Ein Palästinenser in Deutschland

Mit einer Geschwindigkeit, die einmal 206 km/Std erreichte, durchfuhren wir die Länge des historischen Palästina in etwa drei Stunden auf der Autobahn zwischen Fulda und München. Idyllische Dörfer tauchten gelegentlich zwischen dem endlosen Grün und den fruchtbaren Feldern auf.

Ich war mit drei Männern unterwegs, die Idealismus, Jugend und Energie hatten. Sechs von uns hatten vergangene Nacht auf dem Boden und Couchen in einem Studentenheim der Universität für angewandte Wissenschaften in Fulda geschlafen nach einer Rede vor etwa 50 Studenten der Fakultät. Dann weiter nach München, wo ich vor 100 Leuten sprach. Morgen fahre ich nach Berlin, dann Stockholm, dann Rom. Es ist seltsam, in diesem Land zu sein und die Sprache zu hören, die mich an meine Unizeit erinnerte (ich studierte Deutsch als Teil meiner benötigten Kenntnisse für die Forschung über Säugetiere). Aber es erinnerte mich auch daran, dass dies die Sprache aller frühen zionistischen Führer ist. Die Vision eines jüdischen Staates, befreit von seiner ursprünglichen nicht-jüdischen Bevölkerung wurde klar in jenen frühen Schriften und Protokollen artikuliert. „Der Judenstaat“ von Theodor Herzl bleibt ein Klassiker. Ironischerweise gibt es hier in Deutschland die am schnellsten wachsende jüdische Bevölkerung. Ich frage mich, wieso sie, denen es in Deutschland gut geht, so hartnäckig an den Lügen des Zionismus hängen.

Es gibt nicht nur einen Widerspruch zwischen der modernen heutigen Realität und den Schrecken des 2. Weltkrieges. Hier gibt es ein modernes demokratisches Land mit freier Rede und historischer Forschung, aber es ist verboten und strafbar, die historischen Zeugnisse des jüdischen Holocaust zu untersuchen. Hier, wo die Wirtschaft boomt und das Land so schön ist, scheint die Regierung zufrieden zu sein, allem zu gehorchen, was vom US-Außenministerium diktiert wird (das wiederum den Befehlen von Tel Aviv gehorcht). Hier, wo die Lektionen der Menschenrechtsverletzungen gut gelernt wurden, werden Ausnahmen gemacht bei den massiven Verletzungen der Menschenrechte für Millionen Palästinenser. In meiner Antwort zu einem Zionisten in Fulda, sagte ich, dass er die Nakba leugnet, was genauso schlecht ist wie die Holocaust Leugnung (ein Verbrechen in Deutschland).

In den vergangenen Jahren habe ich vor Zehntausenden von Menschen gesprochen in hunderten Städten der ganzen Welt. Ich hatte Meinungsaustausch mit hunderten Zionisten, von denen viele alles versuchten, meinen Auftritt zu verhindern, die aber dann gekommen waren und versuchten, ihre Meinung darzulegen. Nicht einer dieser Zionisten war ehrlich; ihre Gesichtspunkte waren immer dieselben bis zur Ermüdung, die beabsichtigten, die Aufmerksamkeit von den Tatsachen ethnischer Säuberung, Kolonisierung und Landraub abzulenken und sich nicht damit zu befassen. Wie rechtfertigt man die größte Flüchtlingsbevölkerung nach dem 2. Weltkrieg und kann nachts ruhig schlafen? Die verzweifelten Versuche handeln immer von der Wiederholung leicht zu widerlegender Mythen. In allen Fällen versuchen sie, die jüdische Geschichte in Europa zu benutzen und zu missbrauchen, um Sympathien zu wecken. Aber auch das hat seine Wirkung verloren als Feigenblatt, um die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlickeit gegenüber Menschen zu verdecken, die nichts mit dem zu tun hatten, was in Europa geschah. Selbst hier in Deutschland und trotz des Schuldkomplexes scheinen die Tatsachen die zionistische Niedertracht zu übertrumpfen. Es ist auch nicht mehr möglich, die Nazi-Zionisten Zusammenarbeit der 30-er und frühen 40-er Jahre zu verbergen und schon gar nicht, um zu verbergen, was sie den 12 Millionen Palästinenser-Einwohnern antaten. Es ist nicht möglich, die Tatsache zu verbergen, dass Zionisten und Judenhasser dasselbe Ziel teilen, den Juden zuzuschieben, was Zionisten und ihre rassistischer Apartheidstaat tut. Daher bestehen die Zionisten darauf, jüdische Symbole für ihren rassistischen Staat zu benutzen.

Menschen der ganzen Welt sind sich jetzt bewusst, wie schädlich der Zionismus ist und war (auch für die Juden in der ganzen Welt). Wie kann man die Tatsache rechtfertigen, dass ein wunderschönes altes Land vergewaltigt und geplündert und von einer Bevölkerung gereinigt wurde, für das letzte Apartheidsystem auf Erden? Die meisten wissen, dass Zionismus für den Judaismus dasselbe ist, was das Kreuzfahrertum für das Christentum und Bin Laden für den Islam war. Was die Zionisten ihren Volksgenossen versprachen, war Geborgenheit und Sicherheit, aber nicht Moral oder Gerechtigkeit. Aber selbst bei diesem einfachen Versprechen haben sie gelogen. Weil, wie es ein Ex-Zionist einst formulierte: ein Jude in Tel Aviv ist heute weniger sicher als ein Jude in Berlin oder sonstwo in der Welt. Während Zionisten also versuchen, sich gegenüber nicht-Juden mit Mythen über die Geschichte Palästinas zu rechtfertigen, versuchen sie Volksgenossen zu überzeugen, indem sie das tiefste menschliche Gefühl benutzen – die Angst (in diesem Fall vor den Goyim/Heiden). Aber auch dieser emotionale Tribalismus ist überholt. Immer mehr Juden sehen ein, dass Geborgenheit und Wohlstand nicht durch Unterdrückung anderer zu haben sind oder durch Ersetzung der kleinen Ghettos in Europa mit einem großen Ghetto, „Jüdischer Staat“ genannt. Die Deutschen haben die Lektion gelernt, dass Unterwerfung und Unterdrückung anderer nicht von Dauer ist. Andere Völker haben auch diese Lektion gelernt. Die Zionisten werden unausweichlich diese Lektion internalisieren müssen so wie viele antizionistische Juden sie internatisiert haben. Erst dann werden diese Juden „aus der Asche“ aufsteigen (der Titel eines großen Buches von dem jüdischen Theologen Marc Ellis).

Unterdessen ist es unsere Aufgabe als Palästinenser und aller Leute mit einem Gewissen, unsere Rolle festzulegen und zu erweitern, um der Macht die Wahrheit zu sagen und Widerstand zu leisten gegen Tyrannei, indem man etwa Boykotts, Divestment und Sanktionen benutzt. Das ist es, was viele Menschen, zu denen ich in Fulda und München sprach, und zu denen ich in ein paar Tagen in Berlin, Stockholm und Rom sprechen werde, bereits tun. Wenn die globale Intifada in Gang kommt, vertreiben wir die Apathie und fordern unsere Menschlichkeit zurück.

Ich wurde acht Mal in der vergangenen Woche interviewt über die politischen Entwicklungen (Reden und Pläne, in die UNO einzutreten). Fragen darüber, was Obama, Netanyahu und palästinensische „Führer“ zu sagen hatten. Meine Antwort war, dass es vorhersehbar ist, was diese Leute zu sagen haben, weshalb also die Zeit verschwenden und sich damit beschäftigen. Netanyahu ist ein kolonialistischer Rassist und kann nur sagen, was alle kolonialistischen Rassisten sagen. Obama ist ein Politiker, der der Lobby verpflichtet ist und kann nur versuchen, der Lobby zu schmeicheln und verzweifelt versuchen, die Wirklichkeit der amerikanischen Hypokrisie und Kriegstreiberei zu vertuschen. So wie viele prominente Palästinenser den Befreiungskampf aufgegeben haben und es mit dem Kampf um ihre Plätze getauscht haben. Niemand von ihnen rechnet wirklich mit der Macht des Volkes. Man lese den Artikel von Ali Abunimah „Was geschah mit der palästinensischen ‚Versöhnung‘?“ und besonders die drei links darinnen, die zeigen, wie einige Schlüsselfiguren der Palästinensischen Behörde (Fatah) sich mit etwas beschäftigten, was unter anderen Umständen als Verrat bezeichnet wird (siehe hier).

Rezensionen meines Buches über „Widerstand des Volkes in Palästina“ von Theresa Wolfwood siehe hier und von Asa Winstanley hier .

Offener Brief an das palästinensische Volk von dem südafrikanischen Theologen Dr. Farid Esack hier
Mazin Qumsiyeh hier.

Übersetzt von Einar Schlereth

Erscheinungsdatum des Originalartikels: 29.0.2011
Quelle: http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=4924

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