Stuttgart: Parkschützer geht freiwillig ins Gefängnis
10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe für Nordflügel-Besetzung
Am heutigen Freitag um 11 Uhr tritt Parkschützer Mark Pollmann seine Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg an. Er wurde am 17. Februar 2011 vom Amtsgericht Stuttgart zu 10 Tagessätzen verurteilt, weil er zusammen mit 54 weiteren Parkschützern am 26. Juli 2010 im Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs eine Demonstration durchführte.
Um 8:30 Uhr verabschieden Parkschützer vor der Brache des abgerissenen Nordflügels Mark Pollmann. Sie begleiten den Abschied mit einem Transparent mit der Aufschrift „Viel zerstört – nichts gewonnen“. Anschließend wird er von einem Freund mit dem Auto nach Rottenburg gefahren. Auf dem Marktplatz von Rottenburg veranstalten die Parkschützer ab 10 Uhr eine Versammlung, bevor Mark Pollmann um 11 Uhr seine Haft antritt.
„Am 26. Juli 2010 nahm ich an der Demonstration im denkmalgeschützten Nordflügel teil, um gegen dessen bevorstehenden sinnlosen Abriss zu protestieren“, sagt Mark Pollmann am Bauzaun, der die entstandene Brache umgibt. „Dafür wurde ich zu zehn Tagessätzen verurteilt. Ich lehne jedoch den ‚Freikauf durch Geldzahlung‘ an den Staat ab. Auch gemeinnützige Arbeit, die mir das Gericht ersatzweise angeboten hat, lehne ich ab – das wäre absurd, da ich seit Jahren ehrenamtlich Aufklärungsarbeit über die Nachteile des Immobilienprojekts Stuttgart 21 leiste. Seit bald zwei Jahren hat die Bahn hier nichts gebaut, nur zerstört! Dies zeigt ganz deutlich, dass mein Protest gegen den sinnlosen Abriss begründet war und dass er moralisch und ethisch richtig war. Der Staat lässt es zu, dass alle Bedenken von Experten in den Wind geschlagen werden und Stuttgart 21 nur aus Angst vor Gesichtsverlust weiter vorangetrieben wird. Heute gehe ich mit erhobenem Haupt für zehn Tage ins Gefängnis, als Mahnung an den Staat.“
Die Demonstration im Nordflügel wurde von der Staatsanwaltschaft als Hausfriedensbruch gewertet. Zuletzt stellte das Amtsgericht jedoch die Verfahren gegen weitere angeklagte Nordflügelbesetzer ein, verbunden mit der Auflage, eine Zahlung an eine gemeinnützige Einrichtung zu leisten. Mark Pollmann protestiert mit seiner Wahl der Ersatzfreiheitsstrafe auch gegen diese Ungleichbehandlung für das gleiche Verhalten.