Atomstrom ist überflüssig
IPPNW regt „Nationales Aktionsprogramm Dezentrale Energiewende“ an
Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW weist darauf hin, dass der Strom aus den 17 deutschen Atomkraftwerken für die Deckung des Strombedarfs in Deutschland nicht benötigt wird. Die Atomkritiker fordern vor diesem Hintergrund, aus Sicherheitsgründen den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie zu vollziehen.
Der maximale Stromverbrauch in Deutschland liegt bei etwa 80 Gigawatt, meist liegt er deutlich darunter. Vorhandene konventionelle Kraftwerke haben eine Kapazität von gut 70 Gigawatt, Wasserkraftwerke steuern mehr als 10 Gigawatt bei. Allein die konventionellen Kraftwerke in Verbindung mit Wasserkraftwerken können also selbst zu Spitzenlastzeiten Deutschlands Strombedarf vollständig decken. Kein Licht geht nach dem endgültigen Herunterfahren der 17 deutschen Atommeiler aus. Sie sind schlichtweg überflüssig.
Der maximale Strombedarf besteht werktags zur Mittagszeit, günstiger weise also dann, wenn die Solarstromanlagen auf Deutschlands Gebäudedächern besonders viel Strom produzieren. Vor zwei Tagen, am 15. März, speisten die bisher installierten Photovoltaikanlagen Deutschlands mittags rund 8 Gigawatt ins Stromnetz ein. Hinzu kam an diesem Tag Windstrom mit bis zu 10 Gigawatt sowie Strom aus Biogas-Anlagen. In den vergangenen Wochen lieferte die Windenergie teilweise 15 bis 22 GW Strom.
Der konventionelle Kraftwerkspark müsste also selbst nach Stilllegung aller deutschen Atomkraftwerke nur teilweise beansprucht werden. Und wenn die Politik den Ausbau der erneuerbaren Energien „in Bürgerhand“ in Verbindung mit dezentralen Stromspeichern jetzt systematisch fördert und beschleunigt, dann wird sehr zügig ein konventionelles Kraftwerk nach dem anderen ersetzt.
Die IPPNW fordert die Politiker aller Parteien auf, in der aktuellen Lage keine weiteren energiepolitischen Fehlentscheidungen zu treffen. Hierzu zählt der erneut angekündigte Ausbau neuer Strom-Verbundtrassen, der mit den erneuerbaren Energien begründet wird, tatsächlich aber allein der Absicherung der Marktmacht der großen Energiekonzerne dienen soll. Nach Auffassung der IPPNW ist es auch erforderlich, sich von der einseitigen Fokussierung auf Offshore-Windparks sowie vom Heilsversprechen einer Wüstenstromproduktion zu verabschieden.
Anstelle von erneuten Geheim-Deals mit den großen Energiekonzernen fordert die IPPNW ein „Nationales Sofortprogramm Dezentrale Energiewende“, um neben den Atomkraftwerken auch die Stromproduktion aus konventionellen Großkraftwerken zeitnah überflüssig zu machen.
Hierzu sollten u.a. die folgenden sieben Sofortmaßnahmen ergriffen bzw. geprüft werden:
1. Aufhebung der politisch motivierten Genehmigungsblockaden bei der Windenergie. Errichtung von Windenergieanlagen in der Nähe der Stromverbraucher, um überflüssigen Stromleitungsbau zu vermeiden.
2. Vernünftige Anpassung der Einspeisevergütung für die Photovoltaik zur Beschleunigung ihres Ausbaus, nicht zuletzt auch um teuren konventionellen Spitzenlaststrom in den Mittagsstunden zu verdrängen. An der vorrangigen Einspeisung von dezentralem Solar- und Windstrom darf nicht, wie von der Bundesregierung geplant, gerüttelt werden.
3. Gesetzliche Anreize zum massiven Ausbau dezentraler Strom- und Wärmespeicher bei den Endverbrauchern, um die Grundlastfähigkeit der Erneuerbaren Energien zügig zu erhöhen.
4. Gesetzliche Aufhebung der Konzessionsverträge zwischen Kommunen und Energiekonzernen, um Kommunen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, mit Hilfe einer 100%igen kommunalen erneuerbaren Energieversorgung nicht zuletzt auch die Kommunalfinanzen zu sanieren.
5. Auf regionaler bzw. kommunaler Ebene die Verabschiedung von 100%-Konzepten für erneuerbare Energien.
6. Schrittweise Aufhebung der Möglichkeit, zu Lasten der Haushaltskunden großen Industriebetrieben den Strom zu Dumpingpreisen zu liefern, um endlich die gewaltigen Stromsparpotentiale in der Wirtschaft zu erschließen.
7. Kampagnen in den Massenmedien mit dem Ziel, durch schnell greifende Energiesparmaßnahmen in den Haushalten weitere Großkraftwerke wegzusparen.
Kontakt: Henrik Paulitz (Atomenergieexperte), Tel. 0032-485-866 129
Angelika Wilmen (Pressesprecherin), Tel. 0162-205 79 43
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Email: ippnw[at]ippnw.de
17.3.2011
Quelle: http://www.ippnw.de/startseite/artikel/08bae8e6b0/atomstrom-ist-ueberfluessig.html