„Der Große Ratschlag der Bürger-und Demokratiebewegung zeigt: Wir sind trotz des Erlittenen nicht entmutigt“
Dokumentation: Die Rede von Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loeper, Mitglied der Juristen zu S21, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, auf der gestrigen 116. Montagsdemonstration der Stuttgarter Bürgerbewegung.
Liebe Anwesende, Mitbürgerinnen, Mitbürger, mit dem Thema Stresstest geht es mir zuerst um unsere Standortbestimmung und dann um die Frage, wieweit sich die Bahn, Stadt und Land an der Wahrheit und am Wohl des Landes orientieren.
Ja, wir haben schmerzliche Niederlagen erlitten. Aber der Große Ratschlag der Bürger-und Demokratiebewegung zeigte vorgestern erneut: Wir sind trotz des Erlittenen nicht entmutigt, sondern stark im Kommen. Da ist die Volksabstimmung, über deren Gültigkeit erst noch der Staatsgerichtshof zu entscheiden hat. Das Ergebnis der Abstimmung taugt wirklich nicht als Totschlagargument, um den Sach-und Rechtsfragen von S21 auszuweichen. Und zur Methode der Abstimmung: Jeder gute Demokrat sollte sich mit uns gegen die unerhörte Wählertäuschung wehren über Ausstiegskosten von 1,5 Mio. € und gegen die massiv pflichtwidrige Einmischung von Amtsträgern vor der Abstimmung, wie es OB Schuster tat.
Der Abriss des Kulturdenkmals des Südflügels wäre nur nach Genehmigung aller Planabschnitte gerechtfertigt gewesen. Und sehr viele fühlen sich tief verletzt durch die Zerstörung des mittleren Schloßgartens . Wir haben das uns Mögliche gegen diesen Irrsinn getan, vom Widerstand vor Ort bis zum vergeblichen Aufruf an die Landesregierung, bis zu gerichtlichen Eilverfahren . Das Wohl des Landes und seiner Bürger haben die S21-Verantwortlichen schwer beschädigt, mitten im Herzen dieser Stadt.
Warum? Das Projekt S21 gehörte nie zum Bedarfsplan des Bundes. Nur Frau Merkel und Herr Ramsauer decken das offiziell so bezeichnete eigenwirtschaftliche Projekt. Die Bahn kassiert von der Stadt den Verkaufserlös für das Gleisfeld und die Zuschüsse von Land und Stadt in Milliardenhöhe.. Die bundeseigene Bahn strebt skrupellos nach diesem Profit, nicht nach dem Gemeinwohl: Sie behauptet deshalb , sie habe den vereinbarten Stresstest für 30 % Leistungszuwachs des Tiefbahnhofs bestanden. Das ist wahrheitswidrig und verstößt massiv gegen das Wohl des Landes. Ich beschreibe Ihnen dies mit zwei Schwerpunkten:
Erstens: Wie Sie wissen, bescheinigt der Test der Schweizer Firma SMA für S21 die Kapazität von 49 Zügen in der Stunde – bei Nichterfüllung der geforderten guten Qualität. Damit unterschreitet S21 bereits die heutige Leistungskapazität des Kopfbahnhofs. Denn die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft hat das Gutachten Vieregg/ Rösler bestätigt, wonach K 21 in der Spitzenstunde 50 Züge, bei besserer Signaltechnik nach Zuffenhausen sogar 56 Züge Leistung erbringt. Somit bedeutet S21 einen ungenehmigten, nach § 11 AEG gesetzwidrigen Rückbau der Verkehrsinfrastruktur der Bahn.
Zweitens: Der neuerdings von Heiko Frischmann aufgedeckte Softwarefehler in der Computersimulation der Programmierfirma verkürzt die zu erwartende Leistung von S21 auf etwa 46 Züge. Darüber hinaus weisen die sehr weitreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen der Internetplattform WikiReal, Dr. Engelhardt, bis heute nicht widerlegte massive Mängel des SMA-Tests nach mit dem Ergebnis : Die Kapazität des achtgleisigen Tiefbahnhofs liegt nur bei etwa 32 Zügen in der Spitzenstunde. Das entspricht nahezu einem bahneigenen Gutachten von 1997 mit sogar nur 30 Zügen Leistung für S21, wie Ing. Heydemann heute aufgedeckt hat. Das ist wirklich der Hammer: Die Bahn leistet weniger als die
Hälfte dessen, was sie anlässlich der Schlichtung täuschend versprochen hat: Nicht 50 Züge plus 30 % wären 65 , sondern nur 32 Züge. Die Infrastruktur des Hauptbahnhofs würde zudem verschlechtert durch ein extrem gefährliches Gefälle mit sechs Metern Höhenunterschied innerhalb des Tiefbahnhofs und einem verfassungswidrig fehlenden Gefahrenschutz für Behinderte und bei Brand.
Auch die Stadt Stuttgart hat eine Art Stresstest beim Bürgerbegehren nicht bestanden: Sie hatte mit einem vorbefasst befangenen Gutachter unzulässig auf die Entscheidung des Gemeinderats Einfluss genommen. Und sie hat das Verfahren seither verschleppt, so dass beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Untätigkeitsklage erhoben wurde. Ein Oberverwaltungsrichter a.D. hat darin die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung von S21 auf 45 Seiten
hervorragend begründet.
An der verfassungswidrigen Mischfinanzierung dürfte S21 für die Stadt und das Land scheitern. Nur kann solche mangelnde Planrechtfertigung noch auf Jahre hinaus Behörden und Gerichte beschäftigen.
Wir verlangen deshalb vom Land eine kluge vertrauensbildende Politik, die begründeten Einwände gegen den Stresstest jetzt ernst zu nehmen, weil es keine andere Wahl gibt:
a) Der Verkehrsminister für Infrastruktur kann doch keinesfalls deren gesetzwidrige Verschlechterung zulassen.
b) Und ein Finanzminister darf weder die wissenschaftlichen Fakten leugnen noch ihm anvertraute Finanzen zum Schaden des Landes veruntreuen. Das wäre unvergleichlich schlimm und strafbar.
Darum für die Wahrheit, für das Wohlergehen OBEN BLEIBEN.