National Defense Authorization Act (NDAA) vor US-Bundesgericht – Anhörung der Zeugen
Bürgerrechtler gegen US-Regierung:
Gerichtsverhandlung in New York zu einer einstweiligen Verfügung der Aussetzung des faschistischen „Homeland Battlefield“- Ermächtigungsgesetzes des Pentagons, dass in seinem Ausmass der Konsequenzen und Willkür durch das Militär für die Freiheit des Einzelnen dem Patriot Act aus dem Jahr 2001 in Nichts nachsteht.
In den Vereinigten Staaten von Amerika ist einer der bedeutendsten Prozesse zur Verteidigung der Menschenrechte, der Whistleblower und der freien Rede gegen die Regierung Barack Obamas eröffnet worden. Die zuständige Richterin, die im Mai 2011 vom US-Präsidenten für das Amt persönlich vorgeschlagen und vom US-Senat am 13. Oktober bestätigt wurde (1), wird ihre Unabhängigkeit und ihre Loyalität zur Verfassung in diesem Verfahren beweisen müssen – auf die auch das friedensnobelpreisentehrte Staatsoberhaupt einmal den Eid abgelegt hatte und das Land mit unaufhörlicher Kriegsführung inklusive persönlich genehmigter illegaler Tötungen durch Drohneneinsätze und Sonderkommandos im Ausland bis zum Zusammenbruch belastet.
An dem Bundesgericht United States District Court for the Southern District of New York in Manhattan unter Vorsitz der Richterin Katherine Forrest wurden am Donnerstag die Aussagen von sieben Prominenten angehört, die als Zeugen die Sammelklage – die unter anderem von Stop NDAA organisiert wurde – unterstützen und die gegen Präsident Barack Obama und US-Verteidigungsminister Leon Panetta zum Aussetzen des NDAA-Gesetzes eingereicht wurde.
Darunter befanden sich auch Personen ohne Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, die ihre Argumente von Stellvertretern vortragen liessen. Zwei Gruppen – eine kleine, internationale und komplett aus Freiwilligen bestehende Organisation mit dem Namen RevolutionTruth und die Millionen Mitglieder zählende Gruppe Demand Progress für bürgerliche Freiheiten haben sich zusammengetan, um sicherzustellen, das der Allgemeinheit eine starke Plattform gegen die verfassungswidrigen Aspekte des NDAA zur Verfügung stehen.
Der National Defense Authorization Act wurde am 31.Dezember 2011 vom US-Präsidenten unterschrieben. Nach § 1021 erlaubt das Gesetz den Militärs zum ersten Mal seit mehr als zweihundert Jahren die unbefristete Inhaftierung auf unbestimmte Zeit in einem Militärgefängnis ohne eine formelle Anklage oder ein öffentliches Verfahren, wenn eine Person der Teilnahme oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verdächtigt wird, die sich an Feindseligkeiten gegen die Vereinigten Staaten beteiligt.
In den USA hat sich seit Monaten grosser Widerstand in der Öffentlichkeit, bei Politikern, Juristen und Bürgerrechtlern gegen das Gesetz gebildet, die zu Recht befürchten, dass die Formulierungen „die Bestimmungen der Militärhaft gelten nicht für US-Bürger sondern nur für amerikanische Al-Kaida-Mitglieder in Übersee“ zu einem Freibrief zur Verfolgung von Menschen führen, die als Kritiker der Politik der US-Regierung in Washington ein Dorn im Auge sind.
Tausende von Beiträgen wurden zur Aufklärung der eigenen Bevölkerung sowie der internationalen Öffentlichkeit durch die damit drohende Diktatur und Abschaffung der Demokratie in den USA veröffentlicht – zu diesem „totalitären Konzept, dass innerhalb der „Heimat“ ein endloser Krieg gegen die inneren Feinde sowie die ausländischen Feinde geführt werden muss“ (Chris Hedge am 26.März 2011 auf truthdig mit dem Beitrag „The Polite Conference Rooms Where Liberties Are Saved and Lost“, in dem der Autor ausführlich die Gründe zur Klageeinreichung beschreibt).
Die Kläger befürchten, dass die Definition „Unterstützer des Terrorismus“ auf friedliche Aktivisten, Dissidenten, Autoren, Wissenschaftler und bis hin zu Journalisten, die Mitglieder interviewen, die zu radikalen Gruppen zählen, erweitert wird.
Die US-Amerikaner Professor Noam Chomsky, Daniel Ellsberg, Chris Hedge, Naomi Wolf, Dr. Cornel West sowie Kai Wargalla (deutscher Mitorganisator von Occupy London und Unterstützer von Wikileaks) und Birgitta Jonsdottir (Mitglied des Parlamentes in Island und WikiLeaks Aktivistin) gehören zu den sieben Zeugen, die versuchen eine einstweilige Verfügung gegen die beispiellose Bedrohung der bürgerlichen Freiheiten und grundlegenden Menschenrechte zu erwirken.
Wargalla hat sich der Klage angeschlossen, da die britische Polizei für die Occupy London-Bewegung einen Terrorismus-Warnhinweis herausgegeben hat, die sie an die Seite von al-Qaida stellt. Die Konsequenz daraus ist, dass seit der Unterzeichnung des National Defense Authorization Act aus Furcht, als Förderer des Terrorismus zu gelten, kein Podiumsredner wie zum Beispiel ein Vertreter der Hamas eingeladen wird.
Die isländische Parlamentsabgeordnete Birgitta Jonsdottir äusserte sich, in ihrer Zeugenaussage vor dem Gericht vertreten durch Naomi Wolf, dass sie aus Angst vor Verhaftung trotz gegenteiliger Versicherung der US-Behörden zu ihrer Sicherheit nicht mehr in die USA einreisen würde, seit so viele US-Politiker WikiLeaks als terroristische Gruppe bezeichnet hatten.
Chris Hedge sagte vor ein paar Tagen: „Wenn das NDAA-Gesetz nicht zurückgenommen wird, werden wir aufhören, eine konstitutionelle Demokratie zu sein. Totalitäre Systeme beginnen immer mit der Umschreibung des Gesetzes. Sie machen rechtlich, was einst illegal war… In- und ausländische Unterjochung folgt dem gleichen brutalen Mechanismus. Bürger werden kolonialisiert. Und es wird immer im Namen der nationalen Sicherheit geschehen.“
Carl Mayer, einer der Anwälte der Kläger, sagte zu der Unbestimmtheit des Begriffes „associated forces“: „Diese Definitionen sind so breit und vage, dass sie Journalisten, Juristen oder sogar den Richter umfassen und sie sind in der Satzung undefiniert.“
Der Jurist wies auf den Fall Bradley Manning hin, der als WikiLeaks-Informant vor einem Kriegsgericht steht und dabei auch nicht die Anforderung einer „bewaffneten Gruppe“ erfüllt hat.
„Das Homeland Battlefield-Gesetz ist wie sein Name sagt ein Orwellsches. Amerika ist kein „Schlachtfeld“, es ist eine demokratische Republik. Dieses Gesetz ist verfassungswidrig, weil es die freie Rede und ohne ein ordnungsgemässes Verfahren die Rechte amerikanischer Bürger verletzt“, so Meyer.
Die Anwälte der Kläger sagten, dass sie versuchen würden zu beweisen, dass die Definitionen, die in den NDAA-Bestimmungen verwendet wurden, so unklar sind, dass es eine abschreckende Wirkung auf die Arbeit von Journalisten, Aktivisten und Akademiker hat, selbst wenn bisher niemand festgenommen wurde.(2),(3)
Die Occupy Wall Street-Bewegung brachte ihre die Solidarität und Unterstützung für die Klage am Donnerstagnachmittag zum Ausdruck und versammelte sich um 15.00 Uhr zu einem Schweigemarsch am New Yorker Foley Square.
Artikel zum Thema
16.12.2011 USA: Willkürliche Gefangenschaft im Militärlager – ohne Verfahren, bis zum Tod
Quellen:
(1) http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2011/05/04/president-obama-nominates-six-judges-united-states-district-courts
(2) http://www.ibtimes.com/articles/321445/20120329/ndaa-lawsuit-obama-chris-hedges-daniel-ellsberg.htm
(3) http://www.guardian.co.uk/world/2012/mar/29/journalists-us-anti-terrorism-law-ndaa