Piratenpartei NRW: Analyse und Hintergründe für den kommenden Wahlerfolg am 13. Mai
In der für das ZDF erstellten aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen steigt die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen im Vergleich zur letzten entsprechenden Umfrage um zwei Prozent auf 8 Prozent. Erhoben wurde die Umfrage zwar vom 17. bis 19. April. Dennoch hat sich, meiner bescheidenen Einschätzung nach, ein entscheidender Beschluss der NRW Piraten im Umfrageergebnis noch nicht einmal richtig umgesetzt: die am Wochenende auf dem Landesparteitag einstimmig erfolgte Ablehnung des ESM-Vertrags. (Sensation: Piratenpartei NRW lehnt ESM-Vertrag einstimmig ab)
Die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen lehnt, als erster Landesverband der Piraten und (bisher) im Gegensatz zur Bundespartei, die kommende Unterschrift des Bundestages unter das Ermächtigungsgesetz zur Installation der internationalen Finanzkontrollorganisation „Europäischer Stabilisierungsmechanismus“ ESM ab. Die ESM Organisation würde, wenn der kommende Vertrag Gültigkeit hätte – welche er nicht haben wird, weil er gegen das Grundgesetz verstösst – die Macht über unsere Staatsfinanzen übernehmen und die Bundesrepublik Deutschland dem im „Institute of International Finance“ organisierten weltweiten Bankenkartell de facto unterwerfen.
Genau diese Unterwerfung unter die Banken, das Plündern, das Beuten, das Menschenschinden und der Betrug, das Ausrauben Europas, sowie die Vernichtung aller Demokratien auf dem Kontinent, mindestens jedoch im Einflussbereich des mutierten Staatenbundes „Europäische Union“, ist das einzige Ziel der sogenannten „Pro-Europäer“, der sogenannten „Europäischen Bewegung“, sowie ihrer „föderalistischen“ Netzwerke quer durch alle Schlüsselpositionen der Gesellschaft und den in 20 Jahren sukzessive Einheitsparteien auf EU-Ebene unterstellten Bundestagsparteien.
Einer der größten, nur fast perfekten Erfolge dieser Operateure des Kapitals und Tiefen Staates war es, über zwanzig Jahre lang die Bürger der Mitgliedsstaaten im EU-Staatenbund immer schlechter zu stellen, ihre jeweiligen Verfassungs- und Bürgerrechte immer mehr einzuschränken, sie sozial immer mehr ausbluten zu lassen, ihre Gesellschaften durch tatsächliche oder suggerierte Spannungen und Spannungsfälle enormen Belastungen auszusetzen, die Löhne zu senken und Reichtum zu belohnen, seit 1999 ein nur dafür geschaffenes Finanzsystem zu schaffen (welches auch genau das bewirkte und eskalierte) und trotzdem immer noch einem nicht unerheblichen (aber schrumpfenden) Teil der Bevölkerung suggerieren zu können, sie wollten eigentlich ja nur das Gegenteil von dem, was sie taten.
Aber es müsse ja eben sein: für „Europa“. Und weil man schon dabei sei, und alles, aber auch alles falsch (und damit richtig) gelaufen sei, eben „alternativlos“, müsse man jetzt auch noch die Demokratien Europas endgültig beseitigen: für „Europa“. Es gibt immer noch Verrückte, die das tatsächlich glauben.
Man kann sich nun leicht ausrechnen, welche Panik diese Operateure des Kapitals und Tiefen Staates erfasst hat, als die Piratenpartei NRW am Wochenende den Bann brach und das Wort sprach, was allen Möchtegernalternativlosen in den letzten 20 Jahren im Zuge ihres von oben organisierten Aufstiegs in Schlüsselpositionen aus dem Hirn gebrannt wurde: NEIN!
Schon am Sonntag, dem 15., erklärte Guido Westerwelle, der allgemein als Witzfigur des westdeutschen Bonner Sumpfes anerkannte Außenminister von Deutschland, die Piratenpartei behindere „die deutsche Außenpolitik“ (1). Westerwelles an den Haaren herbei gezogene Begründung, dies ergebe sich aus der Position der Piraten zum (weltweit verrufenen) deutschen Urheberrechtsextremismus zugunsten der Monopole in Musik-, Film- und Medienindustrie, verblüffte sogar die Deutsche Industrie- und Handelskammer DIHK (2).
Am Montag dann beschloss der Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf und eine aggressive Kampagne gegen die Piratenpartei. Konsequent redete man in dem zu schaurigen Euro-Extremisten und Verfassungsfeinden (3) mutierten Ableger der „Europäischen Grünen Partei“ am Thema vorbei und erklärte, die Piratenpartei sei nicht bereit „Verantwortung“ zu übernehmen (4). Der Zentralkomitee-Katholik Winfried Kretschmann – mittlerweile durch eine Stuttgarter Bürgerbewegung, die er verraten hat, Ministerpräsident von Baden-Württemberg – wurde etwas deutlicher in der Materie (5):
„Die Piraten sind nicht regierungsfähig. Die Länder dürfen wegen der Schuldenbremse ab 2020 keine Schulden mehr machen. Das geht mit einer Partei nicht, die gewissermaßen denkt, das Geld wächst auf den Bäumen.“
Mal abgesehen davon, daß mittlerweile die meisten begriffen haben, daß unser Geld in Frankfurt gedruckt wird, damit es danach die Banken bekommen um dann nach einer Billion Euro noch lauter nach mehr Geld zu jammern, was sie gleichzeitig in Höhe von über 800 Milliarden Euro wieder in die EZB zurückschmeissen:
Alle wissen, daß die Piratenpartei deswegen bundesweit gewählt wird bzw in den Umfragen so massiv steigt, weil sie eben (noch) demokratiefähig ist, und in der Lage, statt einer Regierungsvertretung oder Bankenvertretung eine Volksvertretung im Parlament zu repräsentieren, im Gegensatz zu den derzeitigen Parteien im Bundestag.
Die Piratenpartei kennt kein Delegiertensystem für Parteitage. Allein die Tatsache, daß jedes Parteimitglied bei Parteitagen erscheinen und entscheiden darf, ist bei allen etablierten Parteien ein No-Go. Das würden sie gar nicht aushalten. Ebenso ermöglicht das Informationssystem „Liquid Democracy“ nicht nur eine parteiinterne Diskussion und Information über jeden einzelnen Antrag vor Parteitagen (ebenso unmöglich für die innere Machtarchitektur der Etablierten), sondern auch noch eine öffentliche Diskussion und damit ein Feedback. Auch das erst Recht unvorstellbar bei SPD, CDU, CSU, FDP, Grünen und der Linken GmbH, deren Politik nichts anderes darstellt, als die Vermeidung von Feedback aus der Gesellschaft, weil sie das sofort in der Luft zerreissen würde. Widerspruch gibt es bei den Kadern der Etablierten nicht. Abstimmungen werden organisiert. Wahlen gibt es nicht, nicht wirklich, man ernennt. Wahlen heißen bei den EU-Einheitsparteien „Kampfabstimmungen“ und rangieren in der Wertehierarchie ganz unten, noch hinter „Chaos“ (was ja, dann und wann, auch mal ganz nützlich sein kann, besonders vor Kampfabstimmungen, äh, Wahlen des einfachen Urnenpöbels, den es immer gilt dann und wann mit irgendwelchen -isten etwas einzuschüchtern).
Sowohl bei Westerwelles surrealem Warnruf der „Behinderung“ deutscher Außenpolitik durch ein neues Urheberrecht am Sonntag, als auch bei der Kampfansage der Grünen am Montag, spielte das Thema Faschisten und Rechtsradikale keine Rolle.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es immer wieder Leitartikel wie in der „Berliner Zeitung“ (6) gegeben („Warum wir die Piraten brauchen“), die sich erleichtert zeigten nicht immer das Gleiche über das gleiche wahlalternativlose Leichenschauhaus der Nomenklatura aus den Bundestagsparteien zu schreiben. Der FDP-Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, bezeichnete die Piratenpartei gar als „Linkspartei mit Internetanschluss“. (7)
Doch am Wochenende des Nein der Piraten zur ESM-Ermächtigung – simsalabim – drehte sich plötzlich das Bild: nun hieß es „Relativ rechts“ und „Antisemitismus unter Piraten“ (8). In bewährter Tradition der Kollektivschuld wurden in der für alle offen stehenden Partei einzelne Rechtsradikale sowie Personen ausgebuddelt, die als Provokateure und Saboteure einen exzellenten Job taten. Vollkommen ausgeblendet wurde dabei, daß die Landesverbände der Piratenpartei, wie in Niedersachsen, sich nach Kräften bemühten diese eingesickerten Kräfte wieder loszuwerden (9).
Zum Vergleich einmal eine längst durch alle Beteiligten, allen voran die Staatsmedien, die Informationsindustrie und alle in der Linken GmbH beheimateten Antideutschen und Antidemokraten, längst vergessenen Affäre:
im April 2006 erklärte das damalige Mitglied im Bundesvorstand der „Wahlalternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ WASG, Andreas Wagner, seinen Austritt aus der WASG und den Übertritt in die NPD.
Ja. Sie haben richtig gelesen. Und darüber zum ersten Mal, möchte ich wetten. Soll ich Ihnen, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, mal sagen, was Oskar Lafontaine, als damaliges WASG-PDS-Doppelmitglied dazu sagte?
„Das ist ganz normal, Wechsel zwischen Parteien, auch zur NPD hin, das ist nicht nur ein Sachverhalt, den man bei der WASG feststellen kann.“
Auch für Gregor Gysi – dank der Niederschlagung meines Antrags auf Parteiausschluss durch die üblichen Feiglinge von Trotzkisten immer noch Mitglied der WASG Berlin – war Andreas Wagner „ein einzelner Wirrer“. (10, 11)
„Ein einzelner Wirrer“.
Wissen Sie, ich denke an diese Zeit wirklich mit Freuden zurück. Durch die Pro-PDS-Anschlussfraktion mehrfach und unter verschiedenen Versuchen als „Nazi“ und „Antisemit“ verleumdet (u.a. wegen dieser Email vom 21. Juli 2005), setzte ich mich als erstes WASG-Mitglied überhaupt quer durch alle Instanzen bis zum Bundesschiedsgericht erfolgreich zur Wehr, gewann gegen den Bundesvorstand und seinen Helden Klaus Ernst (nachdem ich gegen dessen Mitarbeiter eine entscheidende Wahl gewonnen hatte), um dann anschließend von den Trotzkisten im Schiedsgericht meines eigenen Landesverbandes wegen „allgemeinen Schimpfwörtergebrauchs“ zum zweiten Mal meiner Ämter enthoben zu werden – nur um mich, einen gefürchteten Redner, unter allen Umständen von Parteitagen fernzuhalten.
Die Möglichkeit vor einem ordentlichen Gericht gegen diese illegale und satzungswidrige Doppelsanktionen zu klagen, hatte ich diesmal nicht. Ich hätte zunächst vor dem Bundesschiedsgericht klagen müssen. Daß aber hatte, wegen einer bereits zur Gründung perfide platzierten Satzungslücke, keine Entscheidungsfristen. Es konnte einfach nichts tun. Also nicht entscheiden, monatelang, wenn es wollte über Jahre hinweg.
Und das taten denn auch alle Schiedsgerichte in allen Landesverbänden, solange, bis schließlich die in die WASG satzungswidrig eingesickerten PDS-Mitglieder auf dem WASG Bundesparteitag mit darüber abstimmen durften, daß sie in der WASG als Doppelmitglieder ab sofort wieder abstimmen durften, natürlich auch über die Auflösung der WASG zugunsten eines Anschlusses an die PDS.
Durch solche Abscheulichkeiten, durch solch infamen Betrug, konnte die Partei „Die Linke“ überhaupt erst entstehen. Sie können sich denken, wie ich heute zu diesem Haufen stehe und wie ich nun interessiert beobachte, wie man erneut abermals versucht, die einzige echte existierende Parlamentspartei der Republik mit allen Mitteln zu zerstören.
Eine kleine Geschichte noch.
Am 8. März 2006 führten wir in der WASG Berlin eine Urabstimmung durch, über einen Wahlantritt gegen die Regierungspartei PDS, gegen den Senat von Klaus Wowereit und – ganz nebenbei – auch gegen den Finanzsenator Thilo Sarrazin, der bereits die halbe Stadt an Kapitalisten verramscht hatte (mutmaßlich echt abendländische Pro-Berliner).
Teilnehmen an unserer Urabstimmung der WASG Berlin durften auch die eingesickerten PDS-Mitglieder. Trotzdem gewannen wir.
Am Abend dieses Tages stand dann Oskar Lafontaine vor den Kameras der „Tagesschau“ und sagte folgendes (12):
„Wenn sich… 200 bis 300 Leute entschliessen einen eigenen Weg zu gehen, ist das völlig normal. Das wird weder eben die Fraktion gefährden noch wird das eben die neue Linke gefährden, denn es handelt sich ja um 70.000 Leute, die letztendlich zusammengeführt werden sollen, also ein paar Abgänge können wir gut verkraften…“
Das war am 8. März 2006. Ende April hielt er es für ganz normal, daß sein WASG-Bundesvorstandsmitglied Andreas Wagner zur NPD wechselte. Und am 31. Mai 2006 schließlich siegten wir vor dem Landesgericht Berlin, warfen den Politkommissar (und Bundestagsabgeordneten der neuen „Linksfraktion“) Hüseyin Aydin raus, der unseren gesamten Landesverband zwangsverwaltet hatte, nachdem der Bundesvorstand mit Lafontaine, Ernst und dem später zur NPD gewechselten Andreas Wagner unseren gesamten Landesvorstand abgesetzt hatten.
Nach unserem Sieg beim Landgericht, durch den unser Landesvorstand wieder eingesetzt wurde (soviel dazu, warum und wozu das Grundgesetz da ist), konnten wir dann endlich am 17. September 2006 zur Berliner Abgeordnetenhauswahl antreten, nach einem nur durch Spenden finanzierten Wahlkampf, allein gegen alle. Wir holten 2.9 Prozent.
Fünf Jahre später stand ich am Abend des 18. Septembers 2011 im Ritter Butzke und sah die Piraten feiern. Kein Sapiens weiß, wie ich mich dabei fühlte.
Der Wahlerfolg der Piratenpartei Berlin hat etwas verändert in der Republik. Der Wahlerfolg der Piratenpartei Nordrhein-Westfalen wird das fortsetzen.
Ich will, daß diese Partei die Chance auf demokratische Partizipation bekommt, die wir in der WASG für kurze Zeit hatten und die dann zerstört wurde. Ich will, daß diese Demokratie, unsere Republik Deutschland, ihre Chance behält, die sie nun wieder hat.
Und ich weiß – wir alle spüren das – daß sie diese auch nutzen wird.
Quellen:
(1) http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/guido-westerwelle-piraten-behindern-deutsche-aussenpolitik/6512456.html
(2) http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/urheberrechts-debatte-westerwelle-fordert-piraten-und-wirtschaft-heraus/6513872.html
(3) http://www.radio-utopie.de/2011/12/13/den-grunen-euro-finanzimperialisten-ist-das-grundgesetz-nicht-europatauglich-genug/
(4) http://www.kn-online.de/In-Ausland/Politik/Gruene-attackieren-Piraten
(5) http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article2247860/Winfried-Kretschmann-Piraten-sind-nicht-regierungsfaehig.html
(6) http://www.berliner-zeitung.de/meinung/leitartikel-zur-piratenpartei-warum-wir-die-piraten-brauchen,10808020,14812248.html
(7) http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/christian-lindner-piraten-sind-eine-linkspartei-mit-internetanschluss-11717786.html
(8) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/antisemitismus-unter-piraten-relativ-rechts-11717768.html
(9) http://kompakt-nachrichten.de/2012/04/piraten-sagen-eigenen-landtagskandidaten-ab/
(10) http://www.wallstreet-online.de/diskussion/1056345-neustebeitraege/wasg-mitglied-wechselt-zur-npd
(11) http://buntundkahl.de/forum/thread.php?threadid=5354
(12) http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/sendung5214.html
(13) http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=590&Itemid=132