Live Bilder aus Ägypten: Einem Land platzt der Kragen
Volksaufstand in Ägypten: Ticker
Ägypten Ticker: Volksaufstand Tag 6
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Ägypten Ticker: Volksaufstand Tag 9
Öffentlich zugängliche Quellen:
Live TV Stream Al Jazeera: http://english.aljazeera.net/watch_now/
Twitter Al Jazeera: http://english.aljazeera.net/news/middleeast/2011/01/201112523026521335.html
Ticker Al Jazeera: http://blogs.aljazeera.net/middle-east/2011/02/02/live-blog-feb-3-egypt-protests
Donnerstag, 3.Februar. Es ist Mitternacht in Mitteleuropa und 01.00 Uhr in Kairo. Der zehnte Tag des Volksaufstandes in Ägypten ist angebrochen; ein Volksaufstand, der zu einer basisdemokratischen und demokratischen Freiheitsbewegung der gesamten Bevölkerung geworden ist, die sich parteilos und über alle Unterschiede hinweg gegen die Diktatur selbst organisiert.
Der Tag hatte nach dem „Marsch von Millionen“ am vorhergehenden Dienstag zunächst hoffnungsvoll begonnen. Doch nach der Fernsehansprache eines Armee-Sprechers, in der ein Ende aller Demonstrationen gefordert wird, versuchen regimetreue Loyalisten, die von Agenten und Polizisten angeführt werden, den Tahrir-Platz von allen Seiten zu stürmen. Sie sind gut ausgerüstet, setzen Stöcke, Steine, sogar Pferde und Kamele ein. Zeugen sehen in der Fahrerkabine von Trucks der Mubarak-Unterstützer uniformierte Polizisten. Später treten uniformierte Polizisten inmitten von Pro-Muburak-Loyalisten offen vor den Kameras Al Jazeeras auf und geben Interviews. Die Armee ist vor dem Marsch der regimtreuen Provokateure auf den Tahrir-Platz plötzlich verschwunden.
Doch der Sturm der Regimetreuen auf den Tahrir-Platz, wo sich die Freiheits- und Demokratiebewegung versammelt hat, wird zurückgeschlagen. Mehrere Menschen verlieren in den Straßenschlachten ihr Leben. 1500 werden verletzt. Das Militär greift nicht ein. Es kann nicht eingreifen, ohne zu schießen, zusammen mit dem Land in einem Strudel der Gewalt zu versinken und dem Diktator den größtmöglichen Gefallen zu tun.
Ein paar hundert Meter nördlich vom Tahrir-Platz entfernt liegt an der Brücke des 6.Oktobers das Nationalmuseum (Ägyptische Museum). Direkt neben diesem liegt das Hauptquartier der Staatspartei NDP.
Von diesem Sammelpunkt aus hatten die vom Geheimdienst Omar Suleimans angeführten Loyalisten den Tahrir-Platz immer wieder angegriffen. Dort hatten die erbittertsten Straßenschlachten getobt. Doch die Aktivisten der Freiheitsbewegung – ohne Erfahrung mit ähnlichen Situationen, ohne zentrale Führung, ohne Ausrüstung, ohne Ressourcen und von sämtlichen „Oppositionsführern“ und „Oppositionsparteien“ allein gelassen – blieben siegreich und gingen zum Gegenangriff über.
Vor Mitternacht errichten die pro-demokratischen Dissidenten mobile Barrikaden, greifen von zwei Straßen die regimetreuen Mubarak-Einheiten bei der Brücke des 6.Oktobers an und treiben sie über die Kreuzung zurück.
Aufnahmen von Al Jazeera: oben die demokratischen Aktivisten, die ihren rechts Richtung Tahrir-Platz kämpfenden Leuten aus einer Seitenstraße heraus zu Hilfe kommen. Die Regimetreuen (unten im Bild) starten einen Gegenangriff. Dann aber können die Demokratie-Anhänger von zwei Seiten auf die Kreuzung vor dem Nationalmuseum vorrücken und ihre Barrikaden schließen.
Die Pro-Mubarak-Gruppen zünden vor den Dissidenten Autos an und versuchen, die Lage wieder für sich zu entscheiden. Doch die Front der Regime-Gegner hält. Die „Schlacht um den Tahrir-Platz“ ist für die Mubarak-Anhänger endgültig verloren.
Bilder vom Tahrir-Platz hinter der Front. Von weitem sieht man die Molotow-Cocktails der Mubarak-Unterstützer. Die Aktivisten der Freiheitsbewegung trommeln im Rhythmus auf die Barrikaden.
12.30 Uhr
Die Weltbank meldet sich zu Wort. Präsident Robert Zoellick, ehemals Goldman Sachs-Banker und neokonservativen Betreiber der Irak-Invasion,weist in einem „Reuters“-Interview daraufhin, wie schwierig es generell sei, Reformen durchzuführen. Und dann noch mitten in einem Volksaufstand.
„Reformen zu unternehmen inmitten einer Revolution ist eine komplizierte Aussicht.“
Kommentar: Also da muss man doch Verständnins mit dem Diktator haben. Der hatte ja bloß 30 Jahre Zeit.
01.00 Uhr
Es ist Nacht in Kairo. Ein neuer Tag. Die Nacht ist am Tiefsten.
02.00 Uhr
Ticker-Meldung: Ein Al Jazeera Reporter berichtet von einer massiven Präsenz von Polizei-Sondereinheiten beim Nationalmuseum. Dort sind die von Polizisten und Agenten angeführten Regimetreuen auf die Kreuzung vor der Brücke des 6.Oktobers zurückgetrieben worden. Die Pro-Demokratie-Aktivisten, welche seit Tag 9 (Mittwoch) diese wichtige Zugangsstraße zum Tahrir-Platz verteidigen, trommeln zum Zeichen ihrer Kampfbereitschaft auf ihre mobilen Barrikaden, obwohl die Steine auf sie niederregnen.
02.45 Uhr
Vor dem Nationalmuseum, neben dem das Hauptquartier der Staatspartei NDP gelegen ist, hält die Straßenschlacht weiter an.
03.15 Uhr
Ein Al Jazeera Internet-Journalist hört am westlichen Zugang zum Tahrir-Platz Richtung Nil-Brücke Feuer aus Automatikwaffen wie Maschinenpistolen. Offensichtlich gibt die Armee Warnschüsse ab.
03.20 Uhr
Schüsse auch nördlich des Tahrir-Platzes, bei der Brücke des 6.Oktobers vor dem Nationalmuseum und dem NDP-Hauptquartier.
Ein Panzer fährt auf und bewegt sich Richtung der Pro-Demokratie-Demonstranten.
Ein Pro-Demokratie-Demonstrant bricht tot zusammen. (Später wird eine Zeugin aussagen, dass er vor ihren Augen in den Kopf geschossen wurde). In der Richtung aus der gefeuert wurde, steht der Panzer.
Doch die Aktivisten der Freiheitsbewegung rücken nun vor. Sie treiben die Loyalisten Mubaraks eine kleine Brücke hoch. (Diese versuchen anschließend immer wieder die Brücke abwärts zu stürmen. Diese kleine Zufahrtsbrücke auf der Kreuzung vor dem Nationalmuseum bleibt die Nacht über ein Brennpunkt)
04.04 Uhr
Bestätigt: Die Mubarak-Unterstützer setzen auf den umkämpften Platz vor dem Nationalmuseum Schusswaffen ein. Ein zweiter Regime-Gegner wird erschossen. Die Pro-Demokratie-Aktivisten fliehen vor dem Schussfeuer zurück hinter ihre Barrikaden, halten aber weiter die Stellung.
04.14 Uhr
Ambulanzen fahren auf den umkämpften Platz, trotz anhaltendem Schussfeuer der regimetreuen Mubarak-Unterstützer.
04.35 Uhr
Al Arabiya meldet: laut einem Mediziner vor Ort sind vier Menschen getötet worden.
05.03 Uhr
Ein Al Jazeera Korrespondent berichtet vom Tahrir-Platz:
„Ich sah einen verwundeten Protestierer der von Ärzten versorgt wurde und dann zu den Ambulanzen gebracht wurde. Der Arz,t der ihn versorgt hatte, erzählte mir, dass der Mann in den Kopf geschossen worden war, aber immer noch Puls hatte und vielleicht überleben würde. Da war eine Blutlache auf der Straße unter dem Mann.
Der Arzt sagte, das Schussfeuer kam von Mubarak-Unterstützern, nicht von der Armee.
Ich sah einen zweiten Protestierer, der ebenfalls wegen einer Schusswunde behandelt wurde, er wirkte leblos. Ein Protestierer sagte mir, dass sechs Menschen heute gestorben sind, allerdings sagte mir ein Arzt auf dem (Tahrir-)Platz, dass vier gestorben seien.“
05.05 Uhr
Live Bilder: Regimetreue Kräfte werfen von Gebäuden Molotow-Cocktails herunter auf die Menschen auf dem Tahrir-Platz.
08.00 Uhr (09.00 Uhr)
Der Morgen dämmert. Die Freiheitsbewegung hat den Tahrir-Platz gehalten.
Schüsse hallen durch Kairo. Es ist nicht klar, wer sie abgibt. Doch kann es als gesichert gelten, dass sie nicht von der Volksbewegung der Pro-Demokratie-Aktivisten abgegeben werden. Es gibt keinen einzigen Hinweis oder Bericht, dass diese in der gesamten Konfrontation Schusswaffen eingesetzt haben. Woher hätten sie diese auch haben sollen.
Zeugen und Journalisten berichten übereinstimmend, dass die Menschen auf dem Tahrir-Platz sich weiterhin aus allen Gruppen der Gesellschaft zusammen setzen. Die Menschen dort erhalten von der Bevölkerung jede Unterstützung, die den Umständen entsprechend möglich ist. Es gibt nur eine einzige Wasserleitung, welche die Tausenden von Menschen dort benutzen können. Die humanitären Bedingungen spotten jeder Beschreibung. Aber die Menschen harren aus. An den Eingängen zum Platz verteidigen die Aktivisten der Freiheitsbewegung die Menschen auf dem Platz gegen die organisierten Regimetreuen, die mit allen Mitteln versuchen, den nicht nur in Ägypten zum Symbol einer ganzen Generation gewordenen Tahrir-Platz zu stürmen.
09.00 Uhr
Ein Al Jazeera Korrespondent berichtet von der Reaktion in der ägyptischen Öffentlichkeit, in den Zeitungen und der Presse Kairos. Übereinstimmend mit anderen berichtet er, dass der gestrige Angriff der regimetreuen Mubarak-Unterstützer für den Diktator und sein Regime zum Bumerang geworden ist. Die Stimmung ist auch in den offiziellen Medien gekippt. Mubarak hat jede verbliebene Unterstützung verloren.
09.15 Uhr
Auf der in der Nacht umkämpften Brücke auf dem Platz vor dem Nationalmuseum ist ein Panzer aufgefahren. Er ist aufwärts der Brücke ausgerichtet, nicht in Richtung der Pro-Demokratie-Aktivisten.
09.35 Uhr
Ein Korrespondent berichtet live vom Tahrir-Platz. Hunderte von Menschen strömen auf den Platz um die Aktivisten der Pro-Demokratie-Bewegung zu unterstützen, Nahrungsmittel und andere Versorgungsgüter zu bringen. Ärzte melden sich, um Verwundete vor Ort zu versorgen.
Ein festgenommener verwundeter Mubarak-Unterstützer wird von einer Menschenmenge umringt, die auf ihn einschlägt. Sofort kommen andere Aktivisten, dringen auf friedliches Verhalten gegenüber dem Hilflosen, beschützen ihn und übergeben ihm dem Militär.
09.35 Uhr
Die Armee greift ein, ohne Waffeneinsatz. An der umkämpften Kreuzung vor dem Nationalmuseum bilden Soldaten vor den Pro-Demokratie-Aktivisten und ihren Barrikaden eine Kette, offensichtlich um weitere Auseinandersetzungen zu verhindern.
10.00 Uhr
Tausende Ägypter sind auf ihrem Tahrir-Platz, ihrem „Platz der Befreiung“, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Menschen strömen aus allen Richtungen auf den Platz.
Kommentar: Der Volksaufstand hat sich durchgesetzt; zuerst gegen die Polizei, dann gegen die von Agenten und Polizei organisierten Plünderungen und Zerstörungen und dann im Straßenkampf gegen den Angriff der zivilen Einheiten des Diktators auf den Tahrir-Platz. Und in diesem Prozess ist, ohne Führung, ohne Partei, ein Aufstand des Volkes durch Selbstorganisation zu einer lebendigen, organischen Freiheits- und Demokratiebewegung geworden, die nie wieder in die Flasche fahren wird.
Der Geist der Freiheit hat gesiegt.
10.20 Uhr
Laut einer Al Jazeera Korrespondentin berichtet das Staatsfernsehen von Gesprächen zwischen Spionage-Chef und Vize-Präsident Omar Suleiman und „Oppositionsführern“.
Ein Al Jazeera Internet-Journalist berichtet:
„Habe mit mehreren Soldaten an den Barrikaden rund um den Tahrir-Platz gesprochen — sagen, sie haben Befehl niemanden herein zu lassen und die Pro-Mubarak- und Pro-Demokratie-Gruppen zu trennen.“
11.30 Uhr
In der Weltöffentlichkeit und in ägyptischen Presse hat die Aufarbeitung der Ereignisse in der Nacht zu Tag 10 im Volksaufstand begonnen. Übereinstimmend wird von Entsetzen über den Angriff der Regimetreuen auf die friedlichen Demonstrationen der Freiheits- und Demokratiebewegung berichtet.
Auch im ägyptischen Regime bröckelt nun die Stellung des Diktators Husni Mubarak und seinem Stellvertreter, Vize-Präsident und Spionage-Chef Omar Suleiman.
Das Regierungskabinett dementierte in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur „Reuters“ mit den Angriffen auf die Demonstranten etwa zu tun zu haben. Man sei von den Ereignissen „überrascht“ worden, so die von Mubarak eingesetzte Regierung. Es wurde eine Untersuchung angekündigt.
Zuvor hatte noch in der Nacht US-Aussenministerin Hillary Clinton aus Washington mit Omar Suleiman telefoniert (wir berichteten). Sie forderte, so ihr Sprecher anschließend vor der Presse, eine Untersuchung der gewalttätigen Attacken auf die Pro-Demokratie-Bewegung. Anschließend waren in Kairo die Angriffe am Tahrir-Platz weitergegangen und noch eskaliert.
Der ägyptische Premierminister Ahmed Shafiq – schon 1973 Kampfpilot unter Mubarak, seit 2002 sein Minister und erst am Samstag von ihm zum Premier ernannt – verurteilte in einem „BBC“-Interview die Angriffe auf die Demonstrationen scharf und ging deutlich auf Distanz zu seinem alten Kommandeur Mubarak. Shafiq entschuldigte sich zudem für die Angriffe auf die Demonstrationen:
„Dies ist ein fataler Fehler. Wenn Untersuchungen ans Tageslicht bringen, wer hinter diesem Verbrechen steht und wer zugelassen hat dass es passiert, ich verspreche Ihnen, die werden dafür zur Verantwortung gezogen und werden bestraft werden für das, was sie getan haben..
Es gibt keine wie auch immer geartete Entschuldigung für einen Angriff auf friedlich Protestierende und deswegen entschuldige ich mich.“
12.10 Uhr
In der nur 500.000 Bewohner zählenden Stadt Mansoura läuft eine Großdemonstration. Die Forderung: sofortiger Rücktritt des Diktators.
Kommentar: Der ägyptische Autor sandmonkey schreibt zu den Vernebelungsversuchen des Mubarak-Regimes in der Öffentlichkeit über den Aufstand des eigenen Volkes. Nicht nur die Strategen der Diktatur, ihre Diener, sondern auch so mancher selbsernannte Blogger oder „Journalist“ in abhängigen Medien wird jetzt bleich werden. Mögen diese feigen, korrupten Kleinbürger und Marktradikalen für immer schweigen, aus dem Weg gehen und sich irgendeine Börse suchen.
„Das Staatsfernsehen veröffentlicht Statements darüber, die die Leute Israelis in ganz Kairo festgenommen hätten, dabei sein Menschen zu verletzen und Chaos zu verursachen. Für die von Euch die glauben dies sei eine Amerikanisch-Israelisch-Katari-Muslimische Bruderschaft-Iran-Hamas-Verschwörung. Stellt Euch das vor. UND VIELE LEUTEN HABEN IHNEN DAS ABGEKAUFT. Ich erinnere mich daran einem Freund erzählt zu haben, dass das einzig Gute in dem was passiert ist, dass es deutlich gemacht sind wer die Idioten unter unseren Freunden sind. Nun wissen wir es.
Nun, für den Fall dass dies nicht klar ist: Dieser Protest ist nicht verursacht oder am Leben erhalten worden durch die Muslimbruderschaft, es ist ein Protest von allen sozialen Klassen und religiösen Gruppen in Ägypten. Die Muslimbruderschaft tauchte nur am Dienstag auf und auch dann war sie bei weitem nicht in der Mehrheit. Wir tolerierten sie, weil wir nicht nein sagen zu Landsleuten die uns beistehen, aber weder die Muslimbruderschaft, noch irgendeiner der Oppositionsführer haben die Fähigkeit auch nur ein Zehntel der Demonstranten abzuziehen, die am Dienstag auf dem Tahrir-Platz waren.
Dies ist eine Revolution ohne Führer. Drei Millionen Individuen haben die Hoffnung anstatt der Angst gewählt und dem Tod jede Stunde tapfer ins Gesicht gesehen, um ihren Traum von Freiheit am Leben zu erhalten. Stellt Euch das vor.“
Ergänzung: sandmonkey ist mittlerweile verhaftet worden. Seine Webseite wurde vom Regime gesperrt.
12.20 Uhr
Aus Jemen werden 20.000 Menschen gemeldet, die in der Hauptstadt Sanaa gegen das Regime von Diktator Ali Abdallah Saleh demonstrieren.
13.15 Uhr
Vom Tahrir-Platz spricht „ein Gesicht Ägyptens“, Shahira Amin, eine in Ägypten sehr bekannte Nachrichtensprecherin des Staatsfernsehens Nile TV. Sie berichtet, dass sie das Staatsfernsehen verlassen und sich der Demokratiebewegung angeschlossen hat, weil sie die Propaganda des Regimes nicht mehr aushalte und nicht mehr mit sich verantworten könne. Amin berichtet, dass das Regime ihr gedroht habe. Sie bleibe jetzt bei den Menschen auf dem Tahrir-Platz, „komme was wolle“.
13.30 Uhr
Abdallah Schleifer, von der Amerikanischen Universität Kairos auf Al Jazeera. Er berichtet, mit sehr viel akademischen Abstand, über die Reaktion der (dünnen) wohlhabenden Schichten in Ägypten. (Wie sollte er auch über irgendjemand anderen Bescheid wissen). Er redet (langweilig) und redet (ist das schlecht) und redet (ich halt´s nicht aus)..
und da sagt der Al Jazeera Korrespondent dann endlich im übertragenen Sinne „Äh, ja, danke, da ist bloß das bisschen Geschichte das (nur) ohne sie gemacht wird, tschüss“. Werbung.
Aktuell: Live-Übertragung einer Demonstration von Regime-Gegnern und Pro-Demokratie-Bewegung Richtung Tahrir-Platz, organisiert von der Muslimbruderschaft.
13.55 Uhr
Ende der Live-Übertragung.
14.00 Uhr
Bei Al Jazeera treffen immer mehr Berichte über Angriffe von regimetreuen Kräften auf Journalisten ein. Auch zwei Al Jazeera Journalisten wurden von Mubarak-Unterstützern attackiert.
14.12 Uhr
Hochbrisante Meldung: Vodafone verlautbart, das Mubarak-Regime habe den Telekommunikations-Konzern gezwungen Pro-Regime-Nachrichten zu versenden.
Kommentar: Wenn es auf der Welt irgendwo eine digitale Konzern-Großmutter gibt, dann könnte vielleicht irgendjemand versuchen ihr dieses Märchen zu erzählen.
Derweil an der Kaser El Nile Brücke westlich vom Tahrir-Platz: regimetreue Kräfte haben sich gesammelt, um vom Westen her zu versuchen auf den Tahrir-Platz („Platz der Befreiung“ vorzudringen. Soldaten feuern Warnschüsse ab. Bewegung vor Ort.
Analyse: Armeen gehorchen, bis auf wenige Ausnahmen, schlicht Befehlen von oben. Noch tut das auch die ägyptische Armee. Offensichtlich haben die Soldaten von ihren Vorgesetzten nun gegen 09.30 Uhr MEZ neue Befehle erhalten, wie oben berichtet. Gestern lauteten Augenzeugen zufolge die Befehle, nur mit Schusswaffen ausgerüstete Personen aufzuhalten oder gegen diese vorzugehen.
Offenbar – man könnte auch sagen: natürlich – wussten die regimetreuen Kräfte von diesen Befehlen an die Armee und richteten sich entsprechend darauf ein. Es dauerte nun ein paar Tausend Verletzte und rund ein Dutzend Tote, bis die hohen Herren der Generalität der Armee Ägyptens sich herabließen – Oh danke Ihnen, Gott, ohh danke Ihnen – und ihrem nichtsnutzigem Sauhaufen neue Order gab.
Diese lauten nun: keine weiteren Auseinandersetzungen mehr, geht zwischen die Fronten und bewegt Euch auch mal von Eurem Panzer herunten. Ja und weil ihnen das befohlen worden ist, deswegen machen die Soldaten das jetzt auch. Nachdem die zivilen Truppenteile des Regimes trotz ihren Waffen krachend gegen die Demonstranten der Freiheitsbewegung verloren haben, ist dieser Schritt des Militärs nun das deutliche Anzeichen, dass sich Militär der Situation vor Ort nicht mehr entziehen kann. Die Demonstrationen der Freiheitsbewegung werden nun durch das Militär beschützt, nachdem sich die Menschen effektiv selbst beschützt haben.
Das Mubarak-Regime steht mit dem Rücken an der Wand.
14.45 Uhr
Angesichts der offensichtlich unhaltbar gewordenen Stellung der Mubarak-Diktatur über Ägypten vollzieht Israels Regierung eine 180-Grad-Wende: anstatt wie bisher den Diktator Husni Mubarak als Garanten der „Stabilität“ gegen das „Chaos“ zu preisen, tut der rechtsradikale israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nun so, als habe er noch nie etwas gegen ein demokratisches Ägypten gehabt. Der rechtsradikale Verteidigungsminister Ehud Barak redet dagegen Klartext:
„Ja, keine Frage – die Ära Mubarak ist zu Ende..Es ist sehr schwer, vorherzusagen, was kommen wird“
Kommentar: Das ist das sicherste Zeichen überhaupt – der Rücktritt von Husni Mubarak ist keine Frage von Monaten, sondern nur noch eine Frage von Tagen. Wenn die Nomenklatura Ägyptens schlau wäre – was sie nicht ist, sondern gierig, grausam, dekadent und verkommen – wäre der Diktator längst hinten den Kulissen verschwunden, hätte einem neuen Schurken Zeit und dem Volk drei Tage frei gegeben.
So aber ist der Preis der Freiheit für die Mächtigen um Einiges gestiegen. Jetzt müssen sie bezahlen – mit ein paar Zeilen mehr in einer neuen, demokratischen Verfassung Ägyptens, die ein leuchtendes Beispiel für die Entstehung einer neuen Republik durch einen demokratischen Volksaufstand bietet.
15.30 Uhr
Die Dinge entwicklen sich nun sehr schnell: der Generalstaatsanwalt Ägyptens friert die Konten von ex-Ministern und Geschäftsleuten ein. Ex-Innenminister Habib Eladly und vier Geschäftleute dürfen das Land nicht verlassen.
Rede von US-Präsident Barack Obama. Obama erklärt, dass man in der US-Regierung für den Frieden in Ägypten betet und sich wünscht, dass
„ein besserer Tag anbricht über Ägypten und der Welt“
In Kairo geht die Armee weiter gegen die Regimetreuen der Mubarak-Diktator vor und setzt dazu auch Schusswaffen ein.
Die in den entscheidenden Tagen verschwundene „Nationale Koalition für Veränderung / Wechsel / Wandel“ (National Coalition for Change“) ist plötzlich wieder aufgetaucht. Nun heisst es, man verhandele nicht mit dem Regime, solange der Diktator noch im Amt ist.
Kommentar: „Öh, wir können wieder aus, die bösen Männer sind weg“. Man sollte diese Feiglinge von „Oppositionsführer“ ins Flugzeug setzen, Diktator Ben Ali hinterher und Mubarak voraus. Zu verhandeln haben diese Funktionäre der abgetauchten „Oppositionsparteien“ sowieso nichts, jedenfalls nicht im Namen der gesamten Freiheits- und Demokratiebewegung des Ägyptischen Volkes.
Pragmatisch gesehen ist diese (der Situation vor Ort hinterher hinkende) Erklärung ein weiteres Zeichen dafür, dass die Tage, vielleicht die Stunden der Diktatur gezählt sind.
15.50 Uhr
Schüsse, teilweise aus automatischen Waffen, an der Kaser El Nile Brücke westlich vom Tahrir-Platz. Unklar, wer sie abfeuert.
15.55 Uhr
Generalstaatsanwalt: Der Chef der Staatspartei NDP, ex-Tourismusminister, darf ebenfalls das Land nicht verlassen.
Es mehren sich die Anzeichen auf einen laufenden Machtkampf innerhalb des ägyptischen Regimes.
18.00 Uhr
Die Fernsehansprache von Mubaraks Vize-Präsident Omar Suleiman läuft. Er schlägt vor und sagt sinngemäß:
– es werden vor den Neuwahlen Verfassungszusätze (amendments) in die Verfassung aufgenommen. Das wird im Rahmen eines legalen Prozesses 70 Tage erfordern.
– nach den Neuwahlen des Parlamentes und des Präsidenten kann über die gesamte Verfassung verhandelt werden.
– die Präsidentschaftswahlen werden wie geplant im September abgehalten
– es gibt eine Untersuchung der „Vorfälle“ gestern und im Laufe der Nacht. Wir werden diejenigen „identifizieren“, die diese Vorfälle „orchestriert“ haben und bestrafen. Das waren „äußere Gruppen“ mit „äußeren Agendas“, die unsere Jugend gehijackt haben.
Des Weiteren lädt der seit 1993 den berüchtigten Geheimdienst kommandierende Suleiman die Muslimbruderschaft zu Gesprächen ein. (Die Muslimbruderschaft hat das mehrfach abgelehnt, solange der Diktator noch im Amt ist.) Suleiman appelliert wiederholt an die Jugend Ägyptens, deren Anliegen er verspricht einzulösen und umzusetzen. Es fehlt nicht die übliche Bitte doch wieder nach Hause zu gehen.
Analyse: Zuerst einmal ist es wichtig, sich alle Illusionen und Emotionen zu schenken. Hier hat ein Henker geredet, der seit Jahrzehnten jeden freien Gedanken und jede Opposition mit allen Mitteln unterdrückt hat und dazu neben allen denkbaren Methoden auch jede nur denkbare Illusion und Emotion benutzt hat.
Jetzt zu der Einschätzung von Suleimans Vorschlag: es ist ein ernsthaftes Angebot, dass im Falle einer Umsetzung den Ägyptern das Einzige gäbe, was sie wirklich vor einer neuen Diktatur schützt: ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag, eine Verfassung. Eine Verfassung, die in sich stabil aufgebaut ist – d.h. auf nicht verhandelbaren Grundrechten jedes einzelnen Staatsbürgers – und die Kontrolle der Exekutive effektiv kontrolliert.
Warum aber ist dieses Angebot von Spionage-Chef Omar Suleiman ernsthaft? Weil es nicht von Suleiman ist.
Die ersten 10 Amendments der U.S. Constitution, die Verfassungszusätze der Verfassung der Vereinigten Staaten, sind seit 220 Jahren in Kraft und bilden das Fundament des Aufstieges einer verwilderten Kolonie zum derzeit mächtigsten Imperium der Erde. Dass sie überhaupt beschlossen wurden, haben die Amerikaner einer Revolution gegen das damals mächtigste Imperium der Erde zu verdanken – dem Britischem Empire.
Dieser von Suleiman vorgebrachte Vorschlag trägt die Handschrift von Barack Obama, der – das darf man nicht vergessen – Anwalt für Verfassungsrecht ist. Suleiman ist ein Mörder, ein Schlächter, eine Witzfigur ohne jede Bedeutung. Wenn er im Amt bleibt, oder Mubarak nachfolgt, so nur als Zeichen der Führungsmacht USA, der Banken und jeder gottverdammten vor ihrem Volk bibbernden Nomenklatura, dass sich die Ägypter – exemplarisch für: Das Volk- im eigenen Land nicht alles erlauben können.
Barack Obama – exemplarisch für: Die Ausbeuter. Die Unterdrücker. Die Lügner und Stützen einer blutigen, mörderischen, 30 Jahre währenden Diktatur – muss nun, damit sein Vorschlag eine Chance haben soll, eine einfache, simple Rechenaufgabe lösen:
Wieviel tote Ägypter ist der Stolz eines Diktators wert? Einen toten Ägypter? 10 tote Ägypter? Oder 100 tote Ägypter?
Welche Lösung Barack Obama und seine großartigen Denkregimenter nach reiflicher Überlegung auf diese Rechecnaufgabe nun auch immer finden, sie werden feststellen, dass das Volk der Ägypter in jedem Falle seinen Preis bereits bezahlt hat.
Und jetzt raus mit Mubarak. Sonst marschiert morgen das Volk und schmeisst ihn raus.
19.00 Uhr
Ein heute ins Internet gestelltes Video (Aufnahmen vom Freitag, 28. Februar). Es zeigt ein Fahrzeug der ägyptischen Polizei, dass ohne in Bedrängnis zu sein Demonstranten gezielt überrollt.
19.20 Uhr
Das Führungskomitee der WAFD Partei hat sich nun zu den Aktivisten der Freiheitsbewegung auf dem Tahrir-Platz begeben.
Am Dienstag, dem 1.Februar – Tag 8 im Volksaufstand – hatte die Jugendbewegung „6.April“ wesentlich an der Initiierung des „Marsches von Millionen“ mitgewirkt. Über zwei Millionen Menschen waren allein in Kairo auf den Tahrir-Platz in zu einer nie gekannten Versammlung zusammen geströmt. Nun erklärt die Jugendbewegung den morgigen Freitag, Tag 11 im Volksaufstand, zum „Tag der Abreise“ des Diktators.
19.30 Uhr
Die Straßenkämpfe zwischen den pro-demokratischen Demonstranten und den Anhängern des Mubarak-Regimes sind abgeflaut. Der größte Teil der Regimetreuen auf den Straßen ist bereits vor Stunden wie auf Knopfdruck plötzlich verschwunden. Auf Al Jazeera wurde bereits spekuliert, dass sie, ähnlich wie beim Angriff auf den Tahrir-Platz an Tag 9, nun auch beim Rückzug organisiert und auf Kommando agieren.
Kommentar: Das würde zu Suleimans Statement passen, in dem er eine „Identifizierung“ und „Bestrafung“ der eigenen regimetreuen Kräfte ankündigt, die versucht haben den Tahrir-Platz zu erobern. Offensichtlich haben die regimetreuen Kräfte in den Straßen vor der Rede Suleimans ein entsprechendes Kommando bekommen, oder sich frustriert zerstreut.
Angesichts ihrer absehbaren Niederlage sind die regimetreuen Kräfte nun wie erwartet zum Schusswaffengebrauch übergegangen (wir berichteten, Tag 9, 14 Uhr). Scharfschützen des Mubarak-Regimes haben mehreren Berichten zufolge am heutigen Nachmittag einzelne Demonstranten der Freiheitsbewegung gezielt erschossen. Die Zahl der Toten durch Scharfschützen wird bisher mit fünf angegeben.
Auf den Straßen Kairos ist fast permanentes Schussfeuer zu hören.
19.40 Uhr
Das Mubarak-Regime hat sein Vorgehen gegen Journalisten abermals verschärft. Nach einer Twitter-Meldung von Ayman Mohyeldin auf Al Jazeera sind am heutigen Tag 10 des Volksaufstandes rund zwanzig Journalisten verschwunden, durch Regime-Kräfte angegriffen, oder verhaftet worden.
20.00 Uhr
Autor sandmonkey, dessen heutiger Artikel oben übersetzt in Auszügen zu lesen ist, wurde mittlerweile durch die Mubarak-Diktatur verhaftet.
Sein Artikel im Original:
Thursday, 3 Feb 2011
Egypt, right now!
I don‘t know how to start writing this. I have been battling fatigue for not sleeping properly for the past 10 days, moving from one‘s friend house to another friend‘s house, almost never spending a night in my home, facing a very well funded and well organized ruthless regime that views me as nothing but an annoying bug that its time to squash will come. The situation here is bleak to say the least.
It didn‘t start out that way. On Tuesday Jan 25 it all started peacefully, and against all odds, we succeeded to gather hundreds of thousands and get them into Tahrir Square, despite being attacked by Anti-Riot Police who are using sticks, tear gas and rubber bullets against us. We managed to break all of their barricades and situated ourselves in Tahrir. The government responded by shutting down all cell communication in Tahrir square, a move which purpose was understood later when after midnight they went in with all of their might and attacked the protesters and evacuated the Square. The next day we were back at it again, and the day after. Then came Friday and we braved their communication blackout, their thugs, their tear gas and their bullets and we retook the square. We have been fighting to keep it ever since.
That night the government announced a military curfew, which kept getting shorter by the day, until it became from 8 am to 3 pm. People couldn‘t go to work, gas was running out quickly and so were essential goods and money, since the banks were not allowed to operate and people were not able to collect their salary. The internet continued to be blocked, which affected all businesses in Egypt and will cause an economic meltdown the moment they allow the banks to operate again. We were being collectively punished for daring to say that we deserve democracy and rights, and to keep it up, they withdrew the police, and then sent them out dressed as civilians to terrorize our neighborhoods. I was shot at twice that day, one of which with a semi-automatic by a dude in a car that we the people took joy in pummeling. The government announced that all prisons were breached, and that the prisoners somehow managed to get weapons and do nothing but randomly attack people. One day we had organized thugs in uniforms firing at us and the next day they disappeared and were replaced by organized thugs without uniforms firing at us. Somehow the people never made the connection.
Despite it all, we braved it. We believed we are doing what‘s right and were encouraged by all those around us who couldn‘t believe what was happening to their country. What he did galvanized the people, and on Tuesday, despite shutting down all major roads leading into Cairo, we managed to get over 2 million protesters in Cairo alone and 3 million all over Egypt to come out and demand Mubarak‘s departure. Those are people who stood up to the regime‘s ruthlessness and anger and declared that they were free, and were refusing to live in the Mubarak dictatorship for one more day. That night, he showed up on TV, and gave a very emotional speech about how he intends to step down at the end of his term and how he wants to die in Egypt, the country he loved and served. To me, and to everyone else at the protests this wasn‘t nearly enough, for we wanted him gone now. Others started asking that we give him a chance, and that change takes time and other such poppycock. Hell, some people and family members cried when they saw his speech. People felt sorry for him for failing to be our dictator for the rest of his life and inheriting us to his Son. It was an amalgam of Stockholm syndrome coupled with slave mentality in a malevolent combination that we never saw before. And the Regime capitalized on it today.
Today, they brought back the internet, and started having people calling on TV and writing on facebook on how they support Mubarak and his call for stability and peacefull change in 8 months. They hung on to the words of the newly appointed government would never harm the protesters, whom they believe to be good patriotic youth who have a few bad apples amongst them. We started getting calls asking people to stop protesting because „we got what we wanted“ and „we need the country to start working again“. People were complaining that they miss their lives. That they miss going out at night, and ordering Home Delivery. That they need us to stop so they can resume whatever existence they had before all of this. All was forgiven, the past week never happened and it‘s time for Unity under Mubarak‘s rule right now.
To all of those people I say: NEVER! I am sorry that your lives and businesses are disrupted, but this wasn‘t caused by the Protesters. The Protesters aren‘t the ones who shut down the internet that has paralyzed your businesses and banks: The government did. The Protesters weren‘t the ones who initiated the military curfew that limited your movement and allowed goods to disappear off market shelves and gas to disappear: The government did. The Protesters weren‘t the ones who ordered the police to withdraw and claimed the prisons were breached and unleashed thugs that terrorized your neighborhoods: The government did. The same government that you wish to give a second chance to, as if 30 years of dictatorship and utter failure in every sector of government wasn‘t enough for you. The Slaves were ready to forgive their master, and blame his cruelty on those who dared to defy him in order to ensure a better Egypt for all of its citizens and their children. After all, he gave us his word, and it‘s not like he ever broke his promises for reform before or anything.
Then Mubarak made his move and showed them what useful idiots they all were.
You watched on TV as „Pro-Mubarak Protesters“ – thugs who were paid money by NDP members by admission of High NDP officials- started attacking the peaceful unarmed protesters in Tahrir square. They attacked them with sticks, threw stones at them, brought in men riding horses and camels- in what must be the most surreal scene ever shown on TV- and carrying whips to beat up the protesters. And then the Bullets started getting fired and Molotov cocktails started getting thrown at the Anti-Mubarak Protesters as the Army standing idly by, allowing it all to happen and not doing anything about it. Dozens were killed, hundreds injured, and there was no help sent by ambulances. The Police never showed up to stop those attacking because the ones who were captured by the Anti-mubarak people had police ID‘s on them. They were the police and they were there to shoot and kill people and even tried to set the Egyptian Museum on Fire. The Aim was clear: Use the clashes as pretext to ban such demonstrations under pretexts of concern for public safety and order, and to prevent disunity amongst the people of Egypt. But their plans ultimately failed, by those resilient brave souls who wouldn‘t give up the ground they freed of Egypt, no matter how many live bullets or firebombs were hurled at them. They know, like we all do, that this regime no longer cares to put on a moderate mask. That they have shown their true nature. That Mubarak will never step down, and that he would rather burn Egypt to the ground than even contemplate that possibility.
In the meantime, State-owned and affiliated TV channels were showing coverage of Peaceful Mubarak Protests all over Egypt and showing recorded footage of Tahrir Square protest from the night before and claiming it‘s the situation there at the moment. Hundreds of calls by public figures and actors started calling the channels saying that they are with Mubarak, and that he is our Father and we should support him on the road to democracy. A veiled girl with a blurred face went on Mehwer TV claiming to have received funding by Americans to go to the US and took courses on how to bring down the Egyptian government through protests which were taught by Jews. She claimed that AlJazeera is lying, and that the only people in Tahrir square now were Muslim Brotherhood and Hamas. State TV started issuing statements on how the people arrested Israelis all over Cairo engaged in creating mayhem and causing chaos. For those of you who are counting this is an American-Israeli-Qatari-Muslim Brotherhood-Iranian-Hamas conspiracy. Imagine that. And MANY PEOPLE BOUGHT IT. I recall telling a friend of mine that the only good thing about what happened today was that it made clear to us who were the idiots amongst our friends. Now we know.
Now, just in case this isn‘t clear: This protest is not one made or sustained by the Muslim Brotherhood, it‘s one that had people from all social classes and religious background in Egypt. The Muslim Brotherhood only showed up on Tuesday, and even then they were not the majority of people there by a long shot. We tolerated them there since we won‘t say no to fellow Egyptians who wanted to stand with us, but neither the Muslims Brotherhood not any of the Opposition leaders have the ability to turn out one tenth of the numbers of Protesters that were in Tahrir on Tuesday. This is a revolution without leaders. Three Million individuals choosing hope instead of fear and braving death on hourly basis to keep their dream of freedom alive. Imagine that.
The End is near. I have no illusions about this regime or its leader, and how he will pluck us and hunt us down one by one till we are over and done with and 8 months from now will pay people to stage fake protests urging him not to leave power, and he will stay „because he has to acquiesce to the voice of the people“. This is a losing battle and they have all the weapons, but we will continue fighting until we can‘t. I am heading to Tahrir right now with supplies for the hundreds injured, knowing that today the attacks will intensify, because they can‘t allow us to stay there come Friday, which is supposed to be the game changer. We are bringing everybody out, and we will refuse to be anything else than peaceful. If you are in Egypt, I am calling on all of you to head down to Tahrir today and Friday. It is imperative to show them that the battle for the soul of Egypt isn‘t over and done with. I am calling you to bring your friends, to bring medical supplies, to go and see what Mubarak‘s gurantees look like in real life. Egypt needs you. Be Heroes.
20.30 Uhr
Der Sprecher des US-Außenministeriums ringt sich zur Aussage durch, dass die laufenden Angriffe auf Journalisten in Ägypten wohl eine „organisierte Sache“ seien. Man wisse aber nicht, wer diese Angriffe steuere. Eine Stunde zuvor hatte es aus „anonymen“ Quellen der US-Regierung noch gehießen, man vermute das Innenministerium dahinter.
Kurz nach dem diplomatischen Wink mit dem Zaunpfahl lässt das ägyptische Innenministerium die beiden „Washington Post“-Reporter Leila Fadel and Linda Davidson frei, die es vorher verhaftet hatte.
20.50 Uhr
„ABC News“ veröffentlicht einen jetzt schon legendären Artikel. Reporterin Christiane Amanpour schildert, wie sie eine 30-Minuten-Audienz bei Diktator Husni Mubarak bekommen hat. Sie zitiert, neben viel Schmu und Tand, folgende Zitate von Mubarak:
„Ich war sehr unglücklich über gestern. Ich will keine Ägypter sehen, die sich gegenseitig bekämpfen.“
Kommentar: Welche Ägypter will er überhaupt noch sehen? Und welche ihn?
„Es ist mir egal was die Leute über mich sagen. Jetz und hier kümmere ich mich um mein Land, ich kümmere mich um Ägypten.“
Ob da ein 82-jähriger gelifteter Mann vielleicht zwei Satzhälften falsch zusammengepackt hat?
„(zu Barack Obama:) Du verstehst nicht die ägyptische Kultur und was passieren würde wenn ich zurücktrete.“
Will er eine Pyradmide? Was will der, um Himmels Willen?
„Ich hatte nie die Absicht wieder anzutreten. Ich hatte nie die Absicht dass Gamal nach mir Präsident wird.“
Aha.
Hier das Telefon-Interview mit Christiane Amanpour mit dem Titel
„Wie ich mich jemandem 30 Minuten geredet habe, der gerne als Diktator zurücktreten würde, aber das Chaos fürchtet was er bereits angerichtet hat um es zu bleiben.“
21.45 Uhr
In Washington beginnt eine Rede von Hillary Clinton. Die US-Aussenministerin kritisiert Übergriffe auf Journalisten und die Verletzung der Pressefreiheit. Sie erwähnt explizit die ägyptische Armee und appelliert an deren Verantwortung. Clinton antwortet auf das Statement Suleimans: Vertreter der politischen Opposition, der zivilen Gesellschaft und sozialer Fraktionen müssten in einer Übergangsregierung vertreten sein. Husni Mubarak erwähnt sie nicht.
Seit einiger Zeit kommentiert auf Al Jazeera endlich ein erfreulich kompetenter Analyst die Situation in Ägypten: Omar Ashour vom „Institut für Arabische und Islamische Studien“ der britischen Exeter Universität. Er beschreibt das einmalige Patt der Machtstrukturen in Ägypten: der Diktator habe Angst die Macht zu verlieren und versuche mit Hilfstruppen diese mit Gewalt auf der Straße wieder zurück zuerobern. In der Armee wiederum hätten die unteren und mittleren Ränge der Soldaten große Sympathien mit dem Volk, aber Angst vor den oberen Rängen, die auf Seiten des Diktators stünden. Diese hätten wiederum Angst die Kontrolle über ihre Armee zu verlieren, wenn sie dieser befehlen auf die Freiheitsbewegung zu schießen. Jeder in Ägyptens Machtapparat hätte Angst vor jedem anderen.
Analyse: In der Tat ist nur so diese bizarre Tatenlosigkeit der Soldaten vor Ort zu zu erklären. Diese hatten schlicht den Befehl nicht einzugreifen, da die Generäle ihnen weder befehlen konnten auf das Volk zu schiessen, noch gegen die Hilfstruppen des eigenen Diktators vorzugehen. Hinzu kommt, wie beschrieben, die Taktik Mubaraks und Suleimans, die Armee – also die Soldaten vor Ort – auf Biegen und Brechen zum Eingreifen zu bewegen und das Militär in die Krise direkt zu verwickeln, um die Situation eskalieren zu lassen. Dass in der Konfrontation auf der Straße die Pro-Demokratie-Aktivisten siegreich sein würden, damit hatten offensichtlich weder Mubarak, noch Suleiman, noch die Generäle und auch nicht Washington gerechnet, das lieber Dutzende, Hunderte Tote in Kauf nimmt als den Diktator zum Rücktritt aufzufordern.
Wenn man nun der Obama-Clinton-Administration das denkbar Beste unterstellt – ein gewagtes Unterfangen – dann will man in der US-Hauptstadt die Entstehung einer „Dolchstoßlegende“, den Eindruck einer ausländischen Intervention vermeiden. Denkt man jetzt ausnahmsweise einmal 24 Stunden voraus – die Regierung der Vereinigten Staaten kann oder will das nicht – dann muss man wissen, was das Resultat dieser Tatenlosigkeit von ägyptischem Militär und US-Diplomatie ist: ein Sturm auf den Präsidentenpalat Mubaraks, von Millionen von Menschen, die nur unter Schusswaffengebrauch aufzuhalten sein werden, etwa durch die Sondereinheiten und Agenten Suleimans oder die vom regulären Militär getrennte Präsidentengarde. Das wiederum wird unweigerlich Teile des Militärs auf den Plan rufen, die dem Massaker am Volk nicht einfach zusehen werden.
Jeder kennt die Lösung aus dieser fatalen Situation. Aber alle hochehrenwerten „Entscheider“ sind zu feige zu handeln und nehmen lieber ein Blutbad an den Ägyptern in Kauf als den einzig logischen Schritt zu tun: Mubarak rauszuwerfen. Verzeihung – zum würdevollen, ehrenwerten, legalen, verfassungsgemäßem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen zu bewegen.
22.30 Uhr
Wie Al Jazeera in seinem Ticker meldet, sind die drei festgenommenen Journalisten des arabischen Senders vom Regime wieder freigelassen worden. Vorher waren zwei weitere Al Jazeera Reporter von Mubarak-Unterstützern angegriffen worden.
23.30 Uhr
In Kairo ist eine merkwürdige Ruhe eingekehrt. Die Mubarak-Unterstützer sind von den Straßen verschwunden.
Es liegt etwas in der Luft.