Greenpeace-Aktivisten protestieren auf AKW Neckarwestheim

Atomaufsicht verschleppt erforderliche Nachrüstungen und gefährdet Bevölkerung

Greenpeace-Kletterer entrollen in diesen Minuten am Kühlturm des AKW-Neckarwestheim ein 500 Quadratmeter großes Transparent mit der Aufschrift

„Atomkraft schadet dem Ländle“.

Die Aktivisten protestieren damit gegen die mangelhafte Atomaufsicht in Baden-Württemberg. Der Reaktor Neckarwestheim 1 hat im Januar eine Laufzeitverlängerung von acht Jahren erhalten, ohne dass dringend notwendige Sicherheitsnachrüstungen vorgenommen wurden, die der Betreiber beantragt hatte. Die unabhängige Umweltorganisation Greenpeace fordert die sofortige Abschaltung des AKW.

„Neckarwestheim 1 ist unsicher und veraltet. Über Jahre wurden notwendige Sicherheitsnachrüstungen von Umweltministerin Tanja Gönner verschleppt und entsprechende Anträge verheimlicht“,

sagt Tobias Riedl, Atomexperte von Greenpeace.

„Man hat den Eindruck, dass die Kehrwoche in Baden-Württemberg schärfer kontrolliert wird, als die Sicherheit von Atomkraftwerken. Die Ministerin muss den Menschen endlich die Wahrheit über den Zustand des Meilers sagen.“

In der vergangenen Woche hatte Greenpeace ein Schreiben von EnBW an das Landesumweltministerium Baden-Württemberg veröffentlicht. In diesem Dokument stellt der Betreiber des Reaktors schon 2007 einen Antrag auf Sofortvollzug verschiedener Sicherheitsnachrüstungen für Neckarwestheim 1, da diese Maßnahmen „im öffentlichen Interesse“ und „zwingend erforderlich“ seien. Der Antrag liegt Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) seit 41 Monaten vor, ohne dass die Maßnahmen umgesetzt wurden.

Widersprüchliche Reaktionen aus dem Umweltministerium

Umweltministerin Gönner bestätigte am 16. Februar, dass es Sicherheitsmängel in Neckarwestheim1 gibt. Deshalb forderte sie vom Betreiber ultimativ eine Nachrüstliste. Gleichzeitig bleibt völlig unklar, wieso Gönner den ihr seit Jahren vorliegenden EnBW-Nachrüstantrag verschleppt.

„Bei Gönners Atomaufsicht scheint etwas faul zu sein. Sie muss die Widersprüche sofort Aufklären und die ihr offensichtlich vorliegende Mängelliste des Reaktors veröffentlichen“,

sagt Riedl.

Beim Rückkauf der EnBW-Anteile durch das Land hat sich Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) in eine Zwickmühle gebracht:

Ohne Gewinne aus dem abgeschriebenen Meiler Neckarwestheim wackelt die Finanzierungsstrategie, mit der EnBW-Dividende die Zinsen für zwei Milliardenanleihen zu decken. Teure Sicherungsmaßnahmen oder die Stilllegung des Reaktors würden die Dividende schmälern.

„Frau Gönner scheint unter dem Druck zu stehen, die Kosten in Neckarwestheim zu minimieren. Aber die Sicherheit der Bürger darf nicht Opfer des Dividendendrucks werden“,

so Riedl.

Block 1 des Atomkraftwerks Neckarwestheim ist der erste Reaktor, der die verlängerten Laufzeiten nutzt. Im Januar hatte er die im rot-grünen Ausstiegsvertrag vereinbarten Reststrommengen aufgebraucht. Der Meiler ist der zweitälteste Deutschlands und besonders unsicher, da er bauartbedingt erhebliche Sicherheitsmängel aufweist. So ist er beispielsweise wegen seiner nur wenige Zentimeter dünnen Reaktorhülle nicht ausreichend gegen einen Flugzeugabsturz geschützt.

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