Kapitalistischer Staatsstreich in Spanien: EZB, Merkel und Sarkozy erpressen Verfassungsänderung

Zum zweiten Mal kollaborieren deutsche Banker, Staatsparteien und Politiker bei der Zerstörung der spanischen Demokratie.

Auf Druck der Frankfurter Zentralbank EZB, der Kanzlerin von Deutschland, Angela Merkel, und des Präsidenten von Frankreich, Nicolas Sarkozy haben heute die beiden großen Staatsparteien Spaniens, „Sozialisten“ und „Volkspartei“, die zweite Verfassungsänderung seit der Militärdiktatur unter Franco mit 316 Stimmen (bei 350 Abgeordneten) durch das Abgeordnetenhaus gepeitscht (1). Auf das angewandte Blitzverfahren hatten sich die beiden Parteiapparate erst vorgestern geeinigt. (2)

Der frühere Gewerkschaftsführer, Antonio Guiterrez, bezeichnete die Kollabration als „politischen Selbstmord“ der Sozialisten. Der 22. Präsident des EU-Parlamentes Josep Borrell („Sozialisten“):

„Die Reform ist ein rituelles Opfer für die Senora Merkel“ (3)

Gaspar Llamazares, Sprecher der Vereinigten Linken (4):

„Das ist eine Verfassungsänderung im Eilverfahren. Damit wird das Parlament zu einer verschlossenen Kartause, einem Konvent, in dem ohne Diskussion entschieden wird. Wir werden gegen diese Verfassungsänderung kämpfen, die Millionen Bürger außen vor lässt.“

Das bereits in Deutschland unter dem Nebelbegriff „Föderalismusreform“ und „Schuldenbremse“ in 2006 und 2009 erfolgreiche Konzept der massiven Verfassungsverstümmelung durch die etablierten Großparteien wurde nun in Spanien angewandt. Kurz zusammen gefasst zielt diese Strategie auf die sukzessive Rückführung aller staatlichen Aufgaben und Tätigkeiten bis auf die Bezahlung der Banken und die Aufrechterhaltung der dafür notwendigen Repression vor. Die demokratischen Strukturen werden abgebaut und gelähmt. Der Staat soll, wie ein Giftopfer, zuerst gelähmt werden, um dann langsam auszubluten und abzusterben. Den Rest sammelt die „Europäische Union“ ein. Die Bevölkerung wird den Raubrittern des Kapitals zum Plündern freigegeben.

Erpresst wurde die Verfassungsänderung Spaniens u.a. durch die deutsche Regierung. (9.August, Bundesregierung verlangt Verfassungsänderungen der EU-Mitgliedsstaaten mit Euro-System)

Sie erfolgte nach einem strategischen Feldzug der Operateure auf den Geldmärkten und in assoziierten Kreisen, die explizit auf Spanien und Italien zielten. (7.August, Strategischer Feldzug des Weltkapitalismus gegen die Demokratien: Chronologie und Hintergründe)

Am 21.Juli hatten die 17 Regierungsleiter im Währungsgebiet „Euro“ (darunter der bereits entmachtete „sozialistische“ Ministerpräsident Giorgos Papandreou aus Griechenland) sich zu einem „Euro-Sondergipfel“ getroffen. Vereinbart wurde die Änderung des Rahmenvertrages der Regierungen mit der luxemburgischen Aktiengesellschaft EFSF, die bereits u.a. 123 Milliarden Euro Steuergelder aus Deutschland verwaltet. Die EFSF soll nun u.a. Staatsanleihen verschuldeter Länder aufkaufen, sowie Banken direkt mit Steuergeldern subventionieren („rekapitalisieren“) können. Der angekündigte Schuldenerlass für die erpressten Staaten durch die kommerziellen Banken wurde durch die 17 Regierungsvertreter (darunter Merkel) ersetzt durch einen weiteren Aderlaß der Steuerzahler und Staaten.

Kurz nachdem sich am 31.Juli in den USA die beiden Staatsparteien „Demokraten“ und „Republikaner“ auf ein „Schuldenabbau“-Programm einigten, welches einen von der Verfassung nicht vorgesehenen „Super-Kongress“ instalierte und laut dem liberalen  “Center on Budget and Policy Priorities” auf eine „Form des `Klassenkriegs`“ hinausläuft, stiegen am 2.August plötzlich die Zinsen für spanische und italienische Anleihen. In den EU-Regierungsräten brach hektische Betriebsamkeit aus. Seit an Seit mit den Banken und der durch Werbeetats kommerziell kontrollierten Informationsindustrie und Staatssender wurden die „italienische Krankheit“ ausgerufen und Spanien gleich daneben vor die Zielscheibe gezerrt.

Am 4.August entschied die EZB im Rahmen ihres SMP-Programms Staatsanleihen von „Schuldensündern“ ihrer Währungszone fortzusetzen – aber ausgerechnet nicht den von spanischen und italienischen Anleihen. Erst als Italien und Spanien eine Unterwerfungserklärung abgegeben hatten, nahm die EZB am 7.August auch den Ankauf von italienischen und spanischen Anleihen auf (5). Sofort danach beruhigte sich die Situation. Die Zinsen für Italien und Spanien sanken wieder auf Normalmaß.

Entgegen der Behauptungen von Marktradikalen und eingebetteten Journalisten kostet das SMP Staatsanleihen-Aufkaufprogramm der EZB die Frankfurter Zentralbank und ihre beteiligten 17 Notenbanken aus den Staaten mit Euro-System keinen Cent. Im Gegenteil: die EZB macht damit Gewinn. Auch die Geldmenge erhöht sich nicht, da die geschöpfte Geldmenge durch wöchentliche Tender wieder sterilisiert wird. Die angebliche „Inflationsgefahr“ ist Geschwätz. (25.August, Cäsar Trichet, Epaminondas Wulff und das “Securities Markets Programme” (SMP) der EZB)

Kein einziger Abgeordneter aus den Staatsparteien im Bundestag hat bisher die Rolle der EZB, des Finanzdiktators des Euro-Systems, in dieser systematisch ablaufenden Zerschlagung der europäischen Demokratien hinterfragt.

Der dazu vorgestern abgegebene Kommentar der Kanzlerin von Deutschland (2):

„Alle Mitgliedsstaaten der EU – und damit auch Europa als Ganzes – müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und durch strikte Haushaltsdisziplin eine solide und nachhaltige Finanzierung ihrer öffentlichen Haushalte gemäß den Vorgaben des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspaktes sicherstellen, um sich in einer globalisierten Welt behaupten zu können“

Jeder Euro, der aus den erpressten Demokratien heraus gequetscht wird, fließt in die Bezahlung der Banken und Finanzgläubiger. Kein einziger Cent gelangt in den Wirtschaftskreislauf oder irgendeinen „Wettbewerb“, außer dem des Plünderns der kapitalistischen Raubritter.

Mitglieder der Schatten-Fraktion im deutschen Parlament, der „Europa-Union“, haben bereits „Überlegungen“ für eine Verfassungsänderung auch in Deutschland angestellt. Diese soll einen “großen EU-Ausschusses” installieren, der anstelle parlamentarischer Kontrolle “Ansprechpartner” der Regierung für die Verwendung von Steuergeldern durch den “Rettungsfonds” EFSF werden soll. (29.August, Schatten-Fraktion plant mit Verfassungsänderung für Entmachtung des Bundestages)

In Spanien muss am 7.September nach dem Abgeordnetenhaus noch die zweite Parlamentskammer Senat dem Staatsstreich zustimmen. Die Gewerkschaften Spaniens haben bis dahin zu massiven Protesten aufgerufen (6). Heute kam es auf dem Plaza de Neptuno vor dem Abgeordnetenhaus zu Demonstrationen. (7)

Was auch immer die Spanier nun erwartet, deren Demokratie zum zweiten Mal in ihrer Geschichte unter Kollaboration von deutschen Bankern, Staatsparteien und Politikern zerstört wird – sie sind das Volk. Zusammen sind sie unbesiegbar.

Placa de Catalunya, 27.Mai.

(…)

Artikel zum Thema:

27.05.2011 Polizei räumt brutal Camp der Demokratiebewegung in Barcelona: Proteste vor Spaniens Botschaften
Das Kapital lässt zuschlagen: Banken, “Europäische Union” und die Verrätermaschinen der Staatsparteien versuchen die Demokratiebewegung in Spanien zu unterdrücken. Diese ruft für heute, 19 Uhr, zu internationalen Protesten vor den Botschaften Spaniens.

Quellen:
(1) http://online.wsj.com/article/SB10001424053111904583204576546101414263340.html
(2) http://www.euractiv.de/finanzplatz-europa/artikel/spanien-schuldenbremse-nimmt-erste-hrde-005312
(3) http://www.ftd.de/politik/europa/:euro-krise-spanien-fuehrt-schuldenbremse-ein/60095791.html
(4) http://www.tagesschau.de/ausland/spanien368.html
(5) http://www.ecb.int/press/pr/date/2011/html/pr110807.en.html
(6) http://www.nytimes.com/2011/08/30/world/europe/30briefs-Spain.html
(7) http://www.businessweek.com/news/2011-09-02/spanish-lawmakers-approve-budget-amendment-amid-demonstrations.html

Video Quelle ersetzt am 14.05.2016.