Man stelle sich das jetzt mal vor…
Am 29.September dringen Informationen an die Stuttgarter Parkschützer, dass im Schloßgarten ein massiver Polizeieinsatz, Baumfällungen und die Abriegelung des Baugeländes im Park bevorsteht. (Parkschützer in Stuttgart rufen zu gewaltfreiem Widerstand gegen drohende Baumfällungen und Großeinsatz der Polizei)
Später wird der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Joachim Lautensack vor der Öffentlichkeit aussagen: „Den Auftrag für den Einsatz gab die Politik, namentlich Innenminister Heribert Rech.“
Nachdem der auf den 30.September, 15 Uhr gelegte Polizeieinsatz bekannt geworden ist, wird er in letzter Minute auf 10 Uhr vorverlegt – laut Aussage von Stuttgarts Polizeipräsident Siegfried Stumpf (in „Spiegel Online“) auf seinen persönlichen Befehl hin und mit „Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern“, da er den eigenen Polizeieinheiten in Stuttgart nicht traut. Die genau für diese Uhrzeit angesetzte und Tage vorher angemeldete Schülerdemonstration übersieht Stumpf dabei, laut eigener Aussage. (Stuttgart 21: Wer trägt die Verantwortung für den “Schwarzen Donnerstag”?)
Nachher stellt sich, neben dem ganzen folgenden Skandal um das brutale Vorgehen der Polizei mit Hunderten Verletzten an diesem „Schwarzen Donnerstag“, auch noch heraus, dass Beamte einer Polizisten einer “Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit” (BFE) bei Beginn des Einsatzes einen mit Polizei-Westen gekennzeichneten Trupp Schläger in Zivil stellten, die im Park eintreffende Schüler körperlich attackierten und versuchten zur Gegengewalt zu provozieren. Anschließend gingen die gleichen Beamten in Uniform mit Schlagstöcken und Pfefferspray brutal gegen friedliche Demonstranten vor. (30.September: Polizei-Prügeleinheit attackierte zuvor in Zivil Schüler)
Trotz alledem verweigerte die SPD Baden-Württemberg im Landtag einen von Bündnis 90/Die Grünen verlangten parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Nun hat die SPD-Landtagsfraktion unter Claus Schmiedel erst am 11.Oktober eine parlamentarische Anfrage an die Landesregierung unter Stefan Mappus (CDU) erstellt. Diese müsse die CDU-FDP-Regierung nun erst einmal beantworten, so SPD-Fraktionsführer Schmiedel – in drei Wochen. (1)
In drei Wochen.
Nicht nur räumte die SPD der Landesregierung so Zeit ein alles zu vertuschen, Aussagen anzugleichen, sowie Akten und Beweise verschwinden zu lassen – sondern sogar die Anfrage selbst. Denn die Landtagsfraktion der SPD Baden-Württemberg, die wie die Bundespartei unter Sigmar Gabriel das Programm „Stuttgart 21“ immer noch befürwortet, stellte diese Anfrage an die Landesregierung nicht einmal ins Internet.
Erst die Parkschützer zerrten den feigsten, fettesten und faulsten aller bestochenen Jagdhunde wieder einmal nach vorne: „Bei Abriß Aufstand“ (2) stellte die Anfrage der Sozens ins Weltinformationsnetz. Hier der Wortlaut… (3)
„Antrag der Fraktion der SPD
Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30.9.2010 im Schlossgarten Stuttgart
Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen
I. zu berichten,
1. wann der Termin für die Baumfällarbeiten und damit den Einsatz der Polizei im Schlossgarten auf den 30.9.2010 festgelegt wurde (unter Angabe der Personen, die an der Planung sowie Festlegung dieses Termins beteiligt waren);
2. ob bei diesen Planungen auch andere Termine für den Beginn der Baumfäl-larbeiten und damit den Einsatz der Polizei in Erwägung gezogen wurden (mit Angabe der Begründung, warum Alternativen ggfs. verworfen wurden);
3. wer entschieden hat, den Beginn des Polizeieinsatz am 30.9.2010 zunächst auf 15:00 Uhr und dann auf 10:00 Uhr festzulegen (mit Angabe der Gründe, warum die jeweiligen Zeitpunkte gewählt wurden);
4. welche Ministerien (mit Angabe der beteiligten Personen) in welcher Weise an den Planungen des Polizeieinsatzes hinsichtlich der Festlegung des konkre-ten Einsatztages und des Einsatzbeginns beteiligt waren;
5. ob es zutrifft, dass es zum Einsatz der Polizei eine oder mehrere Lagebesprechungen im Staatsministerium gegeben hat (ggfs. mit Angabe der Personen, die daran teilgenommen haben);
6. welches Einsatzkonzept dem Einsatz der Polizei am 30.9.2010 im Schlossgarten zugrunde lag (mit Angabe der Gesamtstärke der Polizeikräfte für den polizeilichen Auftrag am 30.9.2010 insgesamt);
7. wie sie den Widerspruch erklärt, wonach die Polizei bei ihrer Einsatzplanung am 30.9.2010 davon ausging, dass der Protest gegen den Beginn der Baumfällarbeiten so wie bisher im wesentlichen friedlich verlaufe, andererseits aber erstmals seit 40 Jahren in Stuttgart den Einsatz von Wasserwerfern einplante;
8. wann die Polizei Kenntnis davon bekommen hat, dass für den 30.9.2010 eine Schülerdemonstration mit Abschlusskundgebung im mittleren Schlossgarten von 12:00 bis 17:00 Uhr bei der Stadt Stuttgart angemeldet war;
9. wann die Polizei die Stadt Stuttgart über den für den 30.9.2010 geplanten Polizeieinsatz im Schlossgarten informiert hat;
10. aufgrund welcher Überlegungen die Polizeiführung zu dem Ergebnis kam, dass das Zeitfenster von weniger als zwei Stunden zwischen dem Beginn des Polizeieinsatzes um 10:00 Uhr bis zum Eintreffen der Schüler zur Abschlusskundgebung im Schlossgarten gegen 12:00 Uhr ausreichend sei, um die geplante Gitterlinie zur Freihaltung des Arbeitsfeldes für die Baumfällung aufzustellen und zu sichern;
11. welche Personen (aus Polizei und Ministerien) in die Entscheidung einbezogen waren, ob der Polizeieinsatz gegen Mittag des 30.9.2010 abgebrochen werden soll (mit Angabe der Gründe, warum dieser Abbruch nicht erfolgte);
12. welche Mitglieder der Landesregierung am 30.9.2010 über den geplanten Einsatz von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt durch die Polizei (Wasserwerfer, Pfefferspray, Schlagstock) vorab informiert wurden bzw. in die Entscheidung über die allgemeine Freigabe dieser Hilfsmittel einbezogen waren;
13. wie sie die Blockade von Polizeifahrzeugen am 30.9.2010 sowie den teilweise erheblichen Widerstand gegen polizeiliche Anordnungen rechtlich bewertet.
II. zu beschließen,
dem Landtag innerhalb der kommenden vier Wochen den Abschlussbericht der Polizei zur Aufarbeitung des Polizeieinsatzes am 30.9.2010 vorzulegen.
Stuttgart, 11. 10. 2010
Schmiedel, Dr. Schmid, Gall, Heiler, Braun, Haller H.-M., Kleinböck, Stickelberger und Fraktion
Begründung:
Der Innenausschuss des Landtags hat sich in einer Sondersitzung am 5. Oktober erstmals mit dem Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten am 30.9.2010 befasst. Auf der Grundlage der dort gegebenen Informationen soll nun die Landesregierung über wichtige Fragen detaillierter Auskunft geben, als dies in der Kürze der Zeit im Innenausschuss möglich war. Die rückhaltlose Aufklärung aller Umstände dieses Einsatzes ist unverzichtbar angesichts der Tatsache, dass dieser Einsatz unzweifelhaft aus dem Ruder gelaufen ist. Die politische Verantwortung für die Eskalation am 30.9.2010 im Schlossgarten trägt die Landesregierung. Mit einem Baustopp bis zu einer Volksabstimmung hätte sie einen massiven Polizeieinsatz zur Absicherung des Arbeitsfeldes für die Baumfällung verhindern können. Die Landesregierung trägt damit auch die Verantwortung für die verheerenden Bilder, die von diesem Tag in die ganze Welt gesendet wurden.
Das Land, das Projekt Stuttgart 21 und das Ansehen unserer Polizei haben dadurch großen Schaden genommen.“
Quelle:
(1) http://www.bild.de/BILD/regional/stuttgart/dpa/2010/10/13/spd-schwert-untersuchungsausschuss-nicht.html
(2) http://www.bei-abriss-aufstand.de/2010/10/13/spd-landtagsfraktion-stellt-anfrage-zum-30-9/
(3) http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/view.pdf