EU-Kommission will Wirtschaftsregierung sein – und alles ausverkaufen

Als bekannt wurde, dass die EU-Kommission am 29.09.2010, gerade eben so terminiert, dass die Redner auf der großen internationalen Gewerkschaftsdemonstration in Brüssel es nicht mehr aufgreifen konnten, mit etwas grundlegend Neuem kommen würde, hatte das Team von Unser Politikblog mit der Bekanntgabe des Konzepts zur Staateninsolvenz zum endgültigen Ausverkauf der Eurostaaten mit akuten Liquiditätsproblemen gerechnet.

(Bild:Der EUR|Copyleft: Unser Politikblog)

Doch das wurde aufgeschoben. Staatdessen  will man nun den Stabilitäts- und Wachstumspakt dazu mißbrauchen, die EU-Kommission auf demokratie- und rechtsstaatswidrige Weise zu einer europäischen Wirtschaftsregierung für die Eurozone zu machen. Dabei will die Kommission nun allen Eurostaaten mit mehr als 3% Defizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), mit mehr als 60% Gesamtschuldenquote im Verhältnis zum BIP, mit nicht vorsichtiger Haushaltspolitik und mit übermäßigen volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten zwingen, entweder das Defizit bzw. die Ungleichgewichte zu drücken, was viele nicht hinreichend schaffen werden, oder zur Teilprivatisierung der Altersversorgung und zu Strukturreformen zur BIP-Erhöhung (vor allem auch durch funktionelle Privatisierung staatlicher Aufgaben und durch Käuflichmachung bisher nicht käuflicher Leistungen und unveräußerlicher Werte) zwingen. Als übermäßige Ungleichgewichte will sie vor allem hohe Leistungsbilanzdefizite (Importüberschüsse) und Leistungsbilanzüberschüsse (Exportüberschüsse) ansehen, bei deren Vorliegen sie insbesondere die Exportierbarkeit bisher nicht käuflicher Leistungen verlangen will, was auf das gleiche hinaus läuft wie Strukturreformen zur Erhöhung des BIP.

Damit das Europaparlament(1) ihr nicht mehr in die Quere kommt, sobald die neuen Verordnungen zu ihrer Machtsteigerung einmal in Kraft sind, will die Kommission den Eurostaaten ihre Wünsche über das Rechtsinstrument der Empfehlung bußgeldbewehrt aufzwingen – obwohl nach den Verträgen der EU

(Bild:Europaparlament|Copyleft: Unser Politikblog)

die Empfehlung gem. Art. 288 S. 7 AEUV ein grundsätzlich unverbindliches Rechtsinstrument ist, dem die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten allein für das Defizitverfahren Verbindlichkeit zugestanden haben. Damit die jeweils als Opfer ausgesuchten Eurostaaten sich nicht so wehren können, will die Kommission sie, soweit sie selbst betroffen sind, vom Stimmrecht im Ministerrat ausschließen, ohne Rechtsgrundlage dafür in den Verträtgen der EU. Und die Kommission verlangt für die Sanktionen die umgekehrte Abstimmung, bei welcher alle Sanktionswünsche der Kommission als zugestimmt gelten, zu denen nicht innerhalb von 10 Kalendertagen im Ministerrat eine qualifizierte Mehrheit dagegen stimmt.

Dominique Strauss-Kahn(2), Geschäftsführer des IWF, forderte Ende November 2010 die EU-Mitgliedsstaaten auf, der EU-Kommission sogar noch mehr Macht zu geben im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, also als neue Wirtschaftsregierung, als diese sich von sich aus sich anzumaßen traut.
Der IWF, der Niger, Malawi und Äthiopien zum Ausverkauf der Nahrungsmittelnotreserven zwang, sich in Osteuropa und Zentralasien durch seine Kreditauflagen zu Kürzungen im Gesundheitswesen den Spitznamen „Kindersterblichkeitsfonds“ erwarb, und der derzeit durch Kreditauflagen zusammen mit der EU-Kommission das rumänische Gesundheitswesen verwüstet, hat im Rahmen des sog. Euro-Stabilisierungsmechanismus derzeit vor allem Irland im Visier und bereitet sich auf seine zentrale Rolle im nach wie vor in Vorbereitung befindlichen Staateninsolvenzverfahrensmechanismus für die Eurozone vor.

Quellen:
(1)http://www.euractiv.de/finanzplatz-europa/artikel/eu-parlament-sucht-konfrontation-mit-europaischem-rat-003812
(2)http://www.imf.org/external/pubs/ft/survey/so/2010/NEW112110A.htm

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