Autor Tiggemann morgen vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags
Greenpeace bewertet eine Studie des Historikers Anselm Tiggemann zur Auswahl des niedersächsischen Endlagerstandortes Gorleben als „einseitig beschönigend“ und „schleichend manipulativ“. Der Autor wird morgen als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags zu Gorleben aussagen. Tiggemann hatte die Studie für das niedersächsische Umweltministerium im Mai diesen Jahres erstellt.
Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) behauptete daraufhin, Gorleben sei in einem korrekten Verfahren ausgewählt worden. Greenpeace fordert erneut, den Endlagerstandort Gorleben endgültig aufzugeben.
„Das Gutachten widerlegt sich selbst“,
sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace.
„Steht der Wissenschaftler Tiggemann tatsächlich hinter diesen Aussagen oder führte ihm das niedersächische Umweltministerium den Stift? Als Historiker macht sich Tiggemann mit dieser Studie unglaubwürdig.“
Die 100 Seiten starke Studie verschweigt keinen einzigen Fakt, keine negative Quelle und keine kritische Aussage zu Gorleben. Jedoch wird jede Kritik in die 500 Fussnoten verbannt oder verharmlost. Positive Aussagen hingegen werden überbewertet. So kommt Tiggemann schliesslich zum Schluss, das Auswahlverfahren in Gorleben sei „legitim, sachgerecht und üblich“ gewesen (Schlusskapitel, S. 98). Ein Fazit, dem die von Tiggemann selbst aufgezählten Fakten jedoch widersprechen.
„Wurde das bewertende Schlusskapitel von Tiggemann selbst verfasst oder ist es unter dem Druck des Auftraggebers entstanden?“,
fragt Mathias Edler.
Am augenfälligsten wird die Vorgehensweise in einer Gewichtung der Auswahlkriterien nach Prozent. Tiggemann kommt zu dem Ergebnis, die Auswahl Gorlebens sei zu 73 Prozent nach Sicherheits- und Umweltkriterien erfolgt.
Bei genauem Blick auf die Zahlen erweisen sich aber nur 13 Prozent dieser Sicherheits- und Umweltkriterien als solche für ein Endlager. Zu 60 Prozent beziehen sich die Kriterien auf eine damals in Gorleben geplante Wiederaufbereitungsanlage. Diese wurde 1979 aus dem Konzept gestrichen.
Auch an anderer Stelle verstrickt sich Tiggemann in Widersprüche. So will er erklären, warum Gorleben zunächst gar nicht als Endlagerstandort auf den Listen stand. Grund dafür sei die Lage Gorlebens in einem „Ferien- und Erholungsgebiet“ (S. 13) gewesen. Der Ort sei daher erst nicht in Betracht gezogen worden. Allerdings steht auf derselben Liste der Standort Lutterloh auf Platz zwei. Lutterloh liegt ebenfalls in einem Ferien- und Erholungsgebiet. Dass Gorleben laut beteiligtem Geologen Prof. Gerd Lüttig aus geologischen Gründen nicht berücksichtigt wurde, steht hingegen nur beiläufig in einer Fussnote und wird nicht weiter verfolgt.
„Die Studie besteht aus Verdrängen und Schönreden“,
so Edler.
„Das Umweltministerium braucht den Anschein, Gorleben sei nicht aus politischen Gründen ausgewählt worden, sondern aus einem korrekten Auswahlverfahren hervorgegangen. Diese Studie gaukelt Gorleben als Lösung für die
Endlagerfrage nur vor.“
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