NATO-Grossmanöver legte mit Jamming GPS, Internet, Handy und Sat-TV bei Schottland lahm

Fregatte Rheinland-Pfalz F209

Störenfried NATO von Zivilisten erfolgreich Flügel gestutzt – Grossmanöver „Joint Warrior 112“ im Atlantik versuchte gemeinsame Operationsbereitschaft ohne Global Positioning System (GPS)-Signale zu trainieren – ohne Erfolg, denn schottische Fischer, die auf hoher See in Lebensgefahr gebracht wurden, Anwohner und Politiker der britischen Inseln machten dieser „Navigations-Ausfallübung“ einen Strich durch die Rechnung und liefen Sturm gegen das britische Verteidigungsministerium. (Foto unter CC-Lizenz,Monsterxxl, Wikipedia)

Das grösste europäische NATO-Jahresmanöver „JOINT WARRIOR 112“ fiel zwar nicht gleich ins schottische Gewässer zu Nessie, dennoch wurde durch erfolgreiche Beschwerden aus zivilen Kreisen ein Teil des Übungsplanes durchkreuzt, der darin bestand, sich bewusst selbst und somit auch zwangsläufig Unbeteiligte durch Störungen (Jamming) der NAVSTAR GPS-Signale des Navigationssatellitensystems zur Positionsbestimmung und Zeitmessung mit Störsendern des Militärs zu behindern.

Zweimal im Jahr, im Frühjahr und Herbst, finden diese internationalen gemeinsamen militärischen Übungen unter der Bezeichnung „Joint Warrior – „Gemeinsame Krieger“ mit der Armee von Grossbritannien, der NATO und alliierten Streitkräften statt, die vom britischen Verteidigungsministerium UK Ministry of Defence (MoD) koordiniert werden. Auch die Bundeswehr darf bei diesen regelmässigen kostspieligen Manövern nicht fehlen obwohl das Gejammere über notwendige Kosteneinsparungen den Bundestag hierzu durchaus beschäftigen sollte und reichlich Potential vorhanden ist.

See-, Luft- und Landstreitkräfte sind an dem Manöver beteiligt. Die Luftwaffen der teilnehmenden Nationen haben ihren Ausgangspunkt auf den Stützpunkten der Royal Air Force RAF Lossiemouth und RAF Leuchars an der Ostküste. Das detaillierte Arsenal der teilnehmenden Kampfjets und Versorgungsflugzeuge ist hier aufgelistet.

Hauptschwerpunkt in diesem Herbst sind die Minenkriegsführung und U-Boot-Aktivitäten neben scharfen Schiessübungen im Seegebiet nordwestlich von Schottland, das mit seinen tiefen und flachen Gewässern unterschiedliche Bedingungen bietet. Die maritimen „Oberflächenschiffe“ und U-Boote sowie die Landstreitkräfte beteiligen sich an der Ausbildung zur Gefechtsverstärkung und integriertes Kampftraining im länderübergreifenden Zusammenspiel. Theoretisch kann das Manöver die gesamte britische Insel einschliesslich der umgebenden Meere und den Luftraum nutzen.

An Kriegsschiffen wurden aufgeboten (Zitat von For Argyll und einige veröffentlichte Fotos):

„- From the USA, the Commander of Destroyer Squadron (DESRON) 26 is embarked in the USS Arleigh Burke (DDG-51), the leader of a class of guided missile destroyers. The Ashleigh Burke accompanied by the Fleet Replenishment Oiler, USNS Kanawha (T-AO 196) – both based in Norfolk, Virginia.
– From Denmark are: HDMS Esbern Snare (L17), an Absalon-class command and support ship; and HDMS Vædderen – (F359), a Thetis-class ocean patrol vessel .
– From Turkey is the frigate, TCG Orucreis (F245).
– From Germany comes the Bremen class frigate, FGS Rheinland-Pfalz – F209.
– From the Netherlands is the third De Zeven Provinciën class frigate, HNLMS De Ruyter – F804
– From Estonia is the launcher ENS TASUJA (A432)
– From Germany is FGS Usberrhern (M1095)
– From Poland comes the minesweeper ORP Flaming (621 )
– From Norway is the minesweeper HNOMS Maaloey
– From the UK come the Fleet Amphibious Flagship and High

Readiness Assault Ship, HMS Bulwark (L15), with 150 men and 19 vehicles of the 2nd Marine Infantry (Le Mans) Regiment embarked; Hunt-class mine countermeasure vessel HMS Hurworth (M39) Sandown class minehunter HMS Penzance (M106), Hunt-class minesweeper HMS Cattistock (M31), Hunt-class minesweeper HMS Ledbury ( M30) and Sandown-class minehunter HMS Blyth (M111).“

Die inzwischen gänzlich verlassene Insel Garvie Island vor Cape Wrath, dem nordwestlichsten Punkt der Insel Grossbritanniens und als ständiges „Bombodrom“ durch die Royal Air Force genutzt, wurde jährlich das Ziel für Bombardierungen und Luftangriffe mit den entsprechenden Auswirkungen auf die heimischen Arten und die Umwelt, was unweigerlich zu Spannungen zwischen Naturschutzorganisationen und dem Militär führte.

Die Whale and Dolphin Conservation Society übte scharfe Kritik an dem britischen Verteidigungsministerium, dass das aktuelle NATO-Manöver „Joint Warrior 112“ ohne Umweltverträglichkeitsprüfung in dieser „exercise3 area“ geplant wurde. Hier befindet sich der Wanderweg der Orcas und vor kurzem strandeten Grindwale an der Küste.

In diesem Bericht „Beaked whales ‚scared‘ by navy sonar“ vom 14.März 2011 auf BBC werden Untersuchungen von Wissenschaftlern der University of St Andrews, Schottland, die mit marinen Experten aus der ganzen Welt zusammengearbeitet haben vorgestellt, dass Sonar der Kriegsschiffe Wale in grösserem Ausmass als bisher bekannt negativ bis hin zum Stranden an Land beeinflusst. In mehreren Fällen konnte der Tod der Tiere in direktem Zusammenhang mit Seemanövern nachgewiesen werden. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift PLoS One unter dem Artikel „Beaked Whales Respond to Simulated and Actual Navy Sonar“ am 14.März 2011 veröffentlicht.

Die Unterwasseraktivitäten der U-Boote des aktuellen Manövers vor Schottland beinhalten die begleitenden Schleichfahrten einer „Nation im Transit“ neben anderen normalen maritimen Unternehmen wie kommerzielle Schifffahrt und Fischerei und erinnert damit an die Kriegseinsätze im Golf von Aden oder die US-Präzenz unter Wasser im asiatischen Raum.
Diese Übungen wurden bei Orsay (Innere Hebriden), im Bereich des Nordkanals und bei den Äusseren Hebriden durchgeführt.

Zu den Aufgaben der Kriegsschiffe „oberhalb des Meeresspiegels“ gehören im Mündungsbereich des Flusses Clyde, dem Nordkanal und im Süden der Sea of Hebrides auch die Feststellung der Identität von Schiffen, die einer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit – wie Fischerboote und kommerzielle Schifffahrt – nachgehen.

Das geplante Stören von GPS-Signalen von Stützpunkten durch die Manöverbeteiligten beeinflusst Geräte mit GPS innerhalb von zwanzig nautischen Meilen.

Am 7.September 2011 veröffentlichte das Hauptquartier Northwood der Royal Navy vor Beginn des Marinemanövers, das vom 3. bis 17.Oktober 2011 stattfindet, einen ausführlichen zwanzigseitigen Lageplan mit Seekarten über die bevorstehenden Aktivitäten der NATO-Partner auf See (Auszug aus dem „Joint Tactical Exercise Planning Staff“ (JTEPS))

1. Denial of GPS services through the jamming of the GPS signal is a real and present danger to both military and civilian maritime and air users. The ability to conduct jamming is spread throughout the modern world. Naval Forces are required to train under such conditions in order to demonstrate the effects it has systems and to train personnel in other modes of operating.

2. Jamming of GPS signals will affect equipment using GPS within 20 nautical mile line of sight of the jamming sites. These are located at:
a. Faraid Head – 58 36.2N 004 46.4W
b. Loch Ewe NE – 57 51.9N 005 41.1W
c. Loch Ewe SW – 57 47.2N 005 47.5W

3. The planned times GPS Denial are shown in the table below. These timings are also promulgated in; Notice to Airmen, Notice to Mariners, WZ Navigation Warnings. The Coastguard will make a Securité broadcasts before and after each jamming event in the local area.

Am 7.Oktober 2011 berichteten Fischer der Western Isles (Äussere Hybriden), dass ihre GPS-Geräte „wie aus heiterem Himmel“ ausgefallen waren.

Austen Campbell, Kapitän des Fischerboots „Ocean Spirit“ von Stornoway sagte laut BBC, dass die Mannschaften nichts von der Störung bis zu deren Systemausfall am vergangenen Freitag wussten und meinte

„Wir wurden darüber überhaupt nicht benachrichtigt. Wir dachten, es gab ein Problem mit unserem Boot, aber jeder unserer anderen Kollegen war auch davon betroffen. Wir verlieren unseren Verdienst bis die Übung vorüber ist. Solange sind die Boote in Gefahr.“

Die lokale Behörde Comhairle nan Eilean Siar der Western Islands berichtete, dass es auch zur Beeinflussung der Internetverbindungen, der Handys und Satelliten-TV kam.

„Weil die gesamte Auswirkung der Störung unklar ist, ist es völlig inakzeptabel, dass das Verteidigungsministerium, welches die Übungen verursacht, es zu Unterbrechung der Kommunikationsnetze der Insel kommen lässt.

Ich werde das Verteidigungsministerium schriftlich auffordern, Klarheit über genau das, was hier vorgegangen ist, zu schaffen und Zusicherungen über zukünftige Übungen zu geben.“

so Angus Campbell, Chef von Comhairle.

Rob Gibson, Mitglied des Schottischen Parlamentes, sagte, dass das Verteidigungsministerium die Sicherheit der Besatzungen der Fischerboote gefährdet hat.

„In der Nord Minch fielen die Notsignale für Seeleute aus, weil die GPS-Ausfälle sie zum Schweigen gebracht haben.

Sie sagen, es ist für unsere Verteidigung – aber um welchen Preis?“

Die Militärs der Royal Navy beteuerten, dass es bei den gleichen Übungen im April diesen Jahres zu keinen Beschwerden gekommen war und dass man versuchen würde, die Sicherheitsbedenken auszuräumen. Alle geeigneten Massnahmen während der „Störung“ bei der diesjährigen zweiten Übung seien ergriffen wurden, einschliesslich der Warnung in dem Leitfaden, der am 7.September 2011 ausgestellt wurde (siehe oben).

Die schottische Regierung bestätigte den Erhalt des Guides im September mit den Informationen an die Fischereifahrzeuge, Reedereien und Umweltschützer und hatte ihn auf ihre Website gesetzt, aber eine Sprecherin fügte hinzu, dass die Verantwortung beim Verteidigungsministerium (MoD) liegt, die Nachricht an die potentiell Betroffenen zu verbreiten.

Ein Sprecher der Royal Navy äusserte sich dazu

„Diese Mitteilung warnte vor den Jamming-Operationen, nannte das genaue Datum und die Zeit, wann sie auftreten würden sowie die Standorte. Ein Warnhinweis, genannt NAVWARN 269, wurde auch am 3. Oktober durchgegeben und von den beiden Küstenwachen in Aberdeen und Stornoway wurden regelmässig die Warnungen als Benachrichtigungen für die Seefahrer, dass die Operationen stattfinden werden auf VHF-Sendungen übertragen.“

und fügte hinzu:

„Um aber völlig sicher zu sein, dass es keine echten Sicherheitsbedenken gibt, hat das JTEPS diese Störungen für den Rest der Übung „Joint Warrior 112″ ausgesetzt. Für die nächste geplante Übung im Frühjahr 2012 werden wir uns in der kommenden Zeit mit den zuständigen Behörden über die Durchführung von GPS-Ausfällen zusammensetzen, damit alle Parteien voll und ganz vor dem Beginn des Manövers im Bilde sind.“

Quellen:
http://www.bbc.co.uk/news/uk-scotland-highlands-islands-15242835
http://forargyll.com/2011/10/exercise-joint-warrior-112-information-and-concerns/
http://www.fightercontrol.co.uk/forum/viewtopic.php?f=74&p=270279

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert