Weiteres Rätselraten um Cheonan
Starke Skepsis und Gegenargumente südkoreanischer Experten an Version der US-Regierung zu Untergang der Cheonan werden von der US-amerikanischen Presse in den Raum gestellt – der Fall wird ominöserweisse viel zu auffällig hochgeputscht, um noch glaubhaft zu wirken – unter Wasser stinkt es gewaltig nach faulen Eiern
Die US-amerikanische Zeitung Los Angeles Times veröffentlichte am 23.Juli einen Artikel von Barbara Demick und John M. Glionna über die Untersuchungen zum Untergang der Cheonan – das Unglück ereignete sich zwölf Meilen vor Nordkorea am 26.März 2010
Der Bericht widerspricht der offiziellen Regierungsmeinung über die Ursache des Untergangs des südkoreanischen Kriegsschiffes – eine 1.200-Tonnen-Korvette – das durch ein nordkoreanisches Torpedo-Geschoss getroffen worden sein soll.
Los Angeles Times schrieb, dass Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse von einem unerwarteten Ort kommen: aus Südkorea selbst.
Bewaffnet mit Unterlagen über ihre eigenen wissenschaftlichen Studien und gestützt auf konspirative Theorien, würden Kritiker die am 20.Mai durch den südkoreanischen Präsidenten Lee Myung-bak bekanntgegeben Ergebnisse, der mit dem Finger auf Pjöngjang gezeigt hatte, bestreiten.
Auch die Frage, warum Lee die Erklärung fast zwei Monate nach dem Untergang des Schiffes am gleichen Tag abgab, an dem der hart umgekämpfte Wahlkampf für die Kommunalwahlen eröffnet wurde, warf Fragen auf. Viele warfen der konservativen Führung vor, den Tod der 46 Seeleuten zu benutzen, um eine anti-kommunistische Gesinnung zu schüren und somit als Sieger aus der Abstimmung hervorgehen wollten.
Die Kritiker, die meisten von der Opposition, aber durchaus nicht alle, sagen, dass es unwahrscheinlich ist, dass das verarmte nordkoreanische Regime einen derartigen siegreichen Angriff gegen eine überlegene militärische Macht ausgeführt hätte, bei dem sich ein U-Boot in die Gegend schleichen und wieder verschwinden könnte – und das ohne jeden Nachweis. Sie würden auch fragen, ob der Nachweis eines Torpedo-Angriffs missinterpretiert oder sogar selbst fabriziert wurde, so die Zeitung und zitierte Shin Sang-Chul, einen ehemaligen Leiter im Schiffsbau, der jetzt als investigativer Journalist tätig ist:
„Ich konnte nicht das geringste Zeichen einer Explosion finden. Die Matrosen kamen durch Ertrinken ums Leben. Ihre Körper waren unverletzt. Wir hatten nicht einmal tote Fische im Meer gefunden.“
Shin wurde von der oppositionellen Demokratischen Partei in die gemeinsame Ermittlungsgruppe berufen, die das beschädigte Schiff mit anderen Experten am 30. April untersucht hatte. Kurz nach Beginn der Untersuchungen wurde er aus dieser Gruppe wieder entfernt, weil er eine gegenteilige Meinung geäussert hatte, so die Zeitung. Seine Erkenntnis war, dass der Boden der Cheonan vor den seichten Gewässern der koreanischen Halbinsel durch das Aufsetzen auf ein Riff aufgerissen wurde.
„Es war das Äquivalent von einem einfachen Verkehrsunfall auf See.“
sagte Shin.
Das Verteidigungsministerium reagierte in einer Erklärung, dass Shin wegen „begrenzter Sachkenntnis, einem Mangel an Objektivität und wissenschaftlichen Logik entfernt wurde und dass er in der Untersuchung vorsätzlich die Schaffung öffentlichen Misstrauens“ betrieben hätte.
Zwei in Südkorea gebürtige US-Wissenschaftler haben den Chor der Skepsis auf einer Pressekonferenz, die in diesem Monat in Tokio stattfand, mit ihren Zweifeln an der „smoking gun“ verstärkt: ein Stück von dem Torpedo-Propeller war mit einem handschriftlich in blauer Tinte aufgebrachten Zeichen – „Nr. 1“ auf Koreanisch – beschriftet.
„Man könnte auch das Zeichen an ein iPhone stecken und behaupten, dass es in Nordkorea hergestellt wurde.“
spottete einer der Wissenschaftler, Seunghun Lee, Professor für Physik an der University of Virginia. Lee nannte die Entdeckung des Propellerfragmentes – fünf Tage vor der Pressekonferenz der Regierung – verdächtig. Die geretteten Teile der Cheonan waren mehr korrodiert als nach fünfzig Tagen im Wasser zu erwarten gewesen wäre, aber die blaue Schrift war überraschend klar, sagte er und weiter meinte der Wissenschaftler
„Die Regierung lügt, wenn sie behauptet, dass dieses Teil unter Wasser gefunden wurde. Ich denke, das ist etwas, das aus einem Lager von alten Materialien herausgesucht wurde, um es der Presse zu zeigen.“
Südkoreanische Politiker kritisierten, dass sie über die Untersuchung im Dunklen gelassen werden.
„Wir haben um sehr ausführliche Informationen gebeten: Interviews mit den überlebenden Matrosen, die Kommunikationsaufzeichnungen, der Grund, warum das Schiff draussen war.“
sagte Choi Moon-soon, ein Abgeordneter der Demokratischen Partei. Weiterhin war den Abgeordneten auch nicht erlaubt worden, den vollständigen Bericht des Untersuchungsausschusses zu sehen sondern nur eine fünfseitige Zusammenfassung.
„Ich weiss nicht, warum sie den Bericht nicht veröffentlichten. Sie versuchen zu vertuschen, kleine Unstimmigkeiten, und das hat ihnen ihre Glaubwürdigkeit gekostet.“
sagte Kim Chul-Woo, ein ehemaliger Beamter des Verteidigungsministeriums, der jetzt Analytiker an dem Korea Institute for Defense Analyses, ein Think Tank der Regierung, ist.
Eine militärische Aufsichtsbehörde, zuständig für Kontrollen und Prüfungen, hat führende Marineoffiziere wegen der Lüge und Verheimlichung von Informationen angeklagt.
„Offiziere der Streitkräfte haben absichtlich wichtige Informationen in ihrem Bericht an hochrangige Beamte und die Öffentlichkeit weggelassen oder verzerrt, weil sie vermeiden wollten, dass die Ursache sie unvorbereitet getroffen hatte.“
wurde ein Beamter der Inspektionsbehörde in der südkoreanischen Zeitung Chosun Ilbo zitiert.
Der Prüfungsausschuss stellte fest, dass Seeleute auf dem Schiff Sokcho, das sich in der Nähe der Cheonan befand, fünfunddreissig Schüsse mit einer 76-Millimeter-Kanone um die Zeit des Untergangs abgeschossen hatten. Diese Männer waren angewiesen worden, zu sagen, sie hätten auf einen Schwarm Vögel geschossen, obwohl sie zunächst ausgesagt hatten, sie hätten ein verdächtiges Boot auf dem Radar gesehen.
Soweit zu den ausführlichen freimütigen Angaben in der US-amerikanischen Zeitung Los Angeles Times.
Diese plötzlich ausgebrochene investigative Offenheit mutet recht merkwürdig an. Gewöhnlich werden diese Blätter mit Informationen von geheimdienstlichen Stellen versorgt, um auf andere Spuren abzulenken.
Hinter dem Untergang der Cheonan, der dermassen von der US-Regierung in so auffälliger Weise von Anfang an medial hochgespielt wurde, müssen andere, grössere militärische Geheimnisse stecken. Nordkorea kann auch auf andere Weise diskreditiert werden als wie es im vorliegenden Fall geschehen ist. Der US-Präsident, sein Stellvertreter, die US-Aussen- und der US-Verteidigungsminister sowie weitere hochrangige Persönlichkeiten – sie alle zeigen ungewöhnliches Interesse an der Cheonan und halten sich verdächtig oft seit dieser Zeit in Asien auf.
Es ist wie bei dem Fall der Artic Sea – der Öffentlichkeit werden ganz offensichtlich falsche Fährten gelegt.
Die Cheonan wird einfach zu oft überflüssigerweise erwähnt, das macht die Sache gerade äusserst verdächtig.
Nur eines scheint hier sicher: Nordkorea hatte nichts damit zu tun.
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Quelle: http://articles.latimes.com/2010/jul/23/world/la-fg-korea-torpedo-20100724