FDP: Fette Drei Prozent
Im neuesten ZDF-Politbarometer stürzen die ex-Liberalen in der politischen Stimmung auf drei Prozent.
Im Fantomringen der Blockparteien um die Gunst von Banken, Bossen und Brüssel gibt es mal was richtig Neues: die Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) knackt weg. Ihr Koalitionspartner FDP fällt mit seinem begnadeten Senkblei Guido Westerwelle kopfüber (wenn auch nicht kopflastig) ins gelbe Loch. Auf ganze drei Prozent kommt die FDP noch laut ZDF-Politbarometer (1) in der politischen Stimmung.
Tja. Leistung lohnt sich eben wieder. Umgekehrt allerdings auch.
Die Fehler der ex-Liberalen ist, dass sie sich nach ihrem Dreikönigstreffen Anfang Januar, wo sie – richtigerweise – einen vielversprechenden Aufbruch in den „mitfühlenden Liberalismus“ startete und sich mit Christian Lindner einen jungen Intellektuellen als Generalsekretär leistete, in voller Fahrt wieder nach rechts auf die Schotterpiste Richtung Brandschutzmauer quatschen ließen. Und zwar von denselben alten sozialen und geopolitischen Totschlägern, die vorher schon 10 Jahre lange die SPD beglückt hatten.
Spürte man Ende 2009 in Berlin, angesichts eines möglichen Wiederaufblühens des klassischen, traditionellen und wertkonservativen Liberalismus in Deutschland, noch allerorten die Nervosität der reaktionären, verfassungsfeindlichen und bellizistischen Kräfte, so konnten die Neokonservativen schon bald wieder mit ihrem Traumpartner Neoliberale über Bande spielen.
Die FDP startete eine wahre Eigentor-Kanonade. Dabei hatte sie wohlmeinende Tipps wohl irgendwie falsch verstanden. (7.Januar, Ein Tor würde der FDP gut tun)
Schon bei der spätrömischen Wirrnis des Partei-Nero Guido Westerwelle lief den Spindoktoren und Beraterkolonnen vor Freude das Wasser in den Augen zusammen; Armutsdruck und Zwangsarbeit für „dekadente“ Hartz IV-Empfänger einerseits und milde Abermilliarden teure Gaben für die ehrenwerten „Leistungsträger“ in Banken, Konzernen und Hotel-Etagen andererseits. Das müsse dem Mittelstand doch einfach einleuchten, hieß es. Das hatte doch schon in Westdeutschland immer so gut geklappt, auch nach 1990, als man da im Osten was dran gepappt hatte.
Vor der Bundestagswahl hatte es noch geheißen, das mit dem Krieg, also das könne nach acht Jahren auch mal vorbei gehen. Man war sogar schon dabei, an der SPD vorbei zu gehen. (19.August 2008, FDP fordert „Rückzugsplan“ aus Afghanistan-Krieg, Sozens in Panik)
Nach dem Parteitag Anfang Januar hiess es dann aber rechts schwenkt marsch, volles Brett auf die Schotterpiste. Man wollte mit den lieben Freunden in der CDU in Nordrhein-Westfalen mal so richtig gegen die Wand fahren. Immerhin – die FDP hatte es kommen sehen. (26.Januar, Eskalation in Afghanistan: Jetzt saust das Fallbeil über CDU, FDP und CSU)
Westerwelles verfassungswidrige Kriegserklärung im Bundestag, als schlipsbehelmter Armschoner des Militärs, tat dann ein Übriges. (10.Februar, Regierung und Parlament im bewaffneten Konflikt mit der Verfassung)
Die hörten mit dem Geballer gar nicht mehr auf. Dabei dachte die FDP wahrscheinlich, es wäre Asien, dabei war es das eigene Tor. (08.April, FDP erklärt Bundeswehr zur “Interventionsarmee” gegen “Weltterrorismus”)
Nun hat die FDP den Salat. Dabei hatte sie sich Anfang Januar offensichtlich für den Sommer schon eine Mähmaschine bestellt und anschliessend säen mit düngen verwechselt.
Generalsekretär Christian Lindner, seit Wochen erkennbar in Panik, passt zwar im Grunde glänzend in dieses Amt, taugt aber überhaupt nicht für die Rolle des pseudo-agressiven Rechtsmagnaten und tumben Phrasendreschers. Aber genau diese Rolle hat ihm irgendjemand eingeredet. Wieviel Blödsinn dieses politische Talent in den Monaten seit dem Dreikönigstreffen schon von sich gegeben hat, sobald er irgendwo ein Mikrophon und eine Kamera entdeckte, kann nicht mehr in Kurzfassung aufgezählt werden. Seine einzige gute Rede war seine Antrittsrede. Dann kamen offenbar wieder die gleichen Parteikörper-Fresser, die jedes neue Talent ruinieren, in jeder etablierten Partei der Berliner Republik.
Ende dieses Monats, sicherlich zufällig zeitlich nahe der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten am 30.Juni, möchte sich die FDP in einer „Klausur“ neu aufstellen. Dazu Lindner eines Morgens: (2)
„Die Lage der FDP ist gegenwärtig nicht so, dass wir damit zufrieden wären“
Ach nee.
Es solle in der FDP mal überlegt werden, nur mal so,
„mit welchen Themen wir jetzt als FDP wieder so in die Offensive kommen, dass die Zustimmung wächst“.
Von einem außerordentlichen Parteitag im Herbst ist bereits jetzt die Rede. Dazu hatte Guido Westerwelle, gesetzt den Fall, er sei bis dahin noch Aussenminister, schon die glänzende Begründung parat, warum er zudem auch Parteivorsitzender bleibe:
„Auch die Kanzlerin ist gleichzeitig Parteivorsitzende“
„Fast Drei Prozent“ wäre als Parteiname natürlich auch noch zu haben.
Quellen:
(1) http://politbarometer.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,1872,8080048,00.html
(2) http://www.welt.de/politik/deutschland/article8038078/Lindner-kuendigt-Neuaufstellung-der-FDP-an.html