Chiles neue Neutralität im Netz ist Gesetz: niemand ist gleicher
Das südamerikanische Land ist der erste Staat der Welt, in dem aller Bürger – im speziellen Fall die User – vor dem Gesetz gleich sind, niemand darf bevorteilt, benachteiligt oder ausgesperrt werden, wenn es um den Internetzugang und das Serven im Netz geht.
Ein Gesetzentwurf, der von zehn Abgeordneten mehrerer Parteien eingebracht wurde, fand bis auf eine Stimme, die keine Meinung dazu hatte, ungeteilten Beifall im Parlament und wurde mit der Annahme in dritter Lesung zum Gesetz. Neunundneunzig Abgeordnete stimmten mit „Ja“ bei einer Stimmenthaltung, keiner der Parlamentarier war dagegen. In den ersten beiden Lesungen gab es Änderungsvorschläge. Die Politiker wären sich darüber einig gewesen, dass es eine „Notwendigkeit für einen freien und gerechten Zugang zum weltweiten Datennetz bedarf, der keinen Einschränkungen durch die Service-Provider unterliegen darf“, hiess es.
Die Neuregelung garantiert den Internetnutzern ein freies und offenes Datennetz ohne technische Zugangsbeschränkungen.
Jorge Atton, Vizeminister für Telekommunikation in Chile, hätte laut der Agentur Latina Press gesagt, dass das Projekt nun eine weitaus grössere Transparenz über die Serviceangebote und Dienstleistungen, welche das Internet für die Konsumenten wirklich bereithalte, erlaube.
“Die Nutzer werden viel mehr Informationen erhalten, auch viel früher über das Breitband, welches sie wollen. Es wird verpflichtend, dass sie über die Charakteristik und den Umfang der Internetservices informiert werden”.
so der Vizeminister.
Latina Press hat den Inhalt des Gesetzes in deutscher Sprache zur Verfügung gestellt, von dem sich Deutschland eine Scheibe abschneiden kann:
* 1. Verbot für den Service-Provider (ISP) der Einmischung, Störung oder unterschiedlicher Behandlung jegliche Inhalte, Applikationen oder Dienste. Ausnahmen sind nur gestattet, um die Privatsphäre der User, den Schutz vor Viren und die Sicherheit des Netzwerkes zu garantieren.
* 2. Verpflichtung für den ISP, eine Kontrolle für den Jugendschutz anzubieten
* 3. Verpflichtung für den ISP, dem User schriftlich entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen, damit dieser die vereinbarten Dienstleistungen überprüfen kann.
* 4. Verpflichtung für den ISP, den Datenschutz des User zu gewährleisten, ihn vor Viren zu schützen und die Netzwerksicherheit zu gewährleisten.
* 5. Verpflichtung für den ISP, dem User Zugang zu sämtlichen Arten von Inhalten, Dienstleistungen und Anwendungen zu ermöglichen, die im Netz verfügbar sind und eine Dienstleistung anzubieten, die sich von den Inhalten, Anwendungen und Dienstleistungen in Bezug auf den Ursprung des Angebotes nicht unterscheidet. Zudem sind sämtliche Maßnahmen verboten, welche die Freiheit des Nutzers bei der Nutzung der Inhalte einschränkt.
„“Netzneutralität” bedeutet, dass Zugangsanbieter, wie z.B. eine lokale Telefongesellschaft oder ein nationaler Internetdienstleister, sämtliche Datenpakete von und an ihre Kunden unverändert und gleichberechtigt übertragen, unabhängig davon, woher diese stammen oder welche Anwendungen die Pakete generiert haben. Aufgrund einer fehlenden Gesetzesgrundlage kann so T-Mobile in Deutschland z.B. seinen Kunden den Zugang zu Skype verbieten und damit kostenlose Telefonate über den Drittanbieter verhindern. Mit einer Regelung wie in Chile wäre dem Bonner Konzern eine solche Einschränkung gesetzlich untersagt.“, hiess es bei Latina Press.
Victor Jara hätte sich bestimmt darüber gefreut:
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Quelle: http://latina-press.com/news/34557-chile-verabschiedet-gesetz-zur-netzneutralitaet/