn sie einen Ort fanden, den sie vermeintlich für einen Teil oder eine Basis der Al Qaeda oder Taliban hielten, tauchten sie auf und niemand war dort, oder es waren ein paar aufgeschreckte Schafshirten dort und das war dann mein wunderbar passender Eindruck vom Krieg über den Terror („war on terror“), weil da Leute nach etwas suchen, was nicht da ist. Es gibt keine Organisation mit ihren ausführenden Terroristen, Zellen, Schläferzellen und so weiter und so fort. Was da ist, ist eine Idee, verbreitet unter wütenden jungen Männern in der gesamten muslimischen Welt. Diese Idee ist es, die eine Bedrohung darstellt.“
[Schnitt zu Washington D.C., Denkmäler und Skyline]
Sprecher: Aber die Neokonservativen waren nun zunehmend in dieser Fantasie eingesperrt und als nächstes machten sie sich daran, das Netzwerk in Amerika selbst aufzudecken.
Paul Wolfowitz, stellvertretender Verteidigungsminister: „Dies ist ein Netzwerk, welches etwa 60 Länder durchdrungen hat, ganz bestimmt unser eigenes eingeschlossen, und es muß ausgerottet werden. Die Priorität unserer geheimdienstlichen Tätigkeit ist, in vielerlei Hinsicht, dieses Netzwerk zuerst hier in den Vereinigten Staaten zu stellen. Wir werden tun, was immer wir tun müssen, um diese Netzwerke zu stellen und zu demontieren.
[Schnitt zu Überflug über Gemeinde New England]
Sprecher: Die amerikanische Regierung machte sich daran, die Al Qaeda Organisation innerhalb ihres eigenen Landes zu suchen. Tausende wurde festgenommen, als allen Gesetzesbehörden und dem Militär befohlen wurde, nach Terroristen Ausschau zu halten.
[Schnitt zur Golden Gate Bridge]
Kalifornischer Autobahn-Polizist: „Du weisst nicht wirklich, wie ein Terrorist aussieht, welche Art von Auto er fährt, oder irgendetwas anderes, also geht´s im Grunde um alles und jeden und irgendwas da draußen.“
[Schnitt zum Nachrichtentitel: „Amerika wird angegriffen“]
[Schnitt zum Rednerpult des Präsidenten]
[Schnitt zu Szenen mit Katastrophenschutzfahrzeugen]
Sprecher: Und Stück für Stück fand die Regierung das Netzwerk: eine Reihe von versteckten Zellen in Städten im ganzen Land zwischen Buffalo und Portland.
[Schnitt zum Rednerpult des Präsidenten]
George W Bush: „Wir haben Terroristen aufgespürt in Buffalo und Seattle, Portland, Detroit, North Carolina und Tampa, Florida. Wir sind entschlossen, den Feind zu stoppen, bevor er unser Volk angreifen kann.“
Sprecher: Die Amerikaner nannten sie „Schläferzellen“, und beschlossen, dass diese nur darauf gewartet hatten, loszuschlagen. Aber in Wirklichkeit gibt es sehr wenig Beweismaterial, dass irgend einer der Verhafteten überhaupt irgendetwas mit terroristischen Plänen zu tun hatte. Von Portland bis zu der Vorstadt von Buffalo, Lackawanna, jagten die Amerikaner einmal mehr einen Fantomfeind.
David Cole, Verfassungsrechtler an der Georgetown Universität: „Sie sagen „terroristische Schläferzelle.“ Die…die Leute aus Lackawanna nennen das eine terroristische Schläferzelle, die Leute aus Detroit eine Terrorzelle, die Leute aus Portland eine Terroristenzelle. Aber wenn sie sich die Details ansehen, stützen das einfach nicht die Fakten und sie haben nicht bewiesen, dass sich irgendeine Gruppeinnerhalb der Vereinigten Staaten verschworen hat um irgendwelche terroristischen, äh, Aktivitäten innerhalb der Vereinigten Staaten zu begehen – in allen Fällen, die sie seit 9/11 vorgetragen haben.
[Schnitt zu selbstgemachtem Video von Jugendlichen, Disneyland, Kalifornien]
Sprecher: Die Hinweise für alle Fälle der „Schläferzellen“ sind fadenscheinig und oftmals bizarr. Dieses Band war eines der Hauptbeweisstücke in einem der ersten Fälle. Es wurde während einer Razzia in diesem Haus gefunden…
[Schnitt zur äußeren Ansicht des Hauses]
Sprecher: …In Detroit. Vier arabische Männer wurden verhaftet, unter dem Verdacht, eine Al Qaeda Schläferzelle zu sein.
[Ansichten von Verhaftungsfotografien der Verdächtigten. Titel: Angeklagte in Detroit]
Sprecher: Sie wurden von einem anderen Immigranten namens Mr. Hmimssa beschuldigt. Aber Mr. Hmimssa war in Wirklichkeit ein internationaler Hochstapler mit 12 verschiedenen Identitäten, der in ganz Amerika wegen Betruges gesucht wurde.
[Schnitt zu Fotografie; Titel: Youssef Hmimssa, Zeuge der US Regierung]
Sprecher: Trotz dessen bot ihm das FBI eine Reduzierung des Strafmaßes für den Betrug an, wenn er gegen die Männer aussagen würde. Und um Mr. Hmimssas Behauptungen zu stützen, wandte sich das FBI dem Videoband zu. Dem äußeren Anschein nach war es die unschuldige Aufnahme einer Reise nach Disneyland von einer Gruppe von Teenagern, die mit den Beschuldigten nichts zu tun hatten. Aber die Regierung hatte eine versteckte und finstere Absicht diese Bandes entdeckt.
Ron Hansen, Reporter der Detroit News: „Der Regierungsexperte, der Überwachungsbänder eingesehen hatte – „Spähbänder“, wie er ihnen gegenüber ausführte – sagte, dass eines der Ziele, solcherart Bänder anzufertigen, sei, deren Wesen zu verschleiern, den wahren Zweck des Bandes; und er erklärte es so, dass das Band angefertigt wurde um harmlos auszusehen, gemacht, um auszusehen wie ein Touristenfilm, um seinen wirklichen Zweck zum Ausspähen von Disneyland zu verbergen, und dass genau sein Anschein, nur ein Touristenfilm zu sein, der eigentliche Beweis dafür ist, dass es kein Touristenfilm ist.“
[Schnitt zum Disneyland-Video; die Jugend spricht zur Kamera]
Jugendlicher [ein imaginäres Mikrophon haltend]: „Al-Jazeera, Hollywood, Los Angeles, Kalifornien. Hallo?“
[Schnitt zum Disneyland-Video; innerhalb der Indiana Jones Bahn]
Ron Hansen: „Ich konnte nie über die Tatsache hinweg kommen, dass das Band einfach wie ein Touristenfilm aussah. Vor der Disneyland-Bahn z.B. war eine ellenlange Schlange von Leuten, die einfach auf dem Weg zu ihrer Fahrt waren. Die Kamera schwenkte gelegentlich hinüber zu den Felsen auf der Mauer, gemacht um wie ein Indiana Jones Film zu wirken, und nach einigen Minuten schwenkt die Kamera herum und zeigt für einen Moment die Mülltonne und schwenkt dann weiter, um die die Menge zu betrachten. Der Experte sagte im Prinzip, dass durch die Momentaufnahme der Mülltonne diejenigen Leute, die Teil dieser Verschwörung zur Durchführung dieser Art von terroristischen Operationen seien, verstehen würden, worum es hier ging – wie man eine Bombe platziert, in Disneyland, Kalifornien.
[Schnitt zu Jugendlichen im Restaurant]
Jugend, winkend: Hallo!
Ron Hansen: „All das Reden und Necken waren beabsichtigt, um die verborgene Botschaft zu tarnen, welche im Band enthalten.“
[Schnitt zu Ansicht von tanzenden Jugendlichen auf Videoband]
Sprecher: Die Regierung war davon überzeugt, dass das Band voller versteckter Botschaften war. Eine flüchtige Aufnahme von einem Baum außerhalb des Hotelraumes der Gruppe war dazu da, so sagten sie, um zu zeigen, wo ein Scharfschütze zu positionieren war, um die Autos auf der Schnellstraße anzugreifen.
[Schnitt zu verwackelter Ansicht eines Schattens entlang des Gehweges während Person eine Kamera trägt]
Sprecher: Und was aussah, wie eine Kamera, die aus Versehen angeschaltet blieb, war in Wirklichkeit ein Terrorist, der Entfernungen ausmaß, um anderen zu zeigen, wo eine Bombe zu platzieren war.
[Schnitt zu Ansicht eines US-Luftwaffen-Jets während der Landung]
Sprecher: Und die Regierung sagte ebenso, dass die Detroiter Zelle plante, US-Militärbasen rund um die Welt anzugreifen. Wieder einmal fanden sie versteckte Beweise dafür in einem Terminkalender, den sie unter dem Sofa in dem Haus in Detroit entdeckten. Was wie Kritzelei aussah, war in Wirklichkeit, so sagten sie, ein Plan für den Angriff auf eine US-Basis in der Türkei.
William Swor, Strafverteidiger, Verfahren gegen die Schläferzelle in Detroit, auf eine Kopie von Zeichnungen aus dem Terminkalender hinweisend: „Die Regierung zog ihren Sicherheitsoffizier aus der Basis hinzu, um zu bezeugen, dass sie dies als die Hauptpiste interpretierte. Sie identifizierte dies hier als AWACS-Flugzeuge und dies hier, Kampfjets zu sein. Sie bekundete, dass diese durchgehenden Linien Leitlinien seien. Sie sagte ebenso, dass dies hier unten ein verstärkter Bunker wäre.“
Sprecher: Tatsächlich aber entpuppten sich die Zeichnungen im Terminkalender als das Werk eines Verrückten. Sie waren die Phantasien eines Jemeniten, der glaubte, er wäre der Verteidigungsminister des gesamten Mittleren Ostens. Bevor irgendeiner der Angeklagten in Detroit angekommen war, hatte er ein Jahr zuvor Selbstmord begangen und den Terminkalender in dem Haus unter dem Sofa zurückgelassen. Ungeachtet dessen wurden zwei der Angeklagten für schuldig befunden. Aber dann erzählte der Regierung einziger Zeuge, Mr. Hmimssa, seinen Mitinsassen, dass er die ganze Sache nur erfunden hätte, um sein Strafmaß wegen des Betruges zu reduzieren. Die Verurteilungen wegen Terrorismus wurden nun vom Richter in diesem Fall verworfen. Aber sie wurden vom Präsidenten als erster Erfolg im Krieg über den Terror („war on terror“) daheim gefeiert.
[Innenansicht, Abgeordnetenhaus, (Rednerpult)]
George W. Bush : „Wir schlagen die Terroristen in die Flucht. Und wir schlagen sie weiter in die Flucht. Einer nach dem anderen lernen die Terroristen die Bedeutung Amerikanischer Gerechtigkeit kennen.“
[Schnitt zu Jugendlichen bei einer Kissenschlacht]
[Schnitt zu Buffalo, New York, Skyline]
Sprecher: Ein anderer Fall in der Stadt Buffalo, Bundesstaat New York, schien oberflächlich betrachtet bedeutender zu sein. Sechs junge Jemen-Amerikaner waren in ein islamistisches Trainingscamp in Afghanistan gegangen.
[Schnitt zu Afghanistan, Trainingscamp]
Sprecher: Im Frühjahr 2001 reisten sie dorthin und verbrachten zwischen 2 und 6 Wochen mit Training und bekamen islamistische Revolutionstheorie beigebracht. Zwei von ihnen trafen sogar Bin Laden bei einer seiner Touren zum Camp. Dann kehrten sie zurück nach Lackawanna, einem Außenbezirk von Buffalo, wo sie lebten, aber sie taten nichts. Das FBI erfuhr von ihrer Reise und überwachte die sechs Männer fast ein Jahr lang rund um die Uhr, aber es gab kein verdächtiges Verhalten.
[Schnitt zu Lackawanna, Vorortstraße]
Sprecher: Aber dann ging einer der Männer, Mr. al-Bakri, nach Bahrain und sandte seinen Freunden eine email. Sie besagte, dass er heiraten würde und dass er sie für eine Weile nicht sehen würde. Die CIA, die ihre emails abgefangen hatte, verstand dies als eine kodierte Botschaft: die Zelle stand kurz davor, einen Selbstmordanschlag auf die Fünfte Flotte zu verüben.
John Molloy, Anwalt der Verteidigung, Lackawanna Verfahren: „Das FBI, die Regierung, sah in diesem Satz eine finstere Bedeutung. Sie glaubten, dass das Wort „Hochzeit“ ein Codewort war. Sie glaubten, dass der Satz „euch nicht mehr sehen“ andeutete, dass Muktar al-Bakri ein Selbstmordbomber war. Die Wahrheit ist, dass Mr. al-Bakri in Bahrain war, um zu heiraten und seiner Wahrnehmung nach würde er seine Freunde nicht mehr sehen, wenn er verheiratet war.“
[Schnitt zu US Justizministerium, Pressekundgebung]
Beamter des Justizministeriums: „Guten Tag. In den vergangenen 24 Stunden hat die Gesetzesvollstreckung der Vereinigten Staaten eine von Al Qaeda trainierte Terroristenzelle auf amerikanischem Boden identifiziert und zerrissen.“
Sprecher: Die Verhaftungen wurden von Washington stolz präsentiert als eine weitere Schläferzelle, die einen Angriff geplant hatte. Aber es wurde schnell klar, dass es dafür nicht einen einzigen Hinweis gab, ausser der email.
Cole: „Und das Beste, was die Regierung als Schläferzelle vorzuzeigen hat, sind diese, wissen Sie, jungen Männer in Lackawanna in New York, die zwar sehr wohl nach Afghanistan gingen und in einem Al Qaeda Trainingscamp trainierten, aber allem Anschein nach keine Absicht hatten, jemals aufgrund dessen etwas zu unternehmen. Einer von ihnen täuschte eine Verletzung vor, um frühzeitig auszuscheiden. Sie kamen zurück in vereinigten Staaten. Sie standen unter intensiver Beobachtung und wir fanden keinen Hinweis – nicht den Funken eines Beweises – dass sie jemals planten oder beabsichtigten, sich in irgend einer Weise an kriminellen, geschweige denn terroristischen Akten zu beteiligen. Das ist das Beste, was sie als Schläferzelle vorzeigen können.“
Sprecher: Angesichts der Tatsache, dass es keinen Hinweis gab, ließ die Regierung in aller Stille die Anklagen wegen Bildung einer Terrorzelle fallen. Stattdessen wurden sie einfach dafür bestraft, ins Trainingscamp gereist zu sein und dort Uniformen gekauft zu haben. Und all die anderen Fälle waren sogar noch fadenscheiniger: Eine Gruppe von Studenten, die die Befreiung von Kaschmir unterstützten, wurden in den Wäldern beim Paintball ertappt. Sie wurden dafür verurteilt, einen Angriff auf Amerika trainiert zu haben. Eine Gruppe von Afroamerikanern aus Oregon versuchte nach Afghanistan zu gelangen, um die Taliban zu unterstützen, verirrte sich aber in China. All diese Gruppen, so sagte die Regierung, waren Teil eines versteckten und schreckenerregendes Al Qaeda – Netzwerkes.
Swor: „Die Regierung hatte am Anfang ein legitimes Anliegen, aber sie ließen dieses Anliegen, und sie nahmen es und machten daraus eine Panik. Sie hatten vernünftige Fragen und nahmen sie und machten aus ihnen ein komplettes Hirngespinst. Sie fingen zunächst mit einer Schlussfolgerung an und füllten dann alle leeren Felder zu den Fragen aus. Demnach war das total getrieben von dem Bedarf – oder dem Verlangen – Terroristen zu haben. Sie bilden diesen Rückschluss, basierend auf dieser Vermutung, und dieser Vermutung, und jener Vermutung, und bestimmt, wenn Sie los gehen und Vermutungen anstellen auf Basis von Vermutungen – dann können Sie überall hingelangen!“
Interviewer: „Es ist die (Kraft) der Einbildung.“
Swor: „Ist es. Es ist eine Phantasie und es ist eine Phantasie, die politisch zweckmäßig verkauft wurde.“
[Schnitt zu Präsidialer Pressekonferenz]
George W. Bush: „Und täuschen Sie sich nicht: Wir haben hier einen Krieg, genau so, wie wir einen Krieg im Ausland haben.“
[Schnitt zu Großbritannien: Golfplätze; Innenbereich Downing Street: David Blunkett]
Sprecher: Auch in Großbritannien haben die Regierung und der Großteil der Medien den überwältigenden Eindruck erschaffen, dass es dort ein verstecktes Netzwerk von Al Qaeda Schläferzellen gibt, die auf den Angriff warten.
[Schnitt zu Polizeibeamten am Tatort]
Sprecher: Aber einmal mehr gibt es dafür sehr wenig Beweise. Von den 664 unter dem Terrorismuserlaß („terrorism act“) seit dem 11. September verhafteten Leuten ist keiner von ihnen wegen der Zugehörigkeit zu Al Qaeda verurteilt worden. Nur 3 Leute sind bisher verurteilt worden, irgendeine Verbindung zu irgendwelchen islamistischen Gruppen zu haben, und keine dieser Verurteilungen erfolgte wegen der Beteiligung an einer Terrorverschwörung; sie erfolgten wegen Geldbeschaffung oder dem Besitz von islamistischer Literatur. Die Mehrheit der unter dem Terrorismuserlaß seit dem 11. September verurteilten Leute waren tatsächlich Mitglieder irischer Terroristengruppen wie der UVF (Ulster Volunteer Force, Anm.d.Übers.) oder der Real IRA. Und viele der Festnahmen, die dramatisch mit der Mitgliedschaft zum versteckten Al Qaeda Netzwerk verkündet wurden, waren in Wirklichkeit genauso absurd, wie die Fälle in Amerika. So stürzte sich z.B. die Londoner Polizei auf einen Mr. Zain ul-Abedin der, wie sie sagten, ein internationales Netzwerk für Terrorismustraining betrieb. Es stellte sich als ein Selbstverteidigungskurs für Leibwächter heraus. Er nannte ihn „Ultimative Jihad Kampfansage“. Sein einziger Kunde war ein Sicherheitsbediensteter eines Supermarkts, der lernen wollte, wie man sich gegen Ladendiebe verteidigt. Alle Anklagen gegen Mr. Zain ul-Abedin wurden fallengelassen. Dann gab es da die Hogmanay Terrorzelle, die angeblich einen Anschlag in Edinburgh plante. Alle Anklagen gegen sie wurden klammheimlich verworfen, als aufgedeckt wurde, dass ein entscheidender Teil der Indizien – eine Karte, die Ziele zeigte, welche sie angreifen würden – sich als von einem australischen Rucksacktouristen in ihrer Wohnung zurückgelassen herausstellte, der die Sehenswürdigkeiten, die er besuchen wollte, angekreuzt hatte. Und selbst die beängstigendsten und prominentesten, aufgedeckten Verschwörungen stellten sich als unbegründet heraus. Niemand wurde je dafür festgenommen, Giftgasanschläge in der Londoner U-Bahn geplant zu haben; es war eine Fantasie, die durch die Medien fegte. Genauso wie in Amerika, gibt es bisher keinen Beleg für das entsetzliche und finstere Netzwerk, welches unter der Oberfläche unserer Gesellschaft lauert und von dem sowohl die Regierung, als auch den Medien, andauernd behaupten, es sei da.
[Schnitt zu Sitzungsraum]
Interviewer: „Also gab es kein Netzwerk.“
Bill Durodie, Direktor des Internationalen Zentrums für Sicherheitsanalysen, Kings Hochschulinstitut: „Nein“.
Interviewer: „Niemals.“
Durodie: „Vermutlich nicht.“
Interviewer: „Wir haben das erfunden.“
Bill Durodie: „Erfindung ist ein zu geflügelter Begriff. Ich denke, wir haben es projiziert – ähm, – wir projizierten unsere eigenen schlimmsten Befürchtungen, und das, was wir sehen, ist eine Fantasie, welche erschaffen wurde.“
[Schnitt zu BBC Nachrichten Interview]
Mann im Fernsehen: „Al Qaeda ist ein globales Netzwerk und mit globaler Reichweite.“
Nachrichtensprecher: „Das Ziel – ein tödliches Netz des Terrors.“
[Schnitt zu Bill Durodie im Sitzungsraum]
Bill Durodie: „Ich sage nicht, dass auf dem britischen Festland keine Gräueltat stattfinden könnte. Was ich sage ist, dass wir eine übertriebene Auffassung von den Möglichkeiten des Terrorismus haben, was ziemlich behindernd ist, und wir uns nur die Belege anzusehen brauchen um zu verstehen, dass die Zahlen einfach nicht das bekräftigen, wie wir als Gesellschaft darauf geantwortet haben.“
[Schnitt zur Londoner Skyline, Westminster, etc.]
Sprecher: Was die britischen und amerikanischen Regierungen getan haben, ist die wahre Eigenschaft der Bedrohung sowohl zu verzerren, als auch zu übertreiben. Es gibt gefährliche und fanatische Gruppen auf der ganzen Welt, die von den extremen islamistischen Theorien inspiriert wurden und sie sind bereit, die Techniken des Massenterrors auf Zivilisten anzuwenden. Die Bombenanschläge von Madrid zeigten dies nur zu deutlich. Aber dies ist kein neuartiges Phänomen. Was neu ist, ist wie die amerikanische und andere Regierungen diese komplexe und ungleichartige Bedrohung transformiert haben zu einer grob vereinfachenden Fantasie von einem organisierten Netz einzigartig mächtiger Terroristen, die überall und zu jeder Zeit zuschlagen könnten. Aber niemand hinterfragte diese Fantasie, weil es zunehmend den Interessen von so vielen Leuten diente.
Für die Presse, das Fernsehen und Hunderte von Terrorismusexperten machte die Tatsache, dass es so nach einer Fiktion aussah, es unwiderstehlich für ihr Publikum. Und die Islamisten begriffen ebenfalls, dass sie durch das Füttern dieser Medien-Fantasie eine kraftvolle Organisation werden konnten – wenn auch nur in der Einbildung der Leute.
Die treibende Kraft darin war einer von Bin Ladens Komplizen, der von den Amerikanern gefangen genommen worden war. Sein Name war Abu Zubaydah. Er begann seinen Verhörern von entsetzlichen Verschwörungen zu erzählen, die Al Qaeda vorbereitete, von denen sie einige, wie er sagte, von Hollywoodfilmen wie Godzilla abgeschaut hatten, welche sie in Afghanistan gesehen hatten.
[ Schnitt zu Innenansicht, Sitzungsraum]
Dr. John Prados, Nationales Sicherheits Archiv, Washington D.C. : „Zubaydah erzählte den Verhörern eine Reihe von Geschichten, die auf etwas basierten, von dem er dachte, dass uns dies alarmieren würde. Er erzählte uns zum Beispiel – gemäss einem damals neuen Film, Godzilla, in dem die Brooklyn Bridge von dem Monster zerstört wurde – dass Al Qaeda daran interessiert war, die Brooklyn Bridge zu zerstören. Er erzählte uns von Attacken auf Massentransportmittel wie U-Bahnzüge. Er erzählte uns, dass es Absichten gab, Wohngebäude und Einkaufszentren anzugreifen, die Freiheitsstatue, alle möglichen Dinge.
[Ausschnitt, Godzilla: Das Monster erhebt sich über die Brooklyn Bridge]
[Schnitt zu Pressekonferenzraum, Justizministerium der Vereinigten Staaten, Washington D.C.]
John Ashcroft, Justizminister der Vereinigten Staaten: „Neueste Geheimdienstberichte deuten darauf hin, dass Al Qaeda Anführer Planungen von Attacken auf Wohngebäude, Hotels und andere weiche, oder leicht gesicherte Ziele in den Vereinigten Staaten verstärkt haben“.
[Schnitt zu anderer Pressekonferenz]
Ashcroft: „Terroristen ziehen physische Attacken gegen US Finanzinstitutionen in Betracht.“
[Ausschnitt, Godzilla: Monster durch Straßen tobend, Autos zerschmetternd]
Sprecher: Und Abu Zubaydah erzählte seinen Verhörern auch von einer entsetzlichen neuen Waffe, die die Islamisten beabsichtigten einzusetzen: eine Sprengvorrichtung, die in den Städten Strahlung verbreiten konnte, die „Schmutzige Bombe“.
[Ausschnitt, CBS Abendnachrichten]
Dan Rather: „Zunächst eine exklusive CBS Meldung über einen gefangenen Al Qaeda-Anführer, der sagt, dass seine Terroristenkumpels das Know-How haben, eine sehr gefährliche Waffe zu bauen und sie in die Vereinigten Staaten zu bringen.“
Sprecher: Und die Medien schluckten den Köder. Sie stellten die schmutzige Bombe als eine außergewöhnliche Waffe dar, die Tausende von Menschen töten würde; und in diesem Prozeß machten sie den verborgenen Feind sogar noch furchterregender.
Aber in Wirklichkeit ist die Bedrohung durch eine schmutzige Bombe wieder eine neue Illusion. Ihr Zweck ist es, mittels einer konventionellen Explosion radioaktives Material zu verbreiten, aber beinahe alle Studien über solch eine mögliche Waffe kamen zu dem Schluss, dass die Strahlungsausbreitung auf diese Art niemanden töten würde, weil das radioaktive Material so zerstoben würde, und, vorausgesetzt dass die Gegend umgehend gereinigt würde, die Langzeiteffekte unerheblich wären. In der Vergangenheit haben sowohl das amerikanische, als auch das irakische Militär solche Vorrichtungen getestet. Und beide kamen zu dem Schluss, dass sie aus eben diesem Grunde komplett ineffektive Waffen seien.
[Schnitt zu Innenansicht, Wohnzimmer]
Interviewer: „Wie gefährlich wäre eine schmutzige Bombe?“
Dr. Theodore Rockwell, Nuklearwissenschaftler und Experte für Strahlungsrisiken: „Es würde wenige Tote geben, wenn überhaupt, und die Antwort lautet: vermutlich gar nicht.“
Interviewer: „Wirklich?“
Rockwell: „Ja. Und das ist immer und immer wieder gesagt worden, aber dann sagen die Leute danach unmittelbar: `Aber wissen Sie, die Leute werden das nicht glauben und sie werden alle in Panik ausbrechen.` Wissen Sie, und dann stoßen all die Leute, die an diesem Projekt arbeiten, also die Verteidigung und so weiter, einen Seufzer der Erleichterung aus, weil sie ihr Problem zurück haben, wissen Sie: Wir werden alle in Panik ausbrechen. Ich denke nicht, dass sie irgendjemanden töten würde und ich denke, Sie würden Schwierigkeiten haben, einen seriösen Bericht zu finden, der anderes behauptet. Das Energieministerium hat tatsächlich solch einen Test aufgebaut und sie haben wirklich gemessen, was passierte. Und sie, sie – die Ergebnisse der Messungen waren extrem niedrig. Sie berechneten, dass das am stärksten ausgesetzte Individuum eine einigermassen hohe Dosis abbekommen würde – nicht lebensbedrohlich, aber einigermassen hoch – und ich habe überprüft, wie die Berechnung gemacht wurde und sie setzten voraus, dass nach der Attacke ein Jahr lang niemand umzieht. Ein Jahr. Na, das ist doch lächerlich.“
[Schnitt zu anderer Innenansicht, Wohnzimmer]
Lewis Z Koch, Bulletin of Atomic Scientists: „Die schmutzige Bombe – die Gefahr von Radioaktivität ist nahe Null. Die Gefahr von Panik allerdings ist horrend. Daher die Ironie. Anstatt dass die Regierung sagt: `Seht mal, das ist keine gravierende Waffe; die gravierende Gefahr daran ist die Panik, die nachfolgen würde, und es gibt keinen Grund für Panik. Keine Panik.`“
[Schnitt zu Ansicht explodierender Atombombe, Häuser und Gegenständer zerstörend]
Britischer Sprecher: „Meine Damen und Herren, dies ist nicht das Ende unserer Show, allerdings kann so etwas sehr wohl in jedem Moment geschehen. Wir dachten einfach, wir sollten Sie vorbereiten und sie mehr oder weniger in Stimmung versetzen. Vielen Dank.
Und nun zurück zu unserer Geschichte.“
[Schnitt, Skyline einer Stadt]
Sprecher: Das Ausmaß dieser Phantasie wuchs einfach immer weiter, als mehr und mehr Gruppen die Macht erkannten, die sie dadurch erhielten – vor allem die Gruppe, die entscheidend gewesen war, die Idee zuerst zu verbreiten: die Neokonservativen. Denn jetzt hatten sie gefunden, was sie benutzen konnten und ihnen dabei helfen würde, ihre Vision zu realisieren: dass Amerika ein besonderes Schicksal hatte, das Böse auf der Welt zu besiegen und diese epische Mission würde dem amerikanischen Volk Sinn und Zweck geben.
[Schnitt, Innenansicht, Raum im Irak, Saddam Hussein und Offiziere]
Sprecher: Um dies zu tun, machten sie sich daran, mit dem Irak zu beginnen. Und genauso, wie sie in Amerika eine verborgene Wirklichkeit des Terrors unter der Oberfläche entdeckt hatten, fanden sie nun versteckte Verbindungen, die vorher niemand vermutet hatte: zwischen dem Al Qaeda Netzwerk und Saddam Hussein.
[Schnitt, Rednerpodest, Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten]
George W. Bush: „Hinweise von Spionage-Quellen, geheimer Kommunikation und Angaben von Personen, die sich jetzt in Gewahrsam befinden, offenbaren, dass Saddam Hussein Terroristen unterstützt und beschützt, einschließlich Mitgliedern von Al Qaeda. Stellen Sie sich diese 19 Entführer mit anderen Waffen und anderen Plänen vor – diesmal von Saddam Hussein bewaffnet.“
[Schnitt, Innenansicht Büro]
Richard Perle, 2001-2003 Vorsitzender des Ausschusses für Verteidigungspolitik des Pentagon: „Ich wundere mich weiterhin über Leute zu wundern, die sagen, es gibt keine Verbindungen. Das ist einfach nicht wahr. Was nicht hergestellt wurde, ist eine direkte Verbindung zwischen Saddams Spionage und den 9/11 Verschwörern, obwohl es gerade dort Hinweise gibt, die gut möglich eine Begünstigung und Hilfestellung für die 9/11 Entführer andeuten.“
Interviewer: „Gibt es wirklich Hinweise?“
Perle: „Es gibt wirklich Hinweise.“
Interviewer: „Also wenn Leute sagen, es gibt keine Zusammenarbeit zwischen Al Qaeda und Saddam Hussein, ist das falsch.“
Richard Perle: „Es ist entschieden falsch.“
Interviewer: „Wirklich?“
Richard Perle: „Absolut falsch.“
[Schnitt, Innenansicht, Studios von Al-Jazeera; im Hintergrund arabische Stimmen]
[Untertitel: Das Bombardieren hat begonnen]
[Ansicht von Fernsehmonitoren, die den Angriff auf Baghdad zeigen; Schnitt zu Reaktion des Personals im Nachrichtenraum]
Sprecher: Die treibende Kraft hinter diesen neuen, globalen Strategien im Krieg über Terror („war on terror“) war die Macht einer dunklen Fantasie: ein finsteres Netz von versteckten und verflochtenen Bedrohungen, die sich über die Welt erstreckten. Und derart war die Macht dieser Phantasie, dass sie ebenso begann, das eigentliche Wesen der Politik umzuformen, weil Politiker zunehmend entdeckten, dass ihre Fähigkeit sich die Zukunft vorzustellen und welche schrecklichen Gefahren diese bereithielt, ihnen eine neue und heldenhafte Rolle in der Welt gab.
[Schnitt zu Szene von futuristischer Fahrbahn und Pärchen, welches in zukünftigem Auto fährt]
Sprecher: In den Nachkriegsjahren hatten Politiker ebenso ihre Einbildungskraft genutzt – aber um optimistische Visionen einer besseren Zukunft zu entwerfen, die sie für ihre Bevölkerungen erschaffen konnten und es waren diese Visionen, die ihnen Macht und Authorität verliehen.
[Schnitt, Innenansicht, Downing Street: Blickwinkel auf Tony Blair]
Sprecher: Aber diese Träume brachen zusammen und Politiker wie Tony Blair wurden eher wie Manager des öffentlichen Lebens, deren Politik oftmals durch Herdengruppen bestimmt wird. Aber nun erlaubte der Krieg über Terror („war on terror“) Politikern wie Tony Blair, eine neue, gewaltige Vision der Zukunft darzustellen. Aber diese Vision war eine Düstere, eine von eingebildeten Bedrohungen und eine neue Kraft begann, die Politik zu treiben: die Furch vor einer eingebildeten Zukunft.
[ Schnitt, Innenansicht, Tony Blair richtet sich ans Publikum]
Tony Blair: „Nicht eine herkömmliche Furcht vor einer herkömmlichen Bedrohung, sondern die Furcht, dass sich eines Tages diese Bedrohung von Massenvernichtungswaffen, Schurkenstaaten und internationalem Terrorismus zusammentun, um unserer Welt eine Katastrophe zu liefern. Und dann dies Schamgefühl, zu wissen, dass ich diese Bedrohung erblickte, Tag für Tag, und nichts tat, um sie aufzuhalten.“
[Schnitt, eine andere Ansprache]
Blair: „Es mag nicht diesen oder nächsten Monat ausbrechen und uns verschlingen, vielleicht nicht einmal dieses Jahr oder im nächsten….“
[Schnitt, Nahaufnahme von Tony Blair, zum Interviewer sprechend vor Publikum]
Blair: „Ich denke einfach, diese – diese Gefahren sind da, ich denke, dass es manchmal für Leute schwierig ist, zu sehen, wie sie alle zusammenpassen – ich denke, dass es meine Pflicht ist, Ihnen zu erzählen, wenn ich wirklich daran glaube, und ich glaube wirklich daran. Ich mag mich in meinem Glauben täuschen, aber ich glaube daran.“
[Schnitt, Außenansicht, mondbeschienen, dunkle Stadt Skyline]
Sprecher: Was Blair behauptete war, dass angesichts der neuen Bedrohung durch ein globales Terrornetzwerk es nun die Rolle der Politiker wäre, in die Zukunft zu schauen und sich das Schlimmste vorzustellen das passieren würde und dann der Zeit voraus zu handeln, um dies zu verhindern. Indem er dies tat, nahm er eine Idee an, die eigentlich von der Grünen Bewegung entwickelt worden war: sie wurde das „vorbeugende Prinzip“ genannt. Damals in den 1980ern glaubten Denker innerhalb der ökologischen Bewegung, dass die Welt durch globale Erwärmung bedroht werde, aber zu dieser Zeit gab es dafür wenige wissenschaftliche Belege um dies zu beweisen. Also warteten sie mit der radikalen Idee auf, dass Regierungen eine höhere Verpflichtung hätten: sie konnten nicht auf den Nachweis warten, weil es dann für die Welt zu spät sein würde; sie mussten fantasievoll handeln, aus Intuition heraus, um die Welt vor einer heraufziehenden Katastrophe zu retten.
[Schnitt, Innenansicht, Sitzungsraum]
Durodie: „Im Wesentlichen besagt das vorbeugende Prinzip, dass das Nichtvorhandensein eines Beleges dafür, dass etwas sich als ein Problem herausstellen könnte, kein Grund dafür ist, dass man keine Maßnahmen ergreift, als ob dieses Problem bestünde. Das ist ein sehr berühmter Dreifach-Negativsatz, der im Grunde besagt, dass Handlung ohne Rechtfertigung gerechtfertigt ist. Es erfordert Vorstellungsvermögen, was das Schlimmste sein könnte und diese Vorstellung auf den derzeit schlimmsten existierenden Hinweis beziehen.“
[Schnitt, Innenansicht, Saal, Blickwinkel auf Tony Blair, der sich an Staatsfunktionäre richtet]
Blair: „Würde Al Qaeda Massenvernichtungswaffen kaufen, wenn sie könnte? Allerdings. Hat sie finanzielle Ressourcen? Vermutlich. Würde sie solche Waffen einsetzen? Auf jeden Fall.
[Schnitt, Innenansicht, Sitzungsraum]
Durodie: „Aber sobald du angefangen hast, dir vorzustellen, was passieren könnte, dann gibt es kein Halten mehr. Was, wenn sie Zugang hätten? Was, wenn sie dies wirksam anwenden würden? Was, wenn wir nicht vorbereitet wären? Worum es sich handelt, ist eine Verschiebung von der wissenschaftlichen, sich auf Beweise stützenden „Was ist“ Entscheidungsfindung hin zu diesem spekulativen, eingebildeten „was wäre, wenn“ basierten, „schlimmster anzunehmender Fall“-Szenario.“
[Schnitt, Außenansicht, Camp X-Ray (Röntgencamp, Anm. d. Übers.), Guantánamo Bucht, Kuba]
Sprecher: Und es war dieses Prinzip, welches nun begann, die Politik der Regierung im Krieg über Terror („war on terror“) zu prägen. Sowohl in Amerika als auch in Großbritannien wurden Individuen in Hochsicherheitsgefängnissen inhaftiert, nicht für irgendwelche Verbrechen die sie begangen hatten, sondern weil Politiker glaubten – oder sich einbildeten – dass sie in der Zukunft Gräueltaten begehen würden, obgleich es keinen Hinweis gab, dass sie dies beabsichtigten. Der amerikanische Justizminister begründete diese Verschiebung als, wie er es nannte, das „Paradigma der Prävention“.
John Ashcroft, US-Justizminister: Wir mussten eine Verschiebung vornehmen, in der Art und Weise, wie wir über Dinge dachten. Also, reaktiv zu sein, zu warten, bis ein Verbrechen begangen wird, oder darauf zu warten, bis es Belege gibt für den Auftrag zu einem Verbrechen, erschien uns nicht als angemessene Art und Weise das Amerikanische Volk zu beschützen.
[Schnitt, Innenansicht, Büro]
David Cole: „Anstatt die Leute dafür verantwortlich zu machen, was du ihnen nachweisen kannst, was sie in der Vergangenheit getan haben, sperrst du sie unter dem präventiven Paradigma weg und legst zugrunde, was du denkst oder worauf du spekulierst, was sie in der Zukunft tun könnten. Und wie – wie kann eine Person, die wegen dem weggesperrt wurde, was du Deinem Denken zugrunde legst was sie in der Zukunft tun könnte, Deine Spekulation entkräften? Das ist unmöglich, und deshalb kommt es letztendlich so, dass die Regierung alle Prozesse kurzschließt, die dafür gemacht wurden, um zwischen Unschuldigen und Schuldigen zu unterscheiden; weil es einfach nicht zu dem Verfahren passt, Leute dafür wegzusperren, was sie in der Zukunft tun könnten.
Sprecher: Die Befürworter des vorbeugenden Prinzipes behaupten, dass dieser Verlust von Rechten der Preis dafür ist, den die Gesellschaft dafür zahlen muss, wenn sie sich der einzigartigen und entsetzlichen Bedrohung des Al Qaeda Netzwerkes gegenüber sieht. Aber, wie dieser Mehrteiler aufgezeigt hat, ist die Idee von einem verborgenen, organisierten Netz des Terrors weitgehend eine Fantasie. Und durch die Annahme des vorbeugenden Prinzipes verfingen sich die Politiker in einem Teufelskreis: sie bildeten sich das Schlimmste über eine Organisation ein, die nicht einmal existiert. Aber niemand hinterfragt dies. Denn die eigentliche Grundlage des vorbeugenden Prinzipes ist es, sich das Schlimmste ohne unterstützende Belege einzubilden. Und diejenigen, mit der düstersten Vorstellungskraft, werden die Einflussreichsten.
[Schnitt, Innenansicht, Restaurant]
David Johnston, Spezialist für Spionage, New York Times: „Sie werden von Treffen hören, wo terroristische Belange in der Spionage-Gemeinschaft diskutiert werden und immer wird diejenige Person mit der düstersten Bewertung, die Person mit der – die auf eine Art das größte Gespür dafür hat, das etwas getan werden sollte, wird regelmäßig den Sieg bei diesen Treffen davontragen. Dementsprechend glauben wir an die düsterste Einschätzung dessen, was hier passieren könnte. Der Sinn für Zweifel ist verschwunden.“
Interviewer: „Also wird die Person mit der blühendsten Vorstellungskraft die mächtigste.“
Johnston: „Gewissermaßen ist das korrekt.“
[Schnitt, Innenansicht, FBI-Büro]
FBI-Beamter: „Wir wussten, dass Al Qaedas Tentakeln begannen, weitreichender zu werden.“
[Schnitt, Innenansicht, Britischer Sitzungsraum]
Britischer Beamter: „Es wird eine Attacke geben. Die Frage ist: „wann“ innerhalb des Vereinigten Königreiches; Ich denke, das „Ob“ ist akademisch.“
[Schnitt, Tony Blair auf Podium, sich ans Publikum richtend]
Blair: „Es ist nur eine Frage der Zeit, und das Potenzial ist riesig.“
[Ausschnitt, Godzilla: Eine Wasserwand knallt in die Stadt]
[Schnitt, Innenansicht, Restaurant]
Johnston: „Wie werden wir jemals wissen, wenn es vorüber ist? Wie können wir jemals erfahren, wann die Bedrohung vorbei ist? Mit der Mentalität, in der wir jetzt angelangt sind, wird der Zeitpunkt, an dem wir erklären dass es vorbei ist, genau der Zeitpunkt sein, an dem sie zuschlagen.“
[Schnitt, britischer Zeitungskiosk]
Zeitungsverkäufer: „Wissen Sie, äh, es liegt daran – wie wir heutzutage leben. Wir leben auf des Messers Schneide.“
[Schnitt, Vogelperspektive von London, gefolgt von Unglücksszenen, etc.]
Sprecher: Diese Geschichte begann vor über 30 Jahren, als der Traum davon, dass Politik eine bessere Welt erschaffen könnte, auseinander zu brechen begann. Aus diesem Zusammenbruch gingen zwei Gruppen hervor: die Islamisten und die Neokonservativen. Zurückblickend können wir nun sehen, dass diese beiden Gruppen die letzten politischen Idealisten waren, die in einem Zeitalter der wachsenden Desillusion versuchten, der begeisternden Macht politischer Visionen wieder Geltung zu verschaffen, welche dem Leben der Leute wieder einen Sinn geben würde.
[Schnitt, Ansicht von arabischer Menschenansammlung]
[Untertitel unter Ansammlungsszenen: Wir werden für einen islamischen Staat kämpfen, wir werden dafür sterben.]
[Schnitt, Paul Wolfowitz, betritt Presseinformationsraum]
Sprecher: Aber beide scheiterten in ihrem Bemühen, die Welt zu transformieren und stattdessen haben sie zusammen die heutige, seltsame Fantasie der Angst erschaffen, welche Politiker aufgegriffen haben. Denn in einem Zeitalter, in dem all die großen Ideen ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, ist Angst vor einem Fantomfeind alles, was den Politikern übrig bleibt, um ihre Macht aufrecht zu erhalten.
[Schnitt, Innenansicht, Saal, Nationalkonvent der Demokraten]
George Bush: Und wir haben Amerikaner in Uniform gesehen, wie sie Bergfestungen gestürmt und durch Sandstürme angegriffen haben. Wir haben die Terroristen auf der ganzen Erde bekämpft, weil die Leben unserer Bürger auf dem Spiel stehen. Und Amerika und die Welt ist sicherer.
John Kerry, Senator der Vereinigten Staaten und Präsidentschaftskandidat: „Die Einsätze sind hoch. Wir sind eine Nation im Krieg, einem globalen Krieg über Terror („war on terror“), gegen einen Feind, anders, als wir ihn jemals zuvor kannten…“
[Schnitt, RNC]
Bush: „Vor dieser Wahl stehend werde ich jederzeit Amerika verteidigen.“
[Schnitt, Innenansicht, Sitzungsraum]
Durodie: „In einer Gesellschaft, die an nichts mehr glaubt, wird Angst zur einzigen Agenda. Während das 20. Jahrhundert beherrscht war von einem Konflikt zwischen einer „Freier Markt“-Rechten und einer sozialistischen Linken, selbst wenn beide dieser Ausblicke ihre Grenzen und ihre Probleme hatten, glaubten sie wenigstens an etwas, wohingegen das, was wir nunmehr sehen, eine Gesellschaft ist, die an nichts mehr glaubt. Und eine Gesellschaft, die an nichts glaubt, ängstigt sich besonders vor Leuten, die an irgendetwas glauben und demzufolge bezeichnen wir solche Leute als Fundamentalisten oder als Fanatiker und sie haben viel größeren Einfluss in Form der Furcht, die sie der Gesellschaft einjagen, als sie es wahrlich verdienen. Aber dies ist eher ein Maß dafür, wie sehr wir isoliert und atomisiert geworden sind, als der ihnen anhaftenden Stärke.“
[Schnitt, Außenansicht Downing Street, Tony Blair läuft zur Tür]
Sprecher: Aber die Furcht wird nicht andauern. Und sobald sich die Träume, die die Politiker einst versprachen, als Illusionen entpuppt haben, werden es auch die Albträume.
Und dann werden sich unsere Politiker der Tatsache stellen müssen, dass sie keine Visionen haben, die sie uns noch länger anbieten können –
weder gute, noch schlechte.
[Abspann.]
[Musik: „Raindrops Keep Fallin‘ on My Head“]
Artikel aktualisiert am 11. September 2012