Wie unser Parlament den Einsatz von aus dem In- und Ausland gesteuerten Flugrobotern über Deutschland durchwinkt.
Am 26. Januar, gut eingepackt zwischen nochmal Hunderten von Milliarden Steuergelder an Garantieleistungen für das Banken-System durch Reinstallation der Soffin-Behörde, sowie endlosen Beschwerden der Linkspartei-Abgeordneten über die Überwachung durch Geheimdienste, deren Agenten und Legenden diese Partei seit dem 11.September 2001 nicht ein einziges Mal in Frage gestellt hat, schwieg sich der Bundestag durch die Ermächtigungsgrundlage für das Verkehrsministerium zum legalisierten Einsatz von Drohnen über Deutschland, auch und gerade durch Polizei und Spione.
Am 15.Dezember war in erster Lesung der “Entwurf eines Gesetzes zur Vierzehnten Änderung des Luftverkehrsgesetzes” (Drucksache 17/8098) innerhalb von 30 Sekunden durch unser Parlament gerauscht. Am Donnerstag kamen die 2. und 3. Lesung dran. Dementsprechend dauerte es diesmal 60 Sekunden, Vorlesen aller Formalitäten mit eingerechnet.
Das Protokoll dieser surrealen, gespenstischen Aufführung durch den Abfall einer ganzen Generation, der sich „Deutscher Bundestag“ nennt:
„Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes, Drucksache 17/8098. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss), Drucksache 17/8467. Berichterstattung: Abgeordnete Kirsten Lühmann.
Die Reden, die wir zu Protokoll nehmen, stammen von Peter Wichtel und Daniela Ludwig, CDU/CSU,
Kirsten Lühmann, SPD, Herbert Behrens, Die Linke, Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen, und vom Parlamentarischen Staatssekretär Jan Mücke.Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/8467, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/8098 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der Linken und Enthaltung der Grünen angenommen.Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf…“
Aus sämtlichen nie gehaltenen Reden, die unsere Allerwertesten im Bundestag auch zu diesem Thema „zu Protokoll“ gaben, sei hier nur ein einziges Zitat erwähnt. Herbert Behrens („Die Linke“):
„Die notwendige öffentliche Debatte zu Drohnen hat bisher nicht stattgefunden.“
Ein weiterer Beweis, daß sich Teile der Öffentlichkeit an unserem Parlament immer noch ein Beispiel nehmen.
Am 21. Dezember schrieb niemand, das bin ich, ausführlich über die im ersten Gesetzentwurf enthaltenen üblichen miesen Tricks. Eingebaut in der Ermächtigungsgrundlage war eine Selbstermächtigung für das Verkehrsministerium durch die Änderung von Luftverkehrsgesetz (LuftVG), Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO), Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) jederzeit „zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ in selbst definierten Luftraumgebieten, etwa über Demonstrationen, Flugroboter der Polizei und Spione aufsteigen zu lassen – gesteuert von Bodenstationen, die sich nicht einmal in Deutschland befinden müssen. (DROHNEN ÜBER ALLES: Angriff des Bundestages auf die Republik)
Am Mittwoch nun nahm der Verkehrsausschuss still, leise und geräuschlos, einen Tag vor der 60-Sekunden-Abnahme durch den Bundesschlaf, mit einem Änderungsantrag (Drucksache 17/8467) einen Verweis auf den Datenschutz in Paragraph 16 Absatz 4 Satz 1 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) auf. Der entsprechende Passus in der LuftVO lautet nun wie folgt:
„Die Erlaubnis wird erteilt, wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung führen können, insbesondere im Fall von Absatz 1 Nummer 7 (Anm.: im Fall des Aufstiegs von unbemannten Luftfahrtsystemen) die Vorschriften über den Datenschutz nicht verletzen.“
Sicher war dies dem herausragenden Engagement unseres nimmermüden und stets rechtschaffenen Parlaments zu verdanken, samt dem des im Innenministerium beschäftigten Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar.
An der erteilten Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz von Drohnen über Deutschland änderte sich jedoch nichts. Hinterher darf man dann versuchen nachzuweisen, wo wann was wie lange einem über den Kopf geflogen ist und ob das auch mit dem Datenschutz in Ordnung ginge. Wenn man das dann beweisen kann, muss man versuchen dafür eine öffentliche Debatte allein gegen alle durchzwingen, besonders gegen alle „Parteien“ im Parlament. Das kann Niemand. Niemand, das bin ich.
Epilog: innerhalb der letzten Legislaturperiode wurden im Bundestag über ein Viertel aller Reden nie gehalten. Souffleuse Heribert Prantl am 2.November 2009 zu Parlamentspräsident Norbert Lammert:
„SZ: Von 15.500 Reden im Bundestag sind in der vergangenen Legislaturperiode 4429 nicht wirklich vorgetragen, sondern zu Protokoll gegeben worden. Jede vierte Rede war eine ungehaltene Rede. Soll das so weitergehen?
Lammert: Ich hoffe, dass das heilige Entsetzen, das dieser Hinweis ausgelöst hat, zu deutlichen Änderungen führt.“
Am besten zu deutlichen Änderungen am Parlament. In diesem Parlament ist zwar durch Niemand gesteigert heiliges Entsetzen zu erwarten, aber sonst nichts. Gar nichts.