Mali: Staatsstreich vor den Wahlen – alle Grenzen abgeschottet
Ausnahmezustand in dem westafrikanischen Land – abtrünnige Militärs provozieren Bürgerkrieg und heftige Aufstände der Tuareg im Norden
Einen Monat vor den regulären Präsidentenwahlen am 29.April 2012 wurde gestern Abend die Regierung unter Präsident Amadou Toumani Touré in Bamako durch einen Militärputsch unter dem Anführer Hauptmann Amadou Sanogo gestürzt und das Land abgeriegelt. Die Grenzübergänge wurden laut Reuters geschlossen und der Flugverkehr eingestellt.(1)
Wenn diese Meldungen, die unüberschaubaren Grenzen innerhalb eines Tages dichtzumachen – einen gewissen Wahrheitsgehalt haben und nicht propagandistischen Zwecken geschuldet sind, zeugt dieser Putsch davon, das er mit langer Hand sehr sorgfältig vorbereitet wurde.
Dem Muster in Libyen und Syrien folgend, hat sich ein Nationalkomitee für die Rückkehr zur Demokratie und die Wiederherstellung des Staates – National Committee for the Return of Democracy and the Restoration of the State (CNRDR) – wie aus dem Nichts heraus gebildet.
Dieses Komitee erklärte im staatlichen Rundfunk, dass alle Institutionen abgesetzt und die Verfassung ausser Kraft gesetzt wurde. Mit dem heutigen Tag wurde der Ausnahmezustand verhängt.
Als Begründung wurde angegeben, dass die Regierung zu lasch mit den Aufständigen im Norden umgegangen sei. Die Revolte begann kurz vor einer Sitzung zwischen dem Verteidigungsminister General Sadio Gassama und Militärs wegen dem Aufstand im Norden in einer dem Präsidentenpalast nahegelegenen Kaserne.
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ganz entgegengesetzt ihres üblichen Vorgehens ihre militärische Präsens im Februar diskret aus der Schusslinie gebracht, indem sie ein gemeinsames Manöver mit der malinesischen Armee überraschend absagten. Das steht im Widerspruch zu den benötigten Schulungen und Ausstattungen für die Regierungsarmee, um gegen die nördlichen „Rebellen“ erfolgreich vorgehen zu können.
Schon heute wird der UNO-Sicherheitsrat zur Situation in Mali zusammentreten, um zu „beraten“. Ban Ki-moon sagte „zutiefst besorgt“, dass der Konflikt „friedlich und innerhalb des demokratischen Prozesses“ ausgetragen werden muss.“(2)
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verurteilte hingegen die Meuterei im Gegensatz zu Ban auf das Schärfste und teilte mit, dass der Block „jeden Rückgriff auf Gewalt als Mittel zur Abhilfe nicht dulden wird.“
Ecowas sagte, die Massnahme durch das Militär sei „umso verwerflicher, da sie inmitten regionaler und internationaler Friedensbemühungen komme, um die Rebellion der Tuareg im Norden des Landes zu beenden.“(3)
Fünfzehn afrikanische Staaten sind Mitglied in dieser Wirtschaftsunion – Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kap Verde, Liberia, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Togo und Mali.
Update: Laut Twitter arbeitete der Verteidigungsminister seelenruhig im Büro während des Putsches weiter:
Twitteraccount Präsident Mali 6:24 PM – 21 Mär 12 https://twitter.com/#!/PresidenceMali
„Démenti formel : Le Ministre de la Défense n‘est ni blessé ni arrêté. Il est à son bureau où il poursuit calmement sa journée de travail“
„Formal denial: The Minister of Defence is neither hurt nor arrested. He is at his desk and calmly attending to his daily tasks“
https://twitter.com/#!/DjiaThink/status/182520704250560512
Il [Ministre de la défense] est à son bureau où il poursuit calmement sa journée de travail“ Malgré la mutinerie ?
Er [der Verteidigungsminister] ist in seinem Büro, wo er seinen Arbeitstag ruhig fortsetzt: „Trotz der Meuterei?
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Quellen:
(1) http://af.reuters.com/article/commoditiesNews/idAFL6E8EM5OI20120322
(2) http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/742437/Mali_Putschende-Soldaten-setzen-unfaehiges-Regime-ab
(3) http://www.news24.com/Africa/News/Ecowas-condemns-military-takeover-in-Mali-20120322