Über die Rede von Bundespräsident Christian Wulff und seine Kritik an einer politisch viel zu abhängigen Frankfurter Zentralbank EZB.
Die Rede von Bundespräsident Christian Wulff am Mittwoch zur 4. Tagung der Wirtschaftsnobelpreisträger in
Lindau hat ein Schlaglicht geworfen auf das Verhältnis zwischen der nichtstaatlichen „Europäischen Zentralbank“ EZB und den parlamentarisch-demokratischen Staaten, die sich innerhalb der letzten 12 Jahre das Währungs- und Finanzsystem „Euro“ gegeben haben und nun durch dieses mit einem Umsturz bedroht werden.Wulff äußerte in dieser Rede eine Selbstverständlichkeit, die nicht nur den gesamten Rest seiner Rede konterkarikiert, sondern heutzutage schon brisanten Charakter hat:
„In freiheitlichen Demokratien müssen die Entscheidungen in den Parlamenten getroffen werden. Denn dort liegt die Legitimation.“
Von diesem demokratischen Anfall einmal abgesehen, ist die Rede des deutschen Präsidenten – bei aller z.Z. modernen Kritik am dem, was alle außer Wulff schon kritisiert haben – keinesfalls ein Eintreten für die bedrohte Demokratie auf deutschem Boden. Im Gegenteil. Sie ist eine fast sentimentale Reminiszenz an die „transatlantischen Beziehungen“, längst überwundene Diktaturen, Blockbildungen und Kriege des 20.Jahrhunderts, sowie an die Verwechslung Europas mit der neunzehn Jahre alten Organisation „Europäische Union“.
Bei seiner (bestimmt nicht selbst geschriebenen) Rede strömte dem Präsidenten Wulff die unbedingte Unterwerfungssucht unter diese Dogmen der letzten 20 Jahre – der neoautoritären Epoche des Weltkapitalismus („Globalisierung“), des weltweiten Krieges, der neuen Blockbildung und des neuen Feudalismus – aus jeder Pore:
„Unser Europa muss uns alle Anstrengung wert sein. Nichts ist selbstverständlich. Das Schicksal Europas ist das Schicksal aller seiner Völker. Auch deutsche und europäische Interessen sind nicht voneinander zu trennen. Dieser Verantwortung sind wir Deutsche uns bewusst.“
Da sich die Interessen des deutschen Volkes elementar von den Interessen derjenigen unterscheiden, die vom Volk und seinen gewählten Organen als ihre legislative und exekutive Vertretung gewählt worden sind, sollte es für den gewählten Bundespräsident (wenn auch im Pluralis Majestatis „Wir“) selbstverständlich sein, seinen Amtseid einzuhalten und sich dieser Verantwortung auch bewusst zu sein:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Bei seiner diesen Eid vollständig ignorierenden Rede machte der verhinderte EU-Präsident Wulff den grundsätzlichen Fehler, Kritik an seinem real existierenden Frankfurter Finanzvorgesetzten der „Europäischen Zentralbank“ (EZB) zu äußern und dann inhaltlich und fachlich daneben zu liegen.
„Ich halte den massiven Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die Europäische Zentralbank für rechtlich bedenklich. Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verbietet der EZB den unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln, um die Unabhängigkeit der Notenbank zu sichern. Dieses Verbot ergibt nur dann Sinn, wenn die Verantwortlichen es nicht durch umfangreiche Aufkäufe am Sekundärmarkt umgehen. Der indirekte Kauf von Staatsanleihen ist im Übrigen auch noch teuerer als der direkte. Wieder verdienen Finanzmarktakteure Provisionen ohne jedes Risiko.“
1. Es ist nicht bekannt, daß Bundespräsident Christian Wulff ein einziges Mal bereit gewesen wäre die Verfassung – auf die er einen Eid geschworen hat – gegen offen verfassungswidrige Gesetze des Bundestages zu verteidigen und sich dementsprechend zu weigern diese zu unterschreiben. Auch den Handlungen der Bundesregierung, die mittlerweile EU-Recht genauso ignoriert wie das Grundgesetz, hat der Präsident nie Einhalt geboten – obwohl er auch das sehr wohl könnte, wenn er denn wollte. Dementsprechend hat Präsident Wulff nicht die Lobby, die Umgehung von Artikel 123 AEUV zu kritisieren. Das hätte Wulff, das hätte jeder, der den Lissabon-Vertrages so bejubelt hat, vor dessen Inkrafttreten tun müssen.
2. Natürlich verdienen Finanzmarktakteure Provisionen ohne jedes Risiko. Das tun sie jeden Tag, auf Kosten des Staates und der Gesellschaft. Aber teuer ist der Ankauf von Staatsanleihen nur für die Staaten, die diese Anleihen heraus geben. Die zahlen darauf die Zinsen. Die EZB selbst, und damit auch die 17 Notenbanken, die sie tragen, macht dabei nämlich keineswegs Verlust, wie landauf, landab überhall behauptet wird, sondern Gewinn. Auch erhöht sich die Geldmenge nicht, da die EZB seit Beginn des “Securities Markets Programme” (SMP) am 10.Mai 2010 wöchentliche Tender heraus gibt, um die durch den Staatsanleihen-Ankauf erfundene (geschöpfte) Geldmenge wieder aus ihrem Geldsystem heraus zu ziehen. (Cäsar Trichet, Epaminondas Wulff und das “Securities Markets Programme” (SMP) der EZB, 25.August)
3. Die Unabhängigkeit der Zentralbank? Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland sorgt sich um die Unabhängigkeit der Zentralbank? Wulff sollte sich um die Unabhängigkeit der Republik Gedanken machen, um die Unabhängigkeit der europäischen Demokratien, um die Unabhängigkeit demokratisch gewählter Institutionen und Verfassungsorgane von einem monströsen, mit einander verschmolzenem, weltumspannenden Geflecht aus Zentralbanken, Geschäftsbanken, Hedgefonds, Versicherungen, „Internationalem Währungsfonds“ und „Europäischer Union“. Stattdessen huldigt Wulff seinem, nein, „unser aller“ Euro-Diktator. Dieser lasse sich einfach viel zu sehr von der Politik bei seinen Entscheidungen reinreden, wann wo wie in Griechenland, Irland, Portugal, Italien und Spanien Arbeiter rausgeschmissen, Löhne gekürzt, Renten gekürzt, Betriebe entstaatlicht, Versorgungseinrichtungen entstaatlicht, Infrastruktur entstaatlicht und letztlich der ganze Staat entstaatlicht wird.
Ist Wulff noch ganz dicht? Ist der amtierende Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland noch ganz dicht in seinem Schädel??
Die Zerstörer Europas und seiner Demokratien, sie wagen es, sie wagen es uns zu erzählen, daß der Raub, die Plünderung des materiellen Wohlstands – Hand in Hand gehend mit der Zerstörung unseres geistigen, rechtlichen, gesellschaftlichen Besitzes: Verfassung, soziale Sicherheitssysteme, demokratische Partizipation, Ausgleich der Kräfte / Gewaltenteilung – daß dieser Raub des Wohlstands und die Zerstörung der Werte in Europa, daß das „Europa“ sei.
Sie wagen es. Sie wagen es?!!
Die Rede von Präsident Wulff deutet an, daß dessen Schreiber, die Nomenklatura – vielleicht sogar den ausführenden Redner selbst – das mulmige Gefühl beschlichen haben, daß das Volk der Deutschen ganz anders ticken könnte als sie selbst. Man will irgendwie wissen, was da los ist, beim Pöbel. Bild, BamS und Glotze, Brot und Spiele, Gladiatoren und Gemetzel, ab und zu ein paar Religiöse den Löwen zum Fraß vorwerfen, all das ziehe irgendwie nicht mehr so richtig bei diesen spätrömisch Dekadenten in der Berliner Kolonie.
Die Rede des obersten nichtrepräsentativen Repräsentanten ist in großen Teilen eine flehentliche Bitte dieser Anonymen Autokraten um Erklärung, was da auf einmal mit diesen verdammten Repräsentierten von Deutschland los ist.
„Es mag in der Wissenschaft bislang keinen Konsens darüber geben, wie persönliches Wohlergehen am besten zu messen ist. Doch verschiedene Indikatoren, die die persönliche Lebensqualität von Menschen zu erfassen versuchen, zeigen, dass das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts allein nicht zu einer Steigerung des Glücksgefühls führt. Immer dann, wenn die materiellen Grundbedürfnisse erfüllt sind, scheint nicht mehr das materielle „Mehr“ entscheidend für die Zufriedenheit, sondern vielmehr die Möglichkeit, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sich frei und in stabilen gesellschaftlichen Verhältnissen entfalten zu können. Wohlstand hieße dann vor allem, die Chance zu haben, ein gedeihliches, sinnerfülltes und kreatives Leben zu führen. Viele Menschen wünschen sich das. Ich begrüße, dass die Wissenschaft menschliches Verhalten, dessen psychologische und soziologische Grundlagen künftig stärker experimentell erforschen möchte.“
Es scheint fast, als ob da ein wenig das Bedauern durchschimmert, daß dem Volk von Deutschland immer noch die „materiellen Grundbedürfnisse erfüllt“ werden, die diesen für die Nomenklatura so verhängnisvollen Prozess vermeintlich erst in Gang setzen. „Nur der hungrige Untertan ist ein guter Untertan“?
Auch da irrt der Präsident. Denn er spricht nicht aus Erfahrung. Das hat weder er, noch hat das irgendein anderer aus der Parteien-Kaste in den letzten 10 Jahren getan, wenn es um etwas anderes als Manipulation, Lüge, Betrug und Verrat ging. Denn das ist der einzige Wettbewerb, in dem die „Repräsentanten“ von Staat und Gesellschaft noch wettbewerbsfähig sind.
Für das Volk eintreten, es repräsentieren, das tun mittlerweile ganz andere als der Präsident. Sie haben ihm, den Partei-Organisationen, dem Währungs-Diktator EZB und seinen assoziierten Banken in Frankfurt, London und New York durch eine demokratische Gegenbewegung längst das Heft des Handelns aus den Händen genommen.
(…)
Artikel zum Thema:
17.12.2010 Staatsstreich des Euro-Systems gescheitert
Die Verwirrung und Desorientierung der Truppenteile von EU-Zentralisten und Finanzmächten darüber, was da gestern in Brüssel überhaupt passiert war, hielt heute den ganzen Tag an. Schließlich sah sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu genötigt, eine Erklärung abzugeben.
15.12.20010 Staatsstreich des Euro-Systems
Dazu muss immer wieder erklärt werden: Unabhängigkeit der Menschen ist Freiheit. Unabhängigkeit der Macht ist Diktatur.
Stalin, Hitler, Mao und alle anderen Diktatoren waren unabhängig von einem Parlament. Sie hatten eine unabhängige Regierung. Das unabhängige Euro-Geldsystem, welches der unabhängigen Zentralbank EZB und den “privaten” Banken ein Geldschöpfungsmonopol einräumt, ist eine Finanzdiktatur. Nichts anderes.
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