Die Niederschlagung des Parteiverfahrens gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator und späteren Bundesbanker Thilo Sarrazin (SPD) hat für die Parteileitung offensichtlich noch ein Nachspiel. U.a. die Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Dilek Kolat, ist not amused. Die Dipl.-Wirtschaftsmathematikerin, die bei den Berliner Landtagswahlen in 2001 und 2006 jeweils das beste Erststimmen-Ergebnis für die SPD einfuhr, zeigte sich über die Niederschlagung des Ausschlussverfahrens gegen Sarrazin „schockiert“ und verlangte von der direkt beteiligten Generalsekretärin der Bundespartei, Andrea Nahles, eine „nachvollziehbare Erklärung“ über die Affäre.
Vor vier Tagen war durch Sarrazins SPD-Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf kurz vor der Osterpause überraschend bekannt gegeben worden, dass nach einer schriftlichen Erklärung Sarrazins alle vier vorliegenden Anträge auf Parteiausschluss gleichzeitig zurückgezogen worden waren. Das Schiedsgericht des Kreisverbandes habe daraufhin das Verfahren gegen Sarrazin eingestellt, so die Erklärung. Begründet wurde dies durch die Leitung der Bundespartei mit der „Dringlichkeit“ bezüglich der Berliner Landtagswahl im September 2011.
Die Anträge gegen Sarrazin hatten bereits seit dem September 2010 vorgelegen und waren durch das Schiedsgericht der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf ein halbes Jahr lang faktisch nicht bearbeitet worden. (24.April, Reich und Reaktionär: Die Affäre der Sarrazin-Partei SPD und die Berliner Landtagswahl am 18.September)
Nun muss sich am morgigen Dienstag (26. April) der Landesvorstand der SPD Berlin in einer Sondersitzung mit der Affäre befassen.