Niederlage oder Sieg in Afghanistan – die Kriegsmaschinerie geht unerbittlich weiter
Wenn es nach der Darstellung eines Schlagabtauschs von Worten eines westlichen und eines östlichen Präsidenten in den öffentlichen Medien geht, so soll der Welt vermittelt werden, dass Obama und Zadari ganz und gar nicht der gleichen Meinung sind, was das Schicksals Afghanistans betrifft.
Der pakistanische Präsident äusserte am 3.August in einem Interview mit der Zeitung Le Monde in Paris die Ansicht, dass die USA und ihre Verbündeten den Krieg in Afghanistan verlieren, weil sie sich nicht bemühen, eine lokale Unterstützung zu gewinnen und viel zu kurzfristig denken. Breite lokale Unterstützung wünscht sich angeblich die ISAF in ihren herausgegebenen Leitfäden auch und genau aus diesem Grund fordert und erhält die Bundeswehr noch mehr schwerere Kampfausrüstungen, um sich vor ihr zu schützen.
„Die internationale Gemeinschaft, von der Pakistan ein Teil ist, verliert den Krieg gegen die Taliban, weil wir den Kampf um die Herzen und den Verstand verloren haben. Militärische Verstärkungen sind nur ein kleiner Teil der Antwort. Um die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung zu gewinnen, müssen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Schwung bringen um zu beweisen, das Sie nicht nur ihr Leben ändern können sondern auch in der Lage sind, es zu verbessern .“
In dem Punkt des Kurzfristigkeitsdenkens muss Zadari widersprochen werden, hier vermittelt er der Öffentlichkeit ein zu naives, „menschlich-unzulängliches“ Bild von den US-Strategen, das sie nicht verdienen, denn nach fast zehn Jahren Krieg mit der Finanzierung der Warlords und dem Einsatz der unzähligen paramilitärischen Sicherheitsdienstleister (eine der unseligen Wortschöpfungen) dürfte auch dem letzten Gutgläubigen klar geworden sein, dass hier etwas nicht stimmt: der Krieg soll ja gerade nicht zu Ende gehen und auf Pakistan übergreifen, um es zu schwächen. Hochmodernstes Kriegsgerät, Kommunikationstechnologien, Kampfbomber, Geheimdienst-Geschwader und ein Heer, das in die Hunderttausende geht, steht immer noch in diesem Land „hilflos“ seit dem Jahr 2001 ein paar „Kalaschnikows“ gegenüber. Beide Länder, Afghanistan und Pakistan, stark, unabhängig und souverän, wäre das Letzte, was die Strategen benötigen, um ihren Einfluss in dieser Region auszuüben.
Asif Ali Zardari übte sich daher auf recht ungerechtfertgte Weise in vornehmer diplomatischer Zurückhaltung dem Verbündeten USA gegenüber und hätte das Kind deutlich beim Namen nennen können, wenn er denn könnte.
„Das Spiel ist verloren, wenn Sie denken, es gibt eine schnelle Lösung. Die Aktion der internationalen Gemeinschaft muss sich auf lange Sicht einrichten. Die Taliban haben keine Chance zu einer Rückeroberung des Landes.“
sagte der pakistanische Präsident.
Das Verlieren seines Krieges, weltweit in einer Zeitung verbreitet, kann der amerikanische Präsident selbstverständlich nicht auf sich sitzenlassen und liess durch den Pressesprecher des Weissen Hauses, Robert Gibbs, auf einer Pressekonferenz zu verstehen geben, dass er, Barack Obama, nicht Zardaris Beurteilung über den Verlauf des Krieges teilt.
„Ich glaube nicht, dass der Präsident mit Präsident Zardaris Schlussfolgerung, dass der Krieg verloren ist, einverstanden ist. Die Handlungen und die Bemühungen der Koalition, der internationalen Streitkräfte und der amerikanischen Streitkräfte, die sie in den letzten Monaten getroffen haben, sind darauf ausgerichtet, an vorderster Front sehr viel Herz und Verstand der Menschen in Afghanistan zu gewinnen.“
Derartige Statements werden in den Zeitungen veröffentlicht, um den Verstand in den Köpfen der Leser zu benebeln und haben mit einer Gewinnung der Herzen nicht das Geringste zu tun, denn ein Herz schlägt stets gegen den Krieg und die Gewalt, von denen es vernichtet wird. Die Umfrageergebnisse unter der Bevölkerung in den westlichen Ländern sprechen hier eine deutliche gemeinsame Sprache.
Im Juli 2010 starben 66 US-Soldaten, das ist der höchste Verlust in einem Monat seit Beginn des Krieges für das US-Militär und dieses kündigte vom Stabstisch heraus an, dass diese in den nächsten Monaten noch viel grösser werden.
Am 29.Juli unterzeichnete der US-Präsident die vom Kongress bewilligten 66 Milliarden US-Dollar zum weiteren Finanzieren der um 30000 Mann verstärkten US-Truppen und genehmigte somit die Fortsetzung des Krieges und nicht den damit im Widerspruch stehenden Wiederaufbau des Landes.
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Ansichten eines ehemaligen sowjetischen oberkommandierenden Generals zu Obamas neuer Afghanistan-Strategie
General Victor Yermakov, der von Mai 1982 bis November 1983 Oberbefehlshaber der 40. Armee der Sowjetunion war, einer von insgesamt sechs aufeinander folgenden Befehlshabern über die sowjetische Task Force nach ihrer Invasion 1979 in Afghanistan und ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister findet deutliche Worte über die Aussichtslosigkeit, jemals einen Krieg in Afghanistan zu gewinnen.
Für ihn ist die Situation der Amerikaner nicht anders als damals die der Russen und er warnt sie in einen heutigen “CNN”-Interview (1) in einen “nicht zu gewinnenden Krieg zu versinken.”