Norwegen-Attentate sollen für Internet-Kontrolle durch neue EU-Direktive benutzt werden
EU-Kommission und EU-Lobby versuchen der deutschen Öffentlichkeit eine verschärfte Direktive der Vorratsdatenspeicherung als vermeintlich notwendige Reaktion auf das Bomben-Attentat in Oslo und Massenmord auf der Insel Utoya am 22.Juli zu verkaufen. Diese soll u.a. auch die Sperrung von Internet-Seiten und deren Löschung ermöglichen. Derweil hat sich nun heraus gestellt, daß der norwegische Polizei-Geheimdienst PST sich nach eigenen Angaben bereits im März Zugang zum Telefon und Internet-Verkehr vom mutmasslichen alleinigen Attentäter verschaffte, den er auf einer Beobachtungsliste („watch list“) führte.
Zur Zeit entwerfen unbekannte Bürokraten der „Europäischen Union“ und EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström eine neue Fassung der 2006 erlassenen Direktive (Richtlinie) für die allgemeine anlasslose Speicherung aller informellen Verkehrsdaten der Bevölkerungen in allen EU-Mitgliedsstaaten, die sogenannte Vorratsdatenspeicherung. Die EU-Richtlinie war seinerzeit nicht durch einen Beschluss des Obersten EU-Rates, dem „Europäischen Rat“ der Staats- und Regierungsleiter zustande gekommen, sondern lediglich durch einen Beschluss einen der neun untergeordneten Ministerräte („Rat der Europäischen Union“), dem Rat der Innen- und Justizminister und auch nicht einstimmig. Die Innen- und Justizminister von Irland und der Slowakei stimmten gegen die Direktive. Bis heute ist damit umstritten, ob dieser erste Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung selbst nach EU-Recht überhaupt legal war.
ALARMZUSTAND NR.1, DIREKTIVE NR.1.
Umsetzungsgesetze dieser Richtlinie, welche die Parlamente in den souveränen Mitgliedsstaaten beschlossen, wurden in Tschechien, Deutschland und Rumänien durch die Verfassungsgerichte aufgehoben. Das rumänische Verfassungsgericht entschied zudem, daß die anlasslose Massenspeicherung der Daten der gesamten Bevölkerung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstösst. Das deutsche Verfassungsgericht ist bei seiner Aufhebung auf diesen Punkt nicht eingegangen. Schweden hat die Direktive erst gar nicht umgesetzt.
Am 15.April dieses Jahres nun vermeldete selbst EU-Kommissarin Cecilia Malmström, deren Amt “für Inneres” in der EU erst seit Februar 2010 existiert, in der Presse große Zweifel an, ob die seinerzeit 2006 durch den Ministerrat der Innen- und Justizminister beschlossene Direktive zur internationalen Vorratsdatenspeicherung in allen EU-Mitgliedsländern denn tatsächlich so angemessen und notwendig gewesen sei. Der Rahmen, in dem sich Strafverfolger ohne Strafen Zugang zu den gesammelten Daten beschaffen können, sei doch etwas zu groß geraten.
EU-Innenkommissarin Malmström am 15.April:
“Ich glaube, dass die derzeitige Richtlinie den Regierungen zu viel Spielraum bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung gibt. Auch lässt sie zu viel Raum für die Aufbewahrung und den Umgang der Telekommunikationsanbieter mit den Daten.”
Was die EU-Innenkommissarin damit meinte, aber nicht sagte: in Frankreich umfaßt der “Vorratsdatenspeicherung” genannte kollektive staatliche Raub von Persondaten nicht nur alle vollständigen Namen, Pseudonyme, Adressen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Zeitabläufe der Nutzung des Weltinformationsnetzes, sondern auch die Passwörter aller Staatsbürger. Sogar Google und Facebook klagen derzeit gegen die von der Sarkozy-Regierung erlassene Verfügung vor dem französischen Verwaltungsgericht.
Malmström erinnerte sich an die Umstände, unter denen die 2006 in Kraft getretene Direktive (der das EU-Parlament bereits 2005 zugestimmt hatte) überhaupt beschlossen worden war:
„Die EU befand sich nach den Terrorangriffen in Madrid 2004 und in London 2005 im Alarmzustand. Es herrschte das dringende Bedürfnis, die Regeln zu harmonisieren, damit notwendige Beweismittel für Ermittlung und Verfolgung abrufbar wurden.“
EU-Kommissarin Malmström verlautbarte, dass eine seit 2009 laufende Prüfung der Vorratsdatenspeicherungs-Direktive zu einer negativen Einschätzung gekommen sei und kündigte an, erst Ende 2011 eine neue EU-Direktive zurVorratsdatenspeicherung vorzulegen. (2.Mai, Wie der Apparat versucht seinen deutschen Patriot Act zu retten)
Der Öffentlichkeit drängen sich nun nicht nur eine Parallele, sondern die selben alten „Beschützer“ auf.
ALARMZUSTAND NR.2. DIREKTIVE NR.2?
Der Vize-Vorsitzende der „Europäischen Volkspartei“ (EVP), Manfred Weber, Doppelmitglied im deutsch-bayrischen EVP-Ableger CSU, heute in der „Rheinischen Post“ (1):
„Wir brauchen EU-Gesetzesregeln, die vorschreiben, dass extremistische Seiten europaweit gelöscht oder gesperrt werden müssen.“
EVP-Vize Weber nannte ausdrücklich die Norwegen-Attentate als Begründung. Derweil schrieb EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström an die FDP-Bundestagsfraktion, um deren Abgeordnete zur Zustimmung zu Vorratsdatenspeicherungs-Direktive Nr.2 zu bewegen.
Doch die liberale Bundestagsfraktion hält, zumindest zur Zeit noch, dagegen. Ihr Bürgerrechts-Experte Marco Buschmann, Mitglied der Jungen Liberalen und in der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, zur Offensive der EU-Kommissarin:
„Frau Malmström gehen die Argumente aus. Sie trägt nur noch vor, dass mehr Daten besser seien als weniger.“
Flankenschutz für den neuen Angriff auf die freie Bürgergesellschaft gab Kommissarin Malmström ein weiteres Mitglied der „Europäischen Volkspartei“: Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher eines weiteren EVP-Ablegers im Bundestag, der CDU. Bereits gestern hatte Uhl das Massaker in Norwegen zum Anlass für die Forderung nach einer anlasslosen „Überwachung von Internetverkehr und Telefongesprächen“ der Deutschen genommen. (CDU/CSU fordert Vorratsdatenspeicherung für die potentiellen Otto-Normal-Bomber von Deutschland)
Heute legte Uhl, im bekannt grenzenlosen Haß der Reaktionäre auf das grenzenlose Internet, im „Deutschlandfunk“ (2) nach. Dabei nahm uns der EVP-Ableger Uhl wieder einmal die Arbeit ab, seine Kombattanten aus der „Sozialdemokratischen Partei Europas“ (deutscher Ableger: SPD) gleich mit zu outen.
„Deutschlandfunk: Herr Uhl, wie ethisch oder wie unethisch ist es, den Doppelanschlag von Oslo mit 76 Toten als politischer Trittbrettfahrer zu benutzen?
Uhl: Ich möchte auf diese Äußerung nicht näher eingehen, sie kommt von linker Seite, und möchte stattdessen lieber meinen Kollegen aus der Großen Koalition Dieter Wiefelspütz an der Stelle grüßen. Wir waren uns auf weite Strecken einig und werden uns auch bei diesem Thema, bei diesem schrecklichen Ereignis von Oslo einig.“
Uhl kam bezüglich der blutigen Morde von Oslo und auf Utoya, laut Angaben der norwegischen Polizei allein ausgeführt durch den Tatverdächtigen Anders Behring Breivik, zu dem sensationellen Schluss:
„Jetzt wird immer mehr bekannt über seine Internet-Kontakte. In Wahrheit wurde diese Tat im Internet geboren.“
Nun, dem ersten Satz könnte man zustimmen.
POLIZEI-GEHEIMDIENST HATTE ZUGANG ZU TELEFON UND INTERNET-VERKEHR DES MUTMASSLICHER ATTENTÄTERS
Wie heute der norwegische Polizei-Geheimdienst Politiets Sikkerhetstjenest (PST) laut norwegischen Zeitungsberichten zugeben musste, hatte der PST im März dieses Jahres Zugang zu Telefon- und Internet-Verkehr des heutigen Tatverdächtigen Breivik; wie der PST behauptete, lediglich für 24 Stunden, da sich keine „Verdachtsbasis“ ergeben habe, Breiviks Aktivitäten weiter zu überwachen. Anlass war dem PST zufolge der via Internet in einem polnischen Shop getätigte Kauf von Chemikalien für landwirtschaften Betrieb auf einem Bio-Bauernhof, der sich in Breiviks alleinigen Besitz befunden haben und allein von ihm bewohnt worden sein soll. Trotz der angeblich eingestellten Überwachung von Breiviks Telefon und Internet-Verkehr durch den Polizei-Geheimdienst wurde Breivik durch den PST auf einer „Beobachtungsliste“ („watch list“) geführt (3). PST-Leiterin Janne Kristiansen äußerte:
„Wir hatten absolut nichts gegen Behring Breivik in der Hand, er lebte ein unglaublich gesetzestreues Leben“ (4)
Nach den Attentaten in Oslo und auf der Insel Utoya hatte der PST über Verbindungen in die norwegische Boulevard-Presse noch umgehend betont, der auf Utoya festgenommene Breivik sei dem Polizeidienst völlig unbekannt. Das PST-Dementi, was sich heute als gelogen herausstellte, war umgehend von der deutschen Boulevard-Presse übernommen worden. (5)
DIE EINSCHÄTZUNG DES NORWEGISCHEN POLIZEI-GEHEIMDIENSTES ZUR BEDROHUNGSLAGE IN 2011
Dieses Frühjahr veröffentlichte der Politiets Sikkerhetstjenest seine jährliche „Einschätzung zur Bedrohungslage“ („threat assessment“) in Norwegen. Darin konstatierte der Polizeidienst, das Rechtsextremisten in Norwegen zwar existierten, aber „in den letzten Jahren kaum aktiv gewesen sind“. Obwohl der Trend in 2010 einen „ansteigenden Level der Aktivtät“ gezeigt habe, würden
„in 2011, wie in früheren Jahren, rechtsextreme und linksextreme Gruppen keine ernsthafte Bedrohung für die norwegische Gesellschaft darstellen.“
Stattdessen seien es „primär“ islamistische Extremisten,
„die im kommenden Jahr eine direkte Bedrohung für Norwegen darstellen könnten.“ (6)
Dieses „threat assessment“ des norwegischen Polizeidienstes PST erschien im März (7). Im selben Monat, in dem sich der PST Zugang zum Telefon- und Internet-Verkehr des heutigen mutmasslichen Massenmörders Anders Behring Breivik hatte und ihn einer „Beobachtungsliste“ führte.
IHRE PRIORITÄT NR.1
Nicht diejenigen, die staatlichen Diensten Fragen stellen nach einem Massenmord, den diese Dienste zu verhindern haben, müssen sich nun vor der Öffentlichkeit erklären;
sondern diejenigen, die solchen staatlichen Diensten wegen skrupellosen und barbarischen Verbrechen noch mehr Vollmachten über die gesamte Bevölkerung in die Hände geben wollen.
(…)
Artikel zum Thema:
25.07.2011 Wann waren am Freitag wieviel Wachmannschaft, Polizei und Geheimdienst auf Utoya?
Gestern am späten Abend veröffentlichte das Boulevard-Blatt “Verdens Gang” (VG), zwei Tage nach den Norwegen-Attentaten von Oslo und Utoya, eine überraschende Meldung. Unter den Toten auf der Insel, so VG, sei auch ein Polizist. Dieser habe sich dort “außer Dienst”aufgehalten und sei dort als Wachmann eingesetzt gewesen. Unbewaffnet.
24.07.2011 Die Entdeckung des Otto-Normal-Bombers
Analyse und Kommentar zu den zynischen Lügen und dreisten Manipulationen rund um die Norwegen-Attentate in Oslo und Utoya.
– Der ranghöchste Polizist Norwegens hat in einer Pressekonferenz einräumen müssen, daß ein Polizist “auf der Insel hätte sein sollen”.
– Der norwegischen Polizei wurde bei den Ermittlungen durch die Londoner Polizei “geholfen”.
– Anwohner, die mit Booten Überlebende retteten, wurde von der Polizei befohlen, sich nicht der Insel zu nähern.
– Große Teile des angeblich vom festgenommenen Verdächtigen Anders Behring Breivik geschriebenen “Manifestes” sind ein Plagiat des “Manifestes”, welches 1995 vom “Una-Bomber” Theodore Kaczynski verschickt wurde.
Quellen:
(1) http://www.rp-online.de/panorama/ausland/norwegen/Politiker-fordern-Bann-radikaler-Internet-Seiten_aid_1015753.html
(2) http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1513109/
(3) http://www.dailymail.co.uk/news/article-2018646/Anders-Behring-Breivik-Norwegian-secret-service-watchlist.html?ito=feeds-newsxml
(4) http://www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungen-zu-anschlaegen-breivik-fiel-polizei-bereits-im-maerz-auf-1.1124556
(5) http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,776272,00.html
(6) http://news.nationalpost.com/2011/07/24/focus-on-islamists-letting-other-extremists-escape-spotlight-experts/
(7) http://www.europeanvoice.com/article/2011/july/eu-ponders-response-to-norway-attacks/71732.aspx