DIE GRIECHENLAND-KRISE (V): Politische Monarchie zu verkaufen

Teil I – Goldman Sachs und das China-Syndrom
Teil II – Banken, hört die Signale..
Teil III – Das “nächste Lehman Brothers” – die Entstaatlichung der Staaten
Teil IV – Machtergreifung einer neuen kapitalistischen Sowjetunion

Griechenland, erst seit 1974 zum zweiten Mal Republik, war seit jeher von Monarchie und autoritär-feudalen Verhältnissen geprägt, ähnlich wie Deutschland. Nachdem sich 1821 kleine Gruppen in Griechenland mit dem Ziel einer hellenischen Republik zur Revolution gegen das Osmanische Reich erhoben hatten, ergriffen die mitteleuropäischen Monarchien die Gelegenheit und gingen militärisch gegen das Osmanische Reich vor. Die Großmächte sorgten dafür, dass schliesslich im Jahre 1832, nach der Erringung der Souveränität Griechenlands, dort eine Monarchie errichtet wurde – mit dem bayrischen Prinz Otto als erstem König der Griechen.

Erst fast 100 Jahre später schaffte es Griechenland nach einer Revolution vom Dezember 1923 bis zum Oktober 1935 in knappe zwölf Jahre wackelige Republik. Deutschlands kurze Jahre der ersten, der Weimarer Republik, dauerten von der Revolution 1918 bis zur Machtergreifung der faschistischen Diktatur 1933.

1941 fielen die Armeen Nazi-Deutschlands zur Unterstützung der faschistischen Truppen Italiens in Griechenland ein. Deutschland wurde Besatzungsmacht. Über der Akropolis, den Zeugen der uralten griechischen Kultur, wehte das Hakenkreuz. Bis heute ist dieses blutige und grausame Besatzungsregime in Griechenland ein Tabuthema in der deutschen Öffentlichkeit.

Der Teil der Griechen, welcher nach der deutschen Besatzung 1945 eine radikale Veränderung und Revolution wollte, schloss sich dem kommunistischen Aufstand gegen die neuen faktischen Besatzungsmächte USA und Grossbritannien an. Diese offerierten dem zerschmetterten und ausgeplünderten Land immerhin eine Kontinuität der Monarchie unter feudalem Kapitalismus. Zwischen Kommunisten und Feudalisten entschlossen sich die Meisten für die Monarchie.

Der drei Jahre dauernde griechische Bürgerkrieg, nach dem 2.Weltkrieg, gehört ebenfalls zu den blinden Flecken in den (west)deutschen Geschichtsbüchern. Ein weiteres schreckliches Kapitel. Von diesem erneuten Aderlaß nach dem Besatzungsregime der Deutschen erholte sich die griechische Gesellschaft bis heute nicht.

Das Land unterliegt nach wie vor der Herrschaft einiger weniger Familien; darunter auch die der Familie Papandreou, welche heute mit der „Pasok“ ihre eigene, kleine Parteimonarchie besitzt. In den 60er Jahren wurde durch die damalige Supermacht USA, im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion, buchstäblich alles versucht, um Griechenland als Nato-Satellitenstaat unter Kontrolle zu halten. Als in den 60er Jahren Georgios Papandreou (damals mit der liberalen „Zentrumsunion“) Premierminister wurde, setzte ihn der König einfach verfassungswidrig wieder ab. Mit Unterstützung und Wissen der USA putschten monarchistische Generäle und setzten eine brutale Militärjunta ein, um Griechenland irgendwie wieder in den Griff zu bekommen. Die Installation der Junta folgte entsprechenden Dogmen des Nordatlantikpaktes, welche den Sturz jedes „kommunistischen“ Regimes im eigenen Machtbereich vorsahen, egal mit welchen Mitteln.

Entgegen heutigen Denkverboten folgte auch dieser Putsch und diese Systemveränderung einer Verschwörung – mit anderen Worten: einem Plan. Dieser sah vor, für den Militärputsch Unterstützung durch monarchistische Kräften zu bekommen, indem man einfach eine Verschwörung zum antimonarchistischen Militärputsch erfand, durch „kommunistischer Militärs“. Diese frei erfundene Verschwörung wurde durch die Putschisten „Aspida-Verschwörung“ genannt.

Am 21. April 1967 schlugen die Militärs los. Bereits am Abend waren ungefähr 10.000 Menschen „verhaftet“ und in die Lager der Junta verfrachtet worden, laut Schätzungen waren 8000 von ihnen schon im ersten Monat tot. König Konstatin II erklärte die Verfassung Griechenlands für ausser Kraft gesetzt (Konstatins Schwester Sophia ist übrigens die heutige Königin von Spanien, seine Schwägerin Margrethe II. die heutige Königin von Dänemark). In welchem Umfang das anfänglich als Weltbibliothek geplante Wikipedia mittlerweile gekapert worden ist, zeigt dieses Zitat aus dem deutschsprachigen Eintrag über die von 1967 bis 1974 dauernde Militärdiktatur:

„Trotz offener Brutalität der ersten repressiven Maßnahmen war es am 21. April 1967 unmöglich vorauszusehen (?!) , dass sich damit ein neues Regime etablierte, bei dem es sich um ein ausschließlich militärisches und diktatorisches handeln würde.“

Nach dem Putsch und der Festigung der Junta wurde der bis dahin nützliche König abgesetzt, dieser flog außer Landes. Erst nach acht blutigen Jahren, Massakern in Universitäten und dem gescheiterten Machtkampf mit der türkischen Militärjunta auf Zypern, brach die Junta zusammen, weil ihr USA und Nato die Unterstützung entzogen.

Eingesetzt nach der Junta wurde durch „die westliche Staatengemeinschaft“ aber nicht etwa der Wahlsieger der letzten freien Wahlen vor dem Putsch, Georgios Papandreou, sondern der damalige konservative Wahlverlierer Konstantinos Karamanlis der „Nationalradikalen Union“. Karamanlis wurde am 24. Juli 1974 aus Paris eingeflogen und noch in der Nacht seiner Rückkehr als Ministerpräsident vereidigt. Er vererbte dieses Amt, in stetem Erbschaftsstreit mit den Papandreous, später an seinen Neffen Kostas Karamanlis, Ministerpräsident von 2004-2009. Die Parteimonarchie der Familie Karamanlis hiess „Neo Dimokratia“ („Neue Demokratie“), die der Papandreous „Pasok“ („Gesamtgriechische Sozialistische Bewegung“).

In den 15 Jahren zwischen dem Ende der Militärdiktatur bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion verbesserten sich die Lebensverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung Griechenlands langsam; in den darauf folgenden Jahrzehnten von 1990 bis 2010 wurde im Zuge des Aufstiegs des Nachfolgers „Europäische Union“ alles schlimmer, als es seit der Militärdiktatur je gewesen war.

Was viele nicht wissen: laut der nach der Militärdiktatur erlassenen Verfassung Griechenlands (1) kann laut Artikel 48 der Staatspräsident „auf Vorschlag des Kabinetts“ (!) die Regierung entlassen, das Parlament auflösen, die Verfassung teilweise ausser Kraft setzen und den „state of siege“,  den Notstand ausrufen (korrekte Übersetzung eigentlich „Belagerungszustand“). Danach kann der Präsident selbst Gesetze erlassen. Präsident Griechenlands ist derzeit Karolos Papoulias (Pasok).

Das Parlament muss erst 15 Tage nach der Erklärung des „state of siege“ seine Zustimmung erteilen, welche dann jeweils für weitere 15 Tage gilt. Die Deutschen kennen das noch als „Notverordnungen“ aus der Weimarer Republik, die der 1925 vom Volk zum Staatspräsidenten gewählte preussische General Paul von Hindenburg in den Abgrund führte.

D.h., der Staatspräsident Griechenlands (der nicht vom Volk, sondern vom Parlament gewählt wird) hat die Macht sich selbst mit Zustimmung von Teilen der Regierung (die nicht vom Volk, sondern vom Parlament gewählt wird) zum Diktator ausrufen.

Und genau mit dieser Maßnahme drohte unverhohlen am 2.März Premierminister Giorgos Andrea Papandreou, nachdem er sich am 26.Februar mit Bankern getroffen und am 1.März von EU-Wirtschaftskommissar Oliver Rehn und dem „Chefvolkswirt“ der Frankfurter „Europäischen Zentralbank“ (EZB) Jürgen Stark in der griechischen Hauptstadt Athen ausführlich instruiert worden war, radikale Kürzungen bei Löhnen, Renten und sozialer Gesetzgebung gegen die Bevölkerung durchzusetzen (2).

Über zwei Tage lang verhandelte die Regierung des zum Satellitenstaat degradierten Griechenland mit den Vertretern ihrer neuen Sowjetunion, die am 16.Februar Griechenlands Haushalt unter Zwangsverwaltung gestellt hatte.

Dann stand Papandreou am 2.März vor dem parlamentarischen  Komitee der Pasok. Bereits vor der Sitzung hatte er gegenüber Reportern geäussert, dass seine Regierung nur noch Geldmittel für knapp eine Woche habe. In der nun folgenden, tumultartigen Sitzung, erklärte Papandreou vor den wütenden Parteivertretern der Pasok, welche heftig protestierten, dass sich Griechenland in einem „Kriegszustand“ befände – einem „state of war“ (3):

„Ich werde kämpfen, um das Vaterland vor den Folgen zu bewahren, die der Alptraum eines Staatsbankrotts mit sich bringen würde..Wir befinden uns im Krieg gegen die negativen Szenarien, denen unser Land ausgesetzt ist..Jeden Tag finden wir neue Löcher, neue Landminen im Haushalt..Wir hätten gerne mehr Zeit, damit die Strukturreformen ihre Wirkung entfalten können, aber leider lassen die internationalen Bedingungen dies nicht zu.“ (2)

Die unverhohlene Drohung der Ausrufung des Notstandes wirkte. Die Pasok-Parteivertreter gaben nach und stützen Papandreous Kurs. Durch Athen gingen bereits Notstands-Gerüchte. Am nächsten Tag, dem 3.März, traf sich das griechische Regierungskabinett und beschloss ein radikales Kürzungsprogramm.

Es sollte wahrlich nicht das letzte sein. Es sollte nur alles immer schlimmer werden – das war der Plan; der Plan zur Errichtung einer Bankentribut-Behörde auf europäischer Ebene, nach Vorbild der in Deutschland im Oktober 2008 im Zuge eines finanziellen Reichstagsbrandes durchgepeitschten Soffin-Behörde („Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung“).

Die Grundzüge dieses Plans wurden am 16.November 2009 auf der Euro Finance Week im Frankfurter Bankenviertel durch jemanden vorgestellt, der bereits in die Errichtung der Soffin in Deutschland unmittelbar verstrickt gewesen war:

Josef Ackermann, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank.

DIE GRIECHENLAND-KRISE (VI): Der Plan der Banken von einer europäischen Soffin
DIE GRIECHENLAND-KRISE (VII): Am Anfang war die Statistik

Quellen:
(1) http://www.servat.unibe.ch/icl/gr00000_.html
(2) http://www.welt.de/politik/article6626802/Griechischer-Premier-spricht-von-Kriegssituation.html
(3) http://libcom.org/news/state-war-declared-greek-pm-02032010

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