Schwarzer Kanal: Blackout für MBC-TV in Südkorea
„Wir können euch nicht mehr die Wahrheit sagen!“
Südkoreaner müssen auf einige ihrer Lieblingsprogramme verzichten, denn diese sind jetzt in dem einstweiligen Ruhestand.
Journalisten und Produzenten eines der grössten kommerziellen südkoreanischen Fernsehsender – die Munhwa Broadcasting Corporation (MBC) – sind seit Januar 2012 in einen unbefristeten Streik getreten um für einen anspruchsvollen fairen Journalismus in den Medien zu kämpfen.
Die rund vierhundert gewerkschaftlich organisierten Presseleute – darunter alle fünfunddreissig Fernsehnachrichtensprecher – setzen sich für eine politische korrekte Berichterstattung zu heiklen Themen ein, die von MBC nicht oder kaum thematisiert werden.
Zu den Vorwürfen gehört, dass MBC nur selten über Kundgebungen gegen ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten berichtet oder den fraglichen privaten Erwerb von Grundstücken durch den Staatspräsidenten Lee Myung-bak für seine Zeit im Ruhestand.
Die Gewerkschafter werden so lange ihre Arbeit niederlegen, bis Kim Jae-chul, der Präsident von MBC, seinen Rücktritt erklärt. Sie prangern seine Zensur und persönlichen Einfluss auf die aktuelle Berichterstattung in den MBC News und das Genehmigen oder Verhinderung von Beiträgen des investigativen Programms „PD Notebook“ an, die dadurch wertlos werden.(1),(2)
Es kam in der Vergangenheit zu Entlassungen kritischer Journalisten und Redakteure sowie zur Einschüchterung zu Übergriffen durch bezahlte Schlägertrupps.
Das Team von „PD Notebook“ produzierte unter anderem einen brisanten Beitrag „Prosecutors and Sponsors“ (Staatsanwälte und Sponsoren) über Korruptionsverwicklungen auf höchster Ebene der Regierungsvertreter und Konzerne in Südkorea. Daraufhin ordnete die Oberste Staatsanwaltschaft in Seoul eine Überprüfung des MBC-Managements an. Zuvor landete „PD Notebook“ vor Gericht wegen einer Sendung über Probleme der US-Rindfleisch-Importe und wurde beschuldigt, damit eine Mahnwachen-Demonstration mit Kerzen ausgelöst zu haben.(3)
„Wir können in den News Desk-Hauptnachrichten des MBC-Programms nicht die Wahrheit sagen. Zu den wichtigsten aktuellen Themen in dem Programm PD Notebook spielen wahre Zeitzeugen keine Rolle mehr.
Solange Kim nicht zurückgetreten ist, können wir das Joch des Staatspräsidenten (Lee Myung-bak) nicht abstreifen. Wir werden auch ohne den Rücktritt weiterkämpfen“,
teilte die Gewerkschaft in einer öffentlichen Entschuldigung die Gründe für den Ausstand den Zuschauern mit.
Am 4.März 2012 kündigten einhundertsechsundsechzig Journalisten an, dass sie aus Protest ihren Beruf aufgeben würden. Für die Betroffenen und ihre Familien ist das eine sehr schwere Entscheidung und zeugt von grosser Zivilcourage.
Der MBC-Präsident sagte in einem Interview, dass er nicht daran denkt zurückzutreten „bis er im Sarg liegt – laid in a coffin.“
Video: Journalisten kämpfen für einen fairen Journalismus im Namen derer, die gefeuert wurden:
Quellen:
(1) http://english.hani.co.kr/arti/english_edition/e_entertainment/516802.html
(2) http://globalvoicesonline.org/2012/03/08/south-korea-journalists-stage-mass-walkout-from-national-broadcaster/
(3) http://www.hani.co.kr/arti/english_edition/e_national/416882.html