Soldat starb Mitte Dezember 2010 nicht beim Reinigen seiner eigenen Waffe – zivile Strafverfolgungsbehörde in Thüringen hat Untersuchungen eingeleitet – Verteidigungsministerium schweigt bisher zu den Vorfällen – Verstoss gegen das Post- und Fernmeldegeheimnis durch geheime Kontrolleure
Am 18.Dezember 2010 berichtete Radio Utopie über einen einundzwanzigjährigen Hauptgefreiten der Bundeswehr, der auf einem Aussenposten nördlich des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) Pol-e-Chomri am 17.Dezember um 21.30 Uhr Ortszeit schwer verwundet gefunden wurde.
Der Soldat des Gebirgsjägerbataillon 232 aus dem bayerischen Bischofswiesen wurde mit einem Hubschrauber nach Pol-e-Chomri geflogen und starb nach einer Notoperation in dem Militärkrankenhaus. (1)
Auszug aus dem Artikel vom 18.Dezember 2010:
Nähere Angaben zur Ursache des Unglücks und Zeugenaussagen von anwesenden Kameraden des jungen Mannes wurden noch nicht mitgeteilt, auch nicht darüber, ob sich der Soldat auf stationären Wachposten befand oder in der näheren Umgebung in einer Kontrollmission unterwegs gewesen war. Von einer Verwicklung in einem Kampfeinsatz wurde ebenfalls nichts berichtet.
Nach einem Monat wird jetzt bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Gera wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung Ermittlungen aufgenommen hat, da der Hauptgefreite vermutlich durch die Kugel aus der Waffe eines Kameraden getötet worden war. (2)
Zu dem Unfall sei es gekommen, als eine Gruppe von neun oder zehn Soldaten in einem Zelt auf fahrlässige Weise mit Schusswaffen hantierten und eine Kugel den Kopf des Soldaten durchschlug. (3) Über den Vorfall gibt es einen Feldjägerbericht.
Das Einsatzführungskommando in Potsdam äusserte sich nicht zu den noch laufenden Ermittlungen, aber es wäre schon länger klar, dass es sich nicht um einen Selbstmord gehandelt habe. (4)
Eine knappe Woche vor Heilig Abend inklusive des spontanen Weihnachtsbesuches der Bundeskanzlerin bei der Truppe in Afghanistan und einen Monat vor der Abstimmung des Bundestages zur Verlängerung des Mandats liessen die zuständigen Behörden die Version eines selbstverschuldeten Unfalltodes durch Reinigen der eigenen Waffe in den Medien unwidersprochen.
Zu den Pflichten des Bundesverteidigungsministers zu Guttenberg und der Bundesregierung gehört die Aufklärung der Öffentlichkeit zu allen Ereignissen in ihrem Einsatzgebiet im Norden Afghanistans und es kann nicht sein, dass die Bevölkerung derartige durchgesickerte Meldungen scheibchenweise erst durch die Medien erfahren muss.
Mit riesigen Propagandagetöse zur Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit und Aufrufen zu grösseren kommenden Anstrengungen zur Bewältigung der Aufgaben in Afghanistan zeigt zu Guttenberg stets sein virtuoses Spiel im Umgang mit der Presse.
Die Öffnung der privaten Post der Bundeswehrangehörigen erscheint auch zu diesem Fall in einem ganz neuen Licht. Medienberichten zufolge wurden die Briefe schon in der Feldpoststelle in Afghanistan kontrolliert.
Was dürfen die Bürger in diesem Land noch alles nicht erfahren, welche Zustände sich wirklich in Kunduz abspielen?
„Es ist untragbar, dass Briefe geöffnet werden, das ist ein nicht hinzunehmender Umstand“, sagte zu Guttenberg, man untersuche im Bundesverteidigungsministerium die Berichte und werde die Staatsanwaltschaft einschalten, falls sich der Anfangsverdacht bestätigen würde. (5)
Steffen Moritz, Sprecher des Ministeriums betonte am 19.Januar, dass es für die Dienste – Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) – keine besonderen Eingriffsbefugnisse gebe.
„Der Soldat übergibt seinen Brief oder sein Päckchen an den Kompaniefeldwebel. Die Sendungen werden dann im Postsack per Hubschrauber oder Frachtflugzeug in die Zentrale Poststelle des Feldlagers Masar-e-Sharif gebracht. Über den Umschlagplatz Termez geht es dann per Militärfrachtflugzeug zur Feldpostleitstelle nach Darmstadt, wo die Sendungen an das Briefzentrum der Post übergeben und an die Adressaten befördert werden“, erklärte die Frankfurter Rundschau die Prozedur des Transportweg der Feldpostsendungen. (6)
Mit Sicherheit wären die Bundeswehrsoldaten besser beraten, eigene Strafanzeigen wegen des Verstosses gegen das Postgeheimnis bei der Polizei zu stellen, um die Aufklärung zu beschleunigen.
Artikel zum Thema
18.12.2010 Bundeswehrsoldat in Kunduz ums Leben gekommen
Quellen:
(1) http://www.radio-utopie.de/2010/12/18/bundeswehrsoldat-in-kunduz-ums-leben-gekommen/
(2) http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.afghanistan-ermittlungen-nach-unfalltod-von-bundeswehrsoldat.32ae3a2b-1c01-4ab2-82f6-dc0b75a91947.html
(3) http://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-vorfall-in-afghanistan-soldat-starb-offenbar-durch-kugel-eines-kameraden-1.1048642
(4) http://www.welt.de/politik/deutschland/article12253477/Bundeswehr-Soldat-soll-Kameraden-getoetet-haben.html
(5) http://www.abendblatt.de/politik/article1762068/Guttenberg-verspricht-rasche-Aufklaerung-in-Feldpost-Affaere.html
(6) http://www.fr-online.de/fr-online/politik/ueble-nachricht-von-der-front/-/1472596/6496800/-/view/asFirstTeaser/-/index.html