Im Dezember 2012 ruft die 1865 als „Telegraphenverein“ gegründete „International Telecommunication Union“ (ITU) zu einer „Weltkonferenz“ von Regierungen, Konzernen und IT-industriellem Komplex nach Dubai. Ziel ist die Kontrollgewinnung über das bislang dezentrale und weitgehend freie Internet. In Washington gründet sich demgegenüber mit der „Internet Association“ eine Gilde der größten Händler und Konzerne im Weltinformationsnetz, die das „dezentralisierte und offene Modell des Internets“ erhalten will.
Eine Zusammenfassung.
Das Internet hat sich mit seinem weitaus größten Teil, dem World Wide Web, nach dessen Erfindung durch Tim Berners-Lee ab 1989 und mit dem Beginn der Nutzung von HTML4 in 1997 bis heute sprunghaft zur Möglichkeit der Information, Kommunikation, Diskussion, Bildung, Entwicklung und Forschung von mittlerweile über zwei Milliarden Menschen auf dem Planeten entwickelt. Ebenso repräsentiert gerade das WWW des Internets in seiner heutigen Form die Bibliothek, den gesellschaftlichen Seismografen, den wichtigsten Faktor der Weltöffentlichkeit, einen ständig zunehmenden politischen Machtfaktor, sowie nicht zuletzt die weltweit erreichbare Kunst- und Kreativplattform der Erde.
Natürlich ist das öffentlich zugängliche WWW im Internet auch der größte Markt der Erde. Und auf diesem Markt riefen nun gestern dessen größte, reichste und mächtigsten Händler und Industriellen zur Formierung einer neuen Gilde in Washington, um dort ihre Interessen zu vertreten und bestimmten Michael Beckerman als ihren leitenden Funktionär. Dessen Statement lautete:
„Ich fühle mich geehrt solche eine bedeutende Unternehmung zu führen. Das Internet ist die größte Maschine für wirtschaftliches Wachstum und Prosperität, das die Welt je gekannt hat. Das Internet muss eine Stimme in Washington haben.
Das Internet ist nicht mehr nur Silicon Valley, das Internet ist in die Straßen (der kleinen Leute) eingezogen. Unsere Top Priorität ist sicherzustellen, daß gewählte Politiker („leaders“) in Washington die tiefgreifenden Auswirkungen des Internets und der Internet-Firmen auf Arbeitsplätze, wirtschaftliches Wachstum und Freiheit verstehen. Keiner kann vorhersagen, welche Innovationen sich als nächste ereignen. Aber wir wissen, daß es das dezentralisierte und offene Modell des Internets ist, was ihm sein beispielloses Wachstum und (beispiellose) Innovation ermöglicht hat. Wir müssen wachsam sein gegen fehlgeleitete Versuche dieser unglaublichen Quelle für Schaffung von Arbeitsplätzen, Freiheit und Kreativität Handschellen anzulegen.“
Michael Beckerman steht der US-Staatspartei „Republikaner“ nahe. Er verfügt auf Capitol Hill – also im Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika, mit den beiden Parlamentskammern Senat und Repräsentantenhaus – über einigen Einfluss.
I
Wie schnell das Weltinformationsnetz jede Sekunde wächst, das visualisiert der Programmierer Gary Hayes seit 2009 auf personalizemedia.com. Mittlerweile werden jeden Monat 40 Milliarden Programme (Apps) auf mobile Computer (smartphones) geladen. Täglich werden 2 Millionen Artikel / Einträge auf Internetseiten (blogs) geschrieben, 2 Milliarden Videos auf You Tube gesehen und über 800.000 hochgeladen, sowie 175 Millionen mal ein Eintrag auf Twitter (tweet) geschrieben.
Die Internetwirtschaft ist kurz davor, eigene Finanzierungssysteme zu entwickeln, die Millionen ausgeplünderter Künstler und Kreative in den durch jeweils fünf bis sechs Konsortien weltweit beherrschten Monopolen in Musikindustrie, Filmindustrie und Medienindustrie die Möglichkeit geben könnte, von ihrer Arbeit leben zu können, ohne eine völlig nutzlose „Industrie“, die selbst nichts produziert, sondern Produkte ausbeutet.
BitTorrent Inc, dessen Sharing-Software BitTorrent and uTorrent 150 Millionen Menschen nutzen, hat ein neues Finanzierungssystem entwickelt und mit DJ Shadow seinen ersten Vertrag mit einem Künstler geschlossen. Die Idee ist einfach: die Musik der Künstler kann kostenlos an alle 150 Millionen Nutzer kopiert werden, die sich mit der Musik zusätzlich eine bestimmte Software laden müssen. Vom Produzenten der Software erhält BitTorrent Inc. dann eine Geldsumme, die mit dem betreffenden Künstler nach einem vertraglich geregelten Schlüssel geteilt wird.
II
Die mächtigsten Regierungen des ehemaligen „Westens“ und „Ostens“ auf der Nordhalbkugel des Planeten sind, zweiundzwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende der Konfrontation zweier weitgehend gleichstarker Blöcke, in über 10 Jahren Krieg zu einem autokratischen, plutokratischen, militäristischen und imperialen Moloch verschmolzen, der im G20-Bund seine oberste Repräsentanz gefunden und den verfallenden Staatenbund „Vereinte Nationen“ bereits fast vollständig neutralisiert hat.
Dieser imperiale Moloch wiederum bedient – spätestens seit dem weltweiten Systemwechsel in 2008 – in offen erklärter Interessengemeinschaft zwischen Staat und Kapital nur mehr und ausschließlich die Banken und Finanzorganisationen, die in diesen 22 Jahren weltweit ungestört ihr eigenes „privates“ Interbanken-Netzwerk über den Planeten werfen konnten und sich im Kartell „Institute of International Finance“ (IIF) organisiert haben. Von diesem Finanzkartell und seinen eigenen Finanz- und Zinssystemen – Libor, Eubor, etc – sind mittlerweile sämtliche herkömmlichen Industrien und Handelskammern vollständig abhängig und an diese engmaschig gebunden.
Diese „Globalisierung“ genannte Epoche hob seit 1990 eine ursprünglich weitestgehend aus dem US-Machtbereich des „Westens“ stammende Nomenklatura international an Posten und Privilegien. Diese Nomenklatura sieht nun durch das Internet, dessen Ökonomie und nicht zuletzt durch das Entstehen unabhängiger Informationsmedien, seine Profite und Machtarchitektur bedroht.
Entsprechend reagierte sie.
III
In den USA wurde 2008 mit allerlei Tricks der Pro-IP-Act („Prioritizing Resources and Organization for Intellectual Property Act“) durch den Kongress geschoben. In Deutschland scheiterte das zur gleichen Zeit mit maximal zynischen Lügen gestartete „Zugangserschwerungsgesetz“ nach zähem Ringen (und dem Eintritt der damals noch erkennbar liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in die Bundesregierung) schließlich in 2010. In den USA versuchte dann die immer gleiche Lobby den Durchmarsch mit PIPA („Protect IP Act“, gescheitert), SOPA („Stop Online Piracy Act“, gescheitert) und schließlich – weil man die Hosen voll hatte – mit internationalen Regierungsabkommen wie ACTA („Anti-Counterfeiting Trade Agreement„, gescheitert).
Das ACTA Abkommen scheiterte übrigens ausschließlich an den jungen Polen, die im Winter 2011 wochenlang zu Zehntausenden bei Eiseskälte solange demonstrierten, bis der Funke schließlich in andere europäische Demokratien und zu hinterletzt nach Berlin übersprang. Damit war der Vertrag, natürlich auch im verlängerten Berliner Apparat in Brüssel und Straßburg, gestorben. Aktueller Versuch ist das TTP („Trans-Pacific Strategic Economic Partnership Agreement„), was bisher noch verhandelt und in der deutschen Öffentlichkeit bislang unterschätzt wird. Entsprechend der üblichen Eskalationsstrategie ist das TTP der Vertragsversuch der Monopole mit dem für das dezentrale Weltinformationsnetz gefährlichsten Inhalt.
Maßgeblich treibende Kraft dieser Versuche das Weltnetz nicht nur wie bislang (sowohl durch Regierungsbehörden, also auch Konzerne) ungehemmt auszuspionieren, sondern unter Kontrolle der Regierungsbehörden zu stellen, waren sowohl in Washington als auch Berlin die unter dem Firmenlogo „Demokraten“ bzw „Sozialdemokraten“ fungierenden Parteiapparate. Die Rolle der „Konservativen“ in Washington und Berlin waren jedoch unterschiedlich. Während CDU und CSU reine aggressiv agierende Parteien des von digitalen Bürgerrechtlern umschriebenen „elektronischen Polizeistaats“ sind, behalten die US-Republikaner teilweise eine wenigstens passive Position, stimmen also nicht unbedingt einer totalen Kontrolle exekutiv-staatlicher Behörden über das Internet zu.
Ende dieses Jahres nun veranstaltet eine der vielen bizarren Monopolorganisationen, die sich den Status einer „Sonderorganisation“ des abgetakelten Staatenbundes „Vereinte Nationen“ gesichert haben, eine für die Zukunft der Informationswelt im 21. Jahrhundert und das Internet potentiell relevante Konferenz.
– Name der UNO-„Sonderorganisation“, mit Sitz in Genf: die 1865 als „internationaler Telegraphenverein“ gegründete „Internationale Fernmeldeunion“ („International Telecommunication Union“, allgemein benützte Abkürzung: ITU).
– Mitglieder, Teilhaber und assoziert in der ITU: 193 Staaten bzw Regierungen, nicht weniger als 608 Konzerne aus der Kommunikations-, Satelliten- und Informationsindustrie, Universitäten und internationale Organisationen als „Sektoren-Mitglieder“ (darunter so hehre Institutionen wie die Vulkanaschewolkenprophetenlaufburschen von Eurocontrol oder die gescheiterte Saudi-Union von Arabien „Golf-Kooperationsrat“), sowie 193 Teilhaber quer durch die gesamte Konzernwelt der Informations, Kommunikations- und Spionagetechnologie.
– Name der Konferenz vom 3. bis 17. Dezember 2012: „Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation“ („World Conference on International Telecommunications“, WCIT)
– Ort der Konferenz: die intellektuelle Weltinternetdemokratiehauptstadt Dubai.
– was soll da beschlossen werden, auf dieser „Weltkonferenz“? Na? Neue „International Telecommunications Regulations“, also internationale „Regelungen“ zur weltweiten Kommunikation, die sich die saubere „Internationale Fernmeldeunion“ 1988 selbst gegeben hat, vor der Erfindung des WWW.
IIII
Am 5.Oktober 2007 traf sich im Hauptquartier der ITU in Genf eine “hochrangige Experten-Gruppe” aus Regierungen, Industrie, relevanten regionalen/internationalen Organisationen, Forschungs-Institutionen, akademischen Institutionen, also dem Spektrum der ITU-Monopolorganisation (Quellen dazu hier).
Die “Expertengruppe” verkündete “5 strategische Grundpfeiler” und “7 strategische Ziele” einer “globalen Cyber-Sicherheits-Agenda”, welche weltweit an die ausführenden Organe weiter zu geben seien. In Deutschland ist das ausführende Organ die Bundesregierung, bzw die Bundesnetzagentur.
Als Grundpfeiler der globalen Agenda benannte die Expertengruppe“ der Monopolorganisation ITU:
– Gesetzesmaßnahmen
– technische Prozeduren
– Organisationsstrukturen
– den Aufbau entsprechender Kapazitäten
– internationale Kooperation
Als strategische Ziele wurden benannt:
– “Ausarbeitung von Strategien für die Entwicklung eines Modells von Gesetzentwürfen”, welche “weltweit anwendbar und interoperabel mit bestehenden nationalen und regionalen gesetzlichen Maßnahmen” seien
– “Ausarbeitung von globalen Strategien für die Schaffung von angemessenen nationalen und regionalen Organisationsstrukturen und Richtlinien”
– “Entwicklung einer Strategie für die Etablierung global akzeptierter..Sicherheits-Kriterien und Akkreditierungssysteme für Hardware und Software-Anwendungen und Systeme”
– ein “globaler Rahmenplan” für “Beobachtung, Warnung und Antworten bei Ereignissen”
– “Entwicklung globaler Strategien für die Schaffung und Befürwortung eines allgemeinen und universellen digitalen Identifizierungssystem sowie der Notwendigkeit von organisatorischen Strukturen”
– “Entwicklung einer globalen Strategie um den Aufbau menschlicher und institutioneller Kapazitäten zu ermöglichen, den Wissensstand und Know-How in allen Sektoren und in allen oben erwähnten Bereichen zu erhöhen”
– Vorschläge eines “Rahmenplans für eine Multi-Aktionärs-Strategie” zu erarbeiten, für “internationale Kooperation, Dialog und Koordination” in den bereits umschrieben Gebieten, also Software, Hardware, Computersysteme.
Nur wenige Wochen nach diesem ITU-Beschluss vom 5.Oktober 2007 forderte die damalige SPD-Bundesjustizministerin von Deutschland, Brigitte Zypries, eine Verfassungsänderung in Deutschland und brachte dafür die (später in 2009 erfolgreich exekutierte) „Föderalismusreform II“ ins Spiel, die größte Verstümmelung des Grundgesetzes, die es bis dahin gegeben hatte.
In die deutsche Verfassung wurde der Zusatzartikel 91c eingebaut, mit folgendem Wortlaut:
“(1) Bund und Länder können bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informationstechnischen Systeme zusammenwirken.”
Wie der als Gutachter des Bundestages fungierende Professor Dr. Dirk Heckmann, Mitglied im bayrischen Verfassungsgericht, selbst vorher bestätigte, ermöglichte die „äußerst weit gefasste Norm“ des Zusatzartikels
„seinem Wortlaut nach jegliche Hard- und Software im Verwaltungsgebrauch. Auf die Spitze getrieben würde im Ergebnis jede Anschaffung eines neuen Rechners oder die Implementierung eines Fachverfahrens in einer Kreisverwaltungsbehörde der Zusammenarbeitsverpflichtung des Art. 91c Abs. 1 GG-E unterfallen.“
Der Jurist legte einen juristischen und verfassungsrechtlichen Kotau hin. Er stimmte dem (bis heute auf seine Verfassungsmäßigkeit ungeprüften) Zusatzartikel 91c im Grundgesetz zu, indem er eine bestimmte Auslegung (!) des Verfassungsartikels vorschlug
„Insoweit erscheint eine erkennbar einschränkende Auslegung von Art. 91c Abs. 1 GG-E geboten.”
Im Ausführungsgesetz zum neuen Grundgesetzartikel 91c wurden 2009 vom Bundesinnenministerium – damals unter Minister Dr. Wolfgang Schäuble – in einfacher Gesetzgebung (!) denn auch gleich folgende Ausnahmen in die bewusst „weit gewählte“ Definition von „Informationstechnischen Systemen“, dem neuen Verfassungstext von Artikel 91c eingebaut.
„Ausgenommen sind Telemedien, Rundfunk sowie Sprechfunk- und Telefonnetze.“
Wir verstehen das: vor der Kontrolle von Telemedien, Rundfunk sowie Sprechfunk- und Telefonnetzen durch die Regierung trennt uns eine einfache Gesetzgebung, die jederzeit durch einfache Parlamentsmehrheit geändert werden oder dessen Kompetenzen auf internationale Institutionen in Brüssel übergehen können.
Wir stehen in Deutschland eine Handbreit vor dem (offiziellen) elektronischen Polizeistaat.
V
Diese geschilderten Abläufe und Entwicklungen bilden den Hintergrund für die in rascher Abfolge gestarteten Versuche umfangreiche Gesetzgebungen zur Internet-Kontrolle durch die Parlamente in Washington und Berlin zu bringen (ohne jetzt übertreiben zu wollen: dort sitzen die letzten beiden Parlamente mit weltpolitischer Relevanz).
Sie bilden auch den Hintergrund für die nun gegründete Internet-Gilde „Internet Association“. Die Gründung der Gilde (Industrie- und Handelskammer würde als Begriff zu kurz greifen) repräsentiert den Versuch, die Profite der im Internet und WWW vorherrschenden Handelskonzerne wie Google, Amazon, eBay, Facebook, usw, zu sichern, die allesamt ihren Sitz in den USA haben und ihre Profite direkt im WWW des Internets machen. Die Konzerne der neuen Internet-Gilde haben den im ITU-Monopol repräsentierten informationstechnischen und industriellen IT-Komplex bisher kaum betreten und sind vor allem auf die ITU ebenso wenig angewiesen wie auf die Monopolorganisation der Banken, das „Institute of International Finance“.
VI
Wie es der Zufall wollte, machte nun in den letzten Jahren die auf der Ebene der UNO-„Sonderorganisation“ 2007 begonnene transnationale Agenda Cyber-Security wieder jede Menge Schlagzeilen. Schon in 2011 verging keine Woche, ohne dass sich irgendein milliardenschwerer internationaler Konzern, eine bis an die Etatgrenze bewaffnete Regierungsbehörde, oder gleich die N.A.T.O. und dann noch die C.I.A. oder sonstige arme hilflose Institutionen mit roten Augen bei der Weltöffentlichkeit meldeten und sagten, bei ihnen sei eingebrochen worden.
Digital. Über das Internet. Also nicht etwa über das eigene Internet, das „Gobale Informations-Gitter“ („Global Information Grid“) vom Pentagon, was seit 1998 entwickelt wurde, dessen „erste Verbindungen“ 2004 online gingen, das als „Internet des Himmels“ den eigenen Truppen (und Spionen) eine „eine Gott-ähnliche“ Übersicht über die Erde geben sollte, mit dem Ziel der „Informations-Dominanz“ und der „Informations-Überlegenheit“, nein, nein –
Über das richtige Internet. Das vom Weltpöbel. Weil da die Post abgeht. So etwas Gemeines.
Und die Hacker. Ja die Hacker. Die Hacker hättättätten. Und sie müssten nun rettettetten. Das Internet. Das richtige Internet. Man müsse es doch kontrollieren. So ginge es ja nicht weiter.
Ja und deshalb forderten im Juli 2011 ex-CIA- und NSA-Leiter Michael Hayden und der Leiter des US Cyber-Kommandos (Cyber Command), General Keith Alexander, zusammen mit Kongress-Abgeordneten den Aufbau “eines komplett neuen Teils der Infrastruktur des Internets”. U.a. solle die Domain-Endung “.secure” erstellt werden, um diese “Ecke des Internets frei von Cyber-Kriminellen zu halten”. Auf „Fox News“ beklagte man sich lautstark darüber, daß „China und andere Regime rund um die Welt..grundsätzlich die Oberhand“ hätten, wenn es um die „Cyber-Abwehr“ ginge, „weil ihr Mangel an Schutz der bürgerlichen Freiheiten die Regierungen frei die Online-Aktivität beobachten lässt“. (US-Militär und Spione fordern wegen “ausländischen Hackern” eine “Trennung” des Internets)
Ein Jahr vorher waren im Sommer 2010 General Cartwright, Vizeleiter der Vereinigten Generalstäbe des US-Militärs, und Michael J. Morell, Vizedirektor der C.I.A., ins Büro von Mr. Barack Obama gekrochen und hatten über ein weltweit operierendes Spionageprogramm namens „Stuxnet“ – verdammt ähnlich zu einem anderen weltweit im Netz operierenden Spionageprogramm namens „Flame“ – geäußert, der US-Militärgeheimdienst N.S.A. habe Stuxnet zwar mit der Einheit 8200 der israelischen Militärspionage zusammen entwickelt, aber nur um den Iran und seine Atomanlagen zu sabotieren. Aber da sei wohl etwas schief gelaufen. “Einer der Teilnehmer” des Bittgangs zum Präsidenten zu diesem wörtlich, laut “New York Times”:
“Wir denken, es gab da eine Modifikation, die von den Israelis gemacht wurde und wir wissen nicht, ob wir Teil dieser Aktivität waren.”
Wer schrie nun Ende Mai dieses Jahres (sehr zur Überraschung von IT-Experten), man habe höchstpersönlich die gefährliche „Flame“-Software entdeckt und verlange nun, selbstverständlich mit dem Segen der UNO, „mehr Zuständigkeit für die Bekämpfung von Cybergefahren im Internet“ durch eine „globale Koalition“, weil man irgendwann 2005 in Tunesien das Mandat der Welt erhalten habe, am Internet herum zu fummeln?
Niemand anderes als die „Internationale Fernmeldeunion“ ITU.
Welche Länder haben nun für die „Weltkonferenz“ der ITU in der Internetwelthauptstadt Dubai sorgenvoll Vorschläge zur Kontrolle des (richtigen) Internets vorgelegt? Eine in der Tat große Koalition der Besorgten aus China, Russland, Iran und Saudi-Arabien.
Wer hat da so seine Zweifel? Die Abgeordneten in einem der beiden letzten weltpolitisch relevanten Parlamente des Planeten. Sogar deren „Demokraten“.
Wer hatte wieder keine Ahnung? Nun, das wissen Sie.
VII
Mit dem WWW im Internet ist eine eigene Wirtschaft entstanden, die sich einerseits im Gegensatz zu den alten Finanz-, Handels- und Wirtschaftsmonopolen und andererseits mit der Machtarchitektur der weltweit schon fast vollständig von parlamentarischer Kontrolle, Gewaltenteilung und Verfassungen „befreiten“ Regierungsapparate befindet.
Am 15. April äußerte Sergey Brin, Co-Gründer von Google, im britischen „Guardian“ eine auf den ersten Blick seltsam anmutende Warnung, die fast überall mißverstanden wurde.
„Sehr mächtige Kreise haben sich auf allen Seiten rund um die Welt aufgestellt gegen das offene Internet.
Ich bin besorgter als früher. Es ist beängstigend.“
Einen Tag nach der Gründung der Internet-Gilde, an dem mit Google Talk und Twitter gleich zwei der weltweit größten Kommunikationssystem gleichzeitig ausfielen, sollten man auch im Tal der Ahnungslosen, gesegnet mit dem miesesten und (noch) mächtigsten Parlament der Welt, das Verständnis vom Wert eines freien und dezentralen Weltinformationsnetzes entwickeln und die Hintergründe und Geschichte dieses historischen zweiten Buchdrucks verstehen lernen. Die Deutschen sollten den Blick auf die im Dezember stattfindende „Weltkonferenz“ der überholten Monopolorganisation ITU richten, die die Kontrolle über ein sich selbst entwickelndes Internet anstrebt, mit dem sie weder gerechnet hat und dessen Entwicklung sie – wie ihre Mitglieder und Teilhaber, Regierungen, IT-Konzerne und Industrie – nur im Wege steht, bestenfalls von ihr profitiert.
Ganz nebenbei: alle auf marxistischer Theorie arbeitenden linken oder sich selbst als links verstehenden Organisationen sind in diesem ganzen historischen Prozess irrelevant. Sie sind nicht einmal in der Lage informationstechnische System, wie dieses, an dem hier und jetzt dieser Artikel geschrieben und über eine Vernetzung weiterer IT-System im Weltinformationsnetz veröffentlicht wird, als Produktionsmittel zu erkennen.
Der Internet Association, der neuen Gilde der großen Internet-Konzerne, allesamt mit Sitz in den USA, welche ein wirtschaftliches Interesse daran haben das Netz nicht durch Regierungsapparate oder überkommene Monopole einzufangen und zerstören zu lassen, ist dagegen dringend zu empfehlen, sich bei diesem Vorhaben diesmal die richtigen Verbündeten zu suchen. Und das sind nicht die bloßen Konsumenten ihrer Produkte und Netzwerke. Es sind auch nicht eitle IT-„Experten“, „Spindoktoren“, Akademiker und immer gleichen, aufdringlichen, stromlinienförmigen Karriereblaupausen, die sich in ihrem jeweiligen Finanz-Öko-System der Umgebung anpassen.
Es sind die Macher, die Erfinder, die kreativen Köpfe, die es auf der ganzen Welt satt haben auf ihrem Weg nicht nur den Umtrieben und Lügen von unkontrolliert und willkürlich agierenden Militärs, Spionen und Geheimpolizei ausgesetzt zu sein, sondern ständig überflüssige und nur sich selbst versorgende Industrien, Parteiapparate und Zwischenhändler, gierige „Investoren“ und korrupte Behörden als Wegelagerer vorzufinden, die sie erst alle nacheinander besiegen und überwinden müssen, damit sie endlich weiterkommen.