Plan im Gesundheitsministerium: völliger Honorarentzug für Verweigerer der elektronischen Übertragung der Patientendaten
Ärzte wehren sich gegen zentrale medizinische Datensammlungen der Patienten durch die Bundesregierung – die Datenbanken der Europäischen Union warten auch auf Datensätze der Bürger, um umfassende Kontrollprofile zu erstellen.
Vor drei Tagen fand in Herford die Jahresversammlung der deutschen Gruppe der Organisation „IPPNW – Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.“ statt. In der „International Physicians for the Prevention of Nuclear War“ (IPPNW) haben sich Ärzte und Ärztinnen, Medizinstudenten und Fördermitglieder aus über sechzig Ländern aller Kontinente vereinigt, um gegen Atomwaffen, Atomkraftwerke und für eine friedliche soziale Welt anzutreten.
Auf der Versammlung wurde eine Resolution gegen die Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte verabschiedet. Die Hauptgründe sind neben den horrenden Kosten (z.B. 742 Millionen Euro an Beitragsgeldern nur für das Jahr 2009) und technischen Misserfolgen die elektronische Speicherung und Übertragung sensibler Patientendaten. Bisher galt das Arztgeheimnis, die Daten wurden auf dem internen PC des Arztes und in schriftlicher Form in Karteikästen aufbewahrt und verliessen nicht die Arztpraxis.
Die jetzt vorgesehene „Online-Stammdatenaktualisierung“ der Versichertendaten am Anmeldetresen der Arztpraxen und der Speicherung der sensiblen Stammdaten, wie zum Beispiel „Teilnahmen am Chronikerprogramm Diabetes oder Brustkrebs“ in einer zentralen Serverstruktur bei privaten „Dienstleisterfirmen“, laufe dem Recht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung zuwider, schrieb die Organisation am 26.April auf ihrer Webseite.
Die Resolution fordert die Teilnehmer des 113. Ärztetages in Dresden auf, die weitere Mitarbeit der Ärzteschaft an dem E-Card-Projekt zu verweigern.
Resolution zur E-Card
Die deutsche Sektion der IPPNW/Ärzte in sozialer Verantwortung fordert von der Bundesregierung, das verfehlte Projekt Elektronische Gesundheitskarte endgültig aufzugeben. Insbesondere wenden wir uns entschieden gegen die Absicht, die Ärzte gesetzlich zur Online-Übermittlung der Daten zu verpflichten. Wir fordern die Delegierten des 113. Deutschen Ärztetages in Dresden auf, die weitere Mitarbeit der Ärzteschaft an dem E-Card-Projekt zu verweigern.
Vier Jahre nach dem Termin der Einführung 2006 ist die neue Versichertenkarte noch immer nicht praxisreif, aber 742 Millionen Euro an Beitragsgeldern sind allein 2009 für die 1. Phase des sogenannten „Roll-out“ aus dem Gesundheitsfond ausgegeben, in den die Krankenversicherten für eine gute Gesundheitsversorgung eingezahlt hatten.
Die bisherigen „Test“- Ergebnisse waren niederschmetternd, und die Tests wurden schon 2008 weitgehend eingestellt. Eine kostspielige Neuauflage in Nordrhein wäre unverantwortlich.
Das neue Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Vorratsdatenspeicherung bei Telefondaten widerspricht einem Beharren auch auf dem „ weltgrößten IT Projekt“ mit geplanter Vorratsdatenspeicherung aller Kontakte zwischen Ärzten und Patienten und erst recht allen weitergehenden Anwendungen im Rahmen einer Telematikinfrastruktur, wie der Erstellung von E- Rezepten oder “Elektronischen Patientenakten“, die nur verschoben worden sind.
Die jetzt vorgesehene „Online-Stammdatenaktualisierung“ der Versichertendaten am Anmeldetresen der Arztpraxen und der Speicherung der sensiblen Stammdaten, wie zum Beispiel
„Teilnahme am Chronikerprogramm Diabetes oder Brustkrebs“ in einer zentralen Serverstruktur bei privaten „Dienstleisterfirmen“, widerspricht dem Recht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung durch die Erstellung von Bewegungsprofilen und dem Anspruch der Arztpraxen auf geschützte und praktikable Durchführung ihrer ärztlichen Aufgaben.
Dass in der Schublade von Röslers Ministerium ein Plan für eine Gesetzesänderung liegen soll, nach deren Inhalt die ärztlichen „ Verweigerer“ dieser Massenvernetzung des Gesundheitswesens mit völligem Honorarentzug bestraft werden sollen, entsetzt uns und fordert unseren entschiedenen Protest.
Moderne Möglichkeiten der Datenübertragung können auch ohne die aufgezwungene Telematikinfrastruktur mit Totalvernetzung aller Beteiligten im Gesundheitswesen für die ärztliche Versorgung genutzt werden. Das E-Card-Projekt war von Anfang an geplant, um unser Gesundheitswesen im Sinne einer „Managed- Care“ Industrialisierung nach US Vorbild umzugestalten. Die renditeorientierte Massenabfertigung ist dort bekanntlich gescheitert und ihre Einführung hier wird von uns abgelehnt. Patienten sind keine Kunden, Ärzte keine Dienstleister und das E-Card-Projekt bricht die Schweigepflicht, droht das Solidarprinzip zu untergraben und gefährdet zutieftst das vertrauensvolle Arzt-Patienten -Verhältnis!
Verabschiedet am 24. April 2010 in Herford
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin,
ippnw@ippnw.de, www.ippnw.de
PDF-Datei der Resolution
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Quelle: http://www.ippnw.de/startseite/artikel/860d9bdba4/aerzteschaft-soll-weitere-mitarbeit.html