„welfare not warfare“
In den USA hat sich seit dem vergangenen Jahr eine grosse gesellschaftliche Bewegung entwickelt, an der alle Teile der Bevölkerung teilnehmen, denn die sozialen Probleme sind so gravierend, dass sie so gut wie jeden betreffen. Die Ausgaben des Verteidigungs- und Innenministeriums, die Programme zur Bankenrettung mit einhergehenden Sozialabbau werden nicht mehr isoliert sondern im Zusammenhang gesehen. Mittlerweile sind so gut wie alle korrupten Behörden zu okkupieren und zu reformieren.
In Chicago haut eine friedliche bunt gemischte Anti-Kriegsbewegung kraftvoll in die Gitarrensaiten und schlägt mit Trommelwirbel den Teilnehmern des Kriegsgipfels ihren Protest dröhnend um die Ohren.
Millionen von Dollars wurden für die Sicherheit investiert, die Innenstadt verbarrikadiert und Militärtechnik, die einer Invasion in einem fremden Land alle Ehre gemacht hätte, wurden in die Stadt bugsiert und der Ausnahmezustand verhängt.
Wie in Frankfurt am Main spottet diese Aufrüstung gegen die eigene Bevölkerung jeder Beschreibung und fällt letztendlich voller Hohn auf die Denkweise der kriegerischen Auftraggeber zurück: denn, oh Wunder, der gefürchtete Samstag, der 19.Mai 2012 in Chicago verlief friedlich und ohne Gewalt!
Da die Militärführer in ihren Kategorien denken und sich längst abgewöhnt haben, an das Gute im Menschen zu glauben, projizieren sie mit verinnerlichtem Automatismus ihre Aggression auf den Rest der Menschheit. Wie immer liegen sie mit ihrer Einschätzung der Realität voll daneben. Ganz normalen Bürgern ist eben eine Konfliktbewältigung mit Fäusten oder Waffen zuwider. Zu den Waffen wird gegriffen, wenn die physische Existenz und der der Angehörigen auf dem Spiel stehen. Das ist für die NATO-Generäle der ausgemachte Feind, den sie durch ihre Angriffskriege erst heraufbeschwören.
Rund 500 Demonstranten versammelten sich vor dem Haus des Bürgermeisters von Chicago, Emanuel Rahm, um gegen die kürzliche Schliessung der psychiatrischen Kliniken als Teil einer Reihe von Kundgebungen und Märsche zeitgleich zum NATO-Gipfel zu protestieren. Die Menschen hatten Transparente mitgebracht mit den Slogans „food not bombs“, „seize the peace“ oder „welfare not warfare“.
Die rund 30 Polizisten, die vor dem Gebäude Rahms postiert waren, befanden sich in einer entspannten Stimmung, begrüssten die Demonstranten und sagten, dass sie bleiben dürfen. Und das, obwohl doch angeblich kurz zuvor in einem Haus in der Gegend von Chicago drei Männer, die sich selbst als Anarchisten bezeichneten, verhaftet wurden und die von der Staatsanwaltschaft wegen einer terroristischen Verschwörung und dem Versuch von Attentaten auf Obamas Wahlkampf-Hauptquartier und das Haus von Emanuel Rahm angeklagt wurden. Diese „Terror-Kanonen“ dienen möglicherweise als Rechtfertigungsversuch für die Ausgaben an Millionen von Dollars für den NATO-Gipfel.
Der Spruch „Dümmer als die Polizei erlaubt“ entbehrt eben nicht einer gewissen Berechtigung.
Der Protest begann am Samstag mit einer Gruppe von etwa 50 Menschen, darunter auch einige ehemalige Patienten von sechs städtischen Heilanstalten für psychisch Erkrankte, die Ende April geschlossen wurden (das betrifft die Hälfte der Kliniken der City) zur Einsparung von 2.300.000 Dollar zur Beseitigung eines Teils des 650.000.000 Dollar Haushaltsdefizits der Stadt.
An Nachschubgeldern für die Bewaffnung der Stadt vor den eigenen Bürgern und deren Überwachung bundesweit sowie für die Kriege und Militärbasen im Ausland herrscht in den Vereinigten Staaten von Amerika kein Mangel.
Am Freitag nahmen mindestens 2500 Demonstranten an einer spontanen Kundgebung zu wirtschaftlichen und sozialen Fragen auf einem Platz in der Innenstadt teil. Die Stadt Chicago griff nicht ein sondern duldete diese unangemeldete Zusammenkunft und die Polizisten erlaubten den ungehinderten Zugang.
Dieses unerwartete besonnene Verhalten der Behörden von Chicago lässt im Vergleich dazu die Vorgänge der Polizei in Frankfurt zu den Aktionstagen mit dem Krieg gegen die Bürger unter Bruch der Bürgerrechte in einem noch viel verheerenderem Licht erscheinen.
Das hessische Innenministerium oder gar das Kanzleramt wollten wahrscheinlich der Regierung in Washington beweisen, dass sie an der Heimatfront alles im eisernen Griff haben wenn ansonsten die Politik völlig aus dem Ruder läuft.
Die prophezeiten wüsten Ausschreitungen der orakelnden Sicherheitsbeamten in beiden Metropolen blieben aus.
Für den heutigen Sonntag wird der Hauptdemonstrationszug erwartet, schwer bewacht von Kampfjets, Helikoptern, Drohnen und Artillerie.
Der Polizeipräsident von Chicago, Garry McCarthy, sagte am Samstagabend, dass sich die Befürchtungen, dass Gewalt ausbrechen würde, bisher nicht bestätigt haben und dass die Demonstranten „Lärm machen und das Leben einiger Menschen stören“ würden, aber insgesamt verliefen die Veranstaltungen gut.
Mit dem Verlauf der friedlichen Kundgebungen entziehen die Bürger ihren Regierungen jegliche Grundlage, aufgrund von „Gewalttätern“ Repressalien in Form verschärfter Überwachungsgesetze zu installieren und diese Repräsentanten sollten sich vor der Einbildung hüten, so weiter machen zu können wie bisher.
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Quelle: http://www.reuters.com/article/2012/05/19/nato-summit-protests-idUSL1E8GJ1ZZ20120519