„Filderdialog“ zu Industrie-Programm „Stuttgart 21“ (S21) gestartet. Die Ingenieure22 zum ersten Termin am Samstag, 16. Juni:
Die Kurzvorstellung der Planungsvarianten ließ darstellerisch und inhaltlich viele Wünsche offen. Sie ging nicht über den Informationsstand der Tagespresse hinaus und sorgte wegen formaler Zuordnungsfehler für mehr Verwirrung als Klarheit.
Die Ingenieure22 sind beim Filderdialog als Expertengruppe angetreten, um aus dieser Eigenschaft heraus einen konstruktiven Beitrag zu leisten. Bereits zwei Wochen vor der ersten Veranstaltung hatte man eine Frageliste zu Sachverhalten eingereicht, die für eine spätere Bewertung der Planungsvorschläge von Bedeutung sein würden:
– Die Bahn versucht seit Jahren, ein Planfeststellungsverfahren für den Filderbereich in Gang zu bringen und scheitert beim Eisenbahnbundesamt. Die Ingenieure22 erwarten, daß die hierfür zugrundeliegenden fachlichen Zusammenhänge veröffentlicht und diskutiert werden, um offensichtliche Mängel in allen diskutierten Varianten zu vermeiden.
– Die Öffentlichkeit benötigt Einblick in das neue S-Bahn-Konzept ohne den in der Praxis nicht realisierbaren Linientausch, das Verband Region Stuttgart bereits seit März dieses Jahres vorliegt1. Ebenso wichtig ist die Bewertung des dazugehörenden Notkonzepts „Sperrung des Innenstadttunnels“, eine entscheidende Voraussetzung für die Stabilität und Zuverlässigkeit der S-Bahn und deren Entwicklungspotential auf den Fildern. Weiterhin fehlen aussagekräftige Kenngrößen für die Entwicklungsfähigkeit der Gäubahn (Verstärkerzüge), soweit diese über den Flughafen geführt wird.
– Die Ingenieure22 haben Fahrgastzahlen angefordert, aus denen hervorgehen soll, wo tatsächlicher Verkehrsbedarf vorhanden ist. Zahlen, wieviele Fahrgäste aus der Gäu- und Schwarzwald-Region wirklich am Flughafen aussteigen wollen, fehlen bisher. Bringt ein Umsteigeknoten Vaihingen (mehrere zehntausend Einwohner und mehrere 10000 Arbeitsplätze) möglicherweise mehr Nutzen als die Schaffung eines künstlichen Umsteigeknotens Flughafen (knapp 10000 Arbeitsplätze, keine Einwohner)?
Viele weitere Fragen zur Planung, zum Mischverkehr, zu den Prämissen und zur Technik konnten am ersten Dialogtag nicht gestellt werden. Die Ingenieure22 werden die Veranstalter auffordern, diese Fragen vor dem nächsten Dialog zu beantworten.
Wer seine Bürger beteiligen will und darauf setzt, daß diese eine Leistung erbringen, an der die DB-Planung bereits seit knapp zehn Jahren arbeitet, muß seinerseits auch für die Zugänglichkeit aller Informationen sorgen. Ansonsten besitzt der gesamte Dialog nur Alibifunktion und ist gerade keine Bürgerbeteiligung.
Wer die „Denkfabrik“ Bürger (so der plakative Begriff der Veranstalter für diesen Dialog) nutzen will, der darf jenen nicht gleichzeitig das eigenständige Denken verbieten.