„No railroad connection“ – war am Montag, den 18.Oktober ein kleiner Vorgeschmack dessen, was Europa in der nahen Zukunft erwartet, wenn sich kein Rad mehr dreht – weder auf der Schiene, den Strassen oder in den Fabriken – Eisenbahnerstreik in Belgien und „Operation Schnecke“ in Frankreich (Foto: Alexander Blum)
Die Belohnungen der europäischen Regierungen für die Rettungspakete an die Banken, die aus den Staatshaushalten zu Lasten des Gemeinwesens ausgezahlt wurden, werden sich rächen. Die Menschen sehen nicht mehr ein, mit gravierenden sozialen Einschnitten dafür bluten zu müssen. Die schönfärberischen Erklärungsversuche der Politiker klingen wie Hohn in den sehr sensibel gewordenen Ohren von Millionen.
Frankreich, Belgien, Griechenland, Spanien, Italien, Deutschland – die Bevölkerung geht auf die Strassen und Barrikaden.
In Luxemburg fuhr am Montag kein Zug von und nach Belgien, wo die belgischen Eisenbahner der staatlichen Bahngesellschaft SNCB in den vierundzwanzigstündigen Ausstand gegangen waren. Die Luxemburger Eisenbahngesellschaft CFL teilte mit, dass alle Verbindungen von und nach Belgien ausfielen – internationale Verbindungen genauso wie der Regionalverkehr. Zugreisende aus Basel (Strecke Basel-Brüssel) wurden von Luxemburg aus mit Bussen nach Brüssel gebracht. Weitere Züge von Brüssel in die Schweiz (Chur, Zürich, Basel) starteten in Luxemburg. Die Regionalverbindungen von Luxemburg nach Gouvy/Lüttich sowie in Richtung Arlon und Athus sowie Virton fielen aus und die Pendler mussten auf die Strassen ausweichen, die sich entsprechend mit zusätzlichem Verkehrsaufkommen füllten. (1)
Am Morgen staute sich der Verkehr in Belgien auf rund 350 Kilometern im Land, allein eine halbe Million Pendler des Grossraums Brüssel sorgten für ein Verkehrschaos.
Ein Sprecher des Bahnbetreibers Infrabel teilte mit, dass im französisch-sprachigen Landesteil Wallonien kein Zug auf den Gleisen rollte und im niederländischsprachigen Flandern nur einige wenige regionale Züge auf der Strecke gewesen waren. (3)
Der Bahnverkehr von und nach Deutschland war ebenso betroffen, die Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge auf der Strecke Köln-Brüssel-Paris fielen in beide Richtungen aus. ICE-Züge von Frankfurt nach Brüssel endeten in Köln. (2)
Sämtliche Züge der Eurostar-Verbindungen Richtung Brüssel sowie der Thalys-Fernverkehr ruhten im Depot. Zwischen Lille und Brüssel bot Eurostar einen eingeschränkten Bus-Service an. Die Verbindungen von Brüssel in Richtung London fielen aus.
In Frankreich halten die Streiks gegen die Rentenreform schon den siebten Tag an. Der Bahn- und Flugverkehr waren stark beeinträchtigt. Jeder zweite Zug sollte am Montag ausfallen. Am Sonntag fuhren ein Drittel aller Hochgeschwindigkeitszüge und jeder zweite Regionalzug nicht.
Auf den französischen Autobahnen wurde von den Lastkraftwagenfahrern die „Operation Schnecke“ ausgeführt, indem die Fahrer der Trucks gemütlich vor sich hinpfeifend auf zwei Spuren nebeneinander wie auf einem Sonntagsausflug langsam ins Blaue hineinfuhren und von schöneren Dingen träumten.
In Toulouse wurde von Demonstranten der Zugang zu einem Busdepot blockiert, Truckfahrer versperrten die Zufahrt zu mehreren Treibstoffdepots in Frankreich.
Auch in allen zwölf Ölraffinerien Frankreichs streikten die Arbeiter seit sieben Tagen. Die Internationale Energieagentur in Paris bestätigte, dass sie wegen des Anzapfens der strategischen Reserven, die auf ein Vierteljahr ausgelegt sind, mit den französischen Behörden in Verbindung stehen würde. (5)
„Solange sich die Regierung nicht bewegt, bewegen wir uns auch nicht“, sagte ein Gewerkschaftsvertreter. (4)
Die landesweiten Streik- und Protesttage gehen ungebrochen auch am heutigen Dienstag in Frankreich weiter, an denen sich Menschen von jung bis alt beteiligen.
Artikel zum Thema
14.10.2010 Staatsbeamte gegen Staatsbeamte – Kampf um Akropolis in Athen
12.10.2010 Jugendpower unterstützt Streiks in Frankreich: The youth is on the street!
Quellen:
(1) http://www.wort.lu/wort/web/europa_und_welt/artikel/2010/10/120306/bahn-streiks-in-belgien-keine-zuege-nach-luxemburg.php
(2) http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/region/hierundheute/art1544,792665
(3) http://www.dw-world.de/dw/article/0,,6121919,00.html
(4) http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,723647,00.html
(5) http://www.tagesschau.de/wirtschaft/streiksfrankreich108.html