Angeblich erfolge der gegenwärtig in der Feinausplanung befindliche Generealumbau der Bundeswehr vor allem aus einem Grund: um Kosten einzusparen und den Rüstungshaushalt dauerhaft massiv abzusenken – so hieß es jedenfalls von offizieller Seite stets.
Tatsächlich geht es bei der ganzen Übung vor allem darum, die Bundeswehr effizienter, also kriegsfähiger zu machen, weshalb man von Kosteneinsparungen immer weniger wissen will (siehe auch IMI-Analyse 2011/027). Schon kurz nach Veröffentlichung der „Eckpunkte für die Neuausrichtung der Bundeswehr“ sickerte durch, Verteidigungsminister Thomas de Maiziere und Finanzminister Wolfgang Schäuble hätten sich bezüglich der Sparvorgaben auf eine aus Sicht der Bundeswehr akzeptable Lösung verständigt. Am 6. Juli veröffentlichte der Tagesspiegel nähere Details, die zeigen, dass von Sparen nun wirklich keine Rede mehr sein kann.
Zur Erinnerung: zu den 81,6 Milliarden Euro, die die Bundesregierung bis 2014 einsparen will, sollte die Bundeswehr laut Beschluss vom Juni 2010 eigentlich 8,3 Milliarden beitragen. Ein erstes Präsent wurde der Truppe noch unter Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg überreicht, indem ihr eine „Fristverlängerung“ bis 2015 genehmigt wurde. „Das klingt nach wenig, führt aber dazu, dass der Verteidigungshaushalt von heute nominal 31,5 Milliarden Euro bis 2015 nur auf 30,4 Milliarden sinkt – die alte Zielmarke 2014 hätte zu nominal 27,6 Milliarden Euro geführt“, so der Tagesspiegel. Damit wird der Etat jedoch um 2,6 Milliarden über dem Haushalt von 2006 liegen. Hier von drastischen Einsparungen zu reden, ist, vorsichtig formuliert, gewagt.
Doch es kommt noch besser: Kostenreduzierungen sollen vor allem im Personalbereich erzielt werden, denn die Ausgaben für die Beschaffung neuer Rüstungsgüter will man auf keinen Fall reduzieren. Da man diese Mitarbeiter aber nicht einfach feuern kann, entstehen hier weiter Kosten, die aber nun nicht dem Militärbudget, sondern dem Bundeshaushalt angelastet werden sollen, wie der Tagesspiegel weiter berichtet: „[Schäuble] überweist de Maizière bis 2015 jährlich eine Milliarde. Die Summe schrumpft mit jedem Zivilen, der einen Job im öffentlichen Dienst außerhalb der Bundeswehr findet. Schäuble hat deshalb im Kabinett eine Regelung durchgesetzt, nach der jedes Bundesressort, das eine neue Stelle schafft, erst einmal im Bundeswehr-„Überhang“ nach einem geeigneten Kandidaten suchen muss.“
Wer sich jetzt noch nicht vom Spareifer der Bundeswehr veräppelt fühlt, für den gibt es abschließend noch ein besonderes Schmankerl. Die „Eckpunkte“ legen eine Bundeswehr-Zielgröße von 170.000 Zeit- und Berufssoldaten plus – je nach Erfolg der Rekrutierungsanstrengungen – 5.000 bis 15.000 Freiwilligen fest. Nach Angaben des Tagesspiegel soll der Bundeshaushalt augenscheinlich sogar für die Gehälter aller angeworbenen Freiwilligen aufkommen, die über der Untergrenze liegen: „Diesen Überfluss zahlt ebenfalls Schäuble aus dem allgemeinen Haushalt – rund 2500 Euro im Monat pro Mann oder Frau.“ Eine kurze Nebenrechnung (10.000*2500*12) ergibt für dieses Geschenk jährliche Kosten von noch einmal 300 Mio. Euro, sollte es der Bundeswehr gelingen, die Maximalzahl an Freiwilligen zu werben. Je erfolgreicher die Bundeswehr demzufolge rekrutiert und dabei größer wird, desto stärker entlastet sie ihren Haushalt, absurder geht es wohl kaum mehr.
Abschließend das Spardrama in Zahlen: Der Etat der Bundeswehr, der angeblich ein finanzieller Kahlschlag ungeahnten Ausmaßes verordnet wurde, wird sich im Jahr 2015 im Extremfall real auf 31,7 Milliarden Euro belaufen, mehr als heute und fast vier Milliarden über dem Haushalt des Jahres 2006!
Jürgen Wagner