Eine Stadt mit Herz für Bäume
Verden an der Aller ist eine Stadt mit ca. 30000 Einwohnern bei Bremen in Niedersachsen. Entgegen dem zu beobachtenden landläufigen Trend in fast allen Kommunen in Deutschland, sich dem vorhandenen kostbaren alten Baumbestand durch Köpfen und Verstümmeln der Seitenäste und ausladenden Kronen wegen Bauvorhaben oder der Verkehrssicherheit zu entledigen, hat die Stadt Verden ein Förderprogramm für ortsbildprägende Bäume gestartet.
In der Förderrichtlinie heisst es, dass alte und grosse Bäume das Stadtbild prägten und als Frischluftfabrik das Ortsklima verbesserten.
Private Grundstücksbesitzer können zur Unterhaltung grosser Eichen, Buchen, Ulmen oder Linden und anderer Bäume auf ihren Privatgrundstücken bis zu 75 Prozent der Kosten von der Stadt bezuschussen lassen, berichtete Radio Bremen am 2.Februar 2011. Mit den Zuschüssen versucht die Stadt den alten Baumbestand zu erhalten, indem sie die fachgerechte Pflege unterstützt.
Baumpflege durch eine sachkundige Firma durchführen zu lassen ist nicht billig. Oft lassen private Grundstücksbesitzer aus Angst vor Schadensersatzforderungen bei Schäden durch herabstürzende Äste von Nachbarn oder dem Ordnungsamt lieber den Baum fällen, um ein für alle Mal Ruhe zu haben.
Ein starker Nebeneffekt der baumerhaltenden Kostenbeteiligung der Stadt ist die Sensibilisierung und Aufklärung der Bürger über den Wert der Bäume.
Ein alter Baum hat viele Vorteile. Er sorgt für ein angenehmes Mikroklima, das in heissen Tagen für kühlere Temperaturen bis um einige Grad Celsius sorgt. In seinem Schatten wird man gern unter einer Bank im Sommer verweilen. Seine Krone bremst den ungehinderten Wind, viele Städter können ein Lied von zugigen Strassen singen.
Durch den Stoffwechsel wird der lebensnotwendige Sauerstoff produziert, der Wasserhaushalt der Umgebung einschliesslich des Erdreiches reguliert und die im Herbst herabfallenden Blätter schützen den Boden im Winter mit einer „mulchenden“ Decke, die kleinen Käfern und anderen Tieren Schutz vor strenger Kälte und Austrocknung bieten und die sich in den folgenden Monaten idealerweise zu Humus verwandeln. Der Gärtner spart sich so die Kosten für den Kauf von Gartenerde in Plastiksäcken aus industrieller Fertigung im Garten-Center.
Unzähligen Tieren bieten alte Bäume Lebensraum – angefangen von Mikroben bis zu Vögeln, bei ganz betagten Veteranen bieten die Baumhöhlen selten gewordenen Arten Quartier. Ausser dem Wohnraum sorgen die Blüten, Samen und Früchte für Nahrung der darauf spezialisierten Tierwelt wie Insekten, Vögel und Säugetiere, die sich von Bucheckern, Kastanien und Eicheln ernähren.
Nicht zu vergessen ist die beruhigende Wirkung auf die Psyche des Menschen, auch wenn das von vielen Menschen in der modernen Welt aus Stahl und Glas nur noch unterbewusst wahrgenommen wird. Kinder haben noch diesen angeborenen Sinn und lieben in der Regel alte Bäume. Vielen macht es auch noch Spass, auf den dicken Ästen in die Höhe zu klettern. Die Krönung ist natürlich ein Baumhaus im Wipfel.
Bäume gehören zu einer organischen gesunden Gemeinde mit ihrem Wachsen und Leben genau wie die in ihr wohnenden Bürger. Es ist eine Frage der Einstellung zur Natur und der Achtung. Ohne Bäume würde es in absehbarer Zeit unsere Zivilisation nicht mehr geben, die schon jetzt ihre Lebensgrundlage mit der Rodung der Regenwälder und dem Anlegen von riesigen Feldern mit Monokulturen beginnt, „abzugraben“.
Mit Romantik á la Spitzweg hat der Schutz der Bäume in Städten und Dörfern nichts zu tun, wie oft über Baumfreunde gespottet wird, aber ohne Zweifel sind diese lauschigen Plätze von einer Anziehungskraft, der sich kaum einer entziehen kann, sofern es sie überhaupt noch gibt (Abbildung: Wikipedia)
Die Initiative der Stadt Verden (deren Name passenderweisse rein zufällig in romanischen Sprachen „grün“ bedeutet) zur Erhöhung der Lebensqualität hat das Potential, zu einem Umdenken in dem frevelhaften Umgang grosser Bäume anderer Stadtverwaltungen beizutragen und das Beispiel Verden sollte überall „Baum“-Schule machen.
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Quelle: http://www.radiobremen.de/nachrichten/land_und_leute/laleverdenbaeume100.html