Der 2 Billionen Euro Staatsstreich der Banken
Laut einem „Top-Finanz-Beamten“ sollen die Gelder des EFSF in eine neue „Zweckgesellschaft“ der „Europäischen Investitionsbank“ umgeleitet werden, welche anschließend „Euro-Bonds“ durch die Hintertür heraus geben könnte.
Abgeordnete aus FDP und SPD werfen der Regierung vor mit der EFSF-Ermächtigung am Donnerstag das Parlament umgehen zu wollen. Linke und Grüne schweigen.
Hintergründe einer Staatsaffäre.
Hermann Otto Solms, FDP-Haushaltsexperte und Vizepräsident des Parlamentes von Deutschland, sowie Carsten Schneider, Haushaltsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, haben nach den bekannt gewordenen Plänen der Bundesregierung die Steuergeld-Garantien in der luxemburgischen Aktiengesellschaft EFSF auf 2 Billionen Euro zu erhöhen, Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgeworfen das Parlament zu umgehen.
Wie der „Telegraph“ (1) schon vor drei Tagen berichtete, entstanden die Pläne auf der Washingtoner Konferenz am Wochenende mit Zentralbankern und Bankern aus aller Welt, sowie den Organisationen „Internationalem Währungsfonds“, „Weltbank“ und „G20“. Vorgestellt wurde der Plan durch die Regierung Deutschlands unter Finanzminister Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel, in Zusammenarbeit mit der französischen Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy explizit mit dem Ziel, die „eigenen“ Banken mit Sitz in Deutschland und Frankreich auf Staatskosten zu finanzieren, falls diese auf Geldforderungen aus Griechenland verzichten müssten. (12).
Wie die „BBC“ (2) gestern meldete, wollen sich die Regierungsräte der „Europäischen Union“ in „fünf oder sechs Wochen“ auf die entsprechenden Maßnahmen geeinigt haben. Diese Maßnahmen folgen im Detail Forderungen der Banken nach einem „Fonds“ zur „Rekapitalisierung“ der Banken durch den Staat, die vom Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank AG Josef Ackermann am 16.November 2009 auf der Euro Finance Week im Frankfurter Bankenviertel formuliert wurden. (DIE GRIECHENLAND-KRISE (VI): Der Plan der Banken von einer europäischen Soffin, 9.Mai 2010)
Die auf der Washingtoner Konferenz getroffenen Absprachen der Bundesregierung waren gestern Vormittag in der deutschen Öffentlichkeit bekannt geworden. (Forderung des Kapitals: EFSF-Fonds soll auf 2 Billionen Euro Steuergelder erhöht werden)
Ihr Umfang überraschte. Etwas. (12.August, Szenario: Karlsruhe nickt EFSF ab, Bundestag nickt EFSF ab, Schäuble verlangt Erhöhung auf 1.5 Billionen Euro)
Die Affäre ist trickreich und voller Winkelzüge.
Im Vorfeld der Washingtoner Konferenz war bereits auf der Sitzung des EU-Finanzministerrats in Breslau am Freitag, dem 16.September, durch den zugereisten US-Finanzminister Timothy Geithner der Nebelbegriff „Hebelwirkung“ eingeführt und ein Plan vorgestellt worden. Der Fonds des EFSF sollte durch „finanztechnische Tricks“ massiv erhöht und die Frankfurter Zentralbank EZB an die EFSF-Aktiengesellschaft gekoppelt werden. Der EFSF solle, nach Umwandlung in eine ganz normale Bank, praktisch unbegrenzt Staatsanleihen ankaufen dürfen und dafür von der EZB Kredite bekommen. (3)
Diese Konstruktion böte die Möglichkeit sämtliche Staatsschulden innerhalb der Euro-Währungszone auf den EFSF und dadurch explizit auf Deutschland abzuwälzen. Profitmargen, Zinsforderungen und exponentiell gewachsener Reichtum von Banken und Kapitalisten blieben unangetastet und würden noch weiter wachsen. Zudem sieht die dem Bundestag am Donnerstag vorliegende Ermächtigung ausdrücklich die „Rekapitalisierung“ der Banken durch Steuergelder vor. Der EFSF würde also gleichzeitig eine Müllhalde von Staatsschulden halb Europas und staatlicher Sponsor des Banken-Systems.
Daß Minister Schäuble und Bundesbank-Präsident Weidmann dem Plan der US-Regierung dennoch nicht zustimmten, lag an einem dem Entwurf innewohnenden Tabubruch: letztlich hätte die Konstruktion die Möglichkeit einer indirekten staatlichen Geldschöpfung beinhaltet: die Staaten hätten dem EFSF ihre Schuldtitel verkauft, die EFSF (nun ein Gelddrucker, eine Bank) hätte das Geld erfunden. Weidmann bestand denn auch darauf, daß die komplette Schuldenübernahme Deutschlands für die gesamte Euro-Zone nicht etwa durch erfundenes Geld, sondern durch reales Steuergeld zu passieren habe (4). Das ist übrigens auch der Hintergrund der Drohung von Standard & Poor´s“ gegen Deutschland. (5)
In Kurzfassung.
Position der US-Regierung: Deutschland übernimmt (indirekt) alle Staatsschulden im Euro-System durch erfundenes Geld der zur Bank umgewandelten EFSF.
Position der deutschen Regierung: Deutschland übernimmt alle Staatsschulden im Euro-System durch deutsches Steuergeld bzw Garantien.
Beide Positionen habe einen „common ground“, eine fundamentale Gemeinsamkeit: die souveräne Republik Deutschland hat zu verschwinden und sich dem seit 20 Jahren geplanten und in der Mache befindlichen geostragischen Block „Europäische Union“ unterzuordnen. Dafür muss der deutsche Staat handlungsunfähig, erpressbar und verfügbar sein. Zentraler Punkt in der Agenda: wenn schon nicht die direkte Ausschaltung, so dann die Umgehung von Verfassung, Parlament und Gewaltenteilung.
Konstatieren wir einmal, daß die Abgeordneten des Bundestages als Europäer „europäisch“ sein wollen. Das sie als Europäer schon immer europäisch waren, brauchen sie nicht zu begreifen. Sie haben nur zu tun was ihnen gesagt wird: entweder vom Volk, deren Verfassung und Vorschriften oder von den Banken und deren ausführenden gekauften Organen.
Vize-Parlamentspräsident Solms äußerte sich nun gestern gegenüber „Welt Online“ bezüglich der Pläne der Bundesregierung so deutlich, daß man fast den Eindruck gewinnen könnte, er hätte bis vor kurzem nie in seinem Leben Zeitung gelesen und somit keinen blassen Schimmer, was hier überhaupt vor sich geht. Solms drohte gar damit, die FDP könnte am Donnderstag bei der geplanten 2 Billionen Euro-„Finanzspritze“ (6) für die Banken, über die sich diese gestern so überschwänglich an der Börse freuten, im Bundestag nicht zustimmen.
„Wenn der deutsche Finanzminister nicht sofort klarstellt, dass es keine Hebelwirkung geben wird, stimmen wir dem Gesetz nicht zu“, (7)
so Holms.
„Dann hätten wir uns die monatelangen Verhandlungen über die Einbeziehung des Parlaments gleich sparen können, wenn die Umgehung des Bundestages nun durch die kalte Küche kommt“. (8)
Auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider, der einer der wenigen Abgeordneten unter den traditionellen Autopiloten der SPD im Bundestag zu sein scheint, fand deutliche Worte:
„Es ist nicht akzeptabel, dass der Deutsche Bundestag am Donnerstag die Grundlage für den Krisenmechanismus und Rettungsschirm beschließen soll, wenn die Bundesregierung in Brüssel und Washington schon über eine Anpassung verhandelt..Wenn das nicht vor der Abstimmung auf den Tisch kommt, wird das Parlament hier systematisch umgangen.“
Bereits gestern hatte Schneider gefordert (9):
„Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister müssen vor der Abstimmung am Donnerstag ihre wahren Absichten offenlegen..In Washington und Brüssel planen sie bereits neue Milliarden-Programme und in Deutschland wird der Bundestag und die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. Das ist nicht akzeptabel..Die Kosten dürfen nicht beim Steuerzahler hängenbleiben.“
Wer an den Plänen der Bundesregierung zur Erhöhung des EFSF-Fonds auf 2 Billionen Euro immer noch Zweifel hat, muss sich leider 30 Sekunden bemühen in der englischsprachigen Presse nachzusehen. Wer den nun hastig in die Runde geworfenen Dementis von Wolfgang Schäuble glaubt, ist – im wahrsten Sinne des Wortes – sein Schuldensünder.
Zu dieser Staatsaffäre hat sich bisher kein einziger derjenigen Abgeordneten zu Wort gemeldet, welche nun aus ihren Reihen ein neunköpfiges „Vertrauensgremium“ des EFSF wählen sollen, das den Bundestag in seiner Haushaltshoheit praktisch ersetzt: die Mitglieder des Haushaltsausschusses. (Das neue Parlament des Kapitals, 20.September).
Still, natürlich: Katja Dörner, Priska Hinz, Sven-Christian Kindler und Tobias Lindner, von Bündnis 90/Die Grünen, in Treue fest an der Seite des „pro-europäischen“ Bankensystems.
Und ganz besonders still, wie immer: die Haushaltsausschuss-Mitglieder der Leichenfraktion des Deutschen Bundestages: Dietmar „Bela Lugosi“ Bartsch, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Michael Leutert und Gesine Lötzsch. Was tut man bloß, wenn man Fidel Castro mal nicht zum Geburtstag gratulieren kann?
Entscheidend für uns, die Staatsbürger, sind keine Blendereien, Ablenkungsmanöver und kapitalistischen Bilanztricks. Entscheidend ist die Verteidigung der Kernsubstanz von Verfassung, Souveränität und parlamentarischer Demokratie, welche dem Kapital noch nicht in den Rachen geworfen wurde.
Wir zitieren:
„Das EFSF-Gesetz bildete die rechtliche Grundlage für die systematische Zerstörung des Verfassungsstaates. Mit diesem Gesetz hatte das – kapitalistisch beherrschte – Parlament sich selbst entmachtet. Gleichzeitig entfernten die Kapitalisten das ihnen verhasste Symbol der Republik: die schwarzrotgoldene Nationalflagge.“
Es wurden drei Wörter aus diesem Zitat verändert. Finden Sie raus welche.
11.40 Uhr
Wie sich im Laufe des Vormittags bereits heraus gestellt hat, sind die für Finanzminister Schäuble so typischen Pläne an Perfidität schwer zu überbieten.
Am 21.Mai 2010 wurde Schäubles Finanzministerium durch den Bundestag ermächtigt, einer „Zweckgesellschaft“ die Kontrolle über insg.148 Milliarden Euro deutscher Staatsgelder (123 Mrd plus 20 Prozent) zu übertragen. Dem Bundestag lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ein Vertragsentwurf über diese „Zweckgesellschaft“ vor. Trotzdem stimmte der Bundestag zu. Anschließend gründete sich im Fürstentum Luxemburg die Aktiengesellschaft EFSF. Schäubles Ministerium schloss anschließend mit der EFSF einen Rahmenvertrag ab und verweigerte dafür überhaupt eine Zustimmung des Bundestages einzuholen.
Die Begründung der Bundesregierung: dadurch, daß der Bundestag seine Ermächtigung zu einer kommerziellen (“privaten”) Zweckgesellschaft gegeben habe, ginge es nicht um die “politischen Beziehungen” des Staates Bundesrepublik Deutschland. Somit entfalle der Zwang eines Bundesgesetzes bzw Parlamentsbeschlusses. Die Regierung verwies für diese Ausschaltung des Parlamentes auf ein hanebüchendes verfassungsrechtliches Konstrukt durch eine Auslegung von Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz aus dem Jahre 1952 durch das damalige Bundesverfassungsgericht, in Westdeutschland, sieben Jahre nach Hitler.
Verantwortlich dafür, daß diese Entmachtung des Bundestages bis heute verfassungsrechtlich ungeprüft durchging, war auch und gerade Manuel Sarrazin, Finanzexperte von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. (18.August, Statusbericht und Überblick zum laufenden Staatsstreich)
Nun meldete bereits heute Nacht CNBC (10) folgendes: laut Angaben eines Informanten, einem „Top-Finanz-Beamten“ der „Europäischen Union“, sollen die nach Zustimmung der Parlamente in den Staaten mit Euro-System von 440 Milliarden auf 780 Milliarden Euro erhöhten Steuergelder des EFSF erstens die Banken finanzieren und zweitens in eine weitere „Zweckgesellschaft“ umgeleitet werden. Diese „Zweckgesellschaft“ soll von der „Europäischen Investitionsbank“ (EIB) gegründet werden. Die „Europäische Investitionsbank“ unterliegt keinerlei staatlichen Rechtsordnung. Sie steht selbst außerhalb des EU-Rechts. Im „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ wird die Satzung der Bank ausdrücklich als Maßstab für die Organe der „Europäischen Union“ benannt, nicht umgekehrt. Die „Europäische Investitionsbank“ unterliegt somit allein der Kontrolle der Regierungen aus den EU-Staaten, ihren Besitzern.
Den nun bekannt gewordenen Plänen zufolge soll die von EIB gegründete und von der EFSF alimentierte „Zweckgesellschaft“ eigenständige Anleihen (Bonds) heraus geben. Das ist die Einführung von „Euro-Bonds“ durch die Hintertür. Die Parlamente in Europa wären systemisch entmachtet. Die Staaten allerdings, sie würden nun in vollem Umfang für die „Zweckgesellschaft“ der EIB-Bank im Besitz der Regierungen haften müssen.
Bereits gestern Abend sprangen an der entzückten Wall Street die Kurse nach oben. (11)
Wie es bei CNBC ausdrücklich heisst, sei der Plan wegen der am Donnerstag anstehenden Ermächtigung des EFSF durch den Bundestag geheim gehalten worden. (10)
17.43 Uhr
Die Finanzministerin von Österreich Maria Fekter hat gegenüber der Presse zugegeben, daß die verabredete Erweiterung des EFSF bereits nächsten Montag (3.Oktober) von den siebzehn Finanzministern im Euro-Währungsgebiet beraten wird.
Für die Geldmärkte sind die in Washington verabredeten Pläne zur zusätzlichen EFSF-Erweiterung bereits eingepreist. Nachdem die Börsenwerte des Dax schon am Montag um knapp 3 % gestiegen waren, wuchsen sie heute nochmal um rund 4.5 %. Ein Geldhändler zur „Financial Times Deutschland“ (17):
„Zuletzt hat man bei den europäischen Banken gedacht: ‚Da knirscht es im Gebälk‘. Jetzt scheint es so, dass die EU möglicherweise Banken zwangsweise rekapitalisiert oder sie teilverstaatlicht.“
Quellen:
(1) http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/eu/8786945/1.75-trillion-deal-to-save-the-euro.html
(2) http://www.bbc.co.uk/news/business-15055713
(3) http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15394440,00.html
(4) http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEBEE78G06020110917
(5) http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE78P08120110926
(6) http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_563001
(7) http://www.welt.de/politik/deutschland/article13627147/FDP-droht-Schaeuble-mit-Boykott-bei-Euro-Rettung.html
(8) http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13627697/Euro-Rettung-FDP-droht-Schaeuble-mit-Boykott.html
(9) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,788376,00.html
(10) http://www.nbcuniversal.presscentre.com/content/detail.aspx?ReleaseID=6767&NewsAreaId=2
(11) http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE78Q02820110927
(12) http://www.telegraph.co.uk/finance/financialcrisis/8787951/The-2-trillion-fund-to-save-the-euro.html
(13) http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/marktberichte/:boersenbericht-maerkte-hoffen-auf-wunderwaffe-fuer-efsf/60109498.html