Neues aus dem Deppendorf: die Rente mit 67 für SPD-Wähler
Berlin: Die alte Garde von Monopolen und Finanzindustrie macht, etwas knirschend und betagt, noch einmal mobil. In „Deppendorfs Woche“ durfte nun gestern der in 12 Jahren Schröder-Merkel-Einparteienherrschaft zum Leiter des ARD-Hauptstadtstudios gereifte Ulrich Deppendorf auf Stichworte von Corinna Edmunds mürrisch Rede und Ausrede stehen. Thema: die Rente ab 67.
Wohlgemerkt – dieses Thema, was gerade die Privaten der Republik vor Panik auf die Palme treibt, ist eine Rente der Privatisierten, der Verkauften, der Besessenen. Und das schon nach 67 erreichten Lebensjahren. Niemand aus den privilegierten Schichten würde es einfallen, z.B.über die öffentlich-rechtliche Medienrente von Ulrich Deppendorf zu reden, in die er in vier Monaten geht. Oder über die 430.000 Euro-Millionäre (Besitztümer nicht mit eingerechnet), die keine Rente brauchen, weil sie ja 11 Jahre ihre SPD an der Regierung hatten.
Jeder weiss, dass die SPD bei der Bundestagswahl 2009 in der „Großen Koalition“ mit CDU und CSU, sowie ihrem GröKaz („Grösster Kanzlerkandidat aller Zeiten“) Frank-Walter Steinmeier, krachend verloren hat – satte 13 Prozent. Besonders die Kaste der Privatisierten – Arbeitende ohne Zeit und wenig Geld für eigenes Leben bzw Erwerbslosen mit viel Zeit für Ämter-Schikane und ohne Geld für eigenes Leben – hatten aufgehört SPD zu wählen.
Nun steigt die SPD wieder in den Umfragen. Offensichtlich, weil die Privatisierten der Republik wieder einmal der grundnaiven Vorstellung anhängen, die SPD könne sie beim nächsten Mal eventuell nicht wieder mit Haut und Haaren meistbietend auf dem Markt verkaufen.
Im Prinzip geht es also bei der Diskussion um die Rente mit 67 für SPD-Wähler ausschließlich um die Frage, ob die SPD bei den SPD-Wählern Erfolg haben darf oder nicht.
Ladies and Gentlemen. Kommen wir nun „Deppendorfs Woche“.
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video753480.html
Es geht gleich gut los. Locker und entspannt an der Spree, unterm Sonnenschirm im Regierungsviertel, beginnen Ulrich Deppendorf und Corinna Edmunds ihr Zwei-Personen-Prosa in Ping-Pong-Strategie. Erst wird sich, ganz spontan, ein Thema gesucht.
Die SPD also. Was macht die denn da, oben in den Umfragen? Fehlt nur noch, dass da einer darüber redet wieso eigentlich. Hat sich das Pack (die Deutschen) doch in einer jüngsten Umfrage mit 81 Prozent für die Wiedereinführung der Rente mit 65 Jahren ausgesprochen. (Die Neue Intelligenz, 7.August)
Verdammt, wenn das auffällt.
Corinna Edmunds: „Die SPD steht ja eigentlich ganz gut da in den Umfragen. Jetzt müssen sie sich mal wieder selber zerfleischen und stellen einen alten Beschluss in Frage stellen, die Rente mit 67.“
Ulrich Deppendorf erhebt das Wort und redet fortan unter dem Hemdkragen durch:
„Also zerfleischen werden sie sich darüber nicht so richtig, äh, das ist aber trotzdem eine ernstzunehmende Debatte, das ist nicht nur Sommerloch-Theater.
Ähm, da merkt man jetzt so, man positioniert sich hier und da, und, äh, Sigmar Gabriel hat ja auch angekündigt, er will sozusagen mal eine Lösung präsentieren, hat er schon vor einem guten halben Jahr gesagt…“
Stop!
Na? Ist Ihnen was aufgefallen?
„…das scheint er jetzt zu wollen. Öhm, die werden sich nicht zerfleischen, Steinmeier hat ja auch schon gesagt, das ist ja nur, zwei Seiten einer Medaille.
Ich sag` nochmal, ich glaube, die SPD wäre gut beraten, wenn sie bei der Rente mit 67 bleibt.“
Deppendorfs Kopf fährt ruckartig herum.
„Das sagt ja auch Gabriel letzten Endes, ich mein, was sagt der denn? Da muss man ja zweimal lesen, was er sagt. Oder zuhören.“
Ladies and Gentlemen. Bitte lesen Sie nicht nur zweimal die folgenden Worte, sondern achten Sie auch auf die einzigartige Gestik des vortragenden Hauptstadt-Souffleurs.
„Ähm, also es bleibt eigentlich so, man muss nur einführen, wenn genügend, hm, 60-, 65-Jährige schon da sind, immer noch arbeiten, dann können wir das machen. Äh, ich glaube, das ist so eine Kompromisslösung, äh..“
Corinna Edmunds: „Also er will eigentlich nichts ändern, aber den alten Genossen in seiner Partei, die Probleme haben mit dem Thema, das Gefühl geben dass sie wahrgenommen werden.“
Deppendorf:“..er will die mitziehen, er will die mitnehmen. Ich glaube, was er jetzt nicht haben will ist ein Riesenkrach, also was sie sagen, `zerfleischen` zwischen Steinmeier und Gabriel, das kommt vielleicht eines Tages..„
Edmunds: „..da kommen wir vielleicht noch drauf.„
Deppendorf: „Yo. Schön.“
Wir springen zu 3.13 min.
Corinna Edmunds: „Dann gibt´s ja eigentlich zwei Möglichkeiten: entweder die SPD lernt nie aus ihren Fehlern alte Beschlüsse in Frage zu stellen, oder es geht um einen Machtkampf, Steinmeier und Gabriel. Sie haben kurz mal angesprochen, um eine mögliche künftige Kanzlerkandidatur.“
Deppendorf: Also, richtig ist, dass Sigmar Gabriel sicherlich kommt und sagt `So. Jetzt will ich vielleicht doch mal Kanzlerkandidat werden.´ Äh, Steinmeier fängt glaub´ ich an so langsam zu überlegen, ob er nochmal, ähh, nicht doch antreten sollte, wird glaub ich auch von einigen gefragt, nochmal, er kommt ja auch gut an, er hat ja auch Spass an der Arbeit, im Augenblick wieder..“
Tatsächlich?
Edmunds: „Könnte er das denn, mal so zwischendurch gefragt, mit so einem schlechten Ergebnis was er eingefahren hat?“
Deppendorf: „Joaah, ach wissen Sie, ähm – in drei Jahren, angenommen, es ist in drei Jahren..“
(Geschmunzel)
Deppendorf: „weiss ja auch noch kein Mensch..“
Edmunds: „..keine vorgezogenen Bundestagswahlen..“
Deppendorf: „…in drei Jahren, wird man sich da gar nicht mehr so groß dran erinnern…“
Ladies and Gentlemen, lesen Sie da in drei Jahren nochmal drüber. Hier auf Radio Utopie.
Edmunds: „Was ich nicht ganz verstehe – Gabriel ist doch eigentlich ein intelligentes Kerlchen. Der kennt die Fakten. Wieso muss er jetzt den Umfaller geben?“
Deppendorf: „…ich glaub, er möchte irgendwie, wie Sie auch grade gesagt haben, die anderen irgendwo ein bisschen mit einbinden, ähm. Auf der anderen Seite, klar – äh, pff, Gabriel ist immer einer der hört, wo ist die Strömung in der Partei. Öhm, da hat er nun festgestellt, dass die Linken in der Partei die Rente mit 67 weg haben wollen und die Rechten wollen sie behalten, also muss er gucken wie er da raus kommt.“
Edmunds: „Und Steinmeier ist dann offenbar eher Traditionalist, der verteidigt das Erbe Schröders.“
Deppendorf: „Schröder und Müntefering, ja.“
Edmunds: „Nehmen Sie ihm das ab als redliche Gesinnung oder auch nur Taktik?“
Deppendorf: „Nein, das nehm ich ihm ab als redliche Gesinnung. Ich glaube, er ist ja einer, der das maßgeblich damals ausgearbeitet hat, der auch alles ertragen und getragen hat, auch die großen Verluste, der steht zu der Meinung. Ich glaube, das zeichnet auch ein bisschen Steinmeier aus.“
Edmunds: „Das heisst, der SPD-Parteitag im September wird doch ein bisschen interessant„?
Deppendorf: „Das wird sicherlich ein interessanter Parteitag. Gar keine Frage. Öhh – das wird nicht uninteressant. Wir haben mehrere spannende Parteitage in diesem und im kommenden Jahr vor uns – von allen Parteien.“
Endlich sind wir mal einer Meinung, im Deppendorf Berlin.