„Stuttgart 21“: Die Verletzten des Schwarzen Donnerstags klagen an
Mahnwache anlässlich Mappus‘ Aussage vor dem Untersuchungsausschuss
Am Donnerstag, den 30.9.2010 wurden im Stuttgarter Schlossgarten über 400 Personen durch die Polizei verletzt, vier von ihnen erlitten schwere Augenverletzungen. Die Opfer dieses Polizeieinsatzes veranstalten zum Abschluss der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss eine Mahnwache (Mittwoch 22. Dezember, 12.30 bis 14.00 Uhr vor der Oper neben dem Landtag). Im Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz am 30.9. werden in dieser letzten öffentlichen Sitzung u. a. Ministerpräsident Stefan Mappus, Innenminister Heribert Rech, MdL und Polizeipräsident Siegfried Stumpf vernommen. Im Rahmen der Mahnwache berichten Zeugen und Opfer des Polizeieinsatzes.
In einem offenen Brief an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses stellen die Betroffenen fest:
„Als Opfer und direkt Betroffene der Polizeigewalt am 30.9. haben wir ein berechtigtes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung des Polizeieinsatzes. Wir verfolgen mit großer Aufmerksamkeit den parlamentarischen Untersuchungsausschuss und sind über den bisherigen Verlauf empört. Gegenstand des Untersuchungsausschusses soll der Polizeieinsatz am 30.9.2010 sein. In Wirklichkeit werden die Strukturen und Aktionen des Widerstands untersucht. […]
Polizeipräsident Stumpf nimmt die Verantwortung für den Einsatz auf sich. Er bleibt aber weiter im Amt. Es ist offensichtlich, dass Polizeipräsident Stumpf mit seinen Aussagen Ministerpräsident Mappus und die Landesregierung für die Ereignisse am „Schwarzen Donnerstag“ freisprechen will. Dennoch konnte trotz aller Vertuschungsversuche nicht verheimlicht werden, dass es am 29.9. eine Besprechung […] über den Polizeieinsatz am 30.9. gab, an der auch Ministerpräsident Mappus anwesend war. In einer Protokollnotiz über eine Besprechung im Ministerium von Tanja Gönner steht, dass Mappus ein „offensives Vorgehen gegen Baumbesetzer, keine Verfestigung“ erwarte. […]
In Paragraf 52 des baden-württembergischen Polizeigesetzes steht: „Das angewandte Mittel muss nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein.“[…]
Wir halten fest, dass die friedliche Demonstration am 30.9.2010 im Schlossgarten vom Versammlungsrecht geschützt ist. Wir halten außerdem fest, dass die Baumfällarbeiten am 1.10. durch das Verbot des Eisenbahnbundesamtes illegal waren. […]
Während Mappus, Grube und Co. davon reden, dass sie keine Eskalation mehr wollen, setzen sie weiter Polizeigewalt gegen uns ein. Geändert hat sich nur die Strategie. So wurde am 4. 12. ein Jugendlicher von der Polizei vor dem Neuen Schloss festgenommen, weil er angeblich […] am Rotebühlplatz, einen Aufkleber an der CDU-Zentrale angebracht haben und eine Geste gemacht haben soll, durch die sich Polizisten beleidigt fühlten. Bei der Festnahme wurden mehrere Menschen durch Pfefferspray verletzt. Eine Schülerin bekam einen Schlag auf den Kopf, wegen dem sie im Krankenhaus behandelt werden musste. Eine Frau wurde durch Tritte [der Polizei] verletzt und musste stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Ist Mappus‘ Aussage, er wolle Bilder wie vom 30.9. nicht mehr sehen, als Aufforderung an die Polizei zu verstehen, mit ihren Gewaltexzessen zu warten bis es dunkel ist, damit es nicht so viele Bilder davon gibt? […]“
Quelle: Bei Abriß Aufstand