Ziehen Sie die Notbremse bei Stuttgart 21, Herr Ramsauer
Risiken und Fehlplanungen machen Baustopp nötig
Stuttgart: Nach der heutigen Sitzung des S21-Lenkungskreises begrüßen die Parkschützer es ausdrücklich, dass sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann an den zuständigen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer wendet, um gegen alle Widerstände bei der Bahn einen Bau- und Vergabestopp durchzusetzen. Angesichts der fehlenden Planfeststellungen, der offenen grundlegenden Fragen und der Risiken, die bei Stuttgart 21 bahnintern bekannt sind, darf Ramsauer es nicht zulassen, dass die Bahn wie ein trotziges Kind weiter Bauleistungen für Stuttgart 21 vergibt und damit Steuergeld verbrennt.
Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer, vergleicht die aktuelle Lage mit dem Glücksspiel Poker: „Wenn ein Pokerspieler weiß, dass seine Gegner die deutlich besseren Karten haben und er trotzdem weiter immer höher pokert, käme niemand auf die Idee, dass dieser Spieler, wenn er verliert, für seinen Leichtsinn auch noch entschädigt werden soll. Selbst im wilden Westen wäre niemand mit solch einer Forderung durchgekommen.“
Die Liste der technischen Probleme und offenen Punkte ist lang:
Das den Plänen der Bahn zugrundeliegende Wassermodell ist falsch, siehe www.geologie21.de/Downloads/Schloz_Hydrologie.pdf.
Die Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs wäre viel zu gering, siehe Dr. Engelhardt in Bahnrevue International 6/2011.
Ausstehende Planfeststellung des Flughafenbahnhofs und des Abstellbahnhofs Untertürkheim.
Wesentliche Aufträge konnten bislang nicht vergeben werden: Nesenbachdüker unter der Schillerstraße, Neckar- und Daimlerunterquerung in Wangen bzw. Untertürkheim
Stuttgart 21 würde den Strombedarf für alle Zugfahrten von und nach Stuttgart substantiell steigern, weil Züge in Tunneln bis zu 2,5 mal mehr Strom benötigen als auf freier Strecke und weil alle Züge in alle Richtungen gegen starke Steigungen anfahren müssten. Damit wäre Stuttgart 21 ein großes Handicap für die bundesweit angestrebte Energiewende. Die Bahn ist mit Abstand Deutschlands größter Stromverbraucher und bezieht 25% ihres Stroms aus Neckarwestheim.
Der Tiefbahnhof S21 ließe außerdem keinen integralen Taktverkehr zu, was einen energieeffizienten Güterverkehr im Großraum Stuttgart verhindern würde. Beim Prinzip des integralen Taktverkehrs sind ausreichend große Zeitfenster, in denen Güterzüge an hochfrequentierten Knotenpunkten ohne Wartezeiten und vor allem ohne andauerndes Abbremsen und erneutes Anfahren vorbeifahren können.
Die Bahn hat heute behauptet, dass ein fünfmonatiger Baustopp bis zum Volksentscheid im Oktober 2011 zu einer dreijährigen Verzögerung des Baus führen würde. Diese merkwürdige Zeitdehnung kann sicher nur der neue Gesamtprojektleiter Stefan Penn erklären, bei dessen bisherigem Projekt, dem 4-gleisigen Ausbau der Rheintal-Schiene, es seit Jahrzehnten zu massiven Bauverzögerungen kommt.