Athen: Die Anarchisten waren´s. Jetzt die Rettung. Vom Euro.
Griechenland: Eine Bombe explodiert vor zwei Gerichtsgebäuden. Dann explodiert in Argentien ein Sprengsatz vor der griechischen Botschaft in Buenos Aires. Und dann auch noch in Italien beim Haus des Lega Nord-Chefs Umberto Bossi. Aber fangen wir vorne an.
Spannung in Athen. Selbstverständlich ohne Strategie. Bekenner gibt es auch keine, wenn auch vorher telefonisch gewarnt wurde („Guten Tag, wer wir sind spielt keine Rolle, wir lassen es einfach mal krachen“ ?):
„Zu dem Anschlag bekannte sich niemand. Der Verdacht fiel jedoch auf anarchistische Gruppen.“
Das Einzige was überrascht, ist, dass es solange gedauert hat bis ausführende Papandreou-Regierung unter der Finanzdiktatur Brüssels endlich die gute alte Gladio-Nummer auspackt, um die Herde wieder zusammen zu scheuchen.
Was viele nicht wissen – laut der nach der Militärdiktatur erlassenen Verfassung Griechenlands kann laut Artikel 48 der Staatspräsident “auf Vorschlag des Kabinetts” (!) die Regierung entlassen, das Parlament auflösen, die Verfassung teilweise ausser Kraft setzen und den “state of siege”, den Notstand ausrufen (korrekte Übersetzung eigentlich “Belagerungszustand”). Danach kann der Präsident selbst Gesetze erlassen. Präsident Griechenlands ist derzeit Karolos Papoulias (Pasok).
Das Parlament muss erst 15 Tage nach der Erklärung des “state of siege” seine Zustimmung erteilen, welche dann jeweils für weitere 15 Tage gilt. Die Deutschen kennen das noch als “Notverordnungen” aus der Weimarer Republik, die der 1925 vom Volk zum Staatspräsidenten gewählte preussische General Paul von Hindenburg in den Abgrund führte.
D.h., der Staatspräsident Griechenlands (der nicht vom Volk, sondern vom Parlament gewählt wird) hat die Macht sich selbst mit Zustimmung von Teilen der Regierung (die nicht vom Volk, sondern vom Parlament gewählt wird) zum Diktator ausrufen.
Und genau mit dieser Maßnahme, der Ausrufung des „state of siege“ drohte unverhohlen am 2.März Premierminister Giorgos Andrea Papandreou, nachdem er sich am 26.Februar mit Bankern getroffen und am 1.März von EU-Wirtschaftskommissar Oliver Rehn und dem “Chefvolkswirt” der Frankfurter “Europäischen Zentralbank” (EZB) Jürgen Stark in der griechischen Hauptstadt Athen ausführlich instruiert worden war, radikale Kürzungen bei Löhnen, Renten und sozialer Gesetzgebung gegen die Bevölkerung durchzusetzen. („DIE GRIECHENLAND-KRISE (V): Politische Monarchie zu verkaufen, 7.Mai)
Vorher hatte auf dem Gipfel der Brüsseler Räte am 16.Februar die “Europäische Union” 18 Jahre nach ihrer Gründung zum ersten Mal die vollständige finanzielle Kontrolle über einen Mitgliedsland übernommen und Griechenlands Haushalt unter Zwangsverwaltung gestellt. (DIE GRIECHENLAND-KRISE (IV): Machtergreifung einer neuen kapitalistischen Sowjetunion, 7.Mai)
Der “sozialistischen” Pasok-Regierung, die ab diesem Zeitpunkt nur noch die Rolle einer ausführenden Chunta von Brüssel und Berlin spielte, wurde eine Frist gestellt: bis zum 16.März solle die Pasok darlegen, wie sie ihre Bürger erwürgen wolle, ohne dass diese revoltierten. Die Pasok-Regierung folgte und erpresste schließlich vom Parlament durch die Drohung der Entmachtung am 2.März dessen Zustimmung zu den EU-Verarmungsmaßnahmen.
Griechenland ist faktisch Brüsseler (und damit Berliner) Kolonie, im wahrsten Sinne des Wortes eine Euro-Zone: ein Sklavenstaat, der sich immer mehr auflöst, in dem der Lebensstandard der Menschen ins Bodenlose fällt und der freigegeben ist zur Leichenfledderei durch das Kapital und sein Banken-System. Solche Attentate und Operationen wie am heutigen Morgen in Athen dienen ausschließlich dazu diesen Umstand zu vernebeln und die wirtschaftliche wie politische Repression gegen die Griechen zu stabilisieren und weiter zu forcieren.
Ergänzung 13.30 Uhr
Im Laufe des Vormittags explodierte auch ein Sprengsatz vor der griechischen Botschaft in Buenos Aires, Argentinien. Es entstand geringer Sachschaden. Auch hier hieß es, Anarchisten seien´s gewesen. Allerdings gäbe es noch keine Hinweise darauf. Das alttestamentarische Wort „Beweis“ ist sowieso seit neun Jahren Krieg unter irgendeinem Terror-Zug gelandet. Es reichen Selbstbezichtigungen von Unbekannten. Doch noch fehlen selbst diese. (2)
Die „Wiener Zeitung“ (3) sah auch angesichts ungeklärter Briefbomben, Paketbomben und Explosionen in verschiedenen Euro-Zonen wie dem ehemaligen Italien oder Deutschland schon einen „transnationalen Anarcho-Terror“ heraufziehen.
Endlich den Sprung von der verwelkenden Islamisten-Nummer geschafft, könnte man sagen. Hauptsache, das Geld stimmt. Und wenn es nicht stimmt, dann war´s der Anarchist. Oder Islamist. Kommunist. Oder Sozialist. Oder Journalist. Oder Kabarettist. Oder Demokratist. Oder Zivilist.
Suchen Sie sich was aus. Schließlich sind Sie der Kunde, bei dem´s mit dem Geld nicht stimmt. Da muss man ihnen doch wenigsten die Wahl lassen.
Ergänzung 13.45 Uhr
Heute morgen in Italien. Auch so ein Paradies der Werktätigen, wo es allen noch viel zu gut geht und sie für ihre Euros alle nur in der Urlaubs… alle nur in der Sonne liegen. Ortschaft Germonio, nahe Mailand. Nur „wenige Meter“ vom Haus des Parteivorsitzenden, nein, vom Chef, neiiiin, vom kleinen Bossi der Lega Nord entfernt explodieren zwei Sprengsätze.
Umberto muss es vor Schock um Frieden und Republik in alle Parteiglieder gefahren sein. Hatten er und seine Monarchisten doch vor kurzem den Silvio Berlusconi wieder zum Ober-Bossi der Euro-Zone Italien gewählt, nachdem den schon der Gianfranco Fini und die Postfaschisten von der Alleanza Nazionale schmählich im Stich gelassen hatten.
Hui, was diese Anarchisten doch vernetzt sind. VERNETZT! VERNETZUNG! DAS IST ES! SIND WIR NICHT ALLES ANARCHISTEN?!! RAUS, RAUS, ALLE RAUS UND DANN REIN, REIN MIT DENEN! UND MIT DENEN! UND MIT DENEN, DENEN, DENEN! JA, NEE! JA, NEE! JA, NEE!
Und ach.
(…)
Artikel zum Thema:
07.05.2010 Griechenland: Informationsindustrie bereitet den Boden für Ausrufung des Notstands
Die Presse und Fernsehanstalten wurden ihrer Rolle zur unabhängigen Berichterstattung zu Griechenland wieder einmal nicht gerecht – sie sind ausführende Instrumente der regierenden Kreise in Politik und Wirtschaft – ein Beispiel als deren Sprachrohr in der Tagesschau vom 6.Mai
06.05.2010 Der merkwürdige Tod von Athen
Genau im entscheidenden Moment weltweiter Ränkespiele der Macht- und Finanzpolitik, als während des Generalstreiks in Griechenland Hunderttausende Griechen vor das Parlament ziehen, macht eine schreckliche Nachricht die Runde. Drei Tote, in einer Bank, aber kleine Angestellte, eine davon schwanger, ermordet durch Autonome / Randalierer / Mörder / Chaoten / EU-Gegner /primitive Barbaren ohne Regierungsverantwortung. Die Regierung, eben noch vom Volk auf´s Korn genommen, ist erschüttert und klagt das Volk an. Die Demonstration löst sich in Windeseile auf.
Quelle:
(1) http://www.abendblatt.de/politik/article1742745/Anschlag-mit-Motorradbombe-erschuettert-Athen.html
(2) http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5jBAody69bk_PRbXvY7aPSHJDOGmw?docId=CNG.a69773e48a0970301352054d0054365c.391
(3) http://www.wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=3861&alias=wzo&cob=533710
(4) http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/621842/Italien_Bomben-vor-LegaZentrale?from=gl.home_politik