Lassen Sie uns ein wenig von den Medien und ihrem neuen Modewort, die “Verschwörungstheorie“, sprechen. Ein Kampfbegriff, wie wir finden, der nicht hält, was er mithin zu versprechen scheint.
Mit einem Reim zum Einstieg:
Was mir aufgefallen ist in den letzten fünfzehn Jahren,
sei vorsichtig bei dem, was dir die Medien sagen.
Und da sind wir schon mittendrin im Dilemma. Denn das meiste, das wir wissen, wissen wir aus den Medien. Ihnen entnehmen wir die Informationen, die unser Weltbild maßgeblich prägen. Sie bilden damit zugleich, um ein altes Wort von Hans-Magnus Enzensberger zu bemühen: eine ganze “Bewusstseinsindustrie“i, die mit uns, den Rezipienten, manchen “Schabernack“ anzustellen in der Lage ist. So heißt es in einer Studie zur psychologischen Kriegsführung aus den 1950er Jahren, die den “Schabernack“ verbalisiert:
“If you give a man the correct information for seven years, he may believe the incorrect information on the first day of the eighth year when it is necessary, from your point of view, that he should do so. Your first job is to build the credibility and the authenticity of your propaganda, and persuade the enemy to trust you although you are his enemy.”ii
Da stellt sich womöglich die Frage, so das Obige möglich ist und zutrifft: dienen die Medien wirklich dem Interesse der Allgemeinheit, wenn es hart auf hart kommt?
Propaganda
Die Verbreitung purer Propaganda gedeiht umso leichter und erfolgreicher, je mehr sich die Dinge, die man zu lesen, zu sehen und zu hören erhält, in immerzu weniger Händen ballen. Wir meinen zwar vielleicht, objektive Informationen zu beziehen; wenn sich jedoch beispielsweise die Medienmacht in den Vereinigten Staaten im Wesentlichen auf sechs Konzerne aufteilt, die keine Nachrichtenorganisationen, sondern Aktiengesellschaften sind (z. B. General Electric), die den US-Amerikanern fast alles geben, was sie an Informationen “verabreicht“ bekommen, wie objektiv und vielfältig kann da noch die Information sein?iii
Ferner muss bedacht werden, was die ehemalige Mitarbeiterin des FBI Sibel Edmonds vor kurzem bezüglich der Geschichte um den angeblichen Tod von Osama bin Laden in einem Text, der im Original unter der Überschrift “Boiling Frogs Exclusive: Intelligence & Law Enforcement Experts on Ever-Changing Bin Laden Death Script“ auf ihrer Website “Boiling Frogs“ erschien, schrieb:
“Es gibt ‘Experten-Ansichten’, und dann gibt es die Ansichten von Experten. Es gibt ‘Regierungskreisquellen’, und dann gibt es Quellen aus Regierungskreisen. Nicht alle Experten sind gleich. Und nicht alle Quellen sind zuverlässig. … Wir haben Mitglieder der populären Medien (gleichermaßen die des Mainstream wie der quasi Alternativen), die immerzu bestrebt sind, der Verschwörung und Propaganda der Regierung den Markt zu bereiten und sie zu verbreiten. Sie, die Mitglieder der populären Medien, haben ihre eigene Rotationskartei von ‘Experten’ und Analysten, einige davon auf ihrer Lohnliste, die ihnen helfen, die Belieferung und Ausführung der von der Regierung gegeben Propaganda-Verschwörung zu propagieren. Das gleiche Prinzip gilt für ‘Quellen’. Die populären Medien stützen sich auf ihre Regierungskreisquellen, die als vermittelnde Regierungsboten fungieren, denen ein von der Regierung geschriebenes und genehmigtes Skript zur Belieferung gegeben wurde, und das fast immer anonym. Nun, das ist genau das, was wir von unseren Medien rund um die Uhr bekommen, seit der Verkündigung der Bin-Laden-Todes-Operation: ständig wechselnde Regierungs-Skripte, die vor allem durch anonyme Regierungskreisquellen an die US-Medien geliefert werden, um dann immer weiter von den mit der Regierung verknüpften Experten und Analysten, die sich auf der Gehaltsliste befinden, ausgestaltet und erweitert zu werden.
Auf der anderen Seite gibt es viele unabhängige, wirkliche Experten, deren Analysen und Ansichten Sie niemals oder nur selten zu hören oder lesen bekommen, zumindest nicht in den Mainstream-Medien oder den quasi alternativen Webseiten. Und es gibt aktuelle und ehemalige Regierungsquellen, die nicht mit Botschafteraufgaben betraut sind, von denen viele nicht die ‘kalkulierte’ Notwendigkeit sehen, ‘anonym’ zu bleiben. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie die Aussagen, Analysen oder Ansichten dieser Experten und Quellen nicht lesen oder hören werden, wenn es um von der Regierung geschriebene Geschichten und ihre Medien-Kumpels geht.“iv
In diesen Bereich in den USA gehört ebenso das Phänomen eines engen Verhältnisses zwischen den Medien und solcher Organisationen, die zum Einen Informationen sammeln und zum Anderen streuen, wie dem CIA und Pentagon. Zum Beispiel gab es eine Initiative des Office of Special Projects vom CIA, die sich “Operation Mocking Bird” nannte. Mit ihr wurde die Beeinflussung sowohl US-amerikanischer als auch ausländischer Medien angestrebt. Hierzu schrieb der investigative Journalist Carl Bernstein (yep, Watergate…) im Jahr 1977:
“The CIA’s use of the American news media has been much more extensive than Agency officials have acknowledged publicly or in closed sessions with members of Congress. … “[M]ore than 400 American journalists who [had] secretly carried out assignments for the Central Intelligence Agency, according to documents on file at CIA headquarters. [1950-1977] Some of these journalists’ relationships with the Agency were tacit; some were explicit. … Reporters shared their notebooks with the CIA. Editors shared their staffs. Some of the journalists were Pulitzer Prize winners,… Most were less exalted: foreign correspondents who found that their association with the Agency helped their work. …
Among the executives who lent their cooperation to the Agency were Williarn Paley of the Columbia Broadcasting System, Henry Luce of Tirne Inc., Arthur Hays Sulzberger of the New York Times, Barry Bingham Sr. of the LouisviIle Courier Journal, and James Copley of the Copley News Service. Other organizations which cooperated with the CIA include the American Broadcasting Company, the National Broadcasting Company, the Associated Press, United Press International, Reuters, Hearst Newspapers, Scripps Howard, Newsweek magazine, the Mutual Broadcasting System, the Miami Herald and the old Saturday Evening Post and New York Herald Tribune.“v
Ein anderes Beispiel für die massive Beeinflussung der öffentlichen Meinung ist das Office of Strategic Influence (OSI), das kurz nach den Terror-Anschlägen vom 11. Sepember 2011 vom Pentagon geschaffen wurde. Dazu können wir in dem Buch “Crossing the Rubicon“, einem Werk von Michael C. Ruppert zum “Verschwörungstheorie“-Nexus “9-11/Peak Oil/Finanzkrise“, lesen:
“In February 2002 it was disclosed that immediately after the 9/11 attacks the Bush administration had activated the Office of Strategic Influence (OSI) in the Pentagon. The OSI’s … purpose is to use major media and government subsidized press organizations to lie to and mislead people around the world (and at home) about US plans and the activities as well as the motivations and beliefs of its enemies. The Pentagon called this a program of ‘information deception.’ There was some protest from the media, who were offended at being so publicly exposed in this newly shocking version of what they were already doing. But the general public reacted with genuine outrage, until on February 26 Secretary of Defense Donald Rumsfeld announced that he was disbanding the unit. But the deception did not end here.
On November 18, Rumsfeld told a press briefing that he had given up the name OSI but that he was still seeing to it that the erstwhile office’s mission was being fulfilled. He said, ‘And then there was the Office of Strategic Influence…You may recall that. And ‘oh my goodness gracious isn’t that terrible, Henny Penny the sky is going to fall.’ I went down that next day and said fine, if you want to savage this thing, fine, I’ll give you the corpse. There’s the name. You can have the name, but I’m gonna keep doing every single thing that needs to be done and I have.’ By December 19 the New York Times and the Salt Lake Tribune were reporting that the office’s mission was still being carried out. By that time the outrage had subsided.”vi
Polypol vs Oligopol
Nun kann man sich freilich streiten, welche Aufgabe die Presse, insbesondere die vermeintlich „freie“, per se zu erfüllen hat. Wir lassen idealtypische Erwägungen beiseite und verlagern uns aufs real-existierende ökonomische Feld, um die Auswirkungen auf den Inhalt abzuschätzen. Wie ich in dem Essay “Der Wahnsinn, der Methode hat“ darlegte, führt die stetige Konzentration von Reichtum von unten nach oben in immer weniger werdende Hände unter anderem dazu, dass es zu einem – ich zitiere:
“…Verflachen der politischen Meinungsvielfalt in den U.S.A. kommt, insofern es dort, mehr als irgendwo sonst in der westlichen Welt, sowohl im TV- als auch im Zeitungs- und Radio-Medienbereich in den letzten 30 Jahren zu buchstäblich kaum übersehenden/-hörenden ‘massiven Konzentrationprozessen’ gekommen ist: ‘Aus einem klassischen Polypol’, so erklärt der deutsche Ökonom Folker Hellmeyer, ‘dem Kennzeichen eines perfekten Marktes, wurden in der Tendenz Oligopole.’
Lassen wir uns die Dinge ein wenig genauer erklären und nehmen zur Kenntnis:
‘Ein Polypol ist das Gegenteil eines Monopols. Viele Marktteilnehmer mit vielen unterschiedlichen, also heterogenen Interessen kennzeichnen das Polypol. Damit ist das Medienpolypol beispielsweise auch Ausdruck der vielschichtigen Zusammensetzung einer Bevölkerung und ihrer gesellschaftspolitischen Unterteilung mit allen ihren positiven Seiten, aber auch Problemen. Alle Facetten und Interpretationen von Informationen und Nachrichten sind vertreten. Investigativer Journalismus, beispielsweise nach dem Vorbild der Watergate-Affäre, bis hin zum oberflächlichen Sensationsjournalismus sind Kennzeichen eines solchen Polypols.
Durch Konzentrationbestrebungen im Mediensektor kann die Meinungsvielfalt und damit die Meinungsfreiheit Schaden nehmen. Das gilt insbesondere dann, wenn Medienzaren sich einer bestimmten politischen Grundausrichtung verschreiben.
Kriegsberichterstattung sieht dann nicht mehr wie im Vietnamkrieg aus. Seinerzeit fanden die hässlichen und inhumanen Seiten des Krieges in den Medien ein angemessenes Echo. Heute wird Kriegsberichterstattung ‘eingebettet’. Ich verweise auf die Darstellung des Irakfeldzugs durch Fox-News und andere vom Pentagon eingebettete Medienunternehmen. Aber auch im Rahmen der Zweitverwertung durch andere Sender wurden diese Bilder der Weltöffentlichkeit präsentiert. Damit sollte das Image eines sauberen Kriegs mit bestenfalls marginalen Kolleteralschäden in die Öffentlichkeit getragen werden.’
Hellmeyer bezeichnet die Performance des US-amerikanischen Mainstream-Journalismus im Irakkrieg als ‘freiwillige Zensur oder Betäubung, um dem Anspruch der US-Politik gerecht zu werden. ’Embedded Journalism’, also eingebetteter Journalismus, ist nichts anderes als billige Propaganda, die das Ziel hat, eine sachliche und angemessene Diskussion auf breiter Ebene zu verhindern.’
Hierzu gehört freilich auch die Diskussion vor dem Waffengang – und als Mundrohr der US-Regierungspropaganda betätigte sich nicht nur Fox-News, sondern auch eine völlig unkritische New York Times. Die zugrunde liegende Gemeinsamkeit von Fox-News/Newscorp und der New York Times Company? Es sind börsennotierte Unternehmen. Das hat Folgen, denn was, wenn die Wahrheit den Geschäftsinteressen schadet? Den eigenen, wie überhaupt dem übergeordneten Geschäftsklima, mit denen sie zusammenhängen? Geht das Wohlergehen partikularer Interessen vor dem Wohlergehen aller? Und steht die Wahrheit nicht aufgrund einer solchen Konstellation von vornherein immerzu zur Disposition – einerlei ob nun vor, während oder nach einem Krieg.“vii
Erwähnenswert ist diesbezüglich, dass Ansichten, wonach es beim Irak-Krieg vornehmlich um das Erobern von Öl ging, seinerzeit expressis verbis ins Reich der “Verschwörungstheorie“ verwiesen wurden. Die Realität gibt den “Verschwörungstheoretikern“ allerdings recht, wie unlängst der ehemalige CIA-Analyst Ray McGovern in einem Artikel unter der Überschrift “News Flash: Iraq War Was About Oil“ überzeugend darlegte – siehe hierzu auf LarsSchall.com: http://www.larsschall.com/2011/04/25/news-flash-iraq-war-was-about-oil/.
Bemerkenswert ist ebenso, was der US-Ökonom Murray Rothbard einst zum Problemfall der “Verschwörungstheorie“ zu Papier brachte:
“It is also important for the State to inculcate in its subjects an aversion to any ‘conspiracy theory of history’; for a search for ‘conspiracies’ means a search for motives and an attribution of responsibility for historical misdeeds. If, however, any tyranny imposed by the State, or venality, or aggressive war, was caused not by the State rulers but by mysterious and arcane ‘social forces,’ or by the imperfect state of the world or, if in some way, everyone was responsible (‘We Are All Murderers,’ proclaims one slogan), then there is no point to the people becoming indignant or rising up against such misdeeds. Furthermore, an attack on ‘conspiracy theories’ means that the subjects will become more gullible in believing the ‘general welfare’ reasons that are always put forth by the State for engaging in any of its despotic actions. A ‘conspiracy theory’ can unsettle the system by causing the public to doubt the State’s ideological propaganda.”viii
In diesem Spannungsraum wandeln wir also mithin, wenn wir dem Begriff „Verschwörungstheorie“ begegnen. Hierbei gebe man konkret acht darauf, dass kaum je von „Verschwörungstheorien“ gesprochen wird, sondern zumeist von der einen „Verschwörungstheorie“ zu einem bestimmten Ereignis. Dass es bisweilen starke Qualitätsschwankungen von „Verschwörungstheorie“ zu „Verschwörungstheorie“ geben könnte, so wie von Sibel Edmonds erwähnt von (bezahlter) “Experte“ zu (unabhängiger) “Experte“, wird gerne unerwähnt gelassen. Oftmals wird für die “Verschwörungstheorie“ dann auch noch ein besonders absurd anmutendes Beispiel gegeben – womit praktisch stellvertretend alle “Verschwörungstheorien“ zu einem bestimmten Ereignis samt und sonders ins Reich des Absurden abgeschoben werden.
Ein schillerndes Beispiel für “Verschwörungstheorien“ sind gewiss die vielen (in ihrer Qualität extrem variierenden) “Verschwörungstheorien“ in Verbindung mit dem Mordanschlag auf John F. Kennedy im texanischen Dallas vom 22. November 1963, insofern ein Großteil der Medien in den USA (aber auch außerhalb) ihr Scherflein zum Verdecken der Verschwörung im Nachhinein beitrug.ix Immerhin schrieb der bereits erwähnte ehemalige leitende CIA-Analyst Ray McGovern in Hinblick zum bisher besten Buch, das zur Erschießung von Kennedy erschien, namentlich James W. Douglass Werk “JFK and the Unspeakable. Why He Died and Why It Matters“, aber auch zu seinem ehemaligen Arbeitgeber:
“Worst of all, evidence continues to build that the CIA was responsible, at least in part, for the assassination of President Kennedy.“x
Gar zu ironisch will es in Anbetracht dessen dünken, dass dieser US-amerikanische Präsident John F. Kennedy einstmals gegenüber der versammelten Presse seines Landes eine “Verschwörungstheorie“ monolithischen Ausmaßes zum Ausdruck brachte – wie hier auf LarsSchall.com gesehen und gehört werden kann: http://www.larsschall.com/2010/10/13/meet-the-press/.
Man beachte, dass sich Kennedy in der Rede “The President and the Press“, die er beim White House Press Dinner im Waldorf-Astoria Hotel in New York City am 27. April 1961 hielt, in der Tat als “Verschwörungstheoretiker“ zu erkennen gab.xi Denn heutzutage gibt es in den USA ernstzunehmende Bestrebungen, (gefährliche) “Verschwörungstheorien“ strafrechtlich zu belangen und Gruppen von “Verschwörungstheoretikern“ zu infiltrieren, um sie sozusagen in Form von “Trojanischen Pferden“ von innen heraus zu diskreditieren (siehe hierzu eventuell auch das historische Stichwort “COINTELPRO“). Exakt das ist beispielsweise eine Aufgabe des oben genannten Office of Strategic Influence des Pentagon.
John F. Kennedy würde es jedenfalls dieser Tage nicht mehr gar so sehr erlaubt sein, seine Meinung frei und ohne Sanktionen auszudrücken. Es folgt hier der Auszug aus einem Papier, das im Januar 2008 von zwei Professoren der Harvard Law School veröffentlicht wurde, Cass R. Sunstein and Adrian Vermeule. Sie schrieben Erleuchtendes:
“Many millions of people hold conspiracy theories; they believe that powerful people have worked together in order to withhold the truth about some important practice or some terrible event. A recent example is the belief, widespread in some parts of the world, that the attacks of 9/11 were carried out not by Al Qaeda, but by Israel or the United States. Those who subscribe to conspiracy theories may create serious risks, including risks of violence, and the existence of such theories raises significant challenges for policy and law. The first challenge is to understand the mechanisms by which conspiracy theories prosper; the second challenge is to understand how such theories might be undermined. Such theories typically spread as a result of identifiable cognitive blunders, operating in conjunction with informational and reputational influences. A distinctive feature of conspiracy theories is their self-sealing quality. Conspiracy theorists are not likely to be persuaded by an attempt to dispel their theories; they may even characterize that very attempt as further proof of the conspiracy. Because those who hold conspiracy theories typically suffer from a crippled epistemology, in accordance with which it is rational to hold such theories, the best response consists in cognitive infiltration of extremist groups.“ (siehe: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1084585&rec=1&srcabs=292149)
Nun scheint es jedoch so zu sein, dass Sunstein / Vermeule bezüglich der Terrorattacken vom 11. September 2001 entweder den Punkt übersahen oder aber willfährig ignorierten, dass die offizielle “9-11“-Narration – sei sie nun richtig oder falsch – per Definition: eine Verschwörungstheorie ist (Titel: “Osama und die 19 Studenten aus dem Morgenland“). Der wesentliche Unterschied zu den alternativen “Verschwörungstheorien“ besteht darin, dass diese Verschwörungstheorie von jenen unterstützt wird, die sich in Machtpositionen befinden – das heißt zum Einen von jenen, die viel zu verlieren haben, wenn die alternativen “Verschwörungstheorien“ im Wesentlichen richtig liegen, und zum Anderen von den Medien, die seit knapp einem Jahrzehnt die staatstragende Verschwörungstheorie buchstäblich “verkaufen“.
Warum kann ich mit so viel Selbstbewusstsein behaupten, dass die offizielle Narration zum 11. September 2001 eine Verschwörungstheorie ist? Nun, insofern hier ein Drahtzieher namens Osama bin Laden eine Rolle spielt, sollte unter anderem dies ins Auge gefasst werden:
“Here is a surprising but little-known fact, because it has scarcely been reported in the mainstream media: The FBI’s ‘Most Wanted Terrorist’ webpage on ‘Usama bin Laden’ does not list the 9/11 attacks as one of the crimes for which he is wanted. It does list bombings in Dar es Salaam, Tanzania, and Nairobi as terrorist acts for which he is wanted. But it makes no mention of 9/11. In 2006, Rex Tomb, then the FBI’s chief of investigative publicity, was asked why not. He replied: ‘The reason why 9/11 is not mentioned on Usama Bin Laden’s Most Wanted page is because the FBI has no hard evidence connecting Bin Laden to 9/11.’”xii
Litten die Leute beim FBI also unter “kognitiven Fehlern“ (“cognitive blunders“) und einer “verkrüppelten Epistemologie“ (“crippled epistemology“)? Oder trifft das eher auf die großen Medien mit der entsprechenden Reichweite zu, die bin Laden mit 9-11 verlinken, egal was da komme? Was haben denn wohl diese Medien an Beweisen in der Hand, die dem FBI fehlten? Irgendwelche dubiosen Videoaufnahmen, die beim FBI, so scheint’s, keinen besonderen Eindruck schindeten?
Aber Halt! Denn siehe: immerhin überkam die Frankfurter Allgemeine Zeitung bezogen auf diesen Taschenspielertrick neulich ein gewisses Einsehen – wenngleich reichlich verspätet:
“Zehn Jahre lang war Usama Bin Ladin als der mächtigste Terrorist der Welt verfolgt worden, doch erst der anstehende Prozess bringt die Frage auf, was genau ihm vorzuwerfen ist. Die einzige Klage, die gegen ihn vorbereitet war, stammt vom Juni 1998, ausgestellt vom Bundesgericht in Manhattan. Sie hatte ursprünglich nur acht Seiten Länge, legt die damals noch eher kurze Geschichte von Al Qaida dar und beschreibt ihn als deren Führer, der sich 1993 der Mithilfe am Mord von achtzehn amerikanischen Soldaten in Mogadischu schuldig gemacht haben soll. Später wird die Schrift um die Bombenanschläge auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi und Daressalam erweitert, bei denen 224 Menschen starben und einige tausend verletzt wurden und den Anschlag auf den Flugzeugträger ‘USS Cole’ im Hafen von Aden, bei dem siebzehn Soldaten starben. Die Anschläge auf die Botschaften finden sich auch im Steckbrief des FBI, das auf den Kopf von Usama Bin Ladin fünfundzwanzig Millionen Dollar ausgesetzt hat. Von einer Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001, wegen denen die Amerikaner doch in Afghanistan einmarschiert waren, um Al Qaida zu zerschlagen, steht da nichts. Der Mann, der dafür angeklagt worden ist, heißt Chalid Scheich Mohammed. Könnte es sein, dass man Usama Bin Ladin das Verbrechen, das ihn in der Welt bekannt gemacht hatte, gar nicht nachweisen kann?“xiii
Tja, mir scheint, dass:
a) Osama bin Laden Recht gehabt haben könnte, als er in einem Interview mit der pakistanischen Tageszeitung Ummat Ende September 2001 gesagt hatte:
“Die westlichen Medien entfesseln eine solch grundlose Propaganda, die uns überraschen lässt, aber es reflektiert, was in ihrem Herzen ist, und sie werden allmählich selbst zum Gefangenen dieser Propaganda. Sie bekommen Angst davor und beginnen sich selbst Schaden zuzufügen. Terror ist die am meisten gefürchtete Waffe im modernen Zeitalter, und die westlichen Medien benutzen sie gnadenlos gegen das eigene Volk. Sie können Angst und Hilflosigkeit in der Psyche der Menschen in Europa und den Vereinigten Staaten hinzufügen. Es bedeutet, dass das, was die Feinde der Vereinigten Staaten nicht tun können, können ihre Medien tun.“xiv
Und b) scheint mir, dass ein gewisser Joseph Goebbels – ein Mann vom Fach – auch nicht ganz falsch lag, als er 1928 vor Mitgliedern der NSDAP sagte, dass gute Propaganda schlichtweg jene sei, die den erstrebten Effekt erziele. Daher solle Propaganda auch populär sein, nicht intellektuell befriedigend.xv Die in Stars-and-Stripes eingewickelten Jubelszenen auf US-amerikanischen Straßen nach der angeblichen Tötung von Osama bin Laden legten darüber beredtes Zeugnis ab, wie gleichsam populäre und gute Propaganda das erwünschte Ziel erreicht: “USA! USA! USA!”
In der Hoffnung, dass mit diesen Erörterungen der Begriff „Verschwörungstheorie“ etwas relativiert und souveräner betrachtet werden kann, möchte ich zum allmählichen Ausklang aus einem Interview mit Folker Hellmeyer, dem Chefanalysten der Bremer Landesbank, zitieren, das er mir zum Thema “Plunge Protection Team in Aktion“ gab. Ich fragte ihn:
Herr Hellmeyer, sind Sie Verschwörungstheoretiker?
Folker Hellmeyer: Bevor ich hier eine Antwort gebe, ist zu klären, was eine Verschwörung ist. Eine Verschwörung bezeichnet einen heimlichen Bund zur Durchführung eines Planes mit entweder egoistischer Zielsetzung zum Schaden Dritter oder mit dem Ziel, Missstände zu beseitigen.
Diese Definition belegt, dass Mobbing in der Firma, dass Kartellabsprachen bei Siemens, dass die Irreführung der UN im Fall des Irak durch die USA oder auch ein Seitensprung eines Ehepartners alle diese Voraussetzungen erfüllen.
Ergo ist die Verschwörung weitaus häufiger die Norm, als es diejenigen behaupten, die bei dem Begriff Verschwörungstheoretiker in verächtlicher Manier ein Schlagwort bemühen, um eine sachliche Debatte über harte Indizien im Keim zu ersticken. So etwas ist übrigens nicht mehr als gelebte Arroganz.
Ich sehe mich als eine Person, die sich um eine realitätsnahe Beurteilung von politischen und ökonomischen Zusammenhängen bemüht und dabei selbstredend zu einem subjektiven Urteil gelangt. Dabei untersuche ich sehr wohl auch die Themen, von denen behauptet wird, dass es sich um Verschwörungstheorien handelt. Fakt ist, dass dort wo Rauch ist, regelmäßig auch Feuer anzutreffen ist. Wer diese Themen in seiner Urteilsfindung von vornherein ausblendet, läuft Gefahr, auf Basis eines unvollständigen Bildes Urteile abzugeben.
Die Frage, ob jemand Verschwörungstheoretiker ist oder nicht, ist hier nicht Ziel führend. Die Notwendigkeit, sich mit den Theorien auseinanderzusetzen, ist der wesentliche Punkt!
Ich stellte Ihnen diese Eingangsfrage, weil Sie in Ihrem Buch „Endlich Klartext! Ein Blick hinter die Kulissen unseres Finanzsystems“ über das so genannte Plunge Protection Team (PPT) schreiben, als wäre dieses existent. Und Leute, die das PPT für existent halten, wurden in der Vergangenheit schon mal gerne mit Leuten in einen Topf geworfen, die von „erfundenen Mondlandungen“ der U.S.A. fabulieren. Insofern sei vielleicht zunächst diese Kontrollfrage gestattet: haben Sie je Zweifel daran gehegt, dass Neil Armstrong auf dem Mond spazieren ging?
Folker Hellmeyer: Nun, ich wünsche Neil Armstrong, dass er auf dem Mond spazieren war. Ich habe mich mit diesem Thema jedoch nicht tiefer auseinandergesetzt. Ergo kann ich mir kein ultimatives Urteil erlauben.
Aber Zweifel daran, dass es das PPT gibt, hegen Sie keine?
Folker Hellmeyer: Die Working Group on Financial Markets oder umgangssprachlich das „Plunge Protection Team“ ist real und wurde unter Präsident Ronald Reagan als Reaktion auf den Crash 1987 mit der „Executive Order 12631“ ins Leben gerufen. Damit beantwortet sich Ihre Frage. Ich habe keine Zweifel, dass es das PPT gibt. Wer die Existenz des PPT in Frage stellt, ist mindestens des Lesens nicht mächtig!
Die entscheidende Frage ist, ob das PPT an den Märkten in unsachgemäßer Art und Weise zum Vorteil weniger elitärer Marktteilnehmer aktiv wird und damit wie ein Kartell agiert. Genau diese Aktivität lässt sich implizit nachweisen. Das habe ich unter anderem auch in meinem Buch „Endlich Klartext!“ dargelegt.
Eventuell sollten wir dann erst einmal den eindeutig negativ besetzten Begriff „Verschwörungstheoretiker“ erörtern, welcher ja mittlerweile recht inflationär gebräuchlich ist. Wie schaut Ihre Auffassung von diesem Begriff aus? Warum und zu welchem Zweck wird er sooft verwendet?
Folker Hellmeyer: Verschwörungstheorien ranken sich häufig um die Thematik Machtmissbrauch durch Eliten der Gesellschaft, ob in der Politik, in der Realwirtschaft oder, diese Abgrenzung ist notwendig, in der Finanzwirtschaft. Dabei basieren diese Verschwörungstheorien grundsätzlich auf Indizien und impliziter Beweisführung.
Um die eigene Seriosität zu verteidigen und der gegnerischen Seite die Seriosität abzusprechen ohne in eine sachliche Debatte einsteigen zu müssen, bietet sich den Machteliten mit Hilfe gleichgeschalteter Medien, aber auch anderen Betroffenen, der Vorwurf der Verschwörungstheorie an.
Dieser Vorwurf wird öffentlich immer noch viel zu häufig als ein so genanntes „Totschlagargument“ wahrgenommen und umgesetzt. Diese Umsetzung basiert auf der öffentlichen Autorität der Eliten als auch der Willfährigkeit und Gutgläubigkeit der Öffentlichkeit.
Schlussendlich ist das Reaktionsmuster der Öffentlichkeit Ausdruck einer nicht unerheblichen Naivität vor dem Hintergrund der aktuellen Datenlage, ob in der Politik oder der Finanzwirtschaft, aber auch in der Realwirtschaft. Skandale, ob Überwachungen durch Deutsche Bank und Deutsche Bahn oder Vorteilnahme bei Siemens und MAN erfüllen alle die Definition der Verschwörung!
Das gesamte Interview mit Folker Hellmeyer, “Plunge Protection Team in Aktion“, findet sich hier: http://www.larsschall.com/2009/08/11/plunge-protection-team-in-aktion/.
Quellen:
i Hans Magnus Enzensberger: “The Consciousness Industry: On Literature, Politics and the Media.“ New York: Continuum Books/ Seabury Press, 1974.
ii Zitat aus William E. Daugherty / Morris Janowitz: “A Psychological Warfare Casebook“ – Operations Research Office – Johns Hopkins University, May 1958.
iiiVgl. “Who Owns The Media? The 6 Monolithic Corporations That Control Almost Everything We Watch, Hear And Read“, veröffentlicht am 4. Oktober 2010 unter:
http://theeconomiccollapseblog.com/archives/who-owns-the-media-the-6-monolithic-corporations-that-control-almost-everything-we-watch-hear-and-read
iv Sibel Edmonds: “Boiling Frogs Exclusive: Intelligence & Law Enforcement Experts on Ever-Changing Bin Laden Death Script“, erschienen auf Boiling Frogs am 9. Mai 2011. Siehe ferner Sibel Edmonds: “Das PSYOP-Skript des Weißen Hauses fällt auseinander”, veröffentlicht auf LarsSchall.com 6. Mai 2011 unter: http://www.larsschall.com/2011/05/06/das-psyop-skript-des-weisen-hauses-fallt-auseinander/
v Carl Bernstein: “The CIA and the Media“, original veröffentlicht in The Rolling Stone am 20. Oktober 1977, online einzusehen unter: http://tmh.floonet.net/articles/cia_press.html.
In einem Dokument, das später aufgrund des Freedom of Information Act freigegeben wurde, “Task Force on Greater CIA Openess”, hieß es 1991, dass das “PAO [Public Affairs Office] has relationships with reporters from every major wire service, newspaper, news weekly, and television network in the nation. This has helped us turn some ‘intelligent failure’ stories into ‘intelligent success’ stories, and it has contributed to the accuracy of countless others. In many instances, we have persuaded reporters to postpone, change, hold or even scrap stories that could have adversley affected national security interests or jeopardised sources and methods.” Siehe: http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/ciacase/EXB.pdf
vi Michael C. Ruppert: “Crossing the Rubicon“, New Society Publishers, 2004, Seite 476 – 477
viiSiehe Lars Schall: “Der Wahnsinn, der Methode hat“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 12. Mai 2011 unter: http://www.larsschall.com/2011/05/12/der-wahnsinn-der-methode-hat/
viii Murray N. Rothbard, “The Anatomy of the State,” Rampart Journal of Individualist Thought, Summer 1965. Reprinted in “Egalitarianism as a Revolt Against Nature and Other Essays“, Libertarian Review Press, 1974, online veröffentlicht unter: http://www.mises.org/easaran/chap3.asp
ixVgl. James W. Douglass: “JFK and the Unspeakable. Why He Died and Why It Matters“, Simon and Schuster, 2008, und E. Martin Schotz: “History Will not Absolve Us: Orwellian Control, Public Denial, and the Murder of President Kennedy“, Kurtz, Ulmer & Delucia, 1996.
x Ray McGovern: “Are Presidents Afraid of the CIA?“, veröffentlicht auf Consortiumnews am 29. Dezember 2009 unter: http://www.consortiumnews.com/2009/122909b.html
xiFür den kompletten Text von John F. Kennedys Rede siehe Lars Schall: “Meet the Press“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 13. Oktober 2010 unter:
xii Vgl. ebd.
xiii Marcus Jauer: “’Prozess’ gegen Bin Ladin. Der Angeklagte“, veröffentlicht in der FAZ am 10. Mai 2011 unter: http://www.faz.net/s/RubDDDF614E9B1C49B682201320840984FF/Doc~EC64A3CE2290E49E28571D163A6BA1B54~ATpl~Ecommon~Scontent.html
xiv Vgl. “Osama bin Laden in seinen eigenen Worten“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 11. Mai 2011 unter: http://www.larsschall.com/2011/05/11/osama-bin-laden-in-seinen-eigenen-worten/