„Red River“: eine Viertelmillion Studenten protestierten in Montreal

Aufruf zu zivilem Ungehorsam: grösste unangemeldete zivile Kundgebung in der Geschichte Kanadas gegen enorme Studiengebührenerhöhung, Einsparungen in der Bildung und Abbau der von der Verfassung garantierten Bürgerrechte.

Nous nous engageons à continuer à lutter; à rester mobilisé·e·s, en vertu des libertés fondamentales. Si cela nous vaut des poursuites pénales en vertu de la loi 78, nous nous engageons à y faire face.

Am 22.Mai 2012, dem hundertsten Tag der Studentenproteste, versammelten sich in der kanadischen Provinzhauptstadt 250000 Studenten und Unterstützer – Lehrer, Professoren, Eltern, Gewerkschaften und andere soziale Bewegungen – und zogen in einer machtvollen kilometerlangen Demonstration durch die Innenstadt. Es ist die grösste von Studenten organisierte Kundgebung seit der Gründung des Staates. Vor zwei Monaten gab es bereits eine grosse und friedliche Demonstration mit bis zu 200000 Teilnehmern in Montreal.

Fotos und Videos des Umzugs sind in der Montreal Gazette vom 22.Mai 2012 in einem Livebericht unter diesem Link zu sehen.

Der Protest, der hier seinen Ausdruck findet und die Bezeichnung „Red River“ wegen der überwiegend roten Kleidung und Fahnen erhielt, lässt eine Ahnung von den kommenden gesellschaftlichen Umbrüchen aufkommen die dem Land bevorstehen, wenn sich all diejenigen zusammenschliessen, die die Verlierer der Politik des Landes durch die Sparmassnahmen und polizeistaatliche Massnahmen der Regierung sind: so gut wie jeder Bürger, denn der soziale Abbau betrifft die gesamte Gesellschaft.

Für die Studenten ist der Auslöser die Steigerung der Studiengebühren um siebzig Prozent in den nächsten fünf Jahren.

Angeheizt werden die Proteste zusätzlich durch die verzweifelten Versuche der Regierung mit drakonischen Massnahmen, die gegen die Verfassung verstossen, diesen Widerstand gegen die tiefen sozialen Einschnitte zu brechen, der seit 15 Wochen Kanadas Provinz erschüttert. Die Polizei knüppelte in den letzten Wochen wiederholt erbarmungslos während zahlreicher Kundgebungen auf die jungen Leute ein.

Video eines Pfeffersprayeinsatzes der Polizei vom Sonntag mit dem neuen Sondergesetz „Bill 78“ in der Tasche:

Am vergangenen Freitag verabschiedete das Parlament der kanadischen Provinz Quebec zum Eindämmen der Proteste hastig ein Notstandsgesetz „An Act to enable students to receive instruction from the postsecondary institutions they attend“ (Bill 78), welches den Studenten vorschreibt, ihre Kundgebungen acht Stunden vor Beginn der Veranstaltung detailliert bei der Polizei anzumelden und die Route zu beschreiben. Der Vizegouverneur muss diese von der Anwaltskammer als verfassungswidrig bezeichnete Verordnung noch mit seiner Unterschrift zu geltendem Recht verhelfen.

Gabriel Nadeau-Dubois, Sprecher der Studentengruppe LA CLASSE, sagte auf einer Pressekonferenz am Montag:

„Das Sondergesetz wird die Studentenbewegung nicht töten.
Die Grundrechte sind heute in Gefahr und müssen verteidigt werden.“

Die Gruppe widersetzte sich dem Urteil, indem sie keine offizielle Reiseroute für den gestrigen Protestumzug einreichte.

In einem symbolischen Akt des Widerstands ermutigte die Studentengruppe jeden gegen das Gesetz zu rebellieren, indem auf einer neu erstellten Website „Arretez moiquelqu`un“ (Someone arrest me, Jemand verhaftet mich) ein Foto gepostet werden sollte. Vorgestern war die Website teilweise völlig überlastet und es wurden an dem Tag schon zweitausend Fotos eingestellt. Hier bäumt sich ziviler Ungehorsam und Courage auf als Zeichen gegen die Bedrohung durch Repressalien des wachsenden Überwachungsstaates – nichts für ängstliche Gemüter, die um berufliche Nachteile in der Zukunft für ihre Karriere bangen.

Und genau hier liegt das Problem in dieser Gesellschaft. Die kanadische Studentenschaft bringt es auf den Punkt. Durch diese Mitläufer, die um ihre wissenschaftliche Karriere bangen sowie in sämtlichen anderen beruflichen Bereichen, wird es erst möglich, dass auf Kosten weniger die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander klafft.

Das ist das Gegenteil einer demokratischen Gesellschaft, in der seit Jahrzehnten die bewusst herbeigeführte Angst vor der Obrigkeit dominiert.

Mut, Entschlossenheit zum Widerstand sind jetzt angesagt, denn diese westlichen skrupellosen Regierungen agieren als Schergen einer Finanzelite bis zur physischen Vernichtung der Menschen wie in Griechenland zu sehen ist.

Quelle:
http://www.commondreams.org/headline/2012/05/22-7

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