Auch hinsichtlich der Volksabstimmung in Baden-Württemberg über die staatliche Finanzierung des kommerziellen Industrie-Programms „Stuttgart 21“ (S21) wirft die neue Infratest Dimap Umfrage einige Fragen auf, die niemand stellt.
Laut einer Telefon-Umfrage von Infratest Dimap an 1000 durchschnittlichen Bimbesbürgern schätzen sich ganze 15 Prozent in der Republik als „politisch aktiv“ ein, 2 Prozent davon als „sehr aktiv“. 44 Prozent sehen sich als „weniger aktiv“ und 40 Prozent als „gar nicht“.
Definiert man politisch als politisch und nicht als „parteipolitisch“, so ist dies eine sowohl realistische, als auch verheerende Selbsteinschätzung der deutschen Staatsbürger.
Auf die Frage „Würden sie sagen, Sie fühlen sich über die bestehenden Möglichkeiten, als Bürger an Planungsvorhaben mitzuwirken alles in allem sehr gut informiert, gut informiert, weniger gut informiert, gar nicht informiert?“ antworten die Befragten wie folgt:
3 %: sehr gut informiert
34 %: gut informiert
55 %: weniger gut informiert
7 %: gar nicht informiert
In Zeiten des Internets hätte die Frage lauten müssen „Sind sie völlig zu doof oder zu faul zum Lesen, nur etwas zu doof und faul, weniger davon oder können Sie lesen, weil Sie es wollen?“. Gesetzt den Fall, die entsprechenden Opfer hätten wahrheitsgemäß geantwortet, was nicht der Fall gewesen wäre, hätte man die Ergebnisse prozentual vergleichen können.
In Baden-Württemberg, wo der Anteil der Lesefähigen in der Republik bekanntlich etwas höher liegt, stimmten in einer Volksabstimmung immerhin 41.2 Prozent (über 1.5 Millionen Menschen) für die Verpflichtung der Landesregierung, Kündigungsrechte zur Auflösung der vertraglichen Vereinbarungen mit Finanzierungspflichten des Landes bezüglich des Industrie- und Immobilien-Programms „Stuttgart 21“ des Staatskonzerns „Deutsche Bahn AG“ auszuüben. 58.8 Prozent stimmten dagegen und wussten mit innerer Sicherheit ganz oder weniger was sie da taten. Der wegen den 41.2 Prozent überhaupt im Amt befindliche baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte diesen nun gestern auf Facebook, was er tun werde – schweren Herzens, natürlich. Niemand hat das für möglich gehalten – vor anderthalb Jahren. Niemand, das bin ich.
Man beachte nun folgende Fragestellung von Infratest Dimap:
„Bei großen Bauvorhaben wie Bahnhöfen, Flughäfen, Straßen, Kraftwerken oder Energieleitungsnetzen gibt es immer wieder Interessenskonflikte zwischen den Interessen der Allgemeinheit und den Interessen einzelner betroffener Anwohner. Was sollte Ihrer Meinung nach bei den Planungen Vorrang haben?“
Antwort:
54 %: Interesse der Allgemeinheit
33 %: Interesse der Anwohner
10 %: spontan: beide gleichermaßen.
Nun stellt sich die Frage, wie sich die Antworten prozentual bei folgender Frage von Infratest Dimap aufgeteilt hätten:
„Bei großen Bauvorhaben wie Bahnhöfen, Flughäfen, Straßen, Kraftwerken oder Energieleitungsnetzen gibt es immer wieder Interessenskonflikte zwischen den Interessen von Kapitalgesellschaften, Konzernen, sowie verlogenen Parteibonzen und den Interessen der Allgemeinheit. Was sollte Ihrer Meinung nach bei den Planungen Vorrang haben?“
Auf die Antwort dieser auch durch Infratest Dimap nicht zu erwartenden Umfrage wäre niemand gespannt. Niemand, das bin ich.