Cäsar Trichet, Epaminondas Wulff und das „Securities Markets Programme“ (SMP) der EZB
Der Präsident von Deutschland, Christian Wulff, hat öffentlich Kritik geübt am Ankauf von Schuldtiteln (Anleihen) europäischer Staaten durch die nichtstaatliche Frankfurter „Europäische Zentralbank“ EZB, die unsere Währung und unser Geldsystem kontrolliert. Diesbezüglich scheint es da unten im Feld ein paar Verwirrungen zu geben. Hier eine kleine Darstellung der Abläufe.
Das „Securities Markets Programme“ (SMP) der EZB
Am 10.Mai 2010 startete die „Europäische Zentralbank“ EZB das „Securities Markets Programme“ (SMP). (Hinweis: us-amerikanisches Englisch: „program“, europäisches Englisch „programme“.)
Das SMP-Programm funktioniert wie folgt: die EZB kauft Schuldtitel („Staatsanleihen“) von Staaten innerhalb ihrer Währungszone auf. Sie kauft diese aber nicht direkt bei den Staaten, also nicht auf dem „Primärmarkt“, sondern auf dem „Sekundärmarkt“, auf den Geldmärkten oder außerhalb des regulären Börsengeschäftes durch direkte Geschäfte mit Finanzorganisationen wie Banken, Versicherungen, etc.
Durch diesen Vorgang „schöpft“ (erfindet) die EZB Geld. Die Geldmenge erhöht sich.
Was bis heute weithin unbekannt ist: die EZB entzieht diese durch den Staatsanleihen-Ankauf geschöpfte Geldmenge wieder dem Geldmarkt. Sie tut dies im Zuge von „fine-tuning operations“ (Feinsteuerungsoperationen) durch wöchentliche „Tender“, in diesem Falle Angebote zur Geldanlage bei sich, gegen Zinsen. Diese Zinsen schwanken je nach wöchentlichem Tender.
D.h.: die EZB entzieht dem Geldsystem wieder die Menge an Geld, die sie selbst geschöpft hat. Die EZB nennt diesen Entzug von Geldmenge das „Sterilisieren“ oder „Absorbieren“ von „Liquidität“.
In diesem Prozess kassiert die EZB Zinsen von den Staaten, dessen Anleihen sie auf dem Sekundärmarkt gekauft hat und zahlt Zinsen an die Banken, deren Summe sie im Zuge der Tender bei sich geparkt hat. Da die Zinsen auf Staatsanleihen meist um ein Vielfaches höher sind, als die Zinsen, welche die EZB an die Banken zahlen muss, macht die Frankfurter Zentralbank so permanent einen satten Gewinn. Ebenso machen natürlich die Banken (eher geringen) Gewinn über den von der EZB gezahlten Tender-Zins.
Wer draufzahlt ist klar: die Staaten. Sie zahlen die Schuldzinsen für ihre Anleihen an die Besitzer, in diesem Fall die EZB.
Der erste „Schnelltender“ der EZB im Rahmen des SMP-Programms (Beginn 10.Mai 2010) wurde am 17.Mai bekannt gegeben. Er enthielt das Angebot an die Banken bei ihr Geld zu hinterlegen und dafür 1 Pozent Zinsen zu kassieren. Angestrebt wurde die Geldmenge von 16.5 Milliarden Euro wieder dem Geldmarkt zu entziehen. Diese Summe hatte die EZB innerhalb von drei Tagen, vom 10.Mai bis einschließlich dem 13.Mai, geschöpft und für Staatsanleihen ausgegeben. (1)
Solange die EZB nun Staatsanleihen besitzt, die alle irgendwann ja nach Laufzeit auslaufen, reduziert sie als Teil des SMP-Programms jede einzelne Woche auf´s Neue durch Tender die Geldmenge / Liquidität um die Summe, die sie für den Kauf von Staatsanleihen geschöpft hat.
Im Frühjahr dieses Jahres stoppte die EZB ihr Programm. Am 4.August nahm sie es wieder auf. Vor drei Tagen nun gab die EZB das ab dem 23. August 11.30 Uhr gültige Angebot eines Wochen-Tenders über 110.5 Milliarden Euro zu 1.5 Prozent Zinsen heraus. 110.5 Milliarden Euro: der Nominalwert der im Besitz der EZB befindlichen Staatsanleihen.
Zusammenfassung
Die EZB macht durch diese Staatsanleihen-Aufkäufe Gewinn. Auch erhöht sie nicht die (im Umlauf befindliche) Geldmenge. Jegliche Bewertung des Geldsystems an sich, sowie das übliche Eindreschen vom Kutschbock, sei hier ausnahmsweise einmal ausgespart.
Nur schnell noch ein Zitat. Es ist von August Neidhardt von Gneisenau, Stabschef von Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher.
„Welche unendlichen Kräfte schlummern in einer Nation und werden nicht entwickelt und nicht ausgenutzt! Während ein Reich in Schwäche und Schande dahinvegetiert, steht vielleicht in dem elendsten Dorf ein Cäsar hinter dem Pflug und ein Epaminondas nährt sich kümmerlich von seiner Hände Arbeit.“
Schauen wir also auf dem Kutschbock der Republik einfach weiter gebannt und vertrauensvoll zu, wie Cäser Trichet und Epaminondas Wulff durch ihre Hände Arbeit die Karre wieder aus dem Dreck ziehen. Jetzt wissen sie ja vielleicht ungefähr in welche Richtung.
Kleiner Tipp: in Richtung „reich“ ist es nicht.
Quellen:
(1) http://www.ecb.int/mopo/implement/omo/html/index.en.html
Navigationstipps, hinzugefügt am 18.November
„Sterilisierte“ Geldmenge zu finden unter:
Home > Monetary Policy > Instruments > Open market operations > Ad-Hoc-Communications
Tägliche Liquidität, u.a. aus SMP Anleihekaufprogramm zu finden unter:
Home > Monetary Policy > Liquidity analysis. Die augenblicklich durch Staatsanleihenkäufe geschöpfte Geldmenge bzw der Umfang der Anleihenkäufe ist dort zu finden unten bei „Monetary policy portfolios“, „Securities Markets Programme“, „Outstanding amount“.