Am Abend des 11.November 2010 gab Landrat Ralf Reinhard im Rathaus Wittstock im Kreis- und Finanzausschuss bekannt, dass die Bundeswehr die Kyritz-Ruppiner Heide zum 30. September kommenden Jahres verlassen wird.
Im März 2011 soll mit dem Abzug begonnen werden. Bis dahin werden die 17 Soldaten und 35 zivilen Angestellten in anderen Bundeswehreinrichtungen untergebracht, so nach Informationen von Die Mark.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) wird die grossräumige Fläche des Bombodroms ab dem 1.Oktober 2011 übernehmen.
Fast zwanzig Jahre hatten Bürgerinitiativen gegen die Nutzung durch die Bundeswehr als Truppenübungsplatz und Tiefflüge mit Bombenabwürfen gekämpft (Bombodrom Deutschland). 1952 begannen die Sowjets, das Gelände für ihre Manöverübungen zu okkupieren.
Am 21. April 2010 hatte die Bundeswehr bekanntgegeben, auf die Nutzung des Geländes zu verzichten (Bundeswehr gibt Bombodrom endgültig an Finanzministerium ab). Sie hinterlässt ein wahres Minenfeld, dass nun für viel Geld von der gefährlichen Munition befreit werden muss. Auf Grund der Grösse des Geländes von 144 km² kann sich das im schlimmsten Fall bis zu zehn Jahren hinziehen.
Die Bundeswehrverwaltung wird sich um das Gelände kümmern und hat zusammen mit den Kommunen und Interessenverbänden vor Ort angefangen, ein Konversionskonzept für die munitionsverseuchte Liegenschaft zu entwickeln.
Die beiden Wirtschaftsausschüsse der Landtage von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben am 11.November in einer Sitzung begonnen, über die Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide zu beraten, so die Zeitung.
Einen Tag später, am 12.November gab der Haushaltsausschuss des Bundestages seine Entscheidung bekannt, dass die Kyritz-Ruppiner Heide in das Nationale Naturerbe des Bundes aufgenommen und damit unter besonderen Schutz gestellt wird. (2)
Für die Bürgerinitiativen ist das ein grosser Erfolg. Das Gelände des Luft- und Schiesstruppenübungsplatzes wird von nun an ausser den lustig durch die Gegend schiessenden Springkrautsamen und die herabschwebenden weissen Fallschirmhütchen des Löwenzahns definitiv keinen einzigen Militärstiefel mehr sehen und die Natur kann endlich zur Ruhe kommen.
Klaus Günther, Sprecher der Unternehmerinitiative Pro Heide ist sehr zufrieden mit dem Status „Nationales Naturerbe des Bundes“, da somit der Einzelzerstückelung durch Privatisierung ein Riegel vorgeschoben wurde.
Christian Gilde, Vorsitzender der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft, die zivile Nutzungskonzepte für die Heide entwickelt, zeigte sich von der überraschenden Entscheidung des Bundes irritiert: „Keiner weiss so richtig, was dieser Beschluss bedeutet.“
SPD-Landtagsabgeordneter Reinhold Dellmann sagte, dass das Potsdamer Wirtschaftsministerium im nächsten Jahr 40000 Euro für die Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes der Heide bereitstellen wird. Voraussichtlich wird die Räumung der Altlasten mehrere hundert Millionen Euro kosten. „Das ist volkswirtschaftlich nicht leistbar“, so Dellmann. Die Konsequenz wäre, dass grosse Bereiche der Heide in der Zukunft immer noch nicht betreten werden können.
Für den Februar kommenden Jahres wird ein Gutachten der Oberfinanzdirektion Niedersachsen erwartet, in dem die Flächen nach dem Grad ihrer Munitionsverseuchung aufgeschlüsselt sein werden. Das Resultat des schweren Erbes der andauernden Militarisierung Deutschlands.
Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann (Die Linke) aus Tornow bei Kyritz gab zu Bedenken, dass 25000 Hektar in Deutschland für das Naturerbe vorgesehen waren. Und diese Flächen waren eigentlich schon verteilt. „Die Naturschutzverbände und das Bundesamt für Naturschutz haben sich dazu geeinigt“, so Tackmann. Eigentlich sollte die Heide als zusätzliche Fläche als Naturerbe aufgenommen werden. Dies ist mit dem gestrigen Beschluss passé, so Tackmann und befürchtet nun, dass „die schwarz-gelbe Koalition wichtige Naturschutzprojekte gegeneinander ausspielt“.
Das würde dazu passen, dass die Vertreter der Region in die Entscheidungsfindung nicht einbezogen und informiert waren.
In der nächsten Zeit wird sich zeigen, warum der Haushaltsausschusses des Bundestages diese plötzliche Eile an den Tag legte und welches vorgesehene Gebiet dafür anders bewertet werden wird.
Die Festlegung, dass 25000 Hektar in Deutschland für die Deklarierung als nationales Naturerbe zur Verfügung stehen zeugt von deutscher bürokratischer Gründlichkeit und hat nichts mit Logik zu tun. Entweder man schützt bedrohte Tier- und Pflanzenarten oder nicht. Die Natur kennt keine derartigen Grenzen.
Als Nationales Naturerbe werden Flächen in Deutschland bezeichnet, die seit dem Jahr 2000 als dauerhafte Naturschutzflächen gesichert werden. Dies geschieht durch Übertragungen von Land- und Wasserflächen aus dem Eigentum der Bundesrepublik Deutschland in die Trägerschaft der Bundesländer, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) oder von Naturschutzverbänden. Die Flächen weisen einen hohen Naturschutzwert auf, da sie zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten beherbergen, großräumig sind und als Biotopverbund angesehen werden. Durch die Übertragung an gemeinnützige Naturschutzorganisationen werden die Schutzziele in den jeweiligen Gebieten gestärkt. Die Flächen das Nationalen Naturerbes sind Teil der von der Bundesregierung im Jahr 2007 beschlossenen nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Die Entwicklung von Wildnisgebieten wird stellenweise angestrebt
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21.04.2010 Bundeswehr gibt Bombodrom endgültig an Finanzministerium ab
23.08.2009 Bombodrom Deutschland
09.07.2009 Bombodrom: Bundesverteidigungsminister Jung gibt entnervt auf
Quellen:
(1) http://www.die-mark-online.de/nachrichten/kreis-ostprignitz-ruppin/bundeswehr-rueckt-naechstes-jahr-1001927.html
(2) http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11939294/61299/Pro-Heide-begruesst-Beschluss-des-Haushaltsausschusses-des-Bundestages.html