Kleiner Ratgeber für die Pro-Euro-Europäer-Situation

Zum Gipfel des obersten EU-Regierungsrates, die EZB-Entscheidung zur Geldpolitik, der Zukunft und dem Nutzen der Währung Euro ein paar kleine Hinweise und wohlwollende Tipps.

1. Hören Sie auf, ihre Freunde, Bekannten, Kollegen oder die sie dafür halten nach irgendetwas zu fragen. Schmeissen Sie jeden aus dem Zimmer, der sie vollquatscht. Hält Sie irgendjemand am Telefon auf, legen Sie auf. Lesen Sie stattdessen selber.

2. Es handelt sich bei der gegenwärtigen Situation nicht um einen Angriff auf das Finanzsystem „Euro“, sondern einen Angriff durch das Finanzsystem „Euro“ und des Kapitalismus insgesamt auf das politische System Demokratie. Stellvertretend für eine entsprechend fehlerhafte Analyse, gewollt oder ungewollt, seien hier zwei Artikel auf Heise.de genannt, von Autor Ralf Streck am 6.Dezember und von Autor Eric Bonse heute.

3. Angegriffen werden die Demokratien in den 17 Staaten innerhalb des Währungsgebietes „Euro“, die noch nicht wie in Griechenland bereits vollständig, in den anderen „geretteten“ Staaten Irland, Portugal teilweise und in den zu Verfassungsänderungen, Regierungswechseln und Entstaatlichungsprogrammen erpressten Staaten wie Spanien und Italien in erheblichem Umfang außer Kraft gesetzt worden sind.

4. Banken, Kapitalgesellschaften, Ratingagenturen wie Standard & Poor´s, ziehen dabei am selben Strang wie die Kanzlerin von Deutschland, Angela Merkel, ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Eingeweihten und/oder Informierten in den entsprechenden Organen der Informationsindustrie. Die entsprechende „Warnung“ von S&P über eine angeblich zukünftig eventuell mögliche Herabstufung Deutschlands erfolgte punktgenau zum Zeitpunkt des Treffens von Merkel und des bereits zur „lame duck“ gewordenen Präsidenten von Frankreich, Nicolas Sarkozy. Im Flaggschiff der neokonservativen Antidemokraten Deutschlands hiess es dazu in der Überschrift „Druck der Rating-Agenturen: Europa startet den Rettungsturbo“. Diese entlarvende Überschrift des Artikels von Carsten Volkery und Philipp Wittrock wurde in alter Manier schnell ethnifiziert: „das deutsch-franzöische Diktat“. Der Text blieb allerdings gleich:

„Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wollen die EU-Verträge rasch ändern – aber können sie sich beim Euro-Gipfel durchsetzen? Bisher schien das Unterfangen aussichtslos, nun könnten ausgerechnet die Rating-Agenturen dem deutsch-französischen Duo helfen.“

Der absurden Drohung einer möglichen zukünftigen Abwertung Deutschlands folgten absurde Drohungen möglicher zukünftiger Abwertungen aller Staaten in der „Euro-Zone“, überhaupt aller Banken hi und da und heute der gesamten „Europäischen Union“. Das ist lächerlich und dient einzig und allein dem Aufbau eines fiktiven Endzeit-Szenarios, auf den auch leider wieder einmal auch die Bouleveard-Abteilung der unabhängigen Medien herein fiel.

Auch die Meldung des „Wall Street Journal“ über eine angebliche mögliche Vorbereitung von Zentralbanken / Notenbanken in- und außerhalb des Euro-Währungsgebietes für einen Ende des Euro-Finanzsystems sind in diese Kategorie der plumpen Panikmache und dem Aufbau eines psychologischen Drucks zu bewerten. Der Artikel, der innerhalb einer von Logik und Selbstbewusstsein befreiten Informationsindustrie und Öffentlichkeit das Zitatenkarussell der so bekannten und beliebten „Stille Panik Post“ in Gang setzte, entbehrt jeder Information über belastbare, konkrete Vorbereitungen auf tatsächliche Änderungen in den Geldsystemen der betreffenden Staaten.

5. Kleine Posse am Rande ist die um 13.45 anstehende Verkündung der Entscheidung der EZB über eine mögliche Zinssenkung. Bemerkenswert hierzu:
– ein Versuch von Dirk Heilmann und Georg Watzlawek die EZB-Zinssenkung kaputt zu reden.
– ein extrem blöder Versuch von Helga Einecke die EZB-Zinssenkung kaputt zu reden.

Kurze Erläuterung: erst die Geldnot der Massen macht die Reichen zu dem was sie sind: Privilegierte. Wie die Privilegierten über den Frankfurter Euro-Diktator EZB die in Geldnot befindlichen europäischen Demokratien durch Hoch- und Runterfahren des  SMP-Anleihenkaufprogramms („Securities Markets Programme“) erpressen, zerstören oder retten kann, können Sie hier lesen.

6. Geostrategischer Hintergrund ist die Unfähigkeit des Konstrukts „Europäische Union“ wie vorgesehen seine Mitgliedsstaaten zu zerschlagen und aus ihren Trümmerteilen einen kontinentalen Block zu schmelzen. An der vermeintlich seit 20 Jahren verfolgten „engen, auf Dauer angelegten Verbindung souverän bleibender Staaten“ hat niemand ein Interesse, jedenfalls keiner in den Kreisen und Gilden der Nomenklatura aus Kapital, Staat und Privilegierten, die sich selbst „pro-europäisch“ nennen. Stattdessen wird nun, auch und gerade im Einklang mit der britischen Monarchie und ihrer Oberschicht, das Konzept „Europäische Union“ schlicht geopfert und zu einer vorgetäuschten, heuchlerischen Konfrontation zwischen dem „angelsächsischen“ und „franko-deutschen“ Block übergegangen. Auch hier wird in der entsprechenden Propaganda-Farce stets auf ethnifizierte Begriffe geachtet und versucht, die betreffenden, ahnungslosen (weil zum Lesen zu doof oder zu beschäftigt befindlichen) Völker in die Machenschaften ihrer herrschenden Klasse mit hinein zu ziehen.

Die Pläne dafür die „Europäische Union“ als Block faktisch aufzugeben und als ungewollten „losen“ Staatenbund durch eigene Sabotage langsam absterben zu lassen, wurden bereits diesen Sommer öffentlich. Jeder konnte es lesen. Falsch. Jeder hätte es lesen können, wenn er Lesen hätte können wollen. (DER VERFALL DER “EUROPÄISCHEN UNION” (IV) : Sollen sie doch Geld drucken)

Das Konzept der „Neugründung“ von Klein-Europa sieht nun einen neuen Anlauf zum autoritären imperialen Block vor, an dem die 1992 gegründete „Europäische Union“  gescheitert ist. An der Beibehaltung des Euro-Finanzsystems hat das Kapital weltweit primär deshalb so stringentes und penetrantes Interesse, weil die Deutschen dafür arbeiten und erfinden gehn. Ein souveränes Deutschland – oder sagen wir: Deutschland in einer „engen, auf Dauer angelegten Verbindung souverän bleibender Staaten“ – ist nicht für irgendeine Ethnie, irgendein Volk oder irgendeinen unserer Nachbarn eine Gefahr, sondern für den Kapitalismus. Wir haben die beste Verfassung der Welt, sind die (vom leider nicht genutzten Potential her) die weltweit demokratischste Republik und sind schon auf (fast) jede nur denkbare Diktatur herein gefallen. Das immunisiert.

7. Wir erleben hier gerade des Kapitalismus Zähmung durch die Demokratie. Und natürlich zickt das Kapital ein bisschen.

Aber es wird sich schon beruhigen. Ich bin sicher – das Kapital will es doch auch.

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