Korea-Krise: USA und Südkorea verschieben Manöver / Russland und China schalten sich ein / UNO Sicherheitsrat tagt am Sonntag / Südkoreas Geheimdienst hatte Vorabinformationen über nordkoreanische Reaktion auf Artilleriefeuer von südkoreanischer Militärbasis auf Yongpyong
Heute um 17 Uhr MEZ tagt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) zur Situation in Korea. Einberufen hat die Dringlichkeitssitzung Russland (1), in Abstimmung mit China. Die USA haben vor dem angekündigten Beschuss von Seegewässern, die von Nordkorea beansprucht werden, 20 Militärangehörige auf die umstrittene Insel Yongpyong (Yeonpyeong Myeon, Yonphyong) entsandt, wohl wissend, dass das nordkoreanische Militär angekündigt hat diese Insel wieder zu beschießen, wenn von dort aus Granaten auf beanspruchtes Territorium gefeuert werden. Nordkoreas Aussenminister warf der US-Regierung daraufhin vor, die eigenen Soldaten als „menschliche Schutzschilde“ zu benutzen.
Unterdessen verschoben nun Südkorea und die USA ihr neues Manöver, mitsamt dem angekündigten Beschuss der von Nordkorea beanspruchten Gewässer. Offizieller Grund: schlechtes Wetter. Sagen „Militärkreise“. (2)
Zuvor waren die USA als derzeitiger Vorsitzender des UNO Sicherheitsrates von der bisherigen Praxis im wichtigsten Sicherheitsorgan des Planeten abgewichen und hatten Russland eine Sondersitzung am Samstag verweigert. Am Samstag erklärte dazu der russischen UNO-Botschafter Vitali Tschurkin (3):
„Heute früh habe ich ein Schreiben an den gegenwärtigen Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrates – die Delegation der Vereinigten Staaten – mit der Bitte um die Einberufung einer Sondersitzung des Rates für die Prüfung der Situation auf der Koreanischen Halbinsel gerichtet. Aber der Vorsitzende des UN-Sicherheitsrates weigerte sich, heute eine solche Sitzung abzuhalten. Wir bedauern das und sind der Auffassung, dass derartige Handlungen des Vorsitzenden eine Abkehr von der im Sicherheitsrat bestehenden Praxis sind.“
Gleichzeitig richtete Russland der nordkoreanischen Staatsführung in Pjöngjang Moskaus „äußerste Beunruhigung“ darüber aus, dass Nordkorea angekündigt hatte im Falle eines erneuten Beschusses umstrittener Gewässer durch Südkoreas Militär wieder militärische Gewalt anzuwenden.
I
Nach dem Artilleriegefecht am 23. November, bei dem nach Militärangaben vier Menschen auf Yongpyong durch nordkoreanischen Beschuss um´s Leben kamen, hatten südkoreanische Regierung und Militär über den Verlauf der Eskalation gelogen. Südkorea hatte behauptet, zu „Testzwecken“ Granaten von der Insel Baengnyeong abgefeuert zu haben. (Korea-Krise aus dem Nichts)
In Wirklichkeit aber feuerte das südkoreanische Militär – welches rein rechtlich immer noch im Krieg ist mit dem Norden ist, somit unter Kontrolle des 1950 erteilten UN-Mandates für den Korea-Krieg und somit unter Kontrolle des ausführenden US-Militärs steht – von Yongpyong aus. Diese Insel war, zusammen mit den anderen der Inselgruppe, nach dem Waffenstillstand 1953 durch das UN-US-Militärkommando im Zuge der „Northern Line“ willkürlich Südkorea zugesprochen worden.
Zuerst folgte die gesamte Weltpresse der Falschdarstellung der südkoreanischen Regierung. Dann wurde diese Version still und leise beerdigt. Die New York Times fügte ihrem Artikel vom 29. Novemver diesbezüglich eine Korrektur bei (4):
„Eine frühere Version dieses Artikels berichtete inkorrekterweise, dass das südkoreanische Testfeuer von einer zweiten Insel in umstrittenen Gewässern kam.“
II
Am 1.Dezember briefte der Spionagechef Südkoreas, Won Sei Hoon, ausgewählte Abgeordnete. In dem geheimen Treffen hab der Geheimdienstleiter zu, Vorabinformationen über eine Reaktion Nordkoreas auf einen Beschuss beanspruchten Gewässers zurückgehalten zu haben. Südkoreas Geheimdienst hatte, im Falle eines Artilleriefeuers von der eigenen Militärbasis auf Yongpyong aus, mit einem Beschuss der Insel aus dem Norden gerechnet. Won Sei Hoon redete sich heraus: die Informationen seien aus dem August, man habe das Ganze für eine „Routine-Drohung“ gehalten. Auch der Generalstab des südkoreanischen Militärs – bemüht Spionagechef Hoon zu verteidigen – gab eine recht ungeschickte Erklärung ab: man habe lediglich über Informationen verfügt, dass Nordkorea im Falle eines Artilleriefeuers des Südens „das Feuer erwidern würde“.
Die Abgeordneten reagierten mit einem Sturm der Entrüstung. Jun Byung-hun, aus der größten Oppositonspartei der Liberalen Demokraten:
„Unser Geheimdienst-System hat nicht funktioniert.“
Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen Demokraten Park Jie-Won konstatierte, dass Militär und Geheimdienste selbst mit den weltbesten Waffensystemen offensichtlich nicht in der Lage seien, „unsere nationale Sicherheit zu garantieren“ und die simple Analyse vorliegender Informationen durchzuführen. Selbst die konservative Zeitung „Munhwa Ilbo“ schrieb:
„Das ist ein klares Pflichtversäumnis der Behörden von Militär und Geheimdienst. Offen gesagt, es zeigt, dass sich unser Nationales Sicherheits-System grundlegend in ernsthafter Unordnung befindet.“
Ans Licht der Öffentlichkeit brachte die Affäre der Abgeordnete Choi Jae Sung, der an dem Treffen mit Geheimdienstchef Hoon teilgenommen hatte (5, 6). Bis auf eine Meldung in „Euronews“ (7) schwieg die gesamte Presse in Deutschland die Affäre tot.
Es noch mehr Merkwürdigkeiten.
III
Fünf Tage vor dem Beschuss des umstrittenen Gebietes aus der südkoreanischen Mlitärbasis auf Yongpyong und dem darauf folgenden Beschuss aus Nordkorea am 23.November hatten die US-Streitkräfte Korea (USFK), dass sie wegen „Terminschwierigkeiten“ leider nicht vor Ort auf Yongpyong Manöverübungen durchführen würden. Colonel Jonathan Withington, Chef des Büros für Öffentlichkeitsarbeit des USFK gegenüber der Presse am 18.November:
“Die Teilnahme der US-Marine und der Navy an der jährlichen amphibische Übung der ROK-US musste aufgrund von Terminschwierigkeiten verschoben werden. Das US Pacific Command und die U.S. Forces Korea suchen nach einem späteren Datum zur Durchführung dieser lebenswichtigen Ausbildung.”
Am Tag des Artilleriegefechtes befand sich eine Delegation der „Europäischen Union“ zu Wirtschaftsgesprächen in Nordkorea. Nicht unbedingt der beste Zeitpunkt für das Regime in Pjöngjang Südkorea anzugreifen.
Neben Granaten schlugen auch Raketen auf Yongpyong ein. Während wichtige Militärbasen nicht getroffen wurden, hagelte es in mehreren Wellen Geschosse auf zivile Wohngebiete, obwohl diese hinter Bergen im südlichen Teil der Insel liegen, wo sie durch einfachen Granatenbeschuss aus dem Norden schwer zu erreichen sind. Zeugen berichteten, dass auch Kriegsschiffe Südkoreas gefeuert hätten. Nachdem Nordkorea am 23.November das Artilleriefeuer eingestellt hatte, setzte das südkoreanische Militär das Feuer noch eine volle Stunde fort.
Nach dem Artilleriegefecht musste Südkoreas Verteidigungsminister Kim Tae-young zurücktreten. Offiziell gab es keine Begründung, es hieß lediglich, er habe zu lasch reagiert. Einen Tag vor dem Zwischenfall von Yongpyong hatte Kim Tae-young während Gesprächen mit einem parlamentarischen Ausschuss ausgeplaudert, dass die USA zum ersten Mal seit 19 Jahren wieder taktische US-Atomwaffen auf Südkoreas Territorium stationieren könnten. Eine direkte Bedrohung, auch für Nordkoreas Nachbarn Russland und China. (Asiatische Kuba-Krise als Kalkül, 26.November)
Das Militärmanöver der USA, in welchem von der südkoreanischen Militärbasis auf Yongpyong in umstrittenes Gewässer gefeuert worden war, war Teil einer Reihe von Manövern unter dem Namen “Invincible Spirit”. Diese Manöver-Reihe wurde nicht nach der ungeklärten Versenkung des südkoreanischen Kriegsschiffes Cheonan am 26.März, sondern erst nachdem eine hochrangige US-Delegation am 25.Mai in Peking damit gescheitert war, China zur Aufwertung seiner (im Gegensatz zu den Geldsystemen des US-Einflußbereiches) staatlich kontrollierten Währung Renminbi (Yuan) zu bewegen. Unter den Bittstellern aus den USA hatten sich der Chef der US-Zentralbank “Fed”, Ben Bernanke, Aussenministerin Hillary Clinton, Finanzminister Timothy Geithner, Handelsminister Gary Locke und 200 weitere hochrangige Beamte und Militärs befunden – darunter der Leiter des Pazifikkommandos (Pacom), Admiral Robert Willard. (DER WELTFINANZKRIEG: Die Vier Zonen der Ökonomie, 11.Juni)
Am 20.Juli verkündete dann das Pentagon die Manöver-Reihe “Invincible Spirit” (“Unbesiegbarer Geist”), deren erstes Manöver fünf Tage später begann. Kurz nach dem Artilleriegefecht setzten die USA den dritten Teil der Manöver-Reihe an. (Korea-Krise: “Kriegsspiele” und Diplomatie im Weltfinanzkrieg, 28.November)
(…)
Weiterer Artikel:
19.12.2010 Tödlicher Zwischenfall auf hoher See zwischen Chinesen und Südkoreanern – US-Militär auf Yeonpyeong
Quellen:
(1) http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE6BI01K20101219
(2) http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=55&tx_ttnews[tt_news]=95067&tx_ttnews[backPid]=23&cHash=a2e718daf1
(3) http://de.rian.ru/politics/20101219/257927016.html
(4) http://www.nytimes.com/2010/11/30/world/asia/30seoul.html
(5) http://www.todayonline.com/World/EDC101203-0000206/S-Korean-spies-ignored-intercepted-intelligence-of-N-Korean-attack
(6) http://news.yahoo.com/s/ap/20101202/ap_on_re_as/as_koreas_clash_239
(7) http://de.euronews.net/2010/12/02/suedkorea-wusste-vorher-vom-angriff-aus-dem-norden/