Überstürzende NRW-Wahl
Anlässlich der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 9.Mai hier wieder unsere wöchentliche Sonntagsfrage auf Radio Utopie. Es bleibt interessant.
Die Informationsindustrie überstürzt sich derzeit in Deutschland. Die Angst geht um, der Wähler könnte es mit der Wahl überstürzen, also tatsächlich mal hingehen – besonders die Couch Potatoes der Unterschicht aka Arbeitende Klasse. Die könnten nämlich nicht nur die Landesregierung, sondern auch gleich die Bundesregierung überstürzen. Schröcklich.
Nach satten Monaten der Ignoranz holte die Spinnerdoktoren des Medien-Establishments nun die berühmte kalte Dusche, die man eigentlich der Unterschicht versprochen hatte. Irgendein Schlipswichtel schien den Rechenschieber rausgeholt und danach (vielleicht gegen Bezahlung?) sein neu erworbenes Wissen weiter gegeben zu haben. Nun sitzen sie da alle, die altersstarrsinnigen „Weiter So“-Propheten der guten alten Bonner Schule, mit hochrotem Kopf und wissen nicht mehr weiter: ja was sollt Ihr auch machen?
Trotz der Kosten, die aller Mühen scheute, es langt irgendwie weder für Pontius, noch für Pilatus. Man hat den Knopf schon auf der Jukebox, will endlich wieder beides hören, Country und Western, und plötzlich ist der Strom weg. Guckt man also um die Ecke, ist der Ein-Euro-Jobber schon wieder vom Rad gestiegen, hat die Handkurbel schon mal freundlich daneben gelegt und einen Abschiedsbrief hinterlassen. Den durchsucht man dann panisch nach Rechtschreibfehlern, um den Haussklaven irgendwie auf der Straße wegfangen zu lassen, aber kann doch nur wieder die neokonservativen Zähnchen knirschen und dumm gucken, wie man schön langsam abserviert wird – mit Ansage. Ein hartes Schicksal, so als G´scherr vom Herr – aber so ist das Leben.
Doch gibt es wohl Neues in der Pressewelt zu lesen. Haut es mal nicht hin, mit dem fliegenden Wechsel von „schon immer“ und „erst heute wurde bekannt“, dann nennt man das neuerdings ein „Patt“ (2), so als ob wir nicht schon 12 Jahre real existierendes Patt hinter uns hätten. Das könnte wohl so weitergehen, könnte man platt sagen. Denn CDU und SPD haben in Nordrhein-Westfalen laut der letzten „Forsa“-Umfrage (1) nur noch genügend Prozente, um sich als böse Zwillings-Onkelz in die „große“ Koalition zu flüchten.
Nun, gleich und gleich gesellt sich ja gern, aber zur Tarnung eben gern auseinander. Die plötzlich neu entdeckten Lagerwahlkampfinsassen (im großen Lande der Versöhnung zwischen rechts oben und ganz rechts oben) wollen aber nicht so recht. Für eine rot-grüne oder schwarz-gelbe Erbschaft der Regierungspfründe reicht es nur zu jeweils 45 Prozent. Keine der großen Politmumien kann mehr alleine die Mitte der Gesellschaft bilden – also die Spitze der Pyramide, Sie verstehen das.
Andere Modelle, eine SPD-geführte Koalition mit Grünen und FDP, oder eine CDU-geführte Regierung mit den Grünen, werden keine absolute Mehrheit im Düsseldorfer Landtag bekommen, wenn die NRW Linke über acht Prozent geht – wovon man, bei aller Bescheidenheit, durchaus ausgehen kann. Eine Jamaika-Koalition wiederum (CDU, FDP, Grüne) wäre natürlich ein Riesenspaß. Da könnte man sich, die paar Monate, eigentlich gleich nonstop vor die Nachrichten hängen. Das würde auseinanderfliegen, schneller als eine Meute Parteifreunde um den Wahlverlierer.
Wie wir bereits mehrfach ausführten, bedeutet der drohend interessant zu werdende Wahlausgang in NRW des weiteren, dass sich die derzeitige Bundesregierung aus CDU, FDP und CSU irgendwie neu sortieren muß, da sie ihre Mehrheit im Bundesrat verliert. Das Berliner Modell, so schaut´s aus, wird in NRW abgewählt. Auf den dortigen neuen Sancho Pansa als Koalitionspartner der CDU (mutmaßlich die nach vorne an den Altar gedrängelte SPD) wird man sich auch in Berlin einstellen müssen. Guido Westerwelle und die spätrömische FDP könnte man sich bei CDU und CSU elegant entledigen, genauso wie der einzigen Liberalen im Bundeskabinett, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Ihr winkt man quasi schon jetzt hinterher. Noch nie war eine Bundesjustizministerin für den gesamten Apparat so dermaßen Luft wie derzeit.
Nun, vielleicht sind sie ja heute wieder etwas schlauer geworen. Aktiver werden Sie höchstwahrscheinlich nicht mehr im Leben. Aber man soll die Hoffnung ja nie aufgeben. Wenn Sie also 2 Minuten für einen Login opfern möchten, hier unsere wöchentliche Sonntagsfrage: Welche Partei beabsichtigen Sie bei der nächsten Bundestagswahl zu wählen?
(…)
11.04.2010 Ok, die NRW Linke könnte jetzt über 10 % gehen
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Quellen:
(1) http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/nrw.htm