Ich glaube, so etwas nennt man eine Steilvorlage. Der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warnt vor einer Regierung, die „Deutschland abschaffen“ wolle. Das aber tue ich schon seit Jahren und zwar vor der Regierung, der die CSU angehört. Des Weiteren erlaubt sich Herr Dobrindt eine unerklärliche Verwechslung. Er warnt vor der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Die Linke Gmbh, die als Teil einer in sich solidarischen Gilde von Raubrittern über diese Republik und alle anderen europäischen Demokratien hergefallen ist und sie dem Kapital zum Fraß vorgeworfen hat, als einem „Linksblock“. Dabei bin ich das. Und dieser Linksblock steht genau vor dem Grundgesetz, was unisono alle etablierten Parteien in den letzten Jahren für ihren euro-kapitalistischen Staatsstreich ständig erfolglos versucht haben zu überrollen.
Lauschen wir mal den Worten des CSU-Generalsekretärs in seiner ganz eigenen „Welt“:
„Natürlich planen SPD und Grüne einen Pakt mit dem Klassenkämpfer Lafontaine, der zur politischen Auseinandersetzung auf der Straße aufruft und eine Trillerpfeifendemokratie in Deutschland will“.
Ziemlich dreist für einen stolzen Funktionär der seit 20 Jahren kontinuitiven Pfeifendemokratie in Deutschland. Da fällt mir ein: wer hat vor, zu die Verfassung wegen Verfassungsfeinden entdemokratisieren? Sind das am Ende selbst Verfassungsfeinde? Wer ist nochmal wer hier? Und wer führt hier wen am Nasenring durch die Arena der Öffentlichkeit? (24.Dezember, CSU will Nazi-Spionage-Affäre und ungeklärte Morde für neuen Angriff auf die Verfassung nutzen)
Dobrindt in seiner eigenen „Welt“:
„Es wird eine klare Auseinandersetzung geben zwischen den bürgerlichen Parteien, die für Stabilität stehen und Verantwortung für Deutschland übernehmen, und dem Linksblock von Gabriel, Özdemir und Lafontaine, die Deutschland abschaffen wollen.“
Wie erwähnt, ist das gleich doppelt falsch. Um mildernde Umstände für den, scheint´s überforderten Generalsekretär der CSU anzuführen, könnte man nun lobend erwähnen, daß endlich jemand auf die Idee kommt statt der Zerschlagung der Bundesrepublik Deutschland den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zum Wahlkampfthema der Bundesrepublik Deutschland zu machen. Auf den Ausgang dieses so völlig ungewohnten Wettbewerbs an der Wahlurne dürfen wir alle gespannt sein. Es steht allerdings für die CSU noch zu befürchten, daß es da eines fernen Tages glaubwürdigere Verfechter der Republik auf die Stimmzettel packen. Und dann Gnade Gott auch der „Christlich Sozialen Union“.
Ob Dobrindt nun wirklich den Erhalt unserer Verfassung Grundgesetz im Sinne hat, wenn er so geistreiche Epilogen von sich gibt, darf ebenfalls bezweifelt werden. Getrieben wird Dobrindt bei seinem für die CDU/CSU so ungewohnten, nicht putschistischem, konservativen Anfall doch wohl eher von den Freien Wählern. Diese hängen der Union, mit ihren alten Kadern Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, nun im Nacken und drohen auch das in den 50er Jahren Westdeutschlands geschmiedete Parteien-Kartell und seine Machtarchitektur endgültig zu kippen. Auch CDU und CSU sind zwei verschiedene Parteien. Und ihre „Union“ ist fragil.
Der alte Plan der Nomenklatura, im Falle von Unruhe in der Mittelschicht schnell eine rassistische und reaktionäre Partei zu gründen, die der „Europäischen Union“, den (Bundes)Bankern und Kapitalisten bei ihrem laufenden Staatsstreiches gegen die eigene Demokratie durch die Hintertür wieder in die Hände spielt, hat sich seit dem Zusammenbruch der Agenda Thilo Sarrazin von selbst erledigt. Spätestens mit dem Beitritt von ex-Industrie-Bosse Hans-Olaf Henkel zu den Freien Wählern und deren Organisation als Bundespartei hat sich dieses Fenster für verwirrtes Wählerpotential geschlossen. Beim „Tagesspiegel“ sichtete man schon verzweifelt umher irrende Geister:
„Nachdem Hans-Olaf Henkel den Geist der neuen Partei entweder nach Hause geschickt oder mit zu den Freien Wählern genommen hat, weiß man noch nicht genau, ob es nun endgültig vorbei ist mit der Phantom-Debatte. Tatsächlich gibt es in Deutschland vereinzelte Kreise aus Wirtschaft und Gesellschaft, die sehr konspirativ agieren und unbedingt ein neues Partei-Projekt jenseits der Union oder statt der FDP haben wollen. Wolfgang Bosbach und andere kennen diese Leute, aber sie nennen sie nicht, weil sie Vertraulichkeit versprochen haben.“
So viel dazu. Die so sehr, sehr, quasi ultrakonspirativ agierenden Profis der (Geld)Politik sind mal wieder auf die Nase gefallen.
Diesbezüglich kann man wieder einmal sagen: auch die Freien Wähler sind nicht die Allerhellsten. Auch sie brauchen Jahre, bevor sie auf den Linksblock vorm Grundgesetz hören. (13.Oktober 2008, Freie Wähler: Bitte, BITTE treten Sie an zur Bundestagswahl 2009)
Was die Freien Wähler jetzt wollen und ob sie sich – wie die Piratenpartei – in dem Augenblick, wo sie bundespolitisch relevant werden, dazu entschließen das Grundgesetz und damit den Bestand der Republik in Frage zu stellen, das wird sich zeigen. Aufgrund der regionalen und eher bodenständigen, in Teilen sogar basisdemokratischen Struktur dieser rechtskonservativen Partei ist aber nicht davon auszugehen, daß sich die Freien Wähler umgehend dem antidemokratischen Spektrum anschließen, also der Einheitsparteien-Front von CSU bis „Die Linke“.
Fazit: die Bundestagswahl 2013 wird wieder spannend. Und das Beste daran: höchstwahrscheinlich haben wir sogar in 2017 noch eine.
Und danken Sie dafür bloss nicht irgendeinem „Rechtsblock“. Den gibt es nämlich nicht. Ich guck mich hier um, hinter mir das Grundgesetz, aber rechts von mir, da steht keener. Wenn Sie verstehen, was ich meine.