Frankreich: Generalstreik gegen die neue kapitalistische Sowjetunion

Generalstreik in Frankreich

In Frankreich stehen alle Räder still. Die Arbeitenden stellen die Arbeit ein und zeigen der Nomenklatura wer das Land tatsächlich kontrolliert, wenn es hart auf hart kommt.

Frankreich: Der Generalstreik der arbeitenden Bevölkerung gegen ihre längere Lebensarbeitszeit zugunsten von Banken, Behörden, Konzernen und Profiten entwickelt sich nicht nur zur „direkten Konfrontation zwischen der Öffentlichen Meinung und dem Präsidenten“, wie die „New York Times“ (1) den Chef des Umfragekonzerns C.S.A. zitiert, sondern zu einem Aufstand gegen die Direktiven der neuen kapitalistischen Sowjetunion in Brüssel – der 1992 mit den Maastricht-Verträgen geschaffenen „Europäischen Union“. Denn deren Vorgaben folgt nicht nur die sogenannte „Rentenreform“ von Frankreich, die Anhebung des Rentenalters von 60 auf 62, nicht nur die Anhebung des Rentenalters in Deutschland auf 67, sondern seit achtzehn Jahren die gesamte systematische Ausplünderung der Völker Europas für eine winzige, feudale Nomenklatura.

Gestern trafen sich sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy in Deauville. Die deutsche Kanzlerin Merkel wurde 2009 vom Parlament gewählt, der Staatspräsident Sarkozy 2007 für fünf  Jahre direkt vom Volk. Doch das will ihn nicht mehr.

„Die Reform ist essentiell und Frankreich ist ihr verpflichtet und wird mit ihr voran schreiten, wie es unsere deutschen Partner tun“,

so Sarkozy zur Presse. Frankreichs Präsident weiss sehr wohl, dass er mit dieser „Verpflichtung“ weder die Franzosen noch die Deutschen meinte, sondern nur die Beschlüsse austauschbarer und auf Zeit amtierender Regierungen, die sich selbst innerhalb der letzten 18 Jahre in Brüssel das System einer parlamentarisch oder verfassungsrechtlich nicht kontrollierten Räteregierung geschaffen haben und die eigenen Verordnungen und Direktiven nun als „den Willen Europas“ ausgeben.

Sarkozys Selbstappell an die Verpflichtungen von Brüsseler Beschlüssen kam

„nach Gesprächen mit Kanzler Angela Merkel von Deutschland, was sich 2007 entschloss sein Rentenalter bis 2029 von 62 auf 63 anzuheben, im Einklang mit einem breiten europäischen Trend. Allgemein altert der Kontinent und während die Menschen in kleineren Familien länger leben, sind weniger junge Menschen dazu in der Lage für die sozialen Sicherungsnetze zu zahlen.“

Mal abgesehen davon, dass das Rentenalter ab 2029 bei 67 liegt und dass dies Teil der Beschlüsse der Regierungskoalition aus SPD, CDU und CSU in 2007 war: auch im Rest dieses Auszugs aus dem Artikel der „New York Times“ findet man auf engstem Raum grobe Vereinfachungen, milde ausgedrückt. Der Kontinent Europa ist bereits Hunderte von Millionen Jahre alt. Sehr viel älter als irgendwelche politischen Konstrukte der Menschheit. Und die lebt meist zu kurz, um Politik zu begreifen.

Gerade der Ruin der fortschrittlichen Sozialsysteme der Berliner Republik, die unter der Regierung Gerhard Schröders und den Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen ab 1998 unter Anleitung von „Beratern“ aus internationalen Anwaltskanzleien und Kapitalgesellschaften skrupellos exekutiert wurde, versetzt heute in der Tat immer weniger Menschen in die Lage in die noch verbliebenen sozialen Sicherungssystem einzuzahlen – nämlich weil sie arbeitlos sind, oder bei Vollzeit zu Niedriglöhnen, oder in Teilzeit-Beschäftigungsverhältnissen ohne soziale Absicherung wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall arbeiten müssen. Nimmt man dann noch die fast vollständige Herausnahme der Kapitalgesellschaften und Konzerne aus der gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Veranwtortung dazu, sowie die systemische Enfesselung der Spekulations-, Immobilien- und Transfergeschäfte und die ab 2008 offene staatliche Subvention des gesamten Bankensytems in den kapitalistischen Währungszonen, dann kommt man zu einer ganz anderen Erklärung der Probleme von Sozialer Demokratie in Europa als der simplen Erklärung, dass die Menschen länger leben und weniger Kinder bekommen.

In Frankreich geht es, in der Tat, um einen Machtkampf – und zwar nicht nur zwischen dem unbeliebten Präsident und dem wütenden Volk; es geht um einen Machtkampf des Volkes gegen seine Plünderer und Wegelagerer, gegen die Ausbeuter in internationalen Banken und Konzernen, gegen eine winzige feudale Nomenklatura in Frankreich, die sich selbst über Eliteschulen inzestiös immer wieder neu heranzüchtet und bei Protesten, Demonstrationen und Streiks stets vehement nach den (selbst unterbezahlten und überstressten) Bewachern und uniformierten Staatsdienern ruft, damit die ihre Interessen brutalstmöglich durchsetzen.

Hier Bilder aus Frankreich. Eine ausführliche Chronologie des heutigen Tages, mit vielen in Deutschland völlig totgeschwiegenen Informationen (wie z.B. der Demonstration in Paris mit über 300.000 Menschen) findet sich im „Guardian“. (2)

Dieser Konflikt spiegelt sich, so oder so ähnlich, in sämtlichen anderen Mitgliedsstaaten der „Europäischen Union“ wieder – ganz besonders in den Staaten der Eurozone. Griechenland, Italien oder die konstitutionelle Monarchie Spanien sind da nur einige Beispiele. In der Monarchie Belgien ging heute ebenfalls nichts mehr. Der Zugverkehr innerhalb Belgiens wurde durch die Streikenden der sozialistischen Gewerkschaft ACOD in der staatlichen Bahngesellschaft SNCB/NMBS fast komplett lahmgelegt.

Nur in Deutschland sorgen die gekauften Fantom-Gewerkschaften des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“ (DGB), die mittlerweile sogar von der FDP links überholt werden (2), dafür, dass die verfassungsmäßige Soziale Gewaltenteilung – mit dem Streikrecht als Kampfmittel der Arbeitenden – aufgehoben bleibt.

Nun ist die Frage: wie lange lassen sich eigentlich die Arbeitenden in Deutschland das alles noch gefallen?

(…)

Artikel zum Thema:
13.09.2010 Die Außerparlamentarische Demokratie
04.07.2010 Die “Neue Weltordnung”: Selbstmord der Staaten oder “Chinesische Lösung”
07.05.2010 DIE GRIECHENLAND-KRISE (IV): Machtergreifung einer neuen kapitalistischen Sowjetunion
07.02.2010 DER MOLOCH

Quellen:
(1) http://www.nytimes.com/2010/10/20/world/europe/20france.html
(2) http://www.guardian.co.uk/news/blog/2010/oct/19/french-strikes-protests-live
(3) http://www.tagesschau.de/wirtschaft/bruederlelohnplus102.html

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