Das neue Parlament des Kapitals

Der Bundestag soll ein EFSF-„Vertrauensgremium“ bilden, was bei „Eilbedürftigkeit“ über 250  Milliarden deutscher Steuergelder im „Rettungsfonds“ der luxemburgischen Aktiengesellschaft entscheiden soll.

Die Bundestagsfraktionen CDU/CSU und FDP haben sich im Laufe des Dienstag Nachmittag auf einen Entwurf für Artikel 1 Absatz 4 im „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ geeinigt. Dieser soll die verfassungsmäßige Hoheit des Parlamentes über die Staatsfinanzen gewährleisten. Absatz 4 fehlte im bisherigen EFSF-Gesetzentwurf und soll nun wie geplant durch Änderungsantrage im bereits laufenden Gesetzgebungsverfahren hinzugefügt werden. (Die “Formulierungshilfe” des Bundesfinanzministeriums für die EFSF-Ermächtigung, 1.September)

Mit der nun geplanten Regelung im EFSF-Gesetz zur vermeintlichen Gewährleistung der Haushaltskontrolle durch das Parlament wollen Regierung und Banken mit Not-, Sonder- und Wenn-Dann-Konstrukten einen weiteren Schritt zur Entdemokratisierung der Bundesrepublik erpressen.

Sollte der Bundestag am 29.September den EFSF-Gesetzentwurf annehmen, entscheidet über die Verwendung von geplanten 253 Milliarden Euro deutscher Steuergelder (211 Mrd plus 20 %) im Fonds der luxemburgischen Aktiengesellschaft EFSF (dem sogenannten „Euro-Rettungsfonds“ bzw „Euro-Rettungsschirm“, der u.a. Banken „rekapitalisieren“ soll),  demnächst ein von der Verfassung nicht vorgesehenes „Vertrauensgremium“ aus neun Personen. Es soll entweder vom Bundestag selbst, oder sogar nur vom Haushaltsausschuss gewählt werden, der sich damit selbst entmachtet. (1)

Die Begründung der kapitalistischen Putschisten nach Gewährleistung von Handlungsfähigkeit und Vertraulichkeit bei „Eilbedürftigkeit“ der Ausgabe von Milliarden Steuergelder – an die Finanzgläubiger der Staaten, nicht an die Staaten selbst – ist zynischer Hohn. Als ob nicht immer alles dringend wäre, wenn jemand Milliarden von Euros will.

Das Kapital hat so über seine kontrollierten Kapitalmärkte jeden Spielraum diese Republik nach Belieben zu erpressen. Dies passiert bereits seit Jahren, mit Billigung der „pro-europäischen“ Verfassungsfeinde, die nicht nur diese Republik für das Kapital plündern, sondern ebenso alle anderen europäischen Demokratien, auf die sie durch das Euro-Finanzsystem Zugriff haben. Das Finanzsystem des Euro dient dabei als Vehikel für den von den Völkern nie gewählten Anschluss aller europäischen Staaten an einen „Superstaat“. (Strategie eines Staatsstreichs: “Mit dem Euro die europäische Integration zu zementieren”)

Der Haushaltsausschuss wird im Grundgesetz nicht einmal erwähnt. Es handelt sich bei diesem Gremium bereits selbst um ein Stellvertretergremium des frei gewählten Parlamentes. Ein von diesen Stellvertretern gewähltes neues Gremium von Stellvertretern wäre die berühmte „Entleerung der von der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung gewährleisteten politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Parlaments“, welches das Bundesverfassungsgericht in seinem EFSF-Urteil 2 BvR 987/10 vom 7.September als letzte Prothese von parlamentarischer Demokratie gerade noch stehen ließ (wenn auch nur als Möglichkeit gegen Verletzung dieses Rohbaus überhaupt klagen zu können).

Daß Parlamentspräsident Norbert Lammert – im krakeelenden Chor der antiparlamentarischen Abrissbirnen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und den Fraktionsführungen von CDU/CSU und FDP, denen der kalte Staatstreich gegen die Republik gar nicht schnell genug gehen kann – nun immerhin erreichen will, daß das neunköpfige „Vertrauensgremium“ vom Parlament selbst gewählt wird (2), ist Makulatur.

Das Parlament soll ein faktisches Ersatzparlament wählen, ein neues Parlament des Kapitals – klein, handlich, (noch) besser zu manipulieren und zu erpressen – damit dieses dann vollends geheim und von der Öffentlichkeit abgeschirmt über Gelder in gigantischen Größenordnungen entscheidet, deren Vergabe die Republik den Kapitalmärkten und transstaatlichen Organisationen wie „Internationalem Währungsfonds“ und „Europäischer Union“ noch weiter ausliefert. Die Verfassungsordnung wird so, in faschistischer Heimtücke und Tradition, für Kapitalinteressen unter dem Nebel des „Europäertums“ weiter zersetzt.

Die Kräfte des Kapitals, des Tiefen Staates und der sogenannten „europäischen Föderalisten“, die seit Jahren an nichts anderem arbeiten als den Bestand der Berliner Republik, sowie den Bestand jeder anderen europäischen Demokratie in Frage zu stellen, sind wieder einmal im Anmarsch.

Wollen wir sie gebührend empfangen.

(…)

Vorhergehender Artikel:
29.08.2011 Schatten-Fraktion plant mit Verfassungsänderung für Entmachtung des Bundestages
Bundestagsabgeordnete der “Europa-Union” stellen “Überlegungen” zur Installation eines “großen EU-Ausschusses” an. Dieser soll anstelle parlamentarischer Kontrolle “Ansprechpartner” der Regierung für Verwendung von Steuergeldern durch den “Rettungsfonds” EFSF werden.

Quellen:
(1) http://www.tagesschau.de/wirtschaft/parlamentsbeteiligung100.html
(2) http://www.europeonline-magazine.eu/union-hat-noch-nderungsbedarf-an-euro-parlamentsbeteiligung_156076.html

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