Der Rest der Nahost-Region mag erschüttern, die Mitglieder des Gulf Cooperation Council jedoch – Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Kuwait, Bahrain und Oman – schlafen bestens. Nichts wird ihnen geschehen, weil der aufgeklärte Westen, und nicht etwa Allah, ihr oberster Hüter, Waffen- und Söldnerlieferant ist.
Von Pepe Escobar, Übersetzung Lars Schall
Der 1954 geborene Pepe Escobar aus Sao Paulo, Brasilien ist einer der herausragendsten Journalisten unserer Zeit. Escobar, der vom früheren CIA-Analysten Ray McGovern schlichtweg “der Beste“ genannt wird, arbeitet für die Asia Times und ist ein Analyst von The Real News. Darüber hinaus ist er der Autor dreier Bücher: Globalistan: How the Globalized World is Dissolving into Liquid War, Red Zone Blues: a snapshot of Baghdad during the surge und Obama does Globalistan.
Er hat von verschiedenen Ländern und Konflikten berichtet, darunter Afghanistan, Pakistan, Irak, Iran, Zentralasien, U.S.A. und China. Für Asia Times Online ist er als ‘The Roving Eye’, das heißt: “Das Wandernde Auge“ unterwegs, um vor allem geopolitische Weltereignisse, aber auch die Art, wie sie in den Medien präsentiert werden, zu diskutieren. Diese Kolumne übersetzen wir mit freundlicher und ausdrücklicher Autorisierung von Pepe Escobar exklusiv für LarsSchall.com ins Deutsche.
DAS WANDERNDE AUGE
Der Konterrevolutions-Club
Sie sind ein Kebab-Schaschlik erblicher Monarchien, Emirate und geradewegs Theokratien. Die meisten sitzen auf Meeren von Öl (45% der weltweiten Reserven). Sie sind süchtig nach westlichem Glitzer und Glamour – von London nach Monte Carlo, von den Köstlichkeiten, die Paris bietet, bis hin zu den bewaffneten Köstlichkeiten der North Atlantic Treaty Organization (NATO). Sie verabscheuen Demokratie, wie sie Armut verabscheuen. Einige wären froh, wenn sie ihre eigenen Bevölkerungen stürzen könnten – was sie auch wirklich tun. Und sie schätzen den schiitischen Iran schlimmer als den Anti-Christen ein.
Willkommen im Golf-Kooperations-Rat (Gulf Cooperation Council, GCC), der 1981 vom Platzhirschen Saudi-Arabien plus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Katar, Kuwait, Bahrain und Oman gebildet wurde. Eine eher angemessene Bezeichnung wäre Golf-Konterrevolutions-Rat – oder -Club. Soweit der GCC betroffen ist, werden sie über den großen arabischen Aufstand 2011 triumphieren.
Wie sie sich da so sicher sein können? Republikanische Dynastien wie in Tunesien oder Ägypten mögen gestürzt werden können, Libyen mag bis in die Steinzeit zurück bombardiert werden, und Syrien mag bedroht sein. Aber nichts wird dem GCC passieren, weil der aufgeklärte Westen – nicht Allah – sein oberster Hüter ist.
Neue Mitglieder willkommen
Es ist aufschlussreich zu beachten, dass die über 3000 Bombenangriffe, die auf Libyen durchgeführt wurden, seit die NATO den Krieg am 31. März übernahm, meistenteils von Monarchien (Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden, Norwegen, Katar und den VAE) durchgeführt wurden, abgesehen vom republikanischen Frankreich, und davor, via Africom, den Vereinigten Staaten.
Nur wenige Stunden, ehe US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron ein Special-Relationship-Barbecue in dieser Woche genossen, verwandelte die NATO 19 libyschen Zivilisten in, nun ja, Barbecue, und röstete mindestens 130 andere leicht an. Der GCC spendete fröhlich Beifall.
Die Europäische Union (EU) und der GCC haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, wonach Oberst Muammar Gaddafi zu gehen habe, und erteilten die Machtübergabe an den libyschen Übergangs-Nationalrat – der von der NATO und dem GCC finanziert und bewaffnet wird.
Nun hat der GCC erklärt, er würde die Idee lieben, wenn Jordanien dem Club beiträte – und das gilt auch für Marokko. Was den Jemen angeht – der sich seit 1999 danach gesehnt hat, ein Mitglied zu sein – , das können die vergessen. Der Jemen ist keine Monarchie und viel zu unstabil mit all jenen widerspenstigen Menschen, die dort protestieren. Das beste, was der GCC tun könnte, wäre eine angebliche “Vermittlung“, die tatsächlich ein Regime-Wechsel wäre – voll und ganz von den USA und der EU unterstützt.
Abgesehen vom kleinen Oman, dessen Sultan Qabus der Ibadi-Schule folgt, sind alle Ratsmitglieder Hardcore-Sunniten. Es gibt viele jordanische “Berater” innerhalb der bahrainisch/saudischen Unterdrückungsmaschine.
Jordanien und Marokko werden möglicherweise GCC-Mitglieder werden, nicht nur weil sie Monarchien sind, sondern vor allem, weil sie den Iran wie die Pest hassen (auch wenn sie nicht gerade am Persischen Golf verortet sind.)
Jordaniens König Playstation, Pardon, Abdullah II., erfand das trübe Konzept des “schiitischen Halbmond”-Wegs 2004, eine Verschwörung, nach der Schiiten aus dem Iran und dem Irak, dem Libanon und aus Syrien gewaltsam den Nahen Osten zu übernehmen gedenken. Marokkos König Mohammed VI schnitt für seinen Teil die diplomatischen Beziehungen mit Teheran im Jahr 2009 ab.
Der GCC-Top-Moment der bisherigen konterrevolutionären Herrlichkeit geschah weniger als zwei Tage, nachdem US-Verteidigungsminister Robert Gates Bahrain verlassen hatte – als Saudi-Arabien, mit einem kleinen Beitrag aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Bahrain zur Unterstützung ihrer Vettern, der sunnitischen al-Khalifa-Dynastie, eindrang und gegen die überwältigende Mehrheit der friedlich protestierenden Bevölkerung Bahrains vorging. Der GCC-Generalsekretär Abdullatif al-Zayani ist zufällig ein auf die al-Khalifa ausgerichteter bahrainischer Staatsbürger.
Es gab keine Sanktionen der USA, Vereinten Nationen oder EU, geschweige denn eine NATO-Bombardierung, um diese Invasion zu “feiern“. Stattdessen schlugen die EU-Außenminister am Anfang der Woche mit noch mehr Sanktionen gegen Weißrussland, Iran, Libyen und Syrien um sich. Nicht zufälligerweise sind alle von ihnen Ziele Washingtons für einen Regime-Wechsel seit der Zeit der Neokonservativen gewesen.
Lassen Sie uns in Ihrem Hof spielen
Die neokoloniale NATO und der monarchische / theokratische GCC ist ein Pärchen, das im Waffenhersteller-Himmel geschlossen wurde. Der GCC wird in das globale US-Raketenabwehrsystem integriert werden. Bald wird es den saftigen $ 60 Milliarden Waffen-Deal mit Saudi-Arabien geben, der größte in der amerikanischen Geschichte.
Als die Praktiker des westlichen Götzendienstes, die sie sind, wollen die GCC-Mitglieder auch Spaß haben und Teil der wirklich postmodernen Aktion sein – dem neokolonialen Krieg. Immerhin kann die NATO selbst als professionelle, neokoloniale Söldner-Armee interpretiert werden, bereit dazu, überall von Zentralasien bis Nordafrika zu intervenieren.
Nehmen Sie Katar. Katar war das erste Land, das diesen zwielichtigen Haufen anerkannte, die libyschen “Rebellen”. Es war das erste GCC-Mitglied, das die NATO mit französischen Mirage-Kampfjets und amerikanischen C-17-Globemasters versorgte. Es richtete für den Übergangs-Rat das Satelitten-TV Ahrar ein. Es überschüttete sie mit MILAN-Raketenwerfern. Und vor allem begann es sofort, Ölexporte aus der Kyrenaika zu “beaufsichtigen“.
Die Belohnung war unvermeidlich: am 14. April gab Obama den Gastgeber im Weißen Haus für den Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani, und lobte ihn verschwenderisch für seine “Führung” bei der Förderung der “Demokratie im Nahen Osten” – eine Referenz an Katars Rolle in Libyen.
Was Salman al-Khalifa angeht, den Kronprinzen von Bahrain, so durfte dieser am 19. Mai auf den Stufen von Downing Street 10 in London mit Premierminister Cameron für Photos posieren, damit beweisend, dass das Schlachten von zivilen, unbewaffneten Demonstranten und das Geben grünen Lichts an das Haus Saud, sein Land zu erobern, definitiv gut fürs Geschäft war.
Aber niemand vermag die Vereinigten Arabischen Emirate im Reich des tödlichen Spielzeugs zu schlagen. Präsident Nicolas Sarkozy eröffnete die erste französische Militärbasis im Nahen Osten in Abu Dhabi. Die VAE haben Kampfflugzeuge an die NATO für Libyen geschickt. Sie sind eine “Truppenstellende Nation” für die NATO in Afghanistan. Und sie werden die erste GCC- und arabische Nation sein, die einen Botschafter zum NATO-Hauptquartier in Brüssel schicken wird.
Zusammen mit Katar, Kuwait und Bahrain sind die Vereinigten Arabischen Emirate Mitglied von einer der unzähligen NATO-”Partnerschaften” – der Istanbuler Kooperationsinitiative. Übersetzung: ein NATO-Eingriff im Persischen Golf, positioniert, um jede Menge Hölle gegen den Iran aufzubieten.
Und dann gibt es noch die Zayed Military City, ein abgelegenes Trainingslager in der Wüste für eine geheime Armee von Söldnern, die nicht nur in den VAE, sondern im ganzen Nahen Osten und Nordafrika eingesetzt werden.
Herunter mit ihren Köpfen!
Das Melken des brennenden Wunsches des GCC nach der Auslagerung von Söldnern ist der neueste hochwertige Betrug des ehemaligen Navy Seals und Blackwater-Supremos Erik Prince (Blackwater wurde im Jahr 2009 in Xe Services umbenannt).
Es war in Abu Dhabi, wo Prince – über ein Joint Venture namens Reflexantworten (Reflex Responses) – einen ersten Vertrag über $ 529 Millionen am 13. Juli 2010 unterzeichnete, um seine Dienste dem “progressiven” Scheich Mohamed bin Zayed al-Nahyan zu liefern. Die Idee war die von Zayed.
Die New York Times mag ihre Erregung dabei gehabt haben, als sie in einer Geschichte vom 14. Mai von Kolumbianern berichtete, die die Vereinigten Arabischen Emirate als Bauarbeiter posierend betraten, das Ganze mit speziellen Visa-Papieren, die vom militärischen Geheimdienst der Vereinigten Arabischen Emirate ausgestellt worden waren, so dass sie die Zoll- und Einwanderungsstelle ohne Fragen passieren konnten. Ja, Prince will Bataillone von kolumbianischen und zentralamerikanischen Söldnern. Er wird keine Muslime rekrutieren, die ihre eigenen Vettern töten sollen, um nicht mit fehlerhaft funktionierenden Einheiten konfrontiert zu werden.
Zumindest wies das Blatt darauf hin, dass Prince “in der Hoffnung ist, ein Reich in der Wüste zu erbauen, weit entfernt von Gerichtsanwälten, Kongress-Ermittlern und Beamten des Justizministeriums” – ohne jedoch irgendwelche harten Fragen darüber zu stellen.
Die Agenda des Söldnerheers enthält alles, was man wissen muss: sie werden an Spezial-Operationen inner- und außerhalb der VAE beteiligt werden; “städtischer Kampf”; die “Sicherung von Kernmaterial und radioaktiven Stoffen”; “humanitäre Missionen” (?); die Verteidigung von Öl-Pipelines und schlanken Glastürmen vor “Terroranschlägen”; und das bedeutendste von allem, “Crowd-Control-Operationen”, wo die Menge “nicht mit Schusswaffen bewaffnet ist, jedoch ein Risiko mit improvisierten Waffen [Schläger und Steine] darstellt”.
Da ist es ausgesprochen: interne Repression über den ganzen Persischen Golf verteilt. Zum Beispiel gegen die ausufernden Arbeitslager, in denen Zehntausende von südasiatischen Arbeitnehmern hausen. Oder für den Fall, dass die Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate das bahrainische Pro-Demokratie-Fieber bekommen sollten. Die Ausrede für alle diese Operationen könnte nicht weniger originell sein: das iranische Schreckgespenst oder dessen “Aggression”.
Prince wollte schon immer, dass Blackwater ein Söldnerheer ist, das überall in Afrika, Asien und dem Nahen Osten eingesetzt werden kann. Er wollte sogar, dass die US Central Intelligence Agency sie für globale Spezial-Operationen einsetzt – ehe die CIA beschloss, auf Drohnen als eine kostengünstigere Methode zu setzen. Nun hat Prince einen reichen Scheich – ein Pentagon-Fan, der eine Bombardierung des Iran befürwortet -, um ihm seine ”Vision” zu finanzieren.
Das erste Bataillon verfügt über 580 Söldner. Wenn sie sich in einer “Real-World-Mission” beweisen, dann wird das Emirat Prince in der Höhe von Milliarden von Dollar für eine ganze Brigade von mehreren tausend Menschen bezahlen. Prince könnte dann seinen Traum von einem Söldner-Ausbildungskomplex in der Wüste nach Blackwater-Vorbild in Moyock, North Carolina modellieren.
Erwarten Sie also ein weiteres “Das Haus Saud erledigt Bahrain”-Szenario. Beispielsweise indem das Söldnerheer Pakistaner, Nepalesen, Bangladescher und Philippinos zu Tode prügelt, die bessere Arbeitsbedingungen in den VAE bekommen wollen.
Oder erwarten sie verdeckte Spezial-Operationen in Ägypten und Tunesien, um sicherzustellen, dass deren nächsten Regierungen sich den USA und der EU anschließen. Oder erwarten Sie Stiefel auf dem Boden in Libyen, um “humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung” zu geben (ups, das war vor zwei Monaten, selbst Obama sagt jetzt, dass es um einen Regime-Wechsel geht).
Immer noch müssen all die libysche “Ölanlagen” in die sicheren Händen der Multis der USA und der EU gebracht werden (und nicht in die russischen, indischen und chinesischen). Immer noch muss Gaddafis innerer Kreis “neutralisiert” werden. Und immer noch muss Libyen unterworfen und gebändigt gehalten werden, ganz nach der uralten kaiserlichen Lehre des Teilens und Herrschens.
Wenn die Dinge also hart auf hart kommen, wen rufen Sie dann? Definitiv Xe Services “innovative Lösungen”, die Ihnen von Scheich Zayed gebracht werden. Kein Wunder, dass der GCC-Club das Geflüster der (konterrevolutionären) Stadt ist.
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Quelle: http://www.larsschall.com/2011/05/28/das-wandernde-auge-der-konterrevolutions-club/